Speiche (Rad)

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Speichenrad einer Kutsche
Datei:Wheel Iran.jpg
Wagenrad aus Tschoga Zanbil, Iran. Mitte bis Ende des 2. Jahrtausends v. Chr.
Nationalmuseum Teheran
Modell eines frühen Speichenrades, nur die zentral durchgehende Speiche verläuft radial

Speichen verbinden die um Radachse rotierende Nabe kraftschlüssig mit der kreisringförmigen Felge eines Rades.

Der Bautyp des Speichenrades ist eine Form der Leichtbauweise – im Gegensatz dazu steht beispielsweise das Vollrad bei Eisenbahnen.

Es wird unterschieden in Konstruktionen, die vorwiegend Druckkräfte oder Zugkräfte ausnutzen.[1] Ein – selten vorkommendes – Einspeichenrad hat nur eine Speiche, die zusätzlich noch Biegemoment aufnehmen muss.

Die massiven Speichen von hölzernen Wagenrädern liegen in der Regel in einer Ebene oder bilden einen Kegelmantel. Schlanke Stahlspeichen spannen dagegen typisch zwei Kegelmäntel auf, die an den beiden seitlichen Flanschen der Radnabe anliegen.

Häufig verlaufen Speichen über Kreuz. In Ausnahmefällen werden sie an den Kreuzungspunkten mit Draht verbunden, verlötet oder – überwiegend zur Zierde – miteinander verdrillt.

Geschichte

Speichen an einem Wasserrad in der Alten Saline in Bad Reichenhall

Speichenräder tauchten etwa 2000 v. Chr. in der osteuropäischen Sintaschta-Kultur[2][3] auf und sind in ähnlicher Bauweise noch heute im Gebrauch. Mit ihren dicken Querschnitten übertragen die Speichen die Druckkräfte von der Felge auf die Nabe. Im Alten Orient tauchen die ersten Speichenräder in der späten Bronzezeit mit dem Gebrauch des zweirädrigen Streitwagens auf. Sie lösten teilweise die bis dahin üblichen schweren Scheibenräder ab, die beispielsweise in Anatolien noch bis ins letzte Jahrhundert gebräuchlich waren. Das älteste erhaltene Exemplar eines Rades aus Bronze mit vier Speichen in Europa stammt aus der Schweizer Siedlung Cortaillod. Es hat 47 cm Durchmesser, eine Nabenlänge von 37 cm und wog um die 10 kg. Real belastbar waren dagegen erst Räder mit sechs oder mehr Speichen, wie sie auf manchen ägyptischen Fresken abgebildet sind. Mit der Verbesserung der Holzverarbeitungstechniken tauchten dann auch Speichen aus Holz auf, die in Mitteleuropa z. B. für Gespann-Fuhrwerke noch heute in Gebrauch sind. Assyrische Streitwagen hatten zuerst sechs, seit Tiglat-Pileser III. acht Speichen.

Holzspeichen

Holzspeichen wurden traditionell vom Radmacher gefertigt, der regional als Stellmacher oder Wagner bezeichnet wird.

Wie Werkzeugstiele werden die Speichen von hölzernen Wagenrädern überwiegend aus Eichen- und Eschenholz geschnitten und mit Werkzeugen wie dem Schweifhobel manuell in eine runde oder ovale Querschnittsform gebracht.

Kraftrad

In der nationalen Norm DIN 74371-1 waren bis Juli 2006 abgewinkelte Speichen für Krafträder mit den Gewinden M 5, M 4, M 3,5 und M 3 als glatte Speiche und als Eindickend-Speiche (ED) genormt, früher auch als Doppeldickend-Speiche und in empfohlenen Standard-Längen. In der Norm wurde ein Winkel in der Biegung von 95° empfohlen. Die Normausgabe vom Dezember 1957 empfiehlt als Werkstoff Stahl mit einer Zugfestigkeit von 1000 bis 1400 N/mm². Die hohen Speichenzugkräfte müssen auch in einer stabilen Naben- und Felgenkonstruktion abgestützt werden. Die Felgen sind mittlerweile aus hochfesten geschweißten Aluminium Profilen[4], die eloxiert werden. Im Cruiser und Chopper Segment werden auch noch vereinzelt verchromte Stahlfelgen verwendet. Die Radnaben bestehen fast ausschließlich aus wärmebehandelten Gussaluminium.

Beim Motorrad setzen sich immer mehr Aluminiumgussräder durch, weil sie hohe Festigkeit und Steifigkeit bei geringen Gewicht, Kosten und Stylingvorteile vereinen. Ein weiterer Nachteil der Drahtspeichenräder ist der Rundlauf und Seitenschlag mit negativen Auswirkungen in der Fahrdynamik. Nur noch bei Retrobikes und Geländemotorrädern werden noch Drahtspeichenräder, sowohl mit Schlauchreifen[5] als auch mit schlauchlosen Reifen, eingesetzt. Nur die schlauchlosen Räder können mit einem Reifendruckkontrollsystem[6] ausgerüstet werden. KTM dichtet bei seinen schlauchlosen Speichenrädern die Speichennippel in der Felge, wodurch 40 potentielle Leckagen vorhanden sind. BMW setzt mit seinen schwereren aber robusten Kreuzspeichenrädern auf einen geschlossenen Felgenring mit außenliegenden Speichenköpfen. Das erste Fahrzeug mit diesem Konzept war 1987 die R100GS[7]. Dieses Radkonzept hat seine Anwendungsgrenzen im Verhältnis von Felgen- und Bremsscheibendurchmesser, weil die kreuzenden Speichen nicht mit dem Bremssattel kollidieren dürfen. Deshalb gibt es sie nicht bei Straßenmotorrädern mit großen Scheiben und 17" Rädern.

Automobil

Artillerieräder

Artillerierad mit Holzspeichen und abnehmbarem Felgenkranz. Dieses Rad hat Luftreifen aufgezogen. (ca. 1910)

Frühe Automobile waren oft wie Kutschen mit stahlverstärkten Holzspeichenrädern, sogenannten Artillerierädern, ausgerüstet, mit meist acht bis zwölf Speichen pro Rad. Die Speichen waren anfangs fest mit der Nabe verbunden. Das war unpraktisch, weil ein Reifenwechsel direkt am Fahrzeug vorgenommen werden musste und ein Radbruch nur mit großem Aufwand vor Ort zu reparieren war. Man behalf sich erst mit abnehmbaren Felgen und führte eine oder mehrere davon mit montierten Reifen als Ersatz mit. Vom Nabenflansch abnehmbare Räder begannen sich ab etwa 1910 durchzusetzen.

In den 1920er Jahren verwendeten manche Hersteller Artillerieräder aus Eisenguss. Beide Formen wurden ab Anfang der 1930er Jahre von Stahlscheibenrädern abgelöst, nachdem diese einige Jahre zuvor als Zubehör aufgekommen waren.

Drahtspeichenräder

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Speichenrad eines englischen Roadsters der 1960er Jahre

Drahtspeichenräder werden seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auch für vorwiegend leichte und sportliche Automobile verwendet. Rudge erfand 1907 das abnehmbare Speichenrad mit Zentralverschluss, das bis in die 1960er Jahre ein Merkmal vieler sportlicher Fahrzeuge war. In den 1920er und 1930er Jahren war es Mode, die Speichenräder unter einer Metallabdeckung zu verbergen, die mit dem gleichen Verschluss gesichert war, der auch das Rad hielt.

An Automobilen kommen auch andere Biegungswinkel als 95° vor, bei einigen Konstruktionen werden Speichen auch in mehr als 2 Ebenen je Rad angeordnet.

Eisenbahn

Nachbau einer Laufachse der Dampflokomotive Adler mit Speichenrädern
(Original von 1835, Nachbau von 1935)
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Stahlspeichen des betriebsfähigen Nachbaus der Adler im Verkehrsmuseum Nürnberg

Erste Eisenbahnräder waren oft als hölzerne Speichenräder ausgeführt, was ursprünglich durch die Tradition des Kutschenbaus beeinflusst war. Die großen Treibräder moderner Dampflokomotiven wurden später zwar durchgehend aus Stahl gefertigt, dennoch zur Gewichtsersparnis weiterhin als Speichenräder ausgeführt. Die ersten Vollbahn-Elektrolokomotiven hatten ebenfalls Speichenräder.

Fahrrad

Speichen-Laufrad eines Fahrrades mit gekreuzten Speichen

Material

Die allermeisten Speichen bei Fahrrädern sind aus rostfreiem Stahl gebaut, was eine hohe Festigkeit garantiert. Günstigere Laufräder werden teilweise auch mit Speichen aus verchromtem oder verzinktem nicht rostfreiem Stahl hergestellt. Titan- und Carbonspeichen werden ebenfalls hergestellt. Da Carbonspeichen spröde und bruchanfällig sind,[8] werden sie in größeren Querschnitten gefertigt und meist unlösbar in Nabe und Felge eingeklebt.

Konstruktionsprinzip

Die Speichen beim Fahrrad sind typischerweise nur 2 mm stark. Meist werden pro Laufrad 32 bis 36 Stück eingesetzt. Sie werden nahezu ausschließlich auf Zug belastet. Die Speichen setzen die Felge unter eine hohe Vorspannung und übertragen Zugkräfte zwischen der Felge und der Nabe.

Von der Kontaktstelle mit dem Untergrund werden die Druckkräfte über die Felge auf die momentan oben liegenden Speichen abgeleitet, die sich dann wiederum per Zug an der Nabe abstützen. Da gewöhnliche Fahrradspeichen nicht auf Druck belastet werden können, wird das Speichenrad beim Fahren am unteren Punkt minimal gestaucht.

Die Speichen können an der Nabe radial oder in einem Winkel angeordnet werden. Bei der üblichen 3-fachen Überkreuzung der Speichen liegen diese annähernd tangential zum Lochkreis des Nabenflansches. Ein gewisser Vorteil der radialen Einspeichung liegt in der Gewichtsersparnis durch kürzere Speichen. Beim angetriebenen Laufrädern sowie bei Verwendung von Trommel-, Rollen- oder Scheibenbremsen wird die radiale Einspeichung nicht verwendet, da andernfalls bei der Übertragung des entstehenden Drehmoments hohe Zugkräfte an den Speichen auftreten.

Speichentypen

Speichen haben üblicherweise an einem Ende ein – zur Verminderung der Kerbwirkung gerolltes (aufgewalztes) – Gewinde von 2 mm Durchmesser (FG 2,3 nach DIN 79012), auf das der Speichennippel geschraubt wird, um dieses Speichenende in der Felge zu befestigen. Am anderen Ende werden die Fahrradspeichen um etwa 95° gebogen und gestaucht, um einen linsenförmigen Kopf zu erzeugen. Dieser Kopf hält die Speiche in der Querbohrung des Flansches der Nabe.

Die mit Abstand am meisten verbreiteten Speichen haben einen kreisrunden Querschnitt mit 2,0 mm Durchmesser. Bei höherwertigen und bei besonders belasteten Laufrädern sind Speichen mit reduziertem Querschnitt im Mittelteil bzw. mit vergrößertem Querschnitt im Bogen verbreitet. Durch den kleineren Querschnitt im geraden Teil können sich die Speichen bei Stößen geringfügig elastisch dehnen, wodurch sich die Belastungen der übrigen Komponenten vermindert. Verbreitet sind Durchmesser von 1,5 und 1,8 mm im geraden Teil sowie 2,18 und 2,34 mm Durchmesser im Bogen.[9]

Speichen mit verstärktem Bogen und über die restliche Länge gleichbleibendem Durchmesser werden auch Eindickend-Speichen (ED) genannt. Ist der Mittelteil dünner, spricht man von Doppeldickend-Speichen (DD), sofern beide Enden denselben Durchmesser haben, und von 3D-Speichen, wenn der Speichenschaft drei verschiedene Durchmesser hat.

Zum Senken des Luftwiderstands werden Speichen verwendet, die im geraden Mittelteil keinen kreisrunden Querschnitt haben, sondern flach sind. Man spricht auch von Messer-, Säbel- oder Aerospeichen. Messungen zeigten, dass der Luftwiderstand bei Messerspeichen, die nicht exakt in Bewegungsrichtung ausgerichtet sind, stark ansteigt und sogar leicht über dem von runden Speichen liegen kann. Bei starkem Seitenwind tritt ein ähnlicher Effekt auf. Der geringere Luftwiderstand fällt auch erst bei einer Geschwindigkeit ab etwa 40 km/h ins Gewicht. Auch bei flachen Speichen gibt es unterschiedliche Querschnitte.

Weniger verbreitet sind gerade, also nicht abgewinkelte Speichen. Sie erfordern Naben mit einem besonders geformten Nabenflansch. Meist ist dieser mit Schlitzen zum Einhängen der Speichen statt mit Speichenlöchern ausgestattet. Der Vorteil gerader Speichen ist, dass der Bogen als potentielle Schwachstelle entfällt. Der Nachteil ist der deutlich höhere Preis. Z-Speichen haben anstelle des Kopfes ein Z-förmig gebogenes Ende, das in die Nabenflanschbohrung eingehängt werden kann, ohne dass die Speiche vom Gewindeteil aus eingefädelt werden muss. Das ist ein Vorteil bei einer Panne unterwegs, vor allem wenn der Bruch beim Hinterrad auf der Seite des Zahnkranzes auftritt, da dieser sonst zum Wechsel der Speiche entfernt werden müsste.

Eine weitere Bauform sind Wellenspeichen, deren leicht wellenförmig ausgebildeter Mittelteil eine federnde Wirkung erzeugen soll.

Speichen werden aus rostfreiem Edelstahl (heute überwiegend), Stahl, Aluminium, Titan und Kohlenstofffaser gefertigt. Stahlspeichen werden verzinkt, vernickelt oder verchromt. Die Zugfestigkeit hochwertiger Stahlspeichen beträgt 1200 N/mm² und mehr.

An der TU Chemnitz wurden textile Speichen entwickelt.[10]

Reparaturmöglichkeiten bei Speichenbrüchen

Für Reparaturen auf Reisen hatten manche Fahrradtypen (etwa von Koga-Miyata) auf der Oberseite der Kettenstrebe gelochte Laschen zum Einspannen von 2 Ersatzspeichen, die zugleich die Strebe vor Kettenschlag schützten. Einige Ersatzspeichen passender Längen können mit Klebstreifen oder Seilchen einfach außen an einer Strebe befestigt oder aufwendiger im Sattelrohr untergebracht werden. Zusammenrollbare Reparaturspeichen besitzen ein Mittelteil aus Stahlseil. Sie können wegen der dickeren Fügestellen (Einpressung des Seils) nicht durch die Löcher in der Nabe gefädelt werden und sind darum immer mit Z-Kopf ausgestattet.

Damit Speichen von genügend Gewindegängen des Nippels erfasst werden, Verstellspiel haben und nicht in den Schlauch stechen, brauchen sie jeweils eine auf etwa 2 mm passende Länge. Insgesamt werden damit für das Vorderrad und das Hinterrad sechs verschiedene Speichenlängen pro Fahrrad als Reserve benötigt. Durch scharfes Abknicken um etwa 100°, das Verhaken von zwei Speichen und die Sicherung der Hakenverbindung mit einem Stahlröhrchen mit 4 mm Innendurchmesser lassen sich behelfsmäßig beliebige Längen überbrücken.

Zugbelastung der Speichen

Bei heutigen Fahrrädern werden Drahtspeichen ausschließlich auf Zug belastet. Nur so hält der Nippel formschlüssig in der Felge. Wohl dosiertes Vorspannen der Speichen bei der Radherstellung und ein gewisses Anziehen mit der Zeit zum Ausgleich von Setzung und Längung hält die jeweils belasteten Speichen beim Abrollen des Rades unter Zug.

Die Belastung der Achse drückt auf die Radnabe. Da die Speichen praktisch nur Zugkräfte übertragen können, erfolgt die Kraftübertragung nicht von der Radnabe direkt nach unten, sondern nach oben zur Felge und erst über diese nach unten und über den Reifen zum Boden. Unter der Last drückt sich der Reifen auf einer gewissen Länge ein wenig breit. Der Reifen gibt in diesem Bereich – der Reifenaufstandsfläche – den Druck an ein Segment der Felge weiter, in dem vielleicht 1, 2 oder 3 Speichen sitzen.

Die im oberen Teil in die Felge eingeleitete, senkrecht wirkende Gewichtskraft wird von den momentan horizontal verlaufenden Speichen abgefangen. Überdies hat die Felge eine gewisse Eigensteifigkeit, sodass sie sich unter der Krafteinwirkung kaum verformt. Idealisiert ohne jegliche Felgenverformung betrachtet, und die meist 36 Speichen in 4 Sektoren zu je 9 Stück eingeteilt, sind die momentan unten liegenden Speichen unbelastet, der vordere und hintere Speichensektor stabilisieren die Felge und der obere Speichensektor trägt die Achslast. Die oberen 9 durch eine Zugkrafterhöhung um je 1/36 der Achslast.

Eine Speiche funktioniert dann gut im System, wenn sie entlang dem kleinen Weg der Verschiebung und Verformung der Felge (unten) ihre Zugkraft passend nachlässt.

Eine 1,8 mm dünne Speiche hat gut 2,5 mm² Querschnittsfläche. Mal 1200 N/mm² Zugfestigkeit ergibt dies eine maximale Zugkraft von 3000 N. Wird davon 1000 N als Vorspannkraft genützt, trägt das Rad unten je entspannter Speiche 1000 N, also rund 100 kg Gewichtskraft. Werden Speichen am Aufstand unten mangels ausreichender Vorspannkraft völlig entspannt, so hebt sich beim Abrollen der Speichennippel einen Moment etwas aus seinem Sitz in der Felge, es kommt zu Knistern und oft weiterem Lockern des Nippels.

Je Radumdrehung kommt es in jeder gut vorgespannten Speiche zu einer eher kurzen stärkeren Entspannung (unten) und einer weniger starken doch länger dauernden Zusatzanspannung (oben). Diese Wellen im zeitlichen Verlauf der Speichenzugkraft werden mit der Achslast größer und von Stößen durch eine unebene Fahrbahn überlagert. Vergleichsweise gering wirkt sich die Fliehkraft aus: 1 kg rotierende Radaußenmasse bei 630 mm Durchmesser, 72 km/h Geschwindigkeit und 2 m Radumfang ergibt 138 N Zentrifugalkraft pro Speiche (von 36).

Nabeneingeleitete Axialmomente durch Antritt oder Bremsen, schräg wirkende Aufstandskraft beim Wiegetritt oder Kurvenfahrt eines Dreirades mit senkrechten Rädern belasten die Speichen zusätzlich. Auch Schwingungen des Rahmens werden als Speichenkräfte weitergeleitet. Besonders grob wirken „Radständer“, die nur einen kleinen Teil des Radumfangs festhalten – schon allein beim Kippen eines „aufgepackten“ Fahrrades, Springen mit den Beinen auf ein liegendes Laufrad, zu beachten beim Einradfahren, oder griffiges Aufkommen mit Querbewegung zum Rad nach Sprung, Sturz oder Wegrutschen.

Ein nur 10 cm langes Stück der Felge, eben das vom Reifen im Bereich der 2 untersten Speichen nach oben gedrückt wird, dellt sich unter 90 kg Last, entsprechend der Bodendruckkraft von ca. 900 N, um weniger als 1 mm ein, da die Trägerlänge nur 1/6 des Felgendurchmessers beträgt.

Reine Zugbelastung der Speichen macht flexible sogenannte Notspeichen möglich, die aus einer festen Kordel oder (im Mittelteil) aus Stahlseil bestehen und daher zusammengerollt ohne Knickgefahr eingepackt und unterwegs einfacher ins Rad eingesetzt werden können.

Speichenlänge

Als Speichenlänge ist die Länge von der Innenseite der Biegung der Kröpfung (genau an der Innenkante zum Speichenkopf) bis zum geraden Ende samt Gewinde definiert. Diese wird mittels Einhaken am Anfang eines dünnen Maßstabs oder einer Speichenlehre gemessen.

Vor dem Aufbau eines Laufrades muss die nötige Speichenlänge ermittelt werden, wobei folgende Formel genutzt werden kann:

Dabei ist

im Bogenmaß bzw.

im Gradmaß.

Die Parameter sind wie folgt:

→ Speichenlänge

→ Felgenwirkdurchmesser; 'effective rim diameter' ERD (Abstand der Speichennippelköpfeauflageflächen an zwei gegenüberliegenden Felgenlöchern – wird auch vom Felgenhersteller angegeben)

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Wenn der ERD nicht bekannt ist, dann kann er auch mit Hilfe zweier Speichen gemessen werden. Die Speichen werden mit Speichennippeln durch gegenüberliegende Speichenlöcher gesteckt und mit einem Gummiband zwischen den Köpfen mit leichtem Zug fixiert. Dann wird der Abstand zwischen den Speichenköpfen gemessen. Anschließend werden die Speichen wieder aus der Felge herausgezogen, ohne dabei die Nippel zu verdrehen. Der ERD ergibt sich dann als Summe aus den effektiven Speichenlängen (Abstand zwischen Nippelkopfunterkante und Speichenkopfende) und dem vorher gemessenen Speichenköpfeabstand. Die Messung sollte doppelt, über zwei um 90° gegeneinander gedrehte Felgendurchmesser, durchgeführt und der Mittelwert darauf genommen werden, um Fehler aus einer eventuellen Felgenovalität auszugleichen.

Siehe auch

Literatur

  • Christoph Palmen: Konstruktionen des Leichtbaus. Das Prinzip Speichenrad. Reimer, Berlin 2017, ISBN 978-3-496-01586-4.
  • Michael Gressmann, Franz Beck, Rüdiger Bellersheim: Fachkunde Fahrradtechnik. 1. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2006, ISBN 3-8085-2291-7
  • Fritz Winkler, Siegfried Rauch: Fahrradtechnik Instandsetzung, Konstruktion, Fertigung. 10. Auflage, BVA Bielefelder Verlagsanstalt GmbH & Co. KG, Bielefeld, 1999, ISBN 3-87073-131-1
  • Rob van der Plas: Die Fahrradwerkstatt – Reparatur und Wartung Schritt für Schritt. 1. Auflage, BVA Bielefelder Verlaganstalt, Bielefeld, 1995, ISBN 3-87073-147-8
  • Christian Smolik, Stefan Etzel: Das neue Fahrrad Reparatur Buch. 9. Auflage, BVA Bielefelder Verlaganstalt, Bielefeld, 2010, ISBN 978-3-87073-055-0

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Manfred Russo: Tupperware & Nadelstreif. Böhlau Verlag Wien, 2000, ISBN 978-3-205-99163-2 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Di Cosmo: The Northern Frontier in Pre-Imperial China. In: Cambridge History of Ancient China. 1999, S. 885–966, hier S. 903, bezieht sich auf Funde der Andronowo-Kultur um etwa 2026 v. Chr.
  3. P. F. Kuznetsov: The emergence of Bronze Age chariots in eastern Europe. In: Antiquity. Bd. 80, Nr. 309, 2006, ISSN 0003-598X, S. 638–645, online (Memento vom 7. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
  4. BMW Ersatzteilkatalog. BMW, abgerufen am 7. Januar 2022.
  5. Drahtspeichenrad. BMW, abgerufen am 11. Januar 2022.
  6. RDC - Technik im Detail. BMW, abgerufen am 7. Januar 2022.
  7. BMW Ersatzteilkatalog. Abgerufen am 7. Januar 2022.
  8. Laufradbau. Abgerufen am 16. April 2018 (englisch).
  9. Ein Laufrad mit dünneren Speichen ist allerdings auch weniger steif, sodass die Kombination aus wenigen und dünnen Speichen nur für sehr gering belastete Laufräder akzeptabel ist.
  10. Besser als Stahlspeichen : Dieses Rad hat Speichen aus Textilfasern ingenieur.de, 2. September 2016, abgerufen am 17. Juni 2020.