Plattenbau

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Beirut, eine Stadt aus Plattenbauten (1983)

Plattenbauten, in der Schweiz Bauten in Elementbauweise genannt, sind vorwiegend aus Betonfertigteilen hergestellte Gebäude, das heißt, sowohl Deckenplatten als auch Wandscheiben werden als fertige Elemente auf der Baustelle montiert. Die Plattenbauweise (Großtafelbauweise) ist ein weit verbreitetes Bauverfahren. In der Umgangssprache wird der Begriff „Plattenbau“ häufig auf einheitlich gestaltete Wohnplattenbauten in Großwohnsiedlungen verengt.

Bautechnik

Plattenbau, Typ w-70 in Zielona Góra (Grünberg) in Polen. Der Typ W-70 ist verwandt mit dem ostdeutschen Typ WBS70.
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Transport von Großtafeln in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) 1975

Das Plattenbauverfahren ist ein Bauverfahren innerhalb der Gruppe des Fertigteilbaus. Dabei werden insbesondere Wohn- und Bürogebäude aus in Fabriken vorgefertigten Betonplatten zusammengefügt. Das Zusammenfügen der Bauteile erfolgt danach vor Ort. Teilweise werden Fertigteilplatten auch nur als Fassadenplatten verwendet. Die Tragkonstruktion kann dann konventionell aus Ortbeton auch als Skelettkonstruktion in Fertigteilen hergestellt werden. Fertigteilfassadenplatten zeichnen sich dadurch aus, dass diese durch die Verwendung von Sichtbeton (als Waschbeton, gesäuerter Beton oder geschliffener Beton) besondere Gestaltungsmöglichkeiten bieten. Auf raumabschließende Fertigteilplatten kann aber auch ein Wärmedämmverbundsystem mit Putz aufgebracht werden. Fassadenelemente aus Beton zeichnen sich auch durch Langlebigkeit bei niedrigen Wartungskosten aus und werden daher häufig auch im Industriebau (Hallen) verwendet.

Vorteile

Zu den Vorteilen zählt, dass zahlreiche Arbeitsschritte wetterunabhängig in Fabrikgebäuden durchgeführt werden können und dass die Montage der Bauwerke selbst relativ schnell durchgeführt werden kann. Somit hat diese Bauweise in Gebieten mit einer kurzen nutzbaren Bauzeit wie Schweden, Finnland oder Russland Vorteile. Als Vorteil wird häufig auch angesehen, dass die Qualität der industriell gefertigten Bauteile vor dem Zusammenbau geprüft werden kann.

Nachteile

Zu den Nachteilen zählt, dass bei individuell geplanten Fertigteilbauten der gesamte Planungsprozess einschließlich der Planung der Haustechnik vor der Fertigung im Fertigteilwerk liegen muss, da Leerrohre, Dosen für die Elektroinstallation, Ankerschienen und Anschweißplatten für die spätere Technikinstallation bereits in das Fertigteil einbetoniert werden müssen. Dieser Nachteil ist allerdings bei Gebäuden, die weitgehend standardisiert in großer Zahl gebaut werden, von geringerer Bedeutung. Eine umfassende Standardisierung der Bauelemente führt jedoch zu geringerer individueller Gestaltungsmöglichkeit.

Die Baukosten von Wohn- und Bürogebäuden, die als Plattenbauten errichtet werden, sind in der Regel höher als die von Bauwerken, die zum Beispiel in Mauerwerksbau errichtet werden. Gründe hierfür sind: Eine Wand aus Stahlbeton ist teurer als eine solche aus Mauerwerk. Beim Tragsystem kommen regelmäßig bei Platten und Unterzügen nur Einfeldträger zur Anwendung. Dies führt zu einem höheren Bedarf an Betonstahl. Es werden zusätzlich Verbindungselemente benötigt, die aus teurem Edelstahl herzustellen sind. Falls Sandwichplatten (Dreischichtplatten mit innenliegender Wärmedämmung) verwendet werden, führt der Verschluss der Fugen ebenfalls zu zusätzlichen Kosten. Der Transport der sperrigen Platten über teilweise weite Entfernungen führt zu höheren Transportkosten als der Transport der Baustoffe bei konventioneller Bauweise.

Begriff

Definition

Als Plattenbauten werden Gebäude bezeichnet, die aus industriell vorgefertigten, geschoßhohen und wandbreiten Platten sowie entsprechenden Deckenplatten montiert sind. Der Bauingenieur Robert von Halász definierte die Grundmodule als Tafeln und bezeichnete die Bauten als „Tafelbauten“. Der Ausdruck „Plattenbau“ sei „sprachlich falsch und begrifflich ungenau“.[1] Sein Begriff hat sich allerdings nicht durchgesetzt. Eine verbindliche Terminologie hat sich auch in der Literatur zur Baupraxis nicht entwickelt.[2]

Verwendung

Heute wird der Plattenbau, manchmal auch sein Grundmodul, die Platte, umgangssprachlich sowohl mit dem industriellen Bauen als auch mit seinen Ergebnissen gleichgesetzt.[3] Er meint also gleichzeitig eine Bautechnik und einen Bautypus. Der Soziologe Steffen Mau konstatiert in seinem Buch Lütten Klein (2019) über die gleichnamige Plattenbau-Siedlung in Rostock, der Begriff „Plattenbau“ werde von vielen Bewohnern seit der Wende als „westdeutscher Kampfbegriff“ verstanden. In der DDR war die Bezeichnung „Neubau“ gebräuchlich.[4]

Abgrenzung

Die Abgrenzung zu verwandten Begriffen wie Fertighaus ist unscharf. Obwohl die Bauweise vergleichbar ist, wird der Begriff Plattenbau meist nur für Massivbauten mit Betonfertigteilplatten verwendet.

Der Begriff Großtafelbauweise beschreibt dieselbe Art der Konstruktion und vermeidet die Unschärfe hinsichtlich der in der Statik üblichen Begriffe „Wandscheibe“ und „Deckenplatte“. Im Sinne der Statik sind nur die flächigen Bauelemente Platten, die auf Biegung beansprucht werden, auf Druck beanspruchte Bauteile sind Scheiben.

Der Plattenbau ist eine Form des Massivbaus, bei dem Wände und Decken tragende Wirkung haben, im Gegensatz zum Skelettbau, bei dem Wände und Decken nicht tragen müssen, sondern die tragenden Elemente hauptsächlich aus Stützen, Balken oder Gewölberippen bestehen. Gleichzeitig ist Plattenbau in aller Regel eine Form des Stahlbetonbaus, einer der verbreiteten Formen der Baukonstruktion. Andere verbreitete Bauweisen sind Mauerwerksbau, Stahlbau oder Holzbau. Mitunter werden Plattenbauten auch aus vorgefertigtem Mauerwerk zusammengesetzt.

Umgangssprachlich wird der Begriff – fachlich falsch – teils als Synonym für kastenförmige, genormte oder wenig abwechslungsreiche Gebäude des Massenwohnungsbaus verwandt, die keiner speziellen Bauweise zuzuordnen ist.

Geschichte

Entstehung

Die Bautechnik war vor 1920 häufig gekennzeichnet durch eine historisierende Formensprache, es wurden zahlreiche Verzierungen aus verschiedenen vorhergehenden Architekturepochen verwendet. Dafür waren handwerkliche Qualität und hoher personeller Aufwand notwendig. Die Grundmauern der Gebäude wurden mit einem Mauerwerk (Stein auf Stein) errichtet, die Kosten und der Zeitaufwand waren entsprechend hoch. Ein anhaltendes Bevölkerungswachstum und zunehmende Einwanderungen in die Städte erforderten mehr Wohnraum und neue Bautechniken. Die Bauweise mit vorgefertigten, standardisierten Platten verringerte Bauzeiten und Baukosten.

Nach 1920 entwickelte sich eine neue Architekturepoche, die heute als „Klassische Moderne“ oder ab 1950 als „Internationaler Stil“ bezeichnet wird. Grundgedanken waren

  • die Abkehr vom Historismus und seinen verspielten Formen,
  • Reduktion auf das Wesentliche und
  • die Verwendung neuer Materialien wie Spannbeton, Stahl und Glas.

Die Bauweise setzte sich immer mehr durch, und damit wurde die Plattenbautechnik zur anerkannten Architektur. Der Verzicht auf Dekoration und die Verwendung einheitlicher Materialien förderte ein uniformes Erscheinungsbild der Gebäude.

Die ersten Häuser, bei denen vorgefertigte Großplatten in Stahlbetonbauweise verwendet wurden, entstanden ab 1910 im Gartenstadtprojekt Forest Hills Gardens in Queens, einem Stadtteil von New York. Benannt nach dem Ingenieur und Architekten Grosvenor Atterbury, wurde das Konstruktionsprinzip als System Atterbury auch in Europa bekannt. Vorangegangen waren namentlich in Großbritannien und Frankreich Experimentalbauten und Serienfertigung mit anderen Ausgangswerkstoffen (Holz, Metall, Stampfbeton) und auch mit kleinerformatigen Betonelementen.

Das erste Projekt, bei dem in Deutschland die Tafelbauweise vorgesehen war, war das Projekt Neues Frankfurt (1925–1930). Dessen Leiter Ernst May ließ eigens eine Fabrik errichten, in der die Betonplatten gefertigt wurden. Von den 15.000 Wohnungen wurden jedoch nicht alle in Plattenbauweise errichtet. 1926 wurde in Berlin-Lichtenberg, Ortsteil Friedrichsfelde, nach Entwürfen des damaligen Stadtbaurats Martin Wagner die erste deutsche Plattenbausiedlung errichtet. Bei dieser als Kriegerheimstättensiedlung erstellten Wohnanlage handelt es sich um einen zwei- bis dreigeschossigen Siedlungsbau mit ursprünglich 138 Wohnungen, der heute den Namen Splanemann-Siedlung trägt. Vor Ort wurden dabei bis zu sieben Tonnen schwere, mehrschalige Betonplatten gegossen und von einem Portalkran an die Montagestellen gebracht, die jedoch noch in traditioneller Ziegelbauweise vorbereitet wurden. Das Verfahren hatte Wagner um 1921 beim Bau des Betondorp (wörtlich: „Betondorf“) kennengelernt, einem Wohnviertel im Amsterdamer Stadtbezirk Amsterdam-Oost.

Das Unité d’Habitation (Wohneinheit) von Le Corbusier war als Hochhaustyp das Vorbild moderner Plattenbauten in Architektur und Wohnphilosophie. Den Kern der Idee stellte Corbusier bereits 1925 in Paris vor, mit dem Pavillon de l’Esprit Nouveau. Die Wohneinheiten wurden zwischen 1947 und 1965 in vier französischen Orten und in Berlin realisiert. Die Projekte sollten den Wohnungsmangel nach dem Zweiten Weltkrieg lindern. Corbusier sah seinen Gebäudeentwurf als ideale Lösung für eine massenhafte Wiederholung an vielen Orten. Durch standardisierte Serienproduktion wollte er ein hohes Maß an Effizienz erreichen. Diese Wirtschaftlichkeit und die weite Verbreitung sollten der Masse der Bevölkerung einen erhöhten Wohnkomfort ermöglichen. Hier wurden Plattenbauten bewusst einheitlich und kostengünstig konstruiert; der Bekanntheitsgrad von Corbusier förderte die Verbreitung seines Standardbauwerkes.

Seit diesen Anfängen wurden und werden weltweit ganze Wohnsiedlungen, Bürohochhäuser, Industrie- und andere Großbauten aus vor Ort oder werkseitig gegossenen Betonplatten und Betonfertigteilen errichtet.

Großwohnsiedlungen

Nach den 1950er Jahren entstanden international neue Großsiedlungen. Der Begriff Plattenbau-Siedlung wird heute umgangssprachlich fast synonym für diese Großsiedlungen genutzt. Eine der theoretischen Grundlagen war die Charta von Athen unter der Federführung von Le Corbusier, welche eine neue Stadtplanung forderte. Zu den neuen Idealen zählte unter anderem eine aufgelockerte und gleichförmige Bauweise, damit keine Klassenunterschiede erkennbar sind. Historische Stadtkerne sollten durch Flächensanierungen neu geordnet werden. Später entwickelte sich die Idee einer autogerechten Stadt. Die meisten Ideale der Charta gelten heute als fehlinterpretiert oder überholt. Während in den europäischen Staaten nach den 1980er Jahren kaum neue Großsiedlungen entstanden, so werden diese heute vor allem in den asiatischen Ballungszentren neu angelegt.

Deutsche Demokratische Republik

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Plattenbau aus den 1980er Jahren in Chemnitz, 2010
Derselbe Wohnblock nach der Modernisierung, 2020
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Dr.-Wilhelm-Külz-Straße in Hoyerswerda

Starke Verbreitung fanden Plattenbauten in der Deutschen Demokratischen Republik. Nach den Zerstörungen der Kriegsjahre und dem Zustrom von Vertriebenen bestand ein ausgeprägter Wohnungsnotstand im Nachkriegsdeutschland. In der DDR wurden in den ersten Jahren klassische Bauverfahren verwendet wie Mauerwerksbauten, diese konnten aber den Wohnungsmangel aufgrund der knappen Baumaterialien und Arbeitskräfte nicht schnell genug beheben. In den 1950er Jahren wurde nach rationelleren Baumethoden gesucht. Ein erster Großplattenversuchsbau entstand 1953 in Berlin-Johannisthal. Der Ausbau der Stadt Hoyerswerda wurde zu einem „Experimentierfeld“ in diesem Bereich. Der industrielle Wohnungsbau in Plattenbauweise wurde dort seit 1957 erstmals in der DDR in großem Umfang realisiert. Das Bauverfahren mit vorgefertigten Betonteilen erfolgte in Anlehnung an die Ideen der modernen Architektur, die schon im Bauhaus entstanden waren.

Mit dem staatlichen Wohnungsbauprogramm von 1972, das die Beseitigung des Wohnraummangels bis 1990 zum Ziel hatte, wurde der Plattenbau zum wichtigsten Neubautyp erhoben. Wohnkomplexe, neue Stadtteile oder ganze Städte mit bis zu 100.000 Einwohnern, wie Halle-Neustadt, wurden meist gänzlich in Plattenbauweise errichtet. Im Rahmen des Wohnungsbauprogramms wurden insgesamt etwa drei Millionen Wohnungen neu gebaut oder saniert, es entstanden 1,8 bis 1,9 Millionen Plattenbauwohnungen. Das Wohnungsbauprogramm war ein ehrgeiziges Programm, für das ein erheblicher Teil des Staatshaushaltes verwendet wurde. Dabei wurden die älteren Gebäude in den historischen Stadtkernen jedoch nicht in gleicher Weise gefördert. Diese Häuser – oft in Privatbesitz oder in Verwaltung durch kommunale Wohnungsverwaltungen (KWV) – konnten bei festgeschriebenen niedrigen Mieten in der Regel nicht die Finanzmittel erwirtschaften, die notwendig waren, um sie zu erhalten. Somit war der teilweise Verfall der historischen Innenstädte eine Kehrseite des DDR-Wohnungsbauprogramms.

Mit dem Beginn der 1980er Jahre wurde auch in die Komplexsanierung von Altbauten in den Innenstädten investiert, was aber in manchen Städten wie beispielsweise Bernau bei Berlin zum Flächenabriss zugunsten innerstädtischer Plattenbauten führte. Für größere innerstädtische Neubauvorhaben wurde auch die Hallesche Monolithbauweise, eine Kombination aus Tunnelschal- und Plattenbauverfahren, verwendet.

Die Mehrheit der Neubaugebiete wurden in einheitlicher Bauweise errichtet, Variationen in den Strukturelementen wurden wegen hoher Kosten nur im geringen Maße eingesetzt. Die Plattenbauten verfügten über schlichte „Lochfassaden“, wiesen nur wenige Verzierungen auf und wiederholten ein uniformes Fassadenbild. Seit Beginn der 1980er Jahre wurde jedoch zuweilen an städtebaulich oder aus Repräsentationsgründen wichtigen Punkten das Erscheinungsbild von Plattenbauten aufgelockert oder dem Stadtbild durch historisierende Formen angepasst. Beispiele finden sich in den Bauten an der Berliner Friedrichstraße und am Gendarmenmarkt. Im Berliner Nikolaiviertel, das in Anlehnung an den historischen Stadtgrundriss wiederaufgebaut wurde, verwendete man ungewöhnliche kleinteilige, abwechslungsreiche Formate und spitze Giebel mit Verzierungen. Auch in der Innenstadt Rostocks errichtete man nahe der Langen Straße Plattenbauten, die sich aufgrund ihrer hanseatischen Optik besser in das historische Stadtbild eingliedern sollten. In einigen Innenstädten wurden niedriggeschossige Plattenbauten errichtet.

Die Plattenbauwohnungen waren zur Zeit ihrer Entstehung bei der Bevölkerung begehrt, da diese Wohnungen im Gegensatz zu Altbauwohnungen vom Beginn des 20. Jahrhunderts mit standardisiertem Komfort wie fließendem warmen und kalten Wasser, Zentralheizung, Toilette in der Wohnung (Innen-WC) und Badewanne ausgestattet waren. Die Plattenbau-Mieten waren zwar etwas höher als die für eine Altbauwohnung, aber dennoch gering. Wohnungsmieten wurden in der DDR staatlich auf ein niedriges Niveau reguliert, sie deckten dadurch allerdings nicht die Kosten.

Zu den verbreitetsten Plattenbau-Typen der DDR zählen unter anderem WBS 70, WHH GT 18, P2 und M10. Durch die standardisierte, fabrikmäßige Herstellung aus dem widerstandsfähigen Material Beton haben Plattenbauten bis heute eine gute Bausubstanz.

Bundesrepublik Deutschland vor 1990

Große Plattenbauten entstanden auch in den Großwohnsiedlungen in der alten Bundesrepublik. Das Bauverfahren wurde vor allem für den sozialen Wohnungsbau genutzt. Der gebräuchliche Begriff hierfür war „Bauten in Großtafelbauweise“ oder kurz „Tafelbauten“. Auch hier orientierten sich die Architekten und Stadtplaner an den Ideen der modernen Architektur und Stadtplanung. Zu den ersten Beispielen von Großsiedlungen zählt das Berliner Hansaviertel (6.000 Einwohner), welches ab 1952 unter der Beteiligung bekannter Architekten wie Walter Gropius und Le Corbusier geplant wurde. Das Stadtviertel Nürnberg-Langwasser war seit 1957 einer der Prototypen für eine Trabantenstadt, aufgrund der langen Bauzeit bis in die 1990er Jahre kann hier die Weiterentwicklung der Bautechnik über Jahrzehnte beobachtet werden.

Zu den größeren Plattenbaugebieten in der Bundesrepublik zählen unter anderem München-Neuperlach (55.000 Einwohner), Nürnberg-Langwasser (36.000 Einwohner), Berlin-Märkisches Viertel (36.000 Einwohner), Berlin-Gropiusstadt (34.000 Einwohner), Bremen-Vahr und Tenever (zusammen mehr als 30.000 Einwohner), Frankfurt-Nordweststadt (23.000 Einwohner), Hamburg-Steilshoop (20.000 Einwohner), Hamburg-Mümmelmannsberg (19.000 Einwohner), Kiel-Mettenhof (18.000 Einwohner), Pforzheim-Haidach (14.000 Einwohner), Mannheim-Vogelstang (13.000 Einwohner), Würzburg-Heuchelhof (12.000 Einwohner), Heidelberg-Emmertsgrund (11.000 Einwohner), Hamburg-Osdorfer Born (11.000 Einwohner) und Reutlingen-Hohbuch (10.000 Einwohner).

Ein Verfechter der Verwendung von industriell vorgefertigten Wandelementen und ganzen Raumzellen war in den 1960er Jahren der Architekt und Direktor der Hochschule der Künste Berlin Karl Otto. Er hatte in Studienreisen die Technik und deren Vorteile in den USA kennengelernt und setzte die Ideen in seinen eigenen Bauten wie der Deutschen Schule in Brüssel oder seinem einzigen Kirchenbau, der Martin-Luther-King-Kirche in Berlin-Britz, um. Sein „Baukasten“ wurde System Brockhouse genannt.

Zu den jüngsten Großsiedlungen zählen unter anderem Köln-Chorweiler (13.418 Einwohner) und Bremen-Osterholz-Tenever, die Hauptbauphasen lagen hier in den 1970er Jahren. Ab den 1980er Jahren wurden in der Bundesrepublik Deutschland keine neuen Großsiedlungen mehr begonnen, bestehende allerdings noch vervollständigt, dies zum Teil mit eher aufgelockerter und niedrigerer Randbebauung in Ziegelbauweise. Einerseits entwickelten sich einige der Stadtteile zu sozialen Brennpunkten, zum anderen war der Wohnungsbedarf weitestgehend gedeckt.

Auch die Bauten für die Unterbringung der Teilnehmer an den Olympischen Sommerspielen 1972, das Olympiazentrum Schilksee in Kiel und das Olympische Dorf in München, wurden in dieser Bauweise errichtet. Letzteres ist gemeinsam mit dem Olympiapark heute eine denkmalgeschützte Anlage. Aufgrund seiner besonderen Bebauung, Nutzung und Bewirtschaftung gilt es nicht als sozialer Brennpunkt in München. Zurzeit leben hier etwa 6.100 Menschen, der Wohnwert des Olympischen Dorfes gilt als sehr hoch. Etwa 90 % aller Umzüge finden lediglich innerhalb des Olympischen Dorfes statt. Im Rahmen des städtischen Wettbewerbes „Kinder- und familienfreundliches Wohnumfeld“ erhielt das Olympische Dorf 2006 einen Sonderpreis.

Andere Staaten

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„Blokowisko“ in Posen, Polen

In der Schweiz werden Plattenbauten als „Bauten in Elementbauweise“ bezeichnet. Hier sind vor allem die Göhnerbauten bekannt. Als Architekt wirkte unter anderem der Bauhausschüler Hans Fischli, dessen größtes Siedlungsprojekt (Hangenmoos in Wädenswil, erbaut 1968 bis 1973) 2019 abgerissen wurde. Eher außergewöhnlich sind dagegen Sakralbauten in Elementbauweise, wie etwa das von Marcel Breuer geplante, 1972 vollendete Franziskanerinnenkloster Baldegg.

Auch in Frankreich entstanden zahlreiche Plattenbauten, am bekanntesten sind die Bauwerke von Le Corbusier, welche als „Unité d’habitation“ auch in anderen Ländern umgesetzt wurden. Die Vororte zahlreicher Ballungsgebiete in Frankreich sind als Großsiedlungen in Plattenbauweise angelegt. Auch in Norwegen und in Schweden wurden viele Plattenbauten geschaffen, so die Vorstadtviertel Rinkeby in Stockholm, Angered in Göteborg und Rosengård in Malmö.

In Polen konnte mittels Plattenbauten der nach dem Zweiten Weltkrieg massive Wohnungsmangel beseitigt werden. Neben neuen Vorstadtvierteln entstanden auch ganze Städte neu, wie die Trabantenstadt Tichau südlich von Kattowitz. In vielen anderen ehemals sozialistischen Ländern wurden Großsiedlungen in Plattenbauweise noch bis Ende der 1980er Jahre angelegt.

Der Begriff Plattenbau wurde auch in anderen Sprachen verwendet:

Moderner Plattenbau

Die Errichtung von Wohn- und Bürogebäuden in Plattenbauverfahren findet sich in Deutschland nur noch sehr selten. Hochhäuser können billiger in Ortbetonbauweise hergestellt werden. Fassaden aus Sichtbeton-Fertigteilplatten werden von vielen Architekten als nicht attraktiv angesehen. Die Fassaden werden daher bevorzugt als Glasfassaden, Fassaden in Ständer-Riegel-Konstruktion oder mit Natursteinverkleidung hergestellt. Alternative Bauweisen, wie die Verwendung von Mauerwerk als tragende und raumabschließende Konstruktion oder Holzbaufertigteilbau, haben sich vor allem im privaten Hausbau und im Mietwohnungsbau als Standard durchgesetzt. Teilweise wird als Argument für die Bauweise mit vorgefertigten Betonplatten die frühzeitige und integrierte Planung genannt.

Eine Sonderform des Plattenbauverfahrens ist die Raumzellenbauweise, bei der vollständige Räume vorgefertigt und vor Ort zusammengefügt werden. Die negativen Erfahrungen mit uniformen Plattenbau-Wohnsiedlungen am Ende des 20. Jahrhunderts führten zum Bemühen um ein abwechslungsreicheres Erscheinungsbild. So werden Außenwände meist mit Putz versehen oder mit einer beliebigen Fassade überzogen, was die Plattenbauweise nicht erkennen lässt und zugleich Möglichkeiten für die integrierte Wärmedämmung bietet.

Kritik und Probleme

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Abriss eines Plattenbaus im Stadtteil Rotensee in Bergen auf Rügen
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Ein umgebauter Wohnblock aus DDR-Zeiten in Ilmenau
Sanierte Plattenbauten in Plau am See

Bereits in den 1960er Jahren wurde in der Bundesrepublik die Architektur von Plattenbauten als abstrakt, trist und seelenlos kritisiert. Die Kritik richtete sich jedoch nicht gegen das Bauverfahren, sondern gegen das einheitliche Erscheinungsbild der Großwohnsiedlungen. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wurde auf eine individuelle, aufwändig gestaltete Bauweise verzichtet, um die Aufwandskosten durch große Stückzahlen besser zu verteilen. Als Gegenentwurf entwickelte sich in den 1980er Jahren die dekorative postmoderne Architektur und die zum Teil historisierende Architektur der Gegenwart.

Die sozialen und architektonischen Probleme sind ursächlich der Stadtplanung von Großwohnsiedlungen in Plattenbauweise anzulasten, da diese meist als abgeschlossene Satellitenstädte oder Trabantenstädte angelegt wurden. Dabei hat die Entwicklung der Großwohnsiedlungen in den einzelnen Staaten unterschiedliche historische Verläufe genommen.

Plattenbau-Wohnsiedlungen in der DDR waren ursprünglich begehrt, da mehr Komfort als in unsanierten Altbauten geboten wurde, bei einer niedrigen Miete durch den regulierenden staatlichen Eingriff. Die privaten Häuser der Altbauviertel blieben meist unsaniert, da dem Vermieter die Mittel zur Sanierung wegen der Unterdeckung der Kosten fehlten. Die nach der Wiedervereinigung 1990 einsetzende Ost-West-Migration in Deutschland führte zu Leerstand in vielen Plattenbausiedlungen im Osten Deutschlands. Architekten und besonders Stadtplaner verbessern durch Grundrissänderung, Modernisierung, Wohnumfeldaufwertung, Infrastrukturmaßnahmen und teilweise durch die Verkleinerung der Geschosszahl den bestehenden Zustand. Ziel ist es, Leerstand zu vermeiden, indem die Attraktivität der Wohnungen und Standorte verbessert wird.

Die soziale Situation der Plattenbausiedlungen in Ostdeutschland wirkt kaum auf ihr Umfeld, die positive Entwicklung bis 1990 setzt sich noch fort. Durch die örtlichen Gegebenheiten gibt es einige in Plattenbauweise errichtete Großsiedlungen, die selbst zu Zeiten stadtweiten erheblichen Leerstands – wie z. B. Berlin Anfang und Mitte der 2000er-Jahre – nach Modernisierung und architektonischer Aufwertung praktisch keinen Leerstand aufwiesen, beispielsweise das Salvador-Allende-Viertel im Berliner Stadtteil Köpenick, das durch die Nähe großer Waldflächen naturnah gelegen ist.[5]

Die Großwohnsiedlungen in Plattenbauweise im Westen Deutschlands gelten häufig als soziale Brennpunkte. Die Bewohnerstruktur der Siedlungen zeichnet sich teilweise durch höhere Arbeitslosigkeit sowie verstärkte Migrantenanteile aus. Diese Situation führt manchmal zu einer überdurchschnittlich hohen Kriminalitätsrate. Bei Leerstand erfolgen Rückbauten der Wohnviertel. Dies ist meist der Stadtplanung (speziell in den 1970er Jahren) anzulasten.

Die internationale Situation ist damit vergleichbar. In Frankreich wurden die Vororte größerer Städte wie Paris oder Lyon anfangs bewusst als Viertel für niedrige Einkommensklassen oder als Zuwandererviertel konzipiert. Das soll nun mit Sanierungsprogrammen, wie dem „mixité sociale“ (soziale Mischung) nachträglich geändert werden. Als soziale Brennpunkte zeigten sich die Wohnsiedlungen der Außenbezirke 2005 in den Unruhen in Frankreich.

Forschung

Das Institut für Erhaltung und Modernisierung von Bauwerken e. V. (IEMB) an der TU Berlin erforscht und dokumentiert Technik und Probleme von Plattenbauten. Das Ziel ist die Erhaltung und Modernisierung von Wohngebäuden insbesondere in den neuen Bundesländern. Modellhaft wurde die Wiederverwendung von Platten bei neu errichteten Einfamilienhäusern erprobt.

Literatur

  • Kirsten Angermann, Tabea Hilse: Altstadtplatten. »Komplexe Rekonstruktion« in den Innenstätten von Erfurt und Halle = Forschungen zum baukulturellen Erbe der DDR Bd. 2. Bauhaus-Universitätsverlag, Weimar 2013, S. 19–101, ISBN 978-3-95773-010-7.
  • Christine Hannemann: Die Platte. Industrialisierter Wohnungsbau in der DDR. (PDF) Scheky & Jeep, Berlin 2005, ISBN 3-89930-104-8 (Sozial- und Technikgeschichte).
  • Thomas Hoscislawski: Bauen zwischen Macht und Ohnmacht. Architektur und Städtebau in der DDR. Verlag für Bauwesen, Berlin 1991, ISBN 3-345-00537-9 (Ideologische und ökonomische Einflussfaktoren auf den Wohnungsbau in der DDR).
  • Alice Kahl: Erlebnis Plattenbau: Eine Langzeitstudie, Wiesbaden: Springer 2013.
  • Cornelius Mangold: Plattenbauten. Berliner Betonerzeugnisse. Superclub Nonbook Publishing, Berlin 2001, ISBN 3-00-008790-7 (Ästhetik, Fotodokumentation unsanierter Fassadenelemente).
  • Steffen Mau: Lütten Klein: Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, Berlin: Suhrkamp 2019.
  • Philipp Meuser: Die Ästhetik der Platte. Wohnungsbau in der Sowjetunion zwischen Stalin und Glasnost. DOM publishers, Berlin 2015. ISBN 978-3-86922-399-5.
  • Mikan: Save the Danchi – Mass Estates – A Project of the Future, (Übersetzt von Manuel Tardits), Jovis, Berlin 2011, ISBN 978-3-86859-085-2 („Mikan“ ist ein japanisch-französisches Architekturbüro in Yokohama, Text in Englisch).
  • Herbert Schwenk: Die Splanemann-Siedlung. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 4, 1997, ISSN 0944-5560, S. 67–71 (luise-berlin.de – Entstehungsgeschichte der Splanemann-Siedlung in Berlin).
  • Richard Turkington, Ronald van Kempen, Frank Wassenberg: High-rise housing in Europe. Current trends and future prospects. Delft University Press, Delft 2004, ISBN 90-407-2483-0 (Industrieller Wohnungsbau nach 1945 im europäischen Vergleich, englisch).

Film

  • Große Blöcke – große Platten – große Pläne, populärwissenschaftlicher DEFA-Dokumentarfilm in Farbe, um 1965, Regie: Georg Benzinger, 35-mm-Film, Länge 15 Min. Hergestellt im Auftrag des Ministeriums für Bauwesen.

Weblinks

Wiktionary: Plattenbau – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Plattenbau – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Robert von Halász: Industrialisierung der Bautechnik. Bauen und Bauten mit Stahlbetonfertigteilen. Düsseldorf 1966, S. 253.
  2. Christine Hannemann: Die Platte. Industrialisierter Wohnungsbau in der DDR. Berlin 2000. (2., um ein Kapitel „DDR-Neubaugebiete seit der Wende“ erweiterte Auflage. Erstausgabe: Wiesbaden 1996.), S. 26.
  3. Peter Richter: Der Plattenbau als Krisengebiet Die architektonische und politische Transformation industriell errichteter Wohngebäude aus der DDR am Beispiel der Stadt Leinefelde, Dissertation, Universität Hamburg 2006, S. 5. PDF
  4. Mau-Buchforum (1) – Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft. Abgerufen am 13. September 2020 (deutsch).
  5. Planergemeinschaft Dubach, Kohlbrenner: Im Wandel beständig – Stadtumbau in Marzahn und Hellersdorf. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Bezirk Marzahn-Hellersdorf, Berlin 2007.