Martinit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Martinit
Martinite-165225.jpg
Violetter bis weißer, blättriger Martinit aus dem „Poudrette quarry“, Mont Saint-Hilaire, Kanada
(Größter Durchmesser des blättrigen Martinit-Aggregats: ca. ~ 2¼ mm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 2001-059

Chemische Formel (Na,[],Ca)12Ca4(Si,S,B)14B2O38(OH,Cl)2F2 · 4H2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
9.EE.80 (8. Auflage: VIII/H.34)
73.02.02d.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem triklin
Kristallklasse; Symbol triklin-pinakoidal; 1[2]
Raumgruppe (Nr.) P1[3] (Nr. 2)
Gitterparameter a = 9,5437(7) Å; b = 9,5349(6) Å; c = 14,0268(10) Å
α = 108,943(1)°; β = 74,154(1)°; γ = 119,780(1)°[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4[3]
Dichte (g/cm3) berechnet: 2,51[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[3]
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe farblos, weiß, violett
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,529(1)
nβ = 1,549(1)
nγ = 1,551(1)[3]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 38(1)°[3]

Martinit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Na,[],Ca)12Ca4(Si,S,B)14B2O38(OH,Cl)2F2 · 4H2O[1] und gehört wegen seiner Kristallstruktur zu den Schichtsilikaten (Phyllosilikate). Die in den runden Klammern angegebenen Elemente können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Martinit entwickelt dreieckige bis sechseckige, tafelige Kristalle, die meist in Form von rosettenförmigen Mineral-Aggregaten mit einem Durchmesser zwischen 50 Mikrometern bis einem Millimeter angeordnet sind. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder multikristalliner Ausbildung kann er allerdings auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine violette Farbe annehmen. Seine Strichfarbe ist jedoch immer weiß.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Martinit 2001 im „Poudrette quarry“ am Mont Saint-Hilaire in der kanadischen Provinz Québec und beschrieben durch Andrew M. McDonald, George Y. Chao, die das Mineral nach Robert François Martin (* 1941), dem Professor der Geologie an der McGill University und langjährigem Herausgeber des Canadian Mineralogist benannten.

McDonald und Chao reichten ihre Untersuchungsergebnisse sowie den gewählten Namen zur Prüfung bei der International Mineralogical Association (IMA) ein (Register-Nr. IMA 2001-059). Diese erkannte das Mineral 2004 unter dem Namen Martinit als eigenständig an. Die Publikation des neu entdeckten und anerkannten Minerals folgte 2007 im Canadian Mineralogist.

Klassifikation

Da der Martinit erst 2004 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der seit 2001 veralteten Systematik der Minerale nach Strunz (8. Auflage) nicht aufgeführt. Einzig das 2008 erschienene „Lapis-Mineralienverzeichnis“, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach der klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, führt das Mineral unter der System-Nr. VIII/H.34-29 auf.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Martinit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Einfache tetraedrische Netze aus Sechsfach-Ringen, verbunden über oktaedrische Netze oder Bänder“ zu finden ist, wo es zusammen mit Fedorit die unbenannte Gruppe 9.EE.80 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Martinit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikate mit kondensierten tetraedrischen Schichten“ ein. Hier ist er zusammen mit Lalondeit in der „Reyeritgruppe (Trikline Untergruppe)“ mit der System-Nr. 73.02.02d innerhalb der Unterabteilung der „Schichtsilikate: Kondensierte Tetraederschichten mit doppelten und einfachen Lagen“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Martinit und möglicherweise Yofortierit (bräunliche Fasern, nicht analysiert) aus dem „Poudrette quarry“, Kanada

Martinit bildet sich durch ein komplexes Zusammenspiel von hoch fraktionierten, hyperagpaitischen Fluiden mit Sodalith-Syenit-Xenolithen. Begleitminerale sind unter anderem Aegirin, Albit, Erdit, Galenit, Langit, Lueshit, Molybdänit, Posnjakit, Rasvumit, Serandit, Sphalerit, Terskit, Ussingit, Villiaumit und Wurtzit.

Außer an seiner Typlokalität „Poudrette quarry“ am Mont Saint-Hilaire in Kanada wurde bisher (Stand: 2012) nur noch ein weiterer Fundort in der Türkei, genauer die „Murdere-Lagerstätte“ bei Köprüköy (Kurdisch: Avnîk) in Ostanatolien, bekannt.[4]

Kristallstruktur

Martinit kristallisiert triklin in der Raumgruppe P1 (Raumgruppen-Nr. 2)Vorlage:Raumgruppe/2 mit den Gitterparametern a = 9,5437(7) Å; b = 9,5349(6) Å; c = 14,0268(10) Å; α = 108,943(1)°; β = 74,154(1)° und γ = 119,780(1)° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Andrew M. McDonald, George Y. Chao: Martinite, a new hydrated sodium calcium fluorborosilicate species from Saint-Hilaire, Québec: Description, structure determination and genetic implications, in: The Canadian Mineralogist, Band 45/5 (Oktober 2007), S. 1281–1292 doi:10.2113/gscanmin.45.5.1281

Weblinks

Commons: Martinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names - Martinite (PDF 1,8 MB; S. 180)
  2. Webmineral - Martinite
  3. a b c d e f g h Andrew M. McDonald, George Y. Chao: Martinite, a new hydrated sodium calcium fluorborosilicate species from Saint-Hilaire, Québec: Description, structure determination and genetic implications, in: The Canadian Mineralogist, Band 45/5 (Oktober 2007), S. 1281–1292 doi:10.2113/gscanmin.45.5.1281
  4. Mindat - Martinite