Juden für Jesus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Büro des Missionswerks Jews for Jesus in New York City

Juden für Jesus (englisch Jews for Jesus; JfJ) ist ein amerikanisches, evangelikales Missionswerk, das Juden zum Christentum bekehren will. Es wird dem religiösen Synkretismus hinzugerechnet, weil in ihm Elemente des Judentums und des Christentums vermischt und zu einem neuen Weltbild verschmolzen werden.[1] Juden für Jesus verstehen sich als jüdische Organisation, ein Anspruch, der von allen jüdischen Denominationen abgelehnt wird.

Geschichte

Das Missionswerk wurde 1973 in Nordkalifornien von Moishe Rosen (1932–2010), ursprünglich Martin Meyer Rosen, gegründet, als im Rahmen der jugendlichen Gegenkultur neue religiöse Bewegungen Zulauf erhielten.[1] Rosen, als Sohn jüdischer Eltern in Kansas, Missouri geboren, konvertierte zum Christentum und wurde baptistischer Geistlicher.[2] Er arbeitete für das American Board of Missions to the Jews,[3] trennte sich 1973 jedoch von dieser Organisation und begann selbstständig mit der Judenmission.

Leiter des Werks, das seinen Sitz in San Francisco hat, wurde 1996 als Nachfolger Rosens David Brickner. An einer Veranstaltung am 17. August 2008 mit Brickner nahm die republikanische Gouverneurin Sarah Palin teil, die kurz darauf für das Amt der US-Vizepräsidentin kandidierte. Brickner bezeichnete in seiner Rede terroristische Anschläge auf Israel als ein Gottesurteil gegen Juden, die sich dem Christentum verweigerten. Nachdem ein Sturm der Entrüstung über Palins Anwesenheit ausbrach, weil sie als Israel-feindlich angesehen wurde, distanzierte sich die Politikerin von Brickner.[4]

Der deutsche Zweig der Organisation wurde 1999/2000 in Essen gegründet und wird seit 2003 von Avi Snyder geleitet. Zwischen der Deutschen Evangelischen Allianz und Juden für Jesus bestehen freundschaftliche Kontakte.

Methoden zur Missionierung

Juden für Jesus verlegen Broschüren mit hebräischen Übersetzung des Neuen Testaments, sie verwenden Volkslieder und Schauspiele der Messianischen Juden, eigene mehrsprachige Websites, vierteljährliche Briefsendungen, wöchentliche Telefonate und Videos, um Juden zu missionieren. Zielgruppen ihrer Mission sind vor allem neue Immigranten, ältere Personen, Studierende und Familien mit gemischten Religionszugehörigkeiten. In Deutschland werden gezielt Kontingentflüchtlinge aus Osteuropa angesprochen, deren geringes Wissen über das Judentum sich JfJ zunutze macht.[5]

Im Jahr 1999 entschied sich der Internetanbieter Lycos nach Protesten jüdischer Organisationen, einen bestehenden Werbevertrag mit Juden für Jesus nicht zu verlängern, bei dem ein Werbebild der Gruppe erschien, wenn das Wort „jewish“ in die Suchmaschine eingegeben wurde.[6]

Gegenpositionen

Kritik an Juden für Jesus kommt sowohl von christlicher wie jüdischer Seite. So wirft beispielsweise eine Dachorganisation verschiedener christlicher Denomination in Washington, D.C. Jews for Jesus vor, ihre Tätigkeit stehe im Widerspruch zu interreligiösem Respekt und Toleranz.[7]

In einer Erklärung haben Exponenten der verschiedenen jüdischen Religionsgemeinschaften in den USA in den 1990er Jahren festgehalten, dass jüdisch-christliche Gruppen wie die Juden für Jesus keine jüdischen Organisationen sind und ihre Angehörigen, die nach den jüdischen Religionsgesetzen Juden sind, nicht Mitglieder einer jüdischen Gemeinde werden können und keinen Anspruch auf die israelische Staatsbürgerschaft kraft des Rückkehrgesetzes haben.[8]

Der Berliner Publizist und Rabbiner Andreas Nachama kritisiert das Missionswerk: „Aus der Sichtweise von in jüdischen Strukturen organisiertem Judentum schließt es sich schlicht aus, an Jesus zu glauben und Jude zu sein“ und spricht von „klassischem Antijudaismus“.[9] Sein Kollege, Rabbiner Chaim Z. Rozwaski sieht einen Versuch, das Judentum an seinen Zweigen und Wurzeln zu zerstören: „‚Messianisches Judentum‘ ist eine böswillige Bewegung, weil sie gleichermaßen Judentum und Christentum entstellt und die Wahrheit über beide Religionen verdreht. Christentum ist in seinem Kern die Verneinung des Judentums, so wie das Judentum in seinem Wesen die Verneinung des Christentums ist. Zu behaupten, es sei möglich, ein ‚Jude für Jesus‘ zu sein, beschädigt das Gewissen und das religiöse Denken beider Richtungen, und in diesem Sinne ist die Bewegung böswillig“.[10]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Juliene G. Lipson: Jews for Jesus: An Illustration of Syncretism. In: Anthropological Quarterly. 53, Nr. 2, April 1980, ISSN 0003-5491, S. 101–110, S. 102.
  2. Anti-Defamation League (Memento vom 8. Februar 2009 im Internet Archive) (englisch)
  3. Yaakov Ariel: Counterculture and Mission: Jews for Jesus and the Vietnam Era Missionary Campaigns, 1970-1975. In: Religion and American Culture. 9, Nr. 2, 1999, ISSN 1052-1151, S. 233–257, S. 233f.
  4. Pia Röder: Religiöser als die Partei erlaubt (Memento vom 12. September 2008 im Internet Archive) In: Süddeutsche Zeitung vom 10. September 2008
  5. Johannes Boie: Falscher Heiligenschein, Seite des Zentralrats der Juden in Deutschland vom 30. September 2005
  6. Meldung vom 13. August 1999 bei religio.de
  7. Jews for Jesus: Targeting Jews for Conversion with Subterfuge and Deception. Christian Response to Jews for Jesus. Anti-Defamation League, archiviert vom Original am 2. März 2012; abgerufen am 11. April 2012 (englisch).
  8. Meeting the Challenge: Hebrew Christians and the Jewish Community. Jewish Community Relations Council of New York. Spiritual Deception Prevention Project, archiviert vom Original am 8. Februar 2012; abgerufen am 11. April 2012 (englisch).
  9. Johannes Boie: Auf Missionsreise in Berlin In: Der Tagesspiegel vom 7. Dezember 2007.
  10. Chaim Rozwaski: „Messianisches Judentum“: Gift im Schokoladenbonbon, haGalil, undatiert