Jadarit

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Jadarit
Natural History Center Svilajnac 17.JPG
Bohrkern mit Jadarit-Einsprenglingen, ausgestellt im Naturhistorischen Zentrum in Svilajnac, Serbien
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 2006-036

Chemische Formel NaLi[B3SiO7(OH)][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
9.AJ.40
54.02.04.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[2]
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14[3]
Gitterparameter a = 6,7620(1) Å; b = 13,8016(3) Å; c = 7,6878(2) Å
β = 124,089°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4 bis 5 (VHN200 = 390)[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,45; berechnet: 2,46
Spaltbarkeit fehlt
Bruch; Tenazität uneben bis muschelig; spröde
Farbe weiß; im Auflicht dunkelgrau[4]
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend bis undurchsichtig
Glanz Porzellanglanz, matt
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in kalten verdünnten Säuren, unlöslich in Wasser
Besondere Merkmale schwache, rosaorange Fluoreszenz[4]

Jadarit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung NaLi[B3SiO7(OH)][1] und ist damit ein Natrium-Lithium-Bor-Silikat-Hydroxid.

Jadarit wurde bisher nur in Form von Aggregaten gefunden, wobei die als weiße Einsprenglinge vorliegenden, xenomorph bis subidiomorph entwickelten Jadarit-Kristalle eine Größe von etwa 5 bis 10 µm erreichten.

Etymologie und Geschichte

Die Anerkennung als eigenständiges Mineral durch die International Mineralogical Association (IMA) erfolgte im November 2006 unter der vorläufigen Bezeichnung „IMA 2006-036“.

Die Publikation der Ergebnisse des Forscherteams, bestehend aus Christopher J. Stanley, Gary C. Jones, Michael S. Rumsey, Christopher Blake, Andrew C. Roberts, John A. R. Stirling, Graham J. C. Carpenter, Pamela S. Whitfield, Joel D. Grice und Yvon Le Page, und des offiziellen Namens Jadarit erschien neun Monate später im August 2007 in der Acta Crystallographica Section B. Structural Science[4]

Auch wenn Jadarit schließlich nach seiner Typlokalität, dem Jadar-Tal in Serbien, benannt wurde, gestaltete sich die Suche nach einer passenden Benennung kurios: Dr. Chris Stanley, der mit der Klassifikation und Namenssuche für das neuentdeckte Mineral „sodium lithium boron silicate hydroxide“ (übersetzt: Natrium-Lithium-Bor-Silikat-Hydroxid) betraut worden war, war erstaunt, im Internet auf eine ältere Meldung zu einem Mineral mit fast derselben Zusammensetzung unter der Bezeichnung Kryptonit zu stoßen, das aber aus den Superman-Geschichten im DC-Universum stammt und sich somit als fiktiv herausstellte.[5] Gegenüber der BBC äußerte Stanley:

“Towards the end of my research I searched the web using the mineral’s chemical formula – sodium lithium boron silicate hydroxide – and was amazed to discover that same scientific name, written on a case of rock containing kryptonite stolen by Lex Luthor from a museum in the film Superman Returns.”

„Gegen Ende meiner Recherchen durchsuchte ich das Internet nach der chemischen Formel des Minerals – Natrium-Lithium-Borsilikat-Hydroxid – und war erstaunt, denselben wissenschaftlichen Namen zu entdecken, geschrieben auf einer Kiste mit Gestein, das Kryptonit enthält und von Lex Luthor aus einem Museum im Film „Superman Returns“ gestohlen wurde.“

BBC NEWS CHANNEL[6]

Im Gegensatz zum fiktiven „Kryptonit“ enthält real-existierender Jadarit weder Fluor noch Spuren eines gleichfalls fiktiven Elements „Kryptonium“ mit der vorgeblichen Ordnungszahl 126[7] (zum Vergleich: Das bisher schwerste bekannte Element ist das Oganesson mit der realen Ordnungszahl 118). Jadarit enthält auch keine Spuren des tatsächlich existierenden Edelgases Krypton. Nach den Regeln der internationalen Nomenklatur für Minerale[8] durfte es daher nicht „Kryptonit“ genannt werden.[9]

Klassifikation

Da der Jadarit erst 2006 entdeckt und als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz nicht verzeichnet. Einzig im zuletzt 2018 aktualisierten „Lapis-Mineralienverzeichnis“, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt Jadarit die System- und Mineral-Nr. VIII/H.23-105. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Schichtsilikate“, wo das Mineral zusammen mit Baileychlor, Borocookeit, Chamosit, Cookeit, Donbassit, Franklinfurnaceit, Gonyerit, Klinochlor, Manandonit, Nimit, Pennantit und Sudoit die „Chloritgruppe“ mit der System-Nr. VIII/H.23 bildet.[1]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[10] Systematik der Minerale nach Strunz (9. Auflage) zur Abteilung der Inselsilikate und der Unterabteilung „mit BO3 Triangeln und/oder B[4]-, Be[4]-Tetraedern, eckenteilend mit SiO4“, wo er als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.AJ.40 bildet.

Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet Jadarit ebenfalls in die Abteilung der Inselsilikate, dort allerdings in die Unterabteilung der „Inselsilikate: Borosilikate und einige Beryllosilikate mit B in [4]-Koordination“, wo er zusammen mit Garrelsit und Okanoganit-(Y) die Gruppe „Howlit und verwandte Minerale“ mit der System-Nr. 54.02.04 bildet.

Kristallstruktur

Jadarit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 6,7620 Å; b = 13,8016 Å; c = 7,6878 Å und β = 124,089° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften

Jadarit ist löslich in kalten verdünnten Säuren, unlöslich aber in Wasser. Unter kurz- und langwelligem UV-Licht zeigt das Mineral rosa bis orange Fluoreszenz.

Bildung und Fundorte

Entdeckt wurde Jadarit in den Bohrkernen bei Forschungen im Jadar-Becken. Dieses besteht aus Schichten von Ölschiefer, Dolomiten und pyroklastischen Ablagerungen des Neogens (frühes bis mittleres Miozän).

Außer seiner Typlokalität sind bisher keine weiteren Fundorte bekannt (Stand: 2019).[11]

Siehe auch

Literatur

  • Christopher J. Stanley, Gary C. Jones, Michael S. Rumsey, Christopher Blake, Andrew C. Roberts, John A. R. Stirling, Graham J.C. Carpenter, Pamela S. Whitfield, Joel D. Grice, Yvon Le Page: Jadarite, LiNaSiB3O7(OH), a new mineral species from the Jadar Basin, Serbia. In: European Journal of Mineralogy Volume. Band 19, Nr. 4, August 2007, S. 575–580, doi:10.1127/0935-1221/2007/0019-1741 (online verfügbar bei rruff.info [PDF; 601 kB; abgerufen am 19. April 2019]).
  • Glenn Poirier, Kim Tait, T. Scott Ercit, Ralph Rowe, Paula C. Piilonen: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 93, 2008, S. 702–706, doi:10.2138/am.2008.508 (englisch, online verfügbar bei rruff.info [PDF; 908 kB]).
  • Jadarite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 213 kB; abgerufen am 19. April 2019]).
  • American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Jadarite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 19. April 2019 (englisch).

Weblinks

Commons: Jadarite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Jadarit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 9. Oktober 2021.
  • Jadarite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. April 2019 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  2. David Barthelmy: Jadarite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 19. April 2019 (englisch).
  3. a b c Pamela S. Whitfield, Yvon Le Page, Joel D. Grice, Christopher J. Stanley, Gary C. Jones, Michael S. Rumsey, Chris Blake, Andrew C. Roberts, John A. R. Stirling, Gordon J. C. Carpenter: LiNaSiB3O7(OH) – Novel structure of the new borosilicate mineral jadarite determined from laboratory powder diffraction data. In: Acta Crystallographica Section B Structural Science. Band 63, Nr. 3, Juli 2007, S. 396–401, doi:10.1107/S0108768107010130 (englisch, online verfügbar bei ResearchGate).
  4. a b c d Christopher J. Stanley, Gary C. Jones, Michael S. Rumsey, Christopher Blake, Andrew C. Roberts, John A. R. Stirling, Graham J.C. Carpenter, Pamela S. Whitfield, Joel D. Grice, Yvon Le Page: Jadarite, LiNaSiB3O7(OH), a new mineral species from the Jadar Basin, Serbia. In: European Journal of Mineralogy Volume. Band 19, Nr. 4, 13. September 2007, S. 575–580, doi:10.1127/0935-1221/2007/0019-1741 (online verfügbar bei rruff.info [PDF; 601 kB; abgerufen am 19. April 2019]).
  5. cis/Reuters: Neues Mineral. Forscher findet Kryptonit. In: spiegel.de. Spiegel Online, 24. April 2007, abgerufen am 19. April 2019.
  6. BBC NEWS CHANNEL – ‘Kryptonite’ discovered in mine, 24. April 2007 (englisch).
  7. Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark, Episode 1.9 Die grüne Gefahr (OT: The Green, Green Glow of Home).
  8. Ernest H. Nickel, Joel D. Grice: The IMA Commission on new Mineral and Mineral Names: Procedures and Guidelines on Mineral Nomenclature. In: The Canadian Mineralogist. Band 36, 1998 (englisch, online verfügbar bei cnmnc.main.jp [PDF; 315 kB; abgerufen am 19. April 2019]). Intern. mineralogische Vereinigung, Regeln zu neuen Mineralien, deren Nomenklatur und Klassifikation (englisch)
  9. Markus C. Schulte von Drach: Non-Fiction. Kryptonit existiert! In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 17. Mai 2010, abgerufen am 19. April 2019.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF 1703 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 19. April 2019 (englisch).
  11. Fundortliste für Jadarit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 9. Oktober 2021.