I.G. Farben

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von IG Farben)
I.G. Farbenindustrie AG

IG Farben Logo 001.svg
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 2. Dezember 1925
Auflösung 31. Oktober 2012[1]
Auflösungsgrund Liquidation/Insolvenz
Sitz Frankfurt am Main
Leitung Angelika Wimmer-Amend (Insolvenzverwalterin)
Branche Chemische Industrie

Die Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG, kurz I.G. Farben oder IG Farben, mit Sitz in Frankfurt am Main entstand Ende 1925 aus dem Zusammenschluss von acht deutschen Unternehmen – Agfa, BASF, Bayer, Cassella, Chemische Fabrik Griesheim-Elektron, Chemische Fabrik vorm. Weiler Ter Meer, Hoechst und Chemische Fabrik Kalle. Die IG Farben wuchs in der Zeit des Nationalsozialismus unter anderem durch Enteignungen zum größten europäischen Unternehmen und größten Chemie- und Pharmaunternehmen der Welt.

Heute ist das Unternehmen vornehmlich mit den in der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Kriegsverbrechen assoziiert. Die IG expandierte durch „Arisierung“ vormals jüdischer Konkurrenten, beutete als Rüstungsunternehmen eine große Zahl an Zwangsarbeitern aus und errichtete mit dem KZ Auschwitz III Monowitz das erste privat finanzierte Konzentrationslager. Mehrere Manager trugen den Titel Wehrwirtschaftsführer. Nach Kriegsende beschlagnahmte der Alliierte Kontrollrat das Vermögen der I.G. Farben AG und ordnete die Aufspaltung des Unternehmens an. Im I.G.-Farben-Prozess mussten sich 23 leitende Angestellte des Unternehmens für die Plünderungen ausländischer Betriebe in den ehemaligen deutschen Feindländern Polen, Norwegen, Frankreich und der Sowjetunion verantworten. Ein weiterer Straftatbestand war die Versklavung, oftmals mit Todesfolge, der Häftlinge des KZs Auschwitz III Monowitz, sowie die Herstellung von Giftgas (Zyklon B) und dessen Lieferung an die SS zum Zwecke der massenhaften Tötung von Menschen. Zwölf Mitarbeiter wurden zu Haftstrafen verurteilt.

Im Jahre 1952 wurde die I.G. Farben in den drei westlichen Besatzungszonen in elf eigenständige Unternehmen aufgeteilt und das Unternehmen in I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft i. L. umbenannt. Das Abwicklungsverfahren dauerte rund 60 Jahre. Nach der Insolvenz Ende 2003 wurde die Gesellschaft zum 31. Oktober 2012 im Handelsregister gelöscht.

Vorläufer

Datei:IG Farben.png
Entwicklung der IG Farben

Die erste Interessengemeinschaft (I.G.) der deutschen Teerfarbenindustrie entstand 1904. Initiator war der damalige Vorstandsvorsitzende des Unternehmens Friedrich Bayer & Comp. (Vorgängerin der heutigen Bayer AG), Carl Duisberg. Er hatte 1903 auf einer Reise in den USA die dortigen Trusts kennengelernt, Unternehmenszusammenschlüsse nach dem Muster der Standard Oil. Nach seiner Rückkehr verfasste er eine Denkschrift zur Vereinigung der deutschen Teerfarbenfabriken. Nach seiner Auffassung wurde die Konkurrenzsituation der Industrie durch Preisdruck und unlautere Wettbewerbsmethoden, wie Korruption und Abfindungszahlungen an missliebige Wettbewerber, nachteilig beeinflusst. Um „die Schäden der Konkurrenz zu beseitigen ohne ihre Vorteile zu verlieren“, schlug er die Bildung eines deutschen Farben-Trusts vor.

Die fünf in Frage kommenden Wettbewerber, neben Bayer noch Agfa (Berlin), BASF (Ludwigshafen), Farbwerke Hoechst in Höchst am Main, Cassella Farbwerke Mainkur in Fechenheim am Main und die Chemische Fabrik Kalle in Biebrich, standen einer Bündelung ihrer Interessen durchaus aufgeschlossen gegenüber, waren aber nicht an einem Zusammenschluss nach US-amerikanischem Vorbild unter Aufgabe ihrer Selbständigkeit interessiert, zumal in dieser Zeit die US-amerikanische Gesetzgebung mit dem Sherman Antitrust Act erste Schritte zur Einschränkung der Marktmacht von Kartellen und monopolistischen Konzernen unternahm.

Als Ergebnis von Duisbergs Initiative bildeten sich 1904 zwei Unternehmensblöcke: Agfa, BASF und Bayer schlossen sich zum Dreibund zusammen, der sich zunächst auf Erfahrungsaustausch und Verzicht auf Konkurrenz durch gemeinsame Produkte beschränkte. Etwas weiter gingen kurz zuvor die Farbwerke Hoechst und Cassella, die einen durch wechselseitige Kapitalverflechtungen und Lieferbeziehungen geprägten Zweibund („Interessengemeinschaft der Höchster Farbwerke mit der Leopold Cassella & Co.“) schlossen, der 1906 durch den Beitritt der Chemischen Fabrik Kalle zum Dreiverband wurde. Eine Verknüpfung zwischen beiden Unternehmensblöcken bestand in Form der Indigo-Konvention, einer im Oktober 1904 getroffenen Marktabsprache zwischen BASF und den Farbwerken Hoechst, mit dem Ziel, dem britischen Naturindigomonopol ein eigenes, auf synthetischer Basis, entgegenzustellen, worauf der Markt für natürliches Indigo kollabierte: 1906 wurden 80 % des Indigo-Weltbedarfs von geschätzt 5000 Tonnen in Deutschland produziert.[2][3]

Durch den Ersten Weltkrieg ergab sich für die deutschen Farbenhersteller eine neue Situation. Ihre Auslandsorganisationen, Patente und Warenzeichen wurden in den Ländern der Kriegsgegner enteignet, die damit eigene Produktionskapazitäten aufbauten. Im Inland wurde die Produktion auf die Erfordernisse der Kriegswirtschaft umgestellt: An die Stelle von Farbstoffen und Arzneimitteln trat die Herstellung von chemischen Kampfstoffen und Sprengstoff. Grundlage dafür war die Ammoniaksynthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren, wodurch man völlig unabhängig von Salpeter-Importen aus Chile wurde. Trotzdem litt die Rohstoffversorgung unter der britischen Seeblockade. Zudem mangelte es an Arbeitskräften, da viele zum Kriegsdienst eingezogen worden waren.

Im August 1916 schlossen sich deshalb der Dreibund (Agfa, BASF und Bayer) und der Dreiverband (Hoechst, Cassella, Kalle) mit der Chemischen Fabrik vorm. Weiler ter Meer in Uerdingen zu einer zunächst auf 50 Jahre angelegten Interessengemeinschaft der deutschen Teerfarbenfabriken zusammen. 1917 trat noch die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron in Griesheim dem später als Kleine I.G. bezeichneten Unternehmensverbund bei. Die Unternehmen blieben weiterhin rechtlich selbständig. 1924 übernahm die IG 35 % des Aktienkapitals der Rheinische Stahlwerke AG, durch deren Bergwerke der Kohlebedarf gedeckt war.

I.G. Farbenindustrie AG

<imagemap>-Fehler: Bild ist ungültig oder nicht vorhanden

[[Hilfe:Cache|Fehler beim Thumbnail-Erstellen]]:
Aktie im Nennwert von 100 RM bei Gründung am 2. Dezember 1925, gezeichnet von Carl Duisberg und Carl Bosch
Datei:IG Farben Gebaeude Uni Frankfurt.jpg
Das I.G.-Farben-Haus in Frankfurt am Main wird heute von der Goethe-Universität genutzt
Datei:FarbstoffeIGFarben.jpg
Auswahl von Farbstoffen der Gründungsunternehmen, sowie der gegründeten I.G. Farben.
Datei:El Paral·lel 1894-1939- exhibit at CCCB in Barcelona (82).JPG
Glasampullen mit Pharmazeutika der IG Farben: hergestellt in verschiedenen Werken

Im Frühjahr 1925 stimmten alle Direktoren der I.G.-Firmen der von Carl Bosch und Hermann Schmitz vorgeschlagenen Fusion zu, weil die Gründung einer Holding vergleichsweise teuer war, und weil aus der bisher bestehenden GbR, zu der die alte I.G. zusammengeschlossen war, die Mitglieder jederzeit austreten konnten. Am 28. Oktober 1925 wurden die Fusionsverhandlungen beendet und beschlossen, dass die BASF das Kapital der fusionierten Firmen der vormaligen I.G. übernimmt.[4] Hermann Schmitz wurde zum Finanzdirektor der I.G. Farben ernannt. Der Vertrag zur Gründung der I.G.-Farbenindustrie Aktiengesellschaft wurde am 21. November 1925 geschlossen und trat am 2. Dezember 1925 in Kraft. Beteiligt waren acht große Chemiefirmen:

Im Jahr 1926 schloss sich noch die Köln-Rottweil AG mit der Deutschen Celluloid-Fabrik AG in Eilenburg der I.G. Farben an. Vereinbart wurde die konkurrenzlose Zusammenarbeit innerhalb einer Interessengemeinschaft. Dazu wurden die Aktiva als Ganzes (d. h. inkl. aller Tochtergesellschaften) an die BASF AG übertragen. Die Aktionäre erhielten dafür im Tausch BASF-Aktien in gleichem Nennwert. Anschließend änderte die BASF ihre Firma in I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft. Alle beteiligten Einzelunternehmungen fungierten danach nur noch als „Werke“ der I.G. Farben. Das Grundkapital betrug nach der Fusion 1926 rund 1,1 Milliarden Reichsmark. Die Produktion wurde zunächst in den vier Betriebsgemeinschaften Niederrhein, Mittelrhein, Oberrhein und Mitteldeutschland organisiert. Im November 1929 kam noch Berlin dazu.

Für den konzernweiten Vertrieb wurden für die Produktgruppen Farbstoffe, Chemikalien, Pharmazeutika, Photobedarf und Kunstfasern Verkaufsgemeinschaften (VG) gegründet, während der Düngerverkauf bei der seit 1919 bestehenden Berliner Stickstoff-Syndikat GmbH verblieb.[5]

Ab 1926 erfolgten antisemitische Angriffe gegen die I.G. Farben sowohl von linken Parteien, als auch von den Nationalsozialisten. „International kapitalistisches und jüdisches Unternehmen“, „IG = Isidore G. Farber“ oder „IG Moloch“ waren Schlagzeilen aus der damaligen Presse. Bekannte jüdische Unternehmer und Bankiers der I.G. Farben waren damals Max Warburg, Arthur von Weinberg und Carl von Weinberg, Otto von Mendelssohn Bartholdy, Alfred Merton, Ernst von Simson und Kurt Oppenheim. Die Deutsche Volkspartei (DVP), (z. B. Wilhelm Ferdinand Kalle), favorisiert die I.G. Farben.

Im Ammoniakwerk Merseburg – Leuna Werke begann 1926 die Herstellung von synthetischem Benzin durch Kohleverflüssigung (Hydrierung) nach dem Bergius-Pier-Verfahren. Es bestand die Gefahr, dass dies eine der größten Fehlinvestitionen werden würde, weil die Herstellungskosten die des herkömmlichen Benzins (aus Erdöl) überstiegen. Mittelfristig war ohne Subventionen des Staates die Benzinsynthese nicht überlebensfähig. Deshalb trafen sich am 25. Juni 1932[6] Leuna-Direktor Heinrich Bütefisch und der Leiter der firmeneigenen Pressestelle Heinrich Gattineau in München mit Adolf Hitler. Sie sollten im Auftrag von Carl Bosch herausfinden, ob das für den Weltmarkt zu teure synthetische Benzin der I.G. Farben auch weiterhin durch Schutzzölle konkurrenzfähig bleiben würde. Hitler versicherte ihnen, dass er synthetischen Treibstoff für ein politisch unabhängiges Deutschland als zwingend notwendig erachte. Carl Bosch kommentierte das mit „Der Mann ist ja vernünftiger, als ich dachte.“[7]

Das 1931 fertiggestellte I.G.-Farben-Haus am Unternehmenssitz Frankfurt am Main war zur damaligen Zeit eines der größten Bürogebäude Europas. Auch wenn es unter der IG-Führung bis 1933 keine Mitglieder der NSDAP gab, so sollte sich das bald grundlegend ändern.[8] Nach Aussage von Max Ilgner und Heinrich Gattineau sollen von der Gesamtsumme der verteilten Geldern des Kalle-Kreises, die NSDAP zehn bis fünfzehn Prozent erhalten haben.[9] Der Kalle-Kreis war ein Ende 1922 gegründeter informeller Lobby-Verein der I.G. Farben.

Die Organisation der IG war straff zusammengefasst und umfasste verwaltungsmäßig

  • den Aufsichtsrat (Mitgliederzahl 55 (1926), 23 (1938), 21 (1940)) – Carl Duisberg (Werk Leverkusen) erster Aufsichtsratsvorsitzender (1926)
  • den Vorstand: (Mitgliederzahl 82 (1926), 27 (1938), 22 (1944)) mit dem Zentralausschuss. - Carl Bosch (Werk Ludwigshafen) war erster Vorstandsvorsitzender (1926)
  • den Technischen Ausschuss (TEA) mit 41 Unterausschüssen
  • den Kaufmännischen Ausschuss mit etwa 20 Mitgliedern
  • und Gemischte Ausschüsse (Chemikalienausschuß, Farbenausschuß, Pharmazeutische Hauptkonferenz).

Der I.G.-Farben-Konzern stellte neben Grundchemikalien Farbstoffe, Arzneimittel, Kunstfasern, fotografische Materialien sowie (mittels Kohleverflüssigung) Vergaser- und Dieselkraftstoffe her. Über die Synthese von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren konnte Ammoniumnitrat zur Herstellung von Stickstoffdünger und Sprengstoffen (Ammoniumpikrat) erzeugt werden. Die Belegschaft der IG wuchs, auch durch „Arisierungen“, stark:

  • 1926:   94.000 Mitarbeiter
  • 1938: 138.000 Mitarbeiter[10]

I.G. Farben in den USA

Im Jahre 1929 wurde aus den Auslandsvertretungen der Mitgliedsfirmen in den USA die Holding IG Chemical Corporation, später umbenannt in General Aniline & Film Corporation (GAF), gegründet. Bis zur Kriegserklärung Deutschlands an die Vereinigten Staaten am 11. Dezember 1941 gab es enge wirtschaftliche Verknüpfungen zwischen der I.G. Farben und amerikanischen Banken und Chemiekonzernen, wie Rockefellers Standard Oil of New Jersey. Die seit 1929 mit der Standard Oil of New Jersey bestehenden Geschäftsbeziehungen (und Kartellabsprachen) wurden auch während des Zweiten Weltkriegs aufrechterhalten. Duisbergs Sohn Walther (1892–1964) vertrat ab 1925 in den USA als Patentanwalt die deutschen Interessen in der American I.G.[11] Die GAF besteht noch heute unter dem Firmennamen GAF Materials Corporation.

Hjalmar Schacht nahm es im Jahr 1929 als völlig sicher an, dass die „I. G. Farben, die A. E. G. und andere erstklassige deutsche Werke heute schon in sehr weitem Umfange in amerikanischem Besitz seien.“[12]

I.G. Farben in der Zeit des Nationalsozialismus

Datei:IG Farben 1932.jpg
Chemische IG-Farben-Werke vor der Machtergreifung (1933)
Datei:IG Farben 1943.jpg
Chemische IG-Farben-Werke während des Zweiten Weltkrieges (1943)

Hermann Schmitz, Heinrich Hörlein, Wilhelm Rudolf Mann, Fritz Gajewski und Hans Kühne traten in die NSDAP ein.[13] Unter dem Vorsitz von Carl Bosch stimmte die I.G.-Farben-Generalversammlung Anfang Dezember 1932 dem Programm der Agrarkartellierung zu, einem Interessenkompromiss von Industrie und Großagrariern. Nach Auffassung von Alfred Sohn-Rethel bereitete dieser Entschluss des damals größten Konzerns Europas den Weg zum NS-Staat mit vor.[14][15] In Folge der Weltwirtschaftskrise wurde 1933 die Wirtschaftspolitische Abteilung (WiPo) aufgebaut, die die Zusammenarbeit der I.G. mit der NSDAP fördern sollte[16] und die sich mit Fragen zur Gesetzgebung, Besteuerung und Außenwirtschaftspolitik beschäftigte.

Beim Geheimtreffen vom 20. Februar 1933, auf dem eine Gruppe von Industriellen einen Wahlfonds von 3 Millionen Reichsmark für die NSDAP beschloss, nahm als Vertreter der I.G. Farben das Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler teil. Die I.G. Farben beteiligte sich an diesem Wahlfonds mit 400.000 RM und überwies die Summe an die NSDAP-Parteikasse am 28. Februar 1933, einen Tag nach dem Reichstagsbrand. Die SA unterhielt ein als „Schwarze Kasse“ bezeichnetes Konto bei der Bayerischen Hypo- und Wechselbank mit dem Namen „B 2“ für Spenden aus Industriekreisen, auf das die IG Farben über 500.000 Reichsmark einzahlte.[17] Im Winter 1933/34 spendete die IG Farben nach Aussage von Heinrich Gattineau 200.000 Reichsmark für Mäntel der SA.[18]

Die neue Regierung schloss 1933 mit der I.G. Farben das Feder-Bosch-Abkommen über eine Absatz- und Mindestpreisgarantie für 350.000 Tonnen synthetisches Benzin und bewahrte so das Unternehmen vor insgesamt 300 Millionen Reichsmark Verlust. Ab dem Jahr 1934 beteiligte sich die I.G. Farben als Gründungsmitglied und in der Folgezeit führendes Unternehmen an der Braunkohle-Benzin AG (BRABAG). 1935 wurde Hermann Schmitz Nachfolger von Carl Bosch als Vorstandsvorsitzendem und 1940 Carl Krauch Nachfolger als Aufsichtsratsvorsitzender. Krauch hatte eine Doppelfunktion. Er machte auch in der Regierung Karriere und brachte es bis zum Direktor der rüstungswirtschaftlichen Kommandozentrale und Bevollmächtigten für Sonderfragen der chemischen Produktion.

1937 wurden alle jüdischen Manager und rund ein Drittel des Aufsichtsrats entlassen, darunter Carl von Weinberg, Arthur von Weinberg, Otto von Mendelssohn Bartholdy, Alfred Merton, Richard Merton, Ernst von Simson, Wilhelm Peltzer sowie Gustav Schlieper.

1937 erfolgte eine Lockerung der Aufnahmesperre und die Vorstandsmitglieder Carl Krauch, Fritz ter Meer, Georg von Schnitzler, Max Ilgner, Otto Ambros, Friedrich Jähne, Christian Schneider, Carl Wurster, Carl Lautenschläger und Ernst Bürgin traten der NSDAP bei.[19]

Die I.G. Farben expandierte stark, auch durch „Arisierungen“, also die günstige Übernahme jüdischer und kriegsbedingt treuhänderischer Vermögenswerte, zum Beispiel des vormaligen Konkurrenten Aussiger Verein. Ihr gehörten zu Spitzenzeiten in Deutschland 200 Werke sowie etwa 400 deutsche und 500 ausländische Unternehmensbeteiligungen. Aufgrund dieser Expansion wurde die I.G. Farben seinerzeit das größte Unternehmen Europas und das viertgrößte der Welt (nach General Motors, US Steel und Standard Oil).

Aufrüstung und Schattenfabriken

[[Hilfe:Cache|Fehler beim Thumbnail-Erstellen]]:
Ruine auf dem ehemaligen Werksgelände der Hydrierwerke Pölitz AG in Pölitz, ehemals Vorpommern, heute Woiwodschaft Westpommern in Polen

Mit der Stickstoffproduktion zur Herstellung von Sprengstoffen und Treibladungen, Buna (einem synthetischen Kautschukersatz), synthetischem Benzin aus Kohle und einer Legierung aus Magnesium und Aluminium unter der Bezeichnung Elektron waren so vor und im Zweiten Weltkrieg bei entsprechenden Mengen- und Preisgarantien durch die Machthaber höchst profitable Geschäfte zu machen. Weitere bekannte Produkte von I.G. Farben waren u. a. die Kunstfaser Perlon und der Nervenkampfstoff Tabun.

Die I.G. spielte eine wichtige Rolle im Vierjahresplan. So basierte Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan auf Unterlagen der I.G., und in der Folge wurden viele Posten der Vierjahresplanbehörde mit deren Mitarbeitern besetzt, denen die I.G. außerordentlich hohe Gehälter zahlte, um sie mit dem Konzern verbunden zu halten. Das Unternehmen präsentierte am 15. Februar 1936 auf der 26. Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung Berlin (IAMA) den ersten Autoreifen aus synthetischem Buna-Kautschuk.[20]

1937 wurden Pläne zur wirtschaftlichen Mobilmachung der IG-Werke ausgearbeitet, die als Kriegs- und lebenswichtige Betriebe taxiert wurden. Von der Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft (WIFO), an deren Gründung die IG-Farben zu 25 % beteiligt war, erhielt die IG neben Baukosten auch eine Art Lizenzgebühr zur Errichtung geheimer Schattenfabriken, die im Kriegsfall in die Rüstungsproduktion eingebunden werden sollten.[21] Während des spanischen Bürgerkrieges spendete die Gesellschaft den Putschisten mehrmals Beträge in Höhe von 100.000 Peseten. Gemeinsam mit Siemens und anderen deutschen Unternehmen unterstützte der Konzern die „Legion Vidal“, die Sanitätstruppe der Putschisten, und rüstete die Kämpfer aus. Bei den Luftangriffen der „Legion Condor“ auf Guernica und andere baskische Städte kam die von der I.G. Farben produzierte Elektron-Thermit-Stabbrandbombe B 1 E zum Einsatz.[22]

Mit der Vermittlungsstelle W kooperierte die IG direkt mit der Wehrmacht in Fragen der Aufrüstung. Carl Krauch, I.G.-Vorstandsvorsitzender und Generalbevollmächtigter für Sonderfragen der chemischen Erzeugung, forderte am 28. April 1939 vor dem Generalrat des Vierjahresplans:

„Heute wie 1914 erscheint die deutsche politische und wirtschaftliche Lage – eine von der Welt belagerte Festung – eine rasche Kriegsentscheidung durch Vernichtungsschläge gleich zu Beginn der Feindseligkeiten zu verlangen. […] Deutschland muß das eigene Kriegspotential und das seiner Verbündeten so stärken, daß die Koalition den Anstrengungen fast der ganzen übrigen Welt gewachsen ist.“[23]

Zweiter Weltkrieg, Zwangsarbeit, KZ Auschwitz III

USAAF-Luftbild Auschwitz Juni 1944
Datei:Bundesarchiv Bild 146-2007-0076, IG-Farbenwerke Auschwitz.jpg
Barackenlager der I.G. Farbenwerke Auschwitz, 1941, Bundesarchiv
BUNA-Fabrik der I.G. Farben in Auschwitz

Von den 43 Hauptprodukten der I.G. während des Krieges waren 28 Produkte von rüstungswirtschaftlicher Bedeutung. Die I.G. Farben übernahm eine Reihe von Chemiewerken in den besetzten Gebieten, wie die Apollo-Raffinerie in Pressburg/Bratislava oder die Pulverfabrik Skodawerke-Wetzler in Wien. Mit dem Francolor-Abkommen nutzte sie die Deutsche Besetzung Frankreichs im Zweiten Weltkrieg aus und raubte 51 % der französischen Farbstoffindustrie.

Eine Beteiligungsgesellschaft der Degussa AG, Th. Goldschmidt AG und der I.G. Farben AG, die Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch), vertrieb das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B, das in den Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau zum Massenmord eingesetzt wurde. Mitarbeiter der IG-Abteilung Abwehr, die u. a. mit der Abwehr von Industriespionage und der Bekämpfung von Schiebergeschäften betraut waren, wussten nachweislich über die Vergasung der Juden in Auschwitz Bescheid.[24] Der starke Bedarf an Rohstoffen zur Kriegführung, wie Synthetikkautschuk und -benzin, führte 1941 zur Errichtung der Buna-Werke in Auschwitz. Für die Häftlinge, die die Fabrik bauen mussten, wurde extra das Konzentrationslager Monowitz, Auschwitz III errichtet. Durch die Oststeuerhilfe-Verordnung vom Dezember 1940 blieben die von der IG-Farben in Auschwitz investierten rund 600 Millionen Reichsmark steuerfrei. Am 26. Februar 1941 entsprach Himmler fast wortgetreu dem Wunsch des IG-Farben-Konzerns und befahl die zügige Aussiedlung aller Juden aus der Stadt Auschwitz.[25]

Die Wahl von Auschwitz für den Betrieb der Fabrik war eher zufällig. Während Himmler über die Eignung von Auschwitz als Ort für eine östliche Modellsiedlung nachsann, fiel die Wahl von Otto Ambros, einem Direktionsmitglied des Unternehmens, völlig unabhängig von diesen Plänen auf dieselbe Region. Dabei dachte er an die für den Betrieb der Fabrik benötigten 525.000 Kubikmeter Wasser pro Stunde, an eine gute Eisenbahnanbindung und den geforderten luftgesicherten Raum. Bei einer Sichtung der verfügbaren Flächen hatte er sich Ende 1940 auf den Zusammenfluss dreier Flüsse festgelegt: der Soła, der unteren Weichsel und der Przemsza. Die nächstgelegene Kleinstadt war Auschwitz. Nach einer Anfrage erhielt Ambros von den dortigen deutschen Bürgermeistern eine Fülle von Informationen. Durch Zufall entwickelte sich nun zweierlei gleichzeitig: Himmler wollte beim Aufbau seiner Kolonien im Osten Zehntausende von Zwangsarbeitern einsetzen, und die I.G. Farben konnte nun auf diese in großem Umfang zurückgreifen, da man große Bedenken hatte, ob die Region den nötigen Komfort für die anfangs gedachten deutschen Arbeiter bieten könne. Man ging eine unheilvolle Symbiose ein: Die SS-Einheiten waren für die Verfügbarkeit und Bewachung der Gefangenen zuständig, und die I.G. würde die Investitionen tätigen und das Baumaterial heranschaffen. Bau und Betrieb dieser Fabrik, die eine Fläche von ungefähr 30 km² einnahm, forderten nach Schätzungen 20.000 bis 25.000 Menschenleben.[26]

Die Anlage konnte aufgrund des Kriegsverlaufs nie Kunstkautschuk oder andere synthetische Stoffe (außer Methanol) produzieren. Dies auch deshalb, weil die Großbauten zur Herstellung von synthetischen Produkten zu einem großflächigen Verbund voneinander abhängiger Fertigungsanlagen geführt hatten, der verletzlich für Bombenangriffe war. Das Buna-Werk von Auschwitz wird bis heute betrieben und ist die mit Abstand größte Kunstkautschuk-Fabrik Polens.[27]

Außerdem gehörte I.G. Farben während der Zeit des Nationalsozialismus zu den deutschen Unternehmen, die ihre Materialien von Häftlingen im KZ Sachsenhausen testen ließen.[28] Dabei mussten die KZ-Häftlinge im sogenannten Schuhläufer-Kommando eine mit unterschiedlichen Belägen ausgestattete 700 Meter lange Teststrecke mehrmals bis zu 40 Kilometer zurücklegen. Die Dauerläufe waren de facto Todesmärsche, da die Läufer erschossen wurden, wenn diese infolge von Ermüdung zusammenbrachen. Die Zahl der Mitarbeiter einschließlich der Zwangs- und Fremdarbeiter wuchs bis 1944 an auf 189.000.[29]

Aufspaltung der I.G. Farben

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus begannen die Alliierten mit der Umsetzung der zuvor auf der Konferenz von Jalta vereinbarten Dekartellisierungsbeschlüsse. Die vom Sherman Antitrust Act geprägte Denkrichtung beeinflusste zunächst die amerikanische Besatzungspolitik.

„Um jede künftige Bedrohung seiner Nachbarn oder des Weltfriedens durch Deutschland unmöglich zu machen, und mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die I.G. Farbenindustrie sich wissentlich und in hervorragendem Maße mit dem Ausbau und der Erhaltung des deutschen Kriegspotentials befaßt hat“, beschlagnahmte der Alliierte Kontrollrat mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 9 vom 20. September 1945 das gesamte Vermögen der I.G. Farben.[30] Der Kontrollrat bildete einen Ausschuss aus vier Beamten, die mit der Vorbereitung der Auflösung der I.G. Farben beauftragt wurden. Das Kontrollratsgesetz formuliert ausdrücklich folgende Ziele:

  1. Bereitstellung von industriellen Anlagen und Vermögensbestandteilen für Reparationen;
  2. Zerstörung derjenigen industriellen Anlagen, die ausschließlich für Zwecke der Kriegsführung benutzt wurden;
  3. Aufspaltung der Eigentumsrechte an den verbleibenden industriellen Anlagen und Vermögensbestandteilen;
  4. Liquidierung aller Kartellbeziehungen;
  5. Kontrolle aller Forschungsarbeiten;
  6. Kontrolle der Produktionstätigkeit.

Mit dem Befehl 124 der SMAD vom 30. Oktober 1945 hatte die UdSSR die Werke der I.G. Farben in ihrer Besatzungszone unter ihre Kontrolle gestellt. Die großen I.G.-Werke in Leuna, Schkopau, Eilenburg, Bitterfeld und Wolfen wurden zunächst als Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) betrieben und später, zum Teil erheblich demontiert, der DDR übergeben.

In der Bizone übertrugen die britische und die amerikanische Militärregierung 1947 die Kontrolle der I.G. Farben dem Bipartite IG Farben Control Office (BIFCO), das durch ein Gremium aus deutschen Wirtschaftsexperten beraten wurde. Vorsitzender des Beratungsgremiums FARDIP (Bizonal IG Farben Dispersal Panel) war Hermann Bücher von der AEG.[31] Mit der Bildung der Trizone 1948 wurde das Kontrollbüro BIFCO durch Aufnahme eines Vertreters der französischen Militärregierung zur Tripartite IG Farben Control Group (TRIFCOG) erweitert. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland schuf die Alliierte Hohe Kommission im Gesetz Nr. 35 vom 17. August 1950 die rechtliche Voraussetzung für die Aufspaltung der I.G. Farben.[32] Die aus der Entflechtung hervorgehenden Einzelunternehmen sollten für sich lebens- und konkurrenzfähig sein. Außerdem sollten die Aktionäre der I.G. Farbenindustrie das Recht erhalten, ihre Anteile in Aktien der Nachfolgeunternehmen zu tauschen.

Im Jahre 1951 wurde in der Bundesrepublik beschlossen, den Betrieb weiterzuführen und aus der I.G. Farben deren ursprüngliche Bestandteile wieder auszugliedern. Als offizielle Nachfolgeunternehmen benannte die Alliierte Hohe Kommission im Juni 1952:[33]

Diese Unternehmen wurden im Börsenjargon „Farbennachfolger“ genannt.

Neben der Spaltung wurde die Benutzung der mit „Ig-“ beginnenden Markennamen untersagt, und so wurde zum Beispiel Igepon in Hostapon umbenannt. Ansonsten konnten die Betriebe ihre Arbeit fast wie zuvor weiterführen und eroberten in den folgenden Jahrzehnten erfolgreich die Weltmärkte, ohne einander dabei ernsthaft Konkurrenz zu machen.

I. G.-Farben-Prozess

Datei:IG Farben Defendants.jpg
Die Angeklagten im IG-Farben-Prozess, 27. August 1947

Im Sommer 1947 wurden im I.G.-Farben-Prozess der gesamte Vorstand und leitende Angestellte, insgesamt 23 Personen, vor ein amerikanisches Militärgericht gestellt. Zwölf Angestellte wurden im Nürnberger Prozess zu Gefängnisstrafen verurteilt, u. a. der Vorstandsvorsitzende seit 1938 und Finanzchef Hermann Schmitz wegen „Plünderung“ zu vier Jahren, Carl Krauch, Vorstandsmitglied und in vielen wirtschaftlichen Ämtern des Reiches tätig, und Heinrich Bütefisch, Direktor der I.G. Auschwitz, jeweils wegen „Versklavung“ zu sechs Jahren Haft. Dem Vorwurf der Anklage, die I.G. Farben habe Hitlers Machtergreifung durch eine Spende gefördert, folgte das amerikanische Militärgericht nicht. Das Unternehmen hatte sich erst an einer Spendensammlung für die NSDAP beteiligt, als Hitler bereits Reichskanzler war. Auch am bekannten Vortrag Hitlers vor dem Industrieclub in Düsseldorf war kein leitender Angestellter der I.G. beteiligt. Das Gericht stellte fest, „… daß keiner der Angeklagten sich an der Planung eines Angriffskrieges oder mehrerer Angriffskriege beteiligt oder wissentlich bei der Vorbereitung und Entfesselung oder Führung eines Angriffskrieges oder bei der Invasion in andere Länder mitgewirkt hat …“. In den entsprechenden Anklagepunkten wurden die Angeklagten für nicht schuldig befunden.[36]

Vorstandsmitglied Georg von Schnitzler folgerte jedoch, dass die IG Farben „durch ihre Handlungen eine große Verantwortung übernommen“ und „eine wesentliche Hilfe im chemischen Bereich und eine entscheidende Hilfe für Hitlers Außenpolitik“ dargestellt habe und somit „die IG Farben großenteils für Hitlers Politik verantwortlich“ sei.[37]

Nachfolgegesellschaften

Liquidationsanteilsschein der I.G. Farbenindustrie AG i. L. aus dem Jahr 1953 für 100 RM

Am 1. Januar 1952 trat die I.G. in Liquidation und nannte sich I.G. Farbenindustrie AG i. L. Durch das Liquidationsschlussgesetz vom 21. Januar 1955 wurde die I.G. Farben aus der Kontrolle der Alliierten genommen. Nach der folgenden Hauptversammlung am 27. Mai 1955 befand sich die I.G. Farben jahrzehntelang in Abwicklung (I.G. Farbenindustrie AG i. A.). Ihre einzige Aufgabe war es, alte Ansprüche zu verwalten und die rechtliche Verantwortung zu übernehmen. Das Weiterbestehen der I.G. Farben erlaubte auch den daraus hervorgegangenen Chemieunternehmen, die Verantwortung für die während der Zeit des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen weitgehend auszuklammern und dazu auf die I.G. Farbenindustrie AG i. A. zu verweisen. Ehemalige Zwangsarbeiter sowie einige Aktionäre und Konzernkritiker wie Axel Köhler-Schnura forderten immer wieder, dass das Unternehmen endgültig aufgelöst und sein Kapital für Entschädigungen verwendet werde.[38] In diesem Zusammenhang wurde ein internationaler Aufruf von mehreren Organisationen und rund 1500 Privatpersonen unterzeichnet.[39]

Am 10. November 2003 meldeten die Liquidatoren der I.G. Farben Insolvenz an. Grund waren finanzielle Schwierigkeiten der Beteiligungsgesellschaft WCM, womit auch die Liquidität der I.G. Farben nicht mehr hinreichend gesichert war. Die Aktien der I.G. Farben[40] waren noch bis zum 9. März 2012 börsennotiert.[41][42] Am 31. Oktober 2012 endete die Unternehmensgeschichte mit der Löschung im Handelsregister.

Am 13. September 2001 wurde die Stiftung I.G. Farbenindustrie mit Sitz in Frankfurt am Main ins Leben gerufen. Sie sollte Hilfsorganisationen unterstützen, die die Überlebenden des Holocausts und andere Opfer der nationalsozialistischen Herrschaft betreuten. Weiterhin sollte die Stiftung die Unterlagen der ehemaligen I.G. Farben in Liquidation aufbewahren, um sie für Historiker zugänglich zu halten. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat die Stiftung Ende 2015 aufgelöst, da die Erträge nicht mehr ausreichten, um den Stiftungszweck zu erfüllen.[43]

Datei:IG Farben Logo 001.svg
Logo der I.G. Farben.

1953 wurde den Nachfolgefirmen für zehn Jahre verboten, Markennamen und Warenzeichen der I.G.Farben zu verwenden.[44]

Das etwa 1925 entstandene Logo der I.G. Farben enthält die Lettern I (mit Serifen und i-Punkt) und G, wobei der horizontale Balken des G in der unteren Serife des I entspringt. Die einhüllende Kontur erinnert an einen Rundkolben aus Glas oder einen ebenso geformten chemischen Reaktor, wie er für die chargenweise Durchführung von chemischen Synthesen im technischen Maßstab verbreitet ist.

Aufsichtsrat

Der Aufsichtsrat der I.G. Farben bestand bis zu seiner Verkleinerung in den 1930er Jahren aus 55 Mitgliedern,[45] darunter:

Weimarer Republik

Aufsichtsratsvorsitzende

Carl Duisberg 1926 – † 1935

Stv. Aufsichtsratsvorsitzende

Walther vom Rath 1926 – † 1940
Adolf Haeuser 1926–1932 (Ruhestand)

Aufsichtsrat

Leo Gans 1926–1932
Franz Oppenheim 1926–1929
Fritz Haber 1926–1932
Hermann Hummel 1926–?
Clemens Lammers 1926–?
Paul Moldenhauer 1926–?, nach 1945 von der Amerikanischen Besatzungsbehörde in die Kommission berufen, die die Auflösung der IG Farben verantwortete
Wilhelm von Meister 1926–1935
Richard von Schnitzler 1926– † 1938
Paul von Schnitzler 1926–1932
Edmund ter Meer 1926 – † 1931, Vater von Fritz ter Meer, Vorstand 1926–1945
Theodor Plieninger 1926–1930
Otto von Steinmeister 1926–1937
Oscar Schlitter 1931–1935
Otto Hauck 1926–1932
Eduard Mosler 1926–1939
Wilhelm Ferdinand Kalle 1926–1945

1937 wurden alle vom NS-Staat verfolgten Manager und Aufsichtsratsmitglieder entlassen, damals noch rund ein Drittel des Aufsichtsrats:

Arthur von Weinberg 1926–1936, 1937 entlassen
Carl von Weinberg 1926–1936, 1937 entlassen
Ernst von Simson 1926–1937, 1937 entlassen
Max Warburg 1926– ca. 1935
Otto von Mendelssohn Bartholdy 1926–1938, 1937 entlassen
Alfred Merton 1926–1934, 1937 entlassen
Paul Moldenhauer 1926–?, nach 1945 von der Amerikanischen Besatzungsbehörde in die Kommission berufen, die die Auflösung der IG Farben verantwortete

Zeit des Nationalsozialismus

Aufsichtsratsvorsitzende

Carl Bosch 1935–1940
Carl Krauch 1940–1945

Aufsichtsrat

Hermann Josef Abs 1937–1945
Gustav Pistor 1938–1945
Wilhelm Ferdinand Kalle 1926–1945

Vorstand

Der Vorstand der neuen Gesellschaft bestand aus 83 ordentlichen und stellvertretenden Mitgliedern und war wegen dieser fusionsbedingten sperrigen Größe zu Beginn ebenso wenig arbeitsfähig wie der überbesetzte Aufsichtsrat.[45] Zu den Vorstandsmitgliedern gehörten u. a.:

Weimarer Republik

Vorstandsvorsitzender

1926–1935 Carl Bosch

Vorstandsmitglieder

Carl Krauch 1926–1940
Gustav Pistor 1926–1937, ab 1938 Aufsichtsrat
Fritz ter Meer 1926–1945
Carl Hagemann 1926–1932
Paul Duden 1926–1932
Erwin Selck 1926–1936, auch SS-Untersturmführer
Hermann Schmitz 1926–1935, dann Vorstandsvorsitzender als Nachfolger von Carl Bosch
Otto Stange 1926–1936
Hans Kühne 1926–1945
Georg von Schnitzler 1926–1945

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurde der gesamte Vorstand in Haft genommen und 23 Beschuldigte in Nürnberg angeklagt, darunter der Betriebsführer des Buna-Werks im KZ Auschwitz III - Monowitz Walter Dürrfeld.

Vorstandsvorsitzender

1935–1945: Hermann Schmitz, hauptverantwortlich für den Einsatz von Zwangsarbeitern in Fabriken und für die Finanzierung und Errichtung des KZ Auschwitz III Monowitz. Wegen Plünderung zu vier Jahren Gefängnisstrafe verurteilt.

Vorstandsmitglieder

Fritz ter Meer 1926–1945, verantwortete KZ Auschwitz III Monowitz, wegen Plünderung und Versklavung im Zusammenhang mit dem KZ Auschwitz III Monowitz als Kriegsverbrecher zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Carl Krauch 1926–1940, eine "Schlüsselfigur der Verflechtung von NS-Staat und I.G. Farben."[46] Wegen Versklavung von KZ-Häftlingen zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Georg von Schnitzler 1926–1945, angeklagt wegen Ausbeuten von französischen und polnischen Chemiebetrieben und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Hans Kühne 1926–1945
Heinrich Hörlein 1931–1945
Fritz Gajewski 1931–1945
Heinrich Oster 1931–1945
August von Knieriem 1932–1945
Wilhelm Rudolf Mann 1934–1945
Heinrich Bütefisch 1934–1945, Benzin-Synthese IG Auschwitz, zu sechs Jahren Haft verurteilt
Otto Ambros 1938–1945, Planung IG Auschwitz, zu acht Jahren Haft verurteilt
Friedrich Jähne 1938–1945
Carl Wurster 1938–1945
Ernst Bürgin 1938–1945, zu zwei Jahren Haft wegen „Plünderung und Raub“ verurteilt
Paul Häfliger 1938–1945
Max Ilgner 1938–1945
Carl-Ludwig Lautenschläger 1938–1945
Christian Schneider 1938–1945

Filme

Literatur

  • Joseph Borkin: Die unheilige Allianz der IG Farben. Eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Übersetzung Bernhard Schulte. Campus, Frankfurt am Main 1979.
  • Bundesfachtagung der Chemiefachschaften/Arbeitskreis I.G. Farben (Hrsg.): …von Anilin bis Zwangsarbeit. Der Weg eines Monopols durch die Geschichte. Zur Entstehung und Entwicklung der deutschen Chemischen Industrie. 2. Auflage, online-Ausgabe; BuFaTa Chemie (2007)
  • Josiah E. DuBois: The Devil’s Chemists. 24 conspirators of the International Farben Cartel who manufacture wars. Beacon Press, Boston 1952.
  • Dirk Hackenholz: Die elektrochemischen Werke in Bitterfeld 1914–1945. Ein Standort der IG-Farbenindustrie AG. LIT, Münster 2004, ISBN 3-8258-7656-X.
  • Peter Hayes: Industry and Ideology. I. G. Farben in the Nazi Era. 2. Auflage. Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 0-521-78638-X.
  • Peer Heinelt: Die Entflechtung und Nachkriegsgeschichte der I. G. Farbenindustrie AG. Norbert Wollheim Memorial/J. W. Goethe-Universität, Frankfurt am Main 2008, online verfügbar als PDF.
  • Charles Higham: Trading with the Enemy. An exposé of the Nazi-American money plot 1933–1949. Delacorte, New York 1983, ISBN 0-440-09064-4.
  • Stefan Hörner: Profit oder Moral. Strukturen zwischen I. G. Farbenindustrie und Nationalsozialismus. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, ISBN 978-3-86741-763-1.
  • Diarmuid Jeffreys: Weltkonzern und Kriegskartell. Das zerstörerische Werk der IG Farben. Aus dem Englischen von Helmut Dierlamm und Werner Roller, Karl Blessing Verlag, München 2011, ISBN 978-3-89667-276-6 (Rezension in der FAZ vom 15. Juni 2011).
  • Otto Köhler: … und heute die ganze Welt. Die Geschichte der IG Farben und ihrer Väter. Rasch und Röhring, Hamburg, Zürich 1986, Papyrossa, Köln 1989, ISBN 3-89136-081-9.
  • Stephan H. Lindner: Hoechst. Ein I. G. Farben-Werk im Dritten Reich. C. H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52959-3.
  • James Stewart Martin: All honorable Men. Little, Brown & Company, Boston 1950.
  • Jan Große Nobis: www.ig-farben.org Die I. G. FARBEN und das Ende der Weimarer Republik. Münster 1994.
  • Gottfried Plumpe: Die I. G. Farbenindustrie AG – Wirtschaft, Technik und Politik 1904–1945. Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-06892-0.
  • Richard Sasuly: IG Farben. Boni & Gaer, New York 1947 (deutsch: IG Farben. Volk und Welt, Berlin 1952)
  • Bernd C. Wagner: IG Auschwitz. Zwangsarbeit und Vernichtung von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941–1945. Diss. phil, Frankfurt 2005. K. G. Saur Verlag, München 2000, ISBN 3-598-24032-5 (Bd. 3 der Darstellungen und Quellen zur Geschichte von Auschwitz vom Institut für Zeitgeschichte)
  • Alexander Jehn, Albrecht Kirschner, Nicola Wurthmann: IG Farben zwischen Schuld und Profit. Die Abwicklung eines Weltkonzerns. Historische Kommission für Hessen, Marburg 2022, ISBN 978-3-942225-51-9. (landesarchiv.hessen.de)

Weblinks

Commons: IG Farben – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Unternehmensregister. Bundesanzeiger, abgerufen am 11. November 2012 (Amtsgericht Frankfurt am Main, HRB 400; bekannt gemacht am 5. November 2012 12:00 Uhr).Handelsregisterbekanntmachung.
  2. Werner Abelshauser (Hrsg.): Die BASF. Eine Unternehmensgeschichte. C. H. Beck Verlag, München 2002, S. 132 ff.
  3. Arne Andersen: Historische Technikfolgenabschätzung am Beispiel des Metallhüttenwesens und der Chemieindustrie 1850–1933. (= Beihefte der Zeitschrift Fur Unternehmensgeschichte. Band 90). Steiner, 1996, S. 238.
  4. Werner Abelshauser (Hrsg.): Die BASF: eine Unternehmensgeschichte. C. H. Beck Verlag, München 2002, S. 218f.
  5. Werner Abelshauser (Hrsg.): Die BASF: eine Unternehmensgeschichte. C. H. Beck Verlag, München 2002, S. 231.
  6. Otto Köhler: Hitler ging – sie blieben. KVV konkret, Hamburg 1996, ISBN 3-930786-04-4, S. 21.
  7. Otto Köhler: … und heute die ganze Welt. Die Geschichte der IG Farben und ihrer Väter. Rasch und Röhrig, Hamburg/Zürich 1986, Papyrossa, Köln 1989, ISBN 3-89136-081-9, S. 214.
  8. Ernst Bäumler, Die Rotfabriker – Familiengeschichte eines Weltunternehmens (Hoechst), Piper 1988, S. 277 f., Geschichte der Chemie in Frankfurt.
  9. Henry Ashby Turner: Die Großunternehmer und der Aufstieg Hitlers. Berlin 1985, S. 319 f.
  10. S. Balke: Der IG-Farben-Prozeß in Nürnberg. In: Chemie Ingenieur Technik – CIT. 21, 1949, S. 33–37, doi:10.1002/cite.330210111.
  11. Carl Duisberg (1861–1935): Briefe eines Industriellen S. 638.
  12. Joachim Radkau, Imanuel Geiss (Hrsg.): Imperialismus im 20. Jahrhundert. München 1976, S. 214.
  13. Joseph Borkin, The crime and punishment of IG Farben, Andre Deutsch 1979, Kapitel IG prepares Hitler for war.
  14. Joseph Borkin: Die unheilige Allianz der I.G.-Farben. Eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Campus, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-593-34251-0, S. 57 f.
  15. Alfred Sohn-Rethel: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem „Mitteleuropäischen Wirtschaftstag“. Wagenbach, Berlin 1992, ISBN 3-8031-2204-X, S. 87.
  16. Stefan Hörner: Profit oder Moral. Strukturen zwischen I.G. Farbenindustrie und Nationalsozialismus. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, S. 27.
  17. Karsten Heinz Schönbach: Die deutschen Konzerne und Nationalsozialismus 1926–1943. Berlin 2015, S. 201 f.
  18. Hans Radandt (Hrsg.): Fall 6. Ausgewählte Dokumente und Urteil des IG-Farben-Prozesses. Berlin 1970, S. 53.
  19. Joseph Borkin, The crime and punishment of IG Farben, Andre Deutsch 1979, Kapitel IG prepares Hitler for war.
  20. Augsburger Allgemeine vom 15. Februar 2011, Rubrik Das Datum.
  21. Stefan Hörner: Profit oder Moral. Strukturen zwischen I.G. Farbenindustrie und Nationalsozialismus. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, S. 35.
  22. Die IG FARBEN im Spanischen Bürgerkrieg.
  23. Wolfgang Michalka: Deutsche Geschichte 1939–1945. Frankfurt am Main 1999, S. 123.
  24. Stefan Hörner: Profit oder Moral. Strukturen zwischen I.G. Farbenindustrie und Nationalsozialismus. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, S. 36, S. 40.
  25. Sybille Steinbacher: Auschwitz. Geschichte und Nachgeschichte (= Beck'sche Reihe. 2333). Beck, München 2004, S. 37ff.
  26. Bernd C. Wagner: IG Auschwitz. Zwangsarbeit und Vernichtung von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941–1945. München 2000, ISBN 3-598-24032-5, S. 187.
  27. John Cornwell: Forschen für den Führer. Deutsche Naturwissenschaftler und der zweite Weltkrieg. Lübbe-Verlag, 2004, ISBN 3-7857-2165-X, S. 417 ff.
  28. Anne-Sophie Lang: Experimente im Konzentrationslager: Blut im Schuh. 13. November 2014, abgerufen am 27. August 2020.
  29. S. Balke: Der IG-Farben-Prozeß in Nürnberg. In: Chemie Ingenieur Technik – CIT. 21, 1949, S. 33–37, doi:10.1002/cite.330210111.
  30. Kontrollratsgesetz Nr. 9 vom 20. September 1945 betreffend die „Beschlagnahme und Kontrolle des Vermögens der I. G. Farbenindustrie“.
  31. Ernst Bäumler: Die Rotfabriker. Familiengeschichte eines Weltunternehmens, München 1988, ISBN 3-492-10669-2, S. 333.
  32. Gesetz Nr. 35 (Aufspaltung des Vermögens der I.G. Farbenindustrie A. G.) der Alliierten Hohen Kommission vom 17. August 1950 (ABl. AHK S. 534, ber, S. 617, geändert, S. 1674, S. 3161).
  33. 1. Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 35 vom 23. Mai 1952.
  34. I. G. Farben-Bericht. In: Chemie Ingenieur Technik. Band 24, Nr. 7, 1952, ISSN 1522-2640, S. 427–427, doi:10.1002/cite.330240715 (wiley.com [abgerufen am 28. Januar 2021]).
  35. Kabinettsprotokoll der Bundesregierung vom 19. Juni 1952.
  36. Zitat und Angaben zu den Freisprüchen aus: Ernst Bäumler: Farben Formen Forscher. Hoechst und die Geschichte der industriellen Chemie in Deutschland. München 1989, ISBN 3-492-10971-3, S. 226 ff.
  37. aus: Antony C. Sutton: Wall Street und der Aufstieg Hitlers. 2011, ISBN 978-3-907564-69-1.
  38. Vgl. Peter Nowak: Kein Aus für IG Farben. In: taz, 19. Dezember 2002. (Aufgerufen am 20. Dezember 2010.)
  39. cbgnetwork.org
  40. Stammdaten: NAME I.G.Farbenindustrie AG i. A. Liquidationsanteilscheine, ISIN DE0005759070, WKN 575907, Symbol IGL
  41. I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft i. L.: Antrag zum Widerruf der Börsenzulassung an den Börsen Stuttgart, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und Hannover, Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG, 17. August 2011.
  42. Norbert Wollheim gegen IG Farben. In: Deutsche Welle. Abgerufen am 7. Dezember 2013.
  43. Stiftung I.G. Farbenindustrie wird aufgehoben – dauerhafte und nachhaltige Zweckerfüllung nicht mehr gesichert (Memento des Originals vom 25. April 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rp-darmstadt.hessen.de Internetseite des Regierungspräsidiums Darmstadt.
  44. Sieghard Neufeldt: Chronologie Chemie: Entdecker und Entdeckungen. John Wiley & Sons, 2016 – Namenverzeichnis Eintrag: Duisburg, C., Bosch, C. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  45. a b Werner Abelshauser (Hrsg.): Die BASF: eine Unternehmensgeschichte. C. H. Beck Verlag, München 2002, S. 230.
  46. Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. 1998, S. 276 f.