James Watson

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James Watson, 2012
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James Dewey Watson (* 6. April 1928 in Chicago, Illinois) ist ein US-amerikanischer Molekularbiologe und Nobelpreisträger. Zusammen mit Francis Crick postulierte er 1953 das Doppelhelixmodell der Molekularstruktur der Desoxyribonukleinsäure (DNA).

Leben

James Dewey Watson studierte an der Universität Chicago Zoologie. Als Hochbegabter hatte Watson bereits 1950 an der Indiana University Bloomington mit einer Arbeit über Bakteriophagen im Fach Zoologie promoviert.[1] 1951 ging er nach England, um sich der Erforschung des DNA-Moleküls zu widmen, zunächst noch ohne großen Erfolg. Zusammen mit Francis Crick und unter Einbeziehung der Ergebnisse der Röntgenstrukturanalyse von Rosalind Franklin und Maurice Wilkins und der Basenkomplementarität von Erwin Chargaff entwickelte er dann aber am Cavendish-Laboratorium der University of Cambridge ein Doppelhelix-Modell der DNA, welches 1953 der Öffentlichkeit unter dem Titel Molecular Structure of Nucleic Acids: A Structure for Deoxyribose Nucleic Acid präsentiert und publiziert wurde.[2] Diese denkwürdige Publikation endete mit dem Satz It has not escaped our notice that the specific pairing we have postulated immediately suggests a possible copying mechanism for the genetic material. („Es ist unserer Aufmerksamkeit nicht entgangen, dass die speziellen Paarungen, die wir als gegeben voraussetzen, unmittelbar auf einen möglichen Vervielfältigungsmechanismus für die genetische Erbsubstanz schließen lassen.“)[2] Für diese Entdeckung erhielt Watson zusammen mit Francis Crick und dem gebürtigen Neuseeländer Röntgenkristallographen Maurice Wilkins 1962 den Nobelpreis für Medizin. Einen wesentlichen Anteil hatten auch die Röntgenstrukturdaten von Rosalind Franklin. Die von Watson selber in seinem Buch Die Doppelhelix geschilderte Art und Weise, wie sich Watson und Crick mit Hilfe von Wilkins und Max Ferdinand Perutz die für ihre Arbeit wichtigen kristallographischen Daten von Franklin verschafften, ist später als wissenschaftliches Fehlverhalten kritisiert worden und wird kontrovers diskutiert.[3]

James Watson am National Cancer Institute (um 1990)

1957 wurde Watson in die American Academy of Arts and Sciences gewählt, 1962 in die National Academy of Sciences und 1977 in die American Philosophical Society.[4] 1971 erhielt er den John J. Carty Award. Von 1961 bis 1976 war er Professor an der Harvard University und ab 1976 Direktor des Cold Spring Harbor Laboratory (CSHL) auf Long Island, New York, in dessen Leitungsgremien er seit 1994 war. 1998 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Academia Europaea gewählt,[5] 2000 erhielt Watson die Mendel Medal der Genetics Society.

Am 25. Oktober 2007 erklärte Watson mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt vom dort zuletzt bekleideten Posten als Kanzler, nachdem er vom Institutsvorstand im Gefolge seiner Äußerungen über die angeblich genetisch bedingte geringere Intelligenz von „Schwarzen“ zuvor bereits suspendiert worden war.[6] Watson hatte behauptet, die Sozial- und Entwicklungshilfe sei zum Scheitern verurteilt, da sie irrtümlich davon ausgehe, dass Schwarze über eine ähnliche Intelligenz wie Weiße verfügten. Nachdem er seine Aussagen zurückgenommen und schriftlich bedauert hatte, wurden ihm seine Ehrentitel zunächst wieder zuerkannt.

Das Time Magazine zählte Watson zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Sein Buch Die Doppelhelix, in dem er die Entdeckung der DNA-Struktur aus seiner persönlichen Sicht schildert, wurde zum internationalen Bestseller. 1977 erhielt er die Freiheitsmedaille („The Presidential Medal of Freedom“), die höchste zivile Auszeichnung in den USA.[7]

Watson war auch Mitinitiator des Humangenomprojekts.

Nach der Emeritierung

James Watson nach einer Rede am Cold Spring Harbor Laboratory am 30. April 2007

In die Schlagzeilen geriet er in jüngerer Zeit, weil er sich nicht nur für die Kartierung des menschlichen Genoms einsetzte, sondern auch weil er pränatale genetische Untersuchungen befürwortet, welche Eltern schon vor der Geburt Auskunft über genetische Defekte des Kindes geben. Am 31. Mai 2007 gab Watson bekannt, sein eigenes Genom sei innerhalb von zwei Wochen für weniger als eine Million US-Dollar vollständig sequenziert worden.[8]

Watson löst durch provokative Äußerungen immer wieder Kontroversen und heftige Kritik an seinen gesellschaftspolitischen Vorstellungen aus. Bereits 1997 sprach er sich in einem Interview mit der italienischen Zeitung Corriere della Sera für das Recht der Frau zur Abtreibung aus, wenn aus einer genetischen Analyse des Embryos hervorgehe, dass das ungeborene Kind homosexuell veranlagt sei. Zudem behauptete er, Schwarze hätten eine ausgeprägtere Libido und eine geringere Intelligenz als Weiße. Immer wieder wird Watson daher Rassismus, Sexismus und Homophobie vorgeworfen.

So zeigte er sich in einem Interview mit der Sunday Times im Oktober 2007 bedrückt wegen der Zukunft Afrikas, da die sozialpolitischen Strategien der Entwicklungshilfe davon ausgingen, dass die Intelligenz der Bewohner gleich groß sei wie die von Europäern, während alle Tests besagten, dass dem nicht so sei.[9] Als Watson daraufhin von seinen Führungsfunktionen im Institut suspendiert wurde, bedauerte er seine Aussagen.[10] 2019 wiederholte er diese dann allerdings.

Ende 2014 kündigte Watson an, dass seine Nobelpreismedaille beim Auktionshaus Christie’s in New York versteigert werde.[11] Dies war das erste Mal, dass die Medaille eines lebenden Nobelpreisträgers verkauft wurde.[12] Watson sah sich zu diesem Schritt gezwungen, da er zum einen nach seinen als rassistisch aufgenommenen Äußerungen finanzielle Probleme bekommen habe, vor allem aber, weil in der akademischen Welt „niemand mehr zugeben wolle, dass er existiere“ und er sich als Unperson gefühlt hätte.[13]

Die Medaille wurde für 4,8 Millionen Dollar von einem Bieter per Telefon erstanden.[14] Der russische Oligarch Alischer Usmanow gab sich als ihr Käufer zu erkennen und übereignete sie James Watson, da „eine Situation, in der ein herausragender Wissenschaftler seine Medaille, welche seine Errungenschaften würdigt, verkaufen muss, inakzeptabel ist.“[14][15]

Im Januar 2019 entzog das Cold Spring Harbor Laboratory Watson seine Ehrentitel (unter anderem den des emeritierten Kanzlers, des Ehrentreuhänders und des emeritierten Professors auf der Oliver R. Grace-Professur), weil dieser in der PBS-Dokumentation American Masters: Decoding Watson erneut seine Behauptung, Schwarze hätten eine geringere Intelligenz als Weiße, wiederholt hatte. Das Institut distanzierte sich ausdrücklich von seinen Aussagen, da diese der wissenschaftlichen Grundlage entbehrten und nicht im Einklang mit den Grundsätzen des Instituts stünden.[16][17]

Schriften

  • The Double Helix. Weidenfeld and Nicolson, London 1968.
  • A Passion for DNA: Genes, Genomes, and Society. Oxford 2000.
  • Genes, Girls and Gamow. Oxford 2001
    • Gene, Girls und Gamow. Erinnerungen eines Genies. Piper, München 2003, ISBN 3-492-04428-X.
  • Avoid Boring People: Lessons From A Life in Science. Knopf Publ., 2007, ISBN 978-0-375-41284-4.

Literatur

Weblinks

Commons: James Watson – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. James Watson Biographical. In: Nobel Lectures, Physiology or Medicine 1942–1962. Elsevier Publishing Company, Amsterdam 1964 (Online [abgerufen am 26. Januar 2019]).
  2. a b James D. Watson, Francis H. C. Crick: Molecular Structure of Nucleic Acids: A Structure for Deoxyribose Nucleic Acid. In: Nature. Band 171, S. 737–738, 25. April 1953, doi:10.1038/171737a0.
  3. Matthew Cobb, Sexism in science: did Watson and Crick really steal Rosalind Franklin’s data ?, The Guardian, 23. Juni 2015
  4. Member History: James D. Watson. American Philosophical Society, 2012, abgerufen am 8. Dezember 2018.
  5. Eintrag auf der Internetseite der Academia Europaea
  6. Nach rassistischen Äusserungen zurückgetreten. In: tagesanzeiger.ch. Archiviert vom Original am 19. September 2012; abgerufen am 25. Oktober 2007.
  7. Presidential Medal of Freedom Recipient James D. Watson. In: medaloffreedom.com. Abgerufen am 10. Juni 2008.
  8. Erika Check: James Watson's genome sequenced. In: Nature. 1. Juni 2007, abgerufen am 26. Januar 2019.
  9. The elementary DNA of Dr Watson. In: Sunday Times. 14. Oktober 2007: „He [Watson] says that he is ‚inherently gloomy about the prospect of Africa‘ because ‚all our social policies are based on the fact that their intelligence is the same as ours – whereas all the testing says not really.‘“
  10. US scientist sparks race row. In: Al Jazeera. 19. Oktober 2007, archiviert vom Original; abgerufen am 26. Januar 2019 (englisch).
  11. DNA-Entdecker versteigert seinen Nobelpreis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. November 2014, abgerufen am 26. Januar 2019.
  12. Bryony Jones: DNA pioneer James Watson to sell Nobel Prize. In: CNN. 26. November 2014, abgerufen am 26. Januar 2019 (englisch).
  13. Susannah Locke: Why DNA pioneer James Watson just sold his Nobel Prize for $4.1 million. In: Vox. 3. Dezember 2014, abgerufen am 26. Januar 2019 (englisch).
  14. a b Russia's Usmanov to give back Watson's auctioned Nobel medal. In: BBC News. 9. Dezember 2014, abgerufen am 26. Januar 2019 (englisch).
  15. Billionaire bought James Watson’s Nobel prize medal in order to return it. In: The Guardian. 9. Dezember 2014, abgerufen am 26. Januar 2019 (englisch).
  16. Umstrittener Wissenschaftler: Nobelpreisträger Watson verliert Ehrentitel wegen rassistischer Äußerungen. In: Spiegel Online. 14. Januar 2019, abgerufen am 14. Januar 2019.
  17. Statement by Cold Spring Harbor Laboratory addressing remarks by Dr. James D. Watson in “American Masters: Decoding Watson”. Cold Spring Harbor Laboratory, 11. Januar 2019, abgerufen am 14. Januar 2019 (amerikanisches Englisch, Stellungnahme des Instituts).