Hans Abich
Hans Karl Heinrich Abich (* 4. August 1918 in Steinölsa; † 17. Juli 2003 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Filmproduzent, Intendant, Rundfunkpublizist und Programmdirektor der ARD.
Biografie
Abich wurde als Sohn des Gutsverwalters Erich Abich und dessen Ehefrau Meta in Niederschlesien geboren. Als Elfjähriger erkrankte er an Kinderlähmung mit lebenslangen Folgen.[1] Er besuchte das humanistische Gymnasium in Königsberg in der Neumark, wo er 1937 die Reifeprüfung ablegte. Danach begann er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Berlin sowie der Politik und der Auslandswissenschaften an der Hochschule für Politik. 1943 absolvierte er das erste juristische Staatsexamen, 1944 arbeitete er als Referendar an einem Gericht in Salzburg.
Abich trat 1933 in die Hitlerjugend ein und schnell zum Leiter eines Jungbanns ernannt, 1937 zum Pressestellenleiter. In die NSDAP wurde er zum 1. Mai 1937 mit der Mitgliedsnummer. 5.950.409 aufgenommen. Im NS-Studentenbund übernahm er wichtige Funktionen: geschäftsführender Studentenführer an der Hochschule für Politik, Amtsleiter zur besonderen Verwendung bei der Gaustudentenführung Berlin. In der HJ wurde er wieder aktiv: 1942 als ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Reichsjugendführung, Hauptabteilung Festigung deutschen Volkstums. 1943 trat er als Referent in die Dienste des Reichsministeriums für Volkaufklärung und Propaganda ein. Gleichzeitig übernahm er den Posten des stellvertretenden Hauptschriftleiters zweier Zeitschriften der Reichsstudentenführung. 1944 während des Referendariats in Salzburg wurde er schließlich darüber hinaus Pressereferent des Reichsstudentenführers Scheel.[1]
Nach dem Krieg wandte sich Abich der Filmwirtschaft zu. 1945 verfasste er eine Denkschrift über den Aufbau einer neuen Filmproduktion. Im September 1946 gründete Abich gemeinsam mit seinem Studienfreund Rolf Thiele die Filmaufbau GmbH Göttingen. Thiele wandte sich der Regie zu und Abich erwies sich als ambitionierter Produzent, der sein Hauptaugenmerk auf die Adaption von gehaltvollen Werken der deutschen Literatur legte. Er produzierte mehr als 30 Spielfilme, unter anderem Draußen vor der Tür unter dem Namen Liebe 47 (nach Wolfgang Borchert, 1949), Nachtwache in der Regie von Harald Braun (1949), Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (1957), Wir Wunderkinder in der Regie von Kurt Hoffmann (1958), Buddenbrooks (1959) und Königliche Hoheit (1953, nach Thomas Mann).
In den 1960er und 1970er Jahren gewann er erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Deutschen Fernsehens. 1960 ging Abich als Berater zu Radio Bremen, 1961 wurde er dort Programmdirektor, 1962 stellvertretender Intendant und 1968 Intendant.
Von 1973 bis 1978 war er Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens. Hier entwarf er die noch heute gültige Programmstruktur und nahm die Tagesthemen ins Programm.
Nach dem Ende seiner Verpflichtungen beim Fernsehen wirkte er als freier Autor, Moderator und Dozent. Als führendes Mitglied der EKD verwies er in zahlreichen Vorträgen, Publikationen und Kommentaren auf die Verantwortung, welche den Kirchen im Medienzeitalter zufalle. 1979 und seit 1982 war er Mitglied im Filmausschuss des Bundesinnenministeriums.
Abich war maßgeblich an der Gründung der Baden-Badener Tage des Fernsehspiels (heute: Fernsehfilmfestival Baden-Baden) beteiligt. Ihm zu Ehren wird dort seit 2004 jährlich der Hans Abich Preis für besondere Verdienste im Bereich Fernsehfilm vergeben.
Seit etwa 1993 lebte er in Bollschweil[2] bei Freiburg im Breisgau.
Filmografie
Produktion
- 1948: Alte Stadt am Lebensstrom (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1949: Liebe 47
- 1949: Weiße Welt (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1949: Nachtwache
- 1950: Schuhleistenherstellung (Kurz-Industriefilm)
- 1950: Es kommt ein Tag
- 1950: Spielerei (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1951: Der neue Zug (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1951: Niedersachsen im Aufbau (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1951: Wir sind doch Brüder (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1951: Keiner ohne den anderen (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1951: Primanerinnen
- 1951: Ein Weg. Deutschland im ERP (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1952: Loreley (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1952: Europa ruft uns (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1952: Inselsommer (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1952: Der Tag vor der Hochzeit
- 1952: Wir bauen unser Haus (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1952: Junges Leben (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1952: Mechanisierte Gleiserweiterung (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1953: Fliegende Untertassen (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1953: Geliebtes Leben
- 1953: Königliche Hoheit
- 1954: Der Tag, an dem die Sonne erlosch (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1954: Sie
- 1954: Fahrt in den Weltraum. Weltraumfahrt – übermorgen (Kurz-Animationsfilm)
- 1955: Ingrid – Die Geschichte eines Fotomodells
- 1955: Nicht mehr fliehen
- 1955: Zauber des Tanzes (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1955: Mamitschka
- 1955: Nacht der Entscheidung
- 1955: Tokaido – Bilder einer Reise
- 1956: Friederike von Barring
- 1956: Ohne Dich wird es Nacht
- 1957: Rose Bernd
- 1957: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
- 1957: Achtung, Synkope (Kurz-Dokumentarfilm)
- 1957: Der gläserne Turm
- 1958: Eine Frau, die weiß, was sie will
- 1958: Wir Wunderkinder
- 1958: Auferstehung
- 1958: Unruhige Nacht
- 1958: Schwarze Nylons – Heiße Nächte
- 1959: Der Mann, der sich verkaufte
- 1959: Menschen im Netz
- 1959: 2 x Adam, 1 x Eva
- 1959: Buddenbrooks (2 Teile)
- 1960: Der liebe Augustin (nur Herstellungsleitung)
- 1960: Lampenfieber
- 1960: Sturm im Wasserglas
- 1960: Die Botschafterin
- 1960: Die Brücke des Schicksals
- 1960: Agatha, laß das Morden sein!
- 1961: Man nennt es Amore
- 1964: Tonio Kröger
Als Mitwirkender / Darsteller
- 1985: Humor ist eine ernste Sache – Der Filmregisseur Kurt Hoffmann (TV)
- 1987: Der Vater eines Mörders (TV) (Sprechrolle als Erzähler)
- 1988: Phönix aus der Asche – Hans Abich und der Filmaufbau Göttingen (TV)
- 1997: Denk ich an Deutschland – Das Wispern im Berg der Dinge (TV)
- 2001: Unterwegs zur Familie Mann (2 Folgen)
- 2002: Das Leben geht weiter (TV)
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1950: Bambi für Es kommt ein Tag
- 1951: Bambi für Nachtwache
- 1957: Deutscher Filmpreis: Filmband in Gold für Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
- 1958: Deutscher Filmpreis: Filmband in Silber für Achtung, Synkope
- 1959: Deutscher Filmpreis: Filmband in Silber für Wir Wunderkinder
- 1977: Deutscher Filmpreis: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film
- 1978: Besondere Ehrung beim Adolf-Grimme-Preis
- 1978: Hans-Bredow-Medaille
- 1988: Sonderpreis der Eduard-Rhein-Stiftung
- 1988: Bundesverdienstkreuz I. Klasse der Bundesrepublik Deutschland
- 1999: Ehrenmedaille der Stadt Göttingen
Literatur
- Herbert Riehl-Heyse Götterdämmerung. Die Herren der öffentlichen Meinung. Siedler/Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-75579-4.
- Jörg Schöning: Hans Abich – Produzent, Publizist. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 20, 1992.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Erster Band A – C. Erik Aaes – Jack Carson, Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 19.
Weblinks
- Literatur von und über Hans Abich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hans Abich in der Internet Movie Database (englisch)
- Ausführliche Biographie bei film-zeit.de (Memento vom 19. Juni 2017 im Internet Archive)
- Nachlass von Hans Abich
Einzelnachweise
- ↑ a b Armin Jäger: Von der HJ auf den TV-Olymp In: Die Zeit Nr. 46, 11. November 2021, S. 56.
- ↑ badische-zeitung.de: Literatur: Das putzt ganz ungemein, 6. Oktober 2001, Zugriff am 28. Januar 2012
Personendaten | |
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NAME | Abich, Hans |
ALTERNATIVNAMEN | Abich, Hans Karl Heinrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Filmproduzent, Intendant, Rundfunkpublizist und Programmdirektor des Ersten Deutschen Fernsehens |
GEBURTSDATUM | 4. August 1918 |
GEBURTSORT | Steinölsa |
STERBEDATUM | 17. Juli 2003 |
STERBEORT | Freiburg im Breisgau |