LGM-30 Minuteman
Die LGM-30 Minuteman ist eine dreistufige US-Interkontinentalrakete, hergestellt von Boeing. Sie bildet den Kern der Atomstreitkräfte der Vereinigten Staaten. Die Minuteman ist mit nuklearen Sprengköpfen ausgerüstet, hat ein integriertes, automatisches Trägheitsnavigationssystem und wird in allen drei Stufen mit Feststofftreibstoff angetrieben. Sie ist benannt nach der Minutemen-Miliz. Die Minuteman-Verbände sind Teil der US Air Force und unterstehen seit 2009/10 dem Air Force Global Strike Command.
Allgemeines
Der erste Start einer Minuteman-I erfolgte am 15. September 1959, einer Minuteman-II am 24. September 1964 und einer Minuteman-III am 16. August 1968. Minuteman-I und -II wurden mittlerweile deaktiviert, die Minuteman-III-Raketen sollen bis etwa 2030 in Bereitschaft bleiben. Von diesem Raketentyp wurden bis zum Produktionsende 1977 mehrere tausend Stück hergestellt.
Die mit einem Atomsprengkopf bewaffneten Minuteman-I sollten ursprünglich auch auf Eisenbahnwagen montiert werden, weil mobile Startrampen gegen Erstschläge weniger verwundbar sind. Nachdem dieser Plan Ende 1961 aus finanziellen Gründen aufgegeben wurde, konnten die für einen Bahntransport notwendigen Größen- und Gewichtsbeschränkungen aufgegeben werden. In der Folge wurde der Typ Minuteman-II entwickelt. 500 dieser Raketen wurden stationiert, mit dem Ende des Kalten Krieges wurden sie alle außer Dienst gestellt. Ein Teil dieser Raketen wird durch die Orbital Sciences Corporation in Minotaur-Trägerraketen für Satellitenstarts umgewandelt.
Die Weiterentwicklung zur Minuteman-III ermöglichte den Einsatz von drei unabhängig voneinander steuerbaren Sprengköpfen (MIRVs). Zuerst war das der W-62/Mk.12 mit 170 kt Sprengkraft. Ende der 1970er-Jahre wurde ein Teil der Minuteman-III mit dem W-78/Mk.12A mit 335 kt nachgerüstet. Der W-62 wird nun durch den modernisierten W-87/SERV der ausgemusterten MX Peacekeeper ersetzt.
Die Minuteman-Flugkörper sind in unterirdischen Raketensilos startbereit stationiert. Die Silos sind in Zehner-Gruppen mit unterirdischen Kommandoständen (LCC) verbunden. Diese sind rund um die Uhr von zwei Offizieren besetzt, die einen eingehenden Feuerbefehl durch das gleichzeitige Drehen von jeweils zwei Zündschaltern ausführen müssen.[1] Ferner muss auch ein Feuerbefehl von einem benachbarten Kommandostand gegeben werden. Die Minuteman-III werden dabei permanent in einem Status bei T-30sec gehalten, das heißt, dass sie 30 Sekunden nach einem gültigen Startbefehl das Silo verlassen können. Die einzelnen Silos haben einen Mindestabstand von etwa 10 km zueinander. Es gibt auch die Möglichkeit, die Raketen von einer luftgestützten Startcrew abzufeuern (siehe Boeing E-4). Mit diesem System soll gewährleistet werden, dass man die Raketen auch abfeuern kann, wenn das Silo den Kontakt zum Kontrollbunker verloren hat. Das wurde zuletzt 2012 auf der Luftwaffenbasis Vandenberg geprobt.
Ein Test am 16. Juni 2010 war der 200. Flug einer Minuteman-III seit dem Erststart im Jahr 1968.[2] Ein Testflug einer Minuteman-III vom 27. Juli 2011 mit einem inerten Sprengkopf von der Luftwaffenbasis Vandenberg war ein Fehlschlag, die Rakete wurde von der Flugkontrolle gesprengt, nachdem eine Anomalie aufgetreten war. Die Fehlerursache wurde noch nicht bekanntgegeben.[3] Der letzte bekannte Testflug einer Minuteman-III fand am Abend des 26. April 2017 statt. Ziel der Rakete, die keinen Sprengkopf hatte, war das knapp 8000 Kilometer entfernte Kwajalein-Atoll im Südpazifik[4].
Im Jahr 2007 wurde mit der Deaktivierung von 50 von insgesamt 500 stationierten Raketen auf der Malmstrom AFB begonnen. Zum 1. September 2012 meldeten die USA folgende Stationierungszahlen für ihre Minuteman-III-Flotte im Rahmen des New-START-Vertrages:[5]
- 449 aktive Startsilos mit 449 Raketen (150 Malmstrom AFB, 150 Minot AFB, 149 Warren AFB)
- 57 nicht aktive Startanlagen und 263 nicht stationierte Raketen
Als Nachfolger ist das Ground Based Strategic Deterrent (GBSD) in Entwicklung, welches die Minuteman-III ab 2027 ablösen soll.[6]
Ausgemusterte Minuteman-I- und -II-Raketen werden weiterhin in teils modifizierter Form als Zielobjekte für die Raketenabwehrentwicklung der USA bzw. als Satellitenträger eingesetzt.
Gefechtsköpfe vom Typ W78 als Mehrfachsprengköpfe (MIRV) Mk12A für eine LGM-30G Minuteman-III
Technische Daten
Minuteman-II (LGM-30F)
- Gipfelhöhe: 1.300 km
- Startschub: 780 kN
- Startmasse: 33.014 kg
- Durchmesser: 1,70 m
- Länge: 17,6 m
- Flossenspannweite: 1,80 m
- Masse des Sprengkopfs: 680 kg
- Reichweite: 11.300 km
- Zahl der Sprengköpfe: 1
- Sprengkopf: W56 (Sprengkraft 1.200 kt TNT)
- Maximalgeschwindigkeit: 29.030 km/h
Minuteman-III (LGM-30G)
- Gipfelhöhe: 1.300 km
- Startschub: 780 kN
- Startmasse: 35.300 kg
- Durchmesser: 1,70 m
- Länge: 18,23 m
- Flossenspannweite: 1,80 m
- Masse Sprengkopf+RV: ~400 kg
- Reichweite: 13.000 km
- Zahl der Sprengköpfe: 1 bis 3
- Sprengkopf: W-62/Mk.12 (170 kt); W-78/Mk.12A (335 kt); W-87/Mk.21 (300 kt, Upgrade auf 475 kt möglich)
- Maximalgeschwindigkeit: 29.030 km/h
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ wired.com: In Nuclear Silos, Death Wears a Snuggie. Abgerufen am 11. März 2012.
- ↑ 200th Test Launch Of A Minuteman III Missile. Abgerufen am 15. Mai 2019.
- ↑ Minuteman III destroyed during test launch (Memento vom 15. März 2013 im Internet Archive)
- ↑ Minuteman missile from Vandenberg: Did you see the launch? In: Mercury News. 26. April 2017, abgerufen am 27. April 2017.
- ↑ New START Treaty - Aggregate Numbers of Strategic Offensive Arms (PDF; 1,7 MB)
- ↑ Authorizers Make Few Changes to USAF Nuclear Programs. In: Air Force Magazine. 12. Dezember 2019, abgerufen am 12. September 2020 (amerikanisches Englisch).
Weblinks
- Minuteman in der Encyclopedia Astronautica (englisch)
- 60 Minutes shocked to find 8-inch floppies drive nuclear deterrent (englisch)