Latinisierung in der Sowjetunion
Die Latinisierung in der Sowjetunion (russisch латиниза́ция, latinisazija) war eine Kampagne in den 1920er- bis 1930er-Jahren, die darauf abzielte, traditionelle Schriftsysteme für verschiedene Sprachen der Sowjetunion durch lateinisch-basierte Schriftsysteme zu ersetzen oder solche für bislang schriftlose Sprachen zu entwickeln.
Betroffene Sprachen
Die Alphabete für die folgenden Sprachen wurden latinisiert oder neu erstellt:[1]
- Abasinische Sprache (1932)
- Abchasische Sprache (1924)
- Adygeische Sprache (1926)
- Altaische Sprache (Südaltaisch, 1929)
- Aserbaidschanische Sprache (1922)
- Assyrische Sprache (in der Sowjetunion übliche Bezeichnung für den assyrisch-neuaramäischen Dialekt, 1930)
- Awarische Sprache (1928)
- Baschkirische Sprache (1927)
- Belutschische Sprache (1933)
- Bergjüdische Sprache (in der Sowjetunion übliche Bezeichnung für den Juhuri-Dialekt der tatischen Sprache, 1929)
- Burjatische Sprache (1929)
- Chakassische Sprache (1929)
- Chantische Sprache (1931)
- Chinesische Sprache (1931)
- Darginische Sprache (1928)
- Dunganische Sprache (1928)
- Eskimo-Sprache (verallgemeinernd für die in der Sowjetunion überwiegend auf der Tschuktschen-Halbinsel gesprochenen Yupik-Sprachen und -Dialekte, 1931)
- Ewenische Sprache (1931)
- Ewenkische Sprache (1931)
- Jakutische Sprache (1920/1929)
- Inguschische Sprache (1923)
- Ischorische Sprache (1932)
- Itelmenische Sprache (1931)
- Judäo-Tadschikische Sprache (von den Bucharischen Juden gesprochener Buchori-Dialekt der persischen/tadschikischen Sprache, 1929)
- Kabardinische Sprache (1923)
- Kalmückische Sprache (1930)
- Karaimische Sprache (1928)
- Karakalpakische Sprache (1928)
- Karatschai-balkarische Sprache (1924)
- Karelische Sprache (1931)
- Kasachische Sprache (1928)
- Ketische Sprache (1931)
- Kirgisische Sprache (1928)
- Komi-Permjakische Sprache (1932)
- Komi-Sprache (1932)
- Korjakische Sprache (1931)
- Krimtatarische Sprache (1927)
- Krimtschakische Sprache (1928)
- Kumandinische Sprache (Nordaltaisch, 1932)
- Kumykische Sprache (1927)
- Kurdische Sprache (in der Sowjetunion übliche Bezeichnung für Kurmandschi/Nordkurdisch, 1929)
- Lakische Sprache (1928)
- Lasische Sprache (1930)
- Lesgische Sprache (1928)
- Mansische Sprache (1931)
- Moldauische Sprache (1932)
- Nanaische Sprache (1931)
- Nenzische Sprache (1931)
- Niwchische Sprache (1931)
- Nogaische Sprache (1928)
- Ossetische Sprache (1923)
- Persische Sprache (1930)
- Samische Sprache (verallgemeinernd für die auf der Kola-Halbinsel gesprochenen ostsamischen Sprachen, insbesondere Kildinsamisch und Skoltsamisch, 1931)
- Schorische Sprache (1931)
- Schugnanische Sprache (auch Shugni, eine im Pamir gesprochene südost-iranische Sprache, 1932)
- Selkupische Sprache (1931)
- Tabassaranische Sprache (1932)
- Tadschikische Sprache (1928)
- Talyschische Sprache (1929)
- Tatarische Sprache (1928)
- Tatische Sprache (1933)
- Tsachurische Sprache (1934)
- Tschetschenische Sprache (1925)
- Tschuktschische Sprache (1931)
- Turkmenische Sprache (1927)
- Udeheische Sprache (1931)
- Udische Sprache (1934)
- Uigurische Sprache (1928)
- Usbekische Sprache (1927)
- Wepsische Sprache (1932)
Latinisierungsprojekte für folgende Sprachen wurden zusammengestellt und genehmigt:
Diese wurden jedoch nicht umgesetzt. Es wurden Projekte zur Latinisierung aller anderen Alphabete der Ethnien der Sowjetunion entwickelt. Insgesamt wurden zwischen 1923 und 1939 Alphabete für 50 Sprachen (von 72 Sprachen der UdSSR, die eine Schriftsprache besaßen) auf der Grundlage des lateinischen Alphabets erstellt. Im Jahr 1936 begann jedoch eine neue Kampagne: die meisten Sprachen der Völker der Sowjetunion wurden auf kyrillische Schrift umgestellt, was im Wesentlichen bis 1940 abgeschlossen war.
Ausgenommen von der Latinisierung (wie auch von der folgenden Kyrillisierung) waren das Armenische, das Georgische und das Jiddische mit ihren jeweils eigenen Schriftsystemen. In der Sowjetunion gesprochene Sprachen mit traditionell lateinischem Schriftsystem wurden nicht kyrillisiert (Deutsch sowie die insbesondere nach den Angliederungen entsprechender Gebiete im Westen der Sowjetunion 1939/1940 weiter verbreiteten Estnisch, Finnisch, Lettisch, Litauisch und Polnisch).
Siehe auch
Literatur
- Ingeborg Baldauf: Schriftreform und Schriftwechsel bei den muslimischen Russland- und Sowjettürken (1850–1937). Budapest 1993, ISBN 963-05-6531-5.
- Andreas Frings: Sowjetische Schriftpolitik zwischen 1917 und 1941. Steiner, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-515-08887-9.
- Николай Владимирович Юшманов: Определитель Языков. Moskau/Leningrad 1941
Weblinks
- Ilya Yevlampiev, Nurlan Jumagueldinov, Karl Pentzlin: Revised proposal to encode Latin letters used in the Former Soviet Union. (PDF) ISO/IEC JTC1/SC2/WG2, Document N4162, 29. Januar 2012, abgerufen am 28. April 2019 (englisch).