Renierit
Renierit | |
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Renierit aus der Typlokalität Kipushi Mine, Katanga, Demokratische Republik Kongo (Größe: 7,5 cm × 5,0 cm × 4,3 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
ehemals Reniérit |
Chemische Formel | (Cu1+,Zn)11Fe4(Ge4+,As5+)2S16[1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze – Metall : Schwefel (Selen, Tellur) = 1 : 1 |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
2.CB.35 (8. Auflage: II/C.10) 02.09.04.01 |
Ähnliche Minerale | Colusit, Germanit, Bornit |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | tetragonal, pseudokubisch |
Kristallklasse; Symbol | skalenoedrisch 42m[2] |
Raumgruppe | P42c (Nr. 112) |
Gitterparameter | a = 10,6226(5) Å; c = 10,5506(8) Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 2[3] |
Häufige Kristallflächen | {111} |
Zwillingsbildung | ausgeprägt |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3,5[4] bis 4,5[5] (VHN25 = 340 bis 363[4]) |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 4,38; berechnet: 4,4[4] |
Spaltbarkeit | keine |
Bruch; Tenazität | uneben |
Farbe | bronzebraun, orangebraun |
Strichfarbe | dunkelgrau |
Transparenz | undurchsichtig |
Glanz | Metallglanz |
Magnetismus | moderat bis deutlich, teilweise polar[6] |
Kristalloptik | |
Doppelbrechung | δ = schwach[7] |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | polierte Oberfläche zeigt häufig Zwillinge und Anisotropie |
Renierit (ehemals Reniérit) ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Cu1+,Zn)11Fe4(Ge4+,As5+)2S16[1]. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Kupfer und Zink bzw. Germanium und Arsen können sich dabei in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.
Renierit findet sich meist in Form körniger bis derber Mineral-Aggregate, entwickelt aber auch kleine unregelmäßige oder würfelförmige Kristalle bis etwa drei Millimeter Größe von bronzebrauner bis orangebrauner Farbe und metallischem Glanz.
Etymologie und Geschichte
Benannt wurde das Mineral nach dem belgischen Geologen Armand Marie Vincent Joseph Renier (1876–1951).
Der erste Fund wurde 1928 als kleine, auffällige Körner in einen sulfidischen Erz von G. Thorreau[8] beschrieben und falsch interpretiert. Er verglich das Material mit "orangem Bornit"[9]. Spätere Fehldeutungen folgten und erstmals korrekt beschrieben wurde der Renierit 1948 durch Johannes Franciscus Vaes (1902–1978)[10].
Die ursprünglich von Vaes gewählte Schreibweise Reniérite ist seit 2008 diskreditiert, da sich der Namensgeber ohne Akut über dem ‚e‘ schreibt und es sich daher um ein überflüssiges diakritisches Zeichen handelt.[11]
Als Typlokalität gilt die Kipushi Mine (Koordinaten ), ehemals Prince Léopold Mine, Kipushi, Provinz Haut-Katanga, in der Demokratischen Republik Kongo.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Renierit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Schwefel, Selen, Tellur ≈ 1 : 1“, wo er zusammen mit Colusit, Germanit, Germanocolusit, Maikainit, Morozeviczit, Nekrasovit, Ovamboit, Polkovicit, Stibiocolusit, Sulvanit und Vinciennit die „Colusitgruppe“ mit der System-Nr. II/C.10 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Renierit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Metallsulfide, Metall : Schwefel = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Zink (Zn), Eisen (Fe), Kupfer (Cu), Silber (Ag)“ zu finden ist, wo es zusammen mit Catamarcait, Hemusit, Kiddcreekit, Morozeviczit, Polkovicit und Vinciennit die „Hemusitgruppe“ mit der System-Nr. 2.CB.35.a bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Renierit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er zusammen mit Germanit, Maikainit und Ovamboit in der „Germanitgruppe“ mit der System-Nr. 02.09.04 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Selenide und Telluride – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n):p=1:1“ zu finden.
Kristallstruktur
Renierit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P42c (Raumgruppen-Nr. 112) mit den Gitterparametern a = 10,62 Å und c = 10,55 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2] Dabei sind aber nicht alle Metallionenplätze vollständig besetzt und Kupfer kann Zink substituieren.[3] Die Struktur lässt sich als Mischkristallreihe zwischen den Endgliedern Cu10ZnGe2Fe4S16 und Cu11GeAsFe4S16 schreiben. Dabei wird Zn(II)+Ge(IV) durch Cu(I)+As(V) ersetzt.
Eigenschaften
Renierit-Kristalle täuschen durch polysynthetische Verzwillingung (wiederholte lamellare Aneinanderreihung) die höhere Symmetrie des kubischen Kristallsystems vor. Man nennt solche Kristalle daher pseudokubisch. Die bis zu 3 mm großen Kristalle, normalerweise aber Körner im sub mm-Bereich, erscheinen so als Tetraeder.[6]
Bildung und Fundorte
Renierit bildet sich durch hydrothermale Vorgänge in germaniumhaltigen Lagerstätten. Begleitminerale sind unter anderem Bornit, Chalkopyrit, Digenit, Enargit, Germanit Sphalerit und Tennantit.
Als seltene Mineralbildung konnte Renierit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2015) rund 30 Fundorte als bekannt gelten.[12] Seine Typlokalität Kipushi Mine ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in der Demokratischen Republik Kongo.
Weitere Fundorte sind unter anderem Catamarca in Argentinien; Tasmanien in Australien; Dobritsch (ehemals Hadschilogu Pasardschik) in Bulgarien; Provence-Alpes-Côte d’Azur in Frankreich; auf Sardinien in Italien; auf Honshū in Japan; der Otjikotosee und die Region Otjozondjupa in Namibia; Salzburg und die Steiermark in Österreich; in der nördlichen Kaukasus-Region in Russland; in der Zentralprovinz von Sambia; Asturien in Spanien; sowie Colorado in den USA.[13]
Verwendung
Renierit besitzt auf Grund seines Germaniumgehaltes von etwa 6 % eine Bedeutung als Rohstoff für die Gewinnung dieses Elementes.[14]
Siehe auch
Literatur
- Renièrite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org PDF; 62 kB).
Weblinks
- Mineralienatlas:Renierit (Wiki)
- Database-of-Raman-spectroscopy – Renierite.
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Renierite.
- Dissertation L. R. Bernstein: Aspects of Germanium Mineralogy and Geochemistry. Stanford University 1985.
Einzelnachweise
- ↑ a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; May 2015 (PDF; 1,6 MB).
- ↑ a b Webmineral – Renierite. (englisch).
- ↑ a b c Lawrence R. Bernstein, Daniel G. Reichel, Stefano Merlino: Renierite crystal structure refined from Rietveld analysis of powder neutron-diffrection data. In: American Mineralogist. Band 74, 1989, S. 1177–1181 (minsocam.org PDF; 599 kB).
- ↑ a b c Renièrite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org PDF; 62 kB).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 6. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2014, ISBN 978-3-921656-80-8.
- ↑ a b Joseph Murdoch: X-Ray Investigation of Colusite, Germanite and Renierite. In: American Mineralogist. Band 24, 1953, S. 794–801 (minsocam.org PDF; 461 kB).
- ↑ L. Bernstein: Renierite, Cu10ZnGe2Fe4S16-Cu11GeAsFe4S16: a coupled solid solution series. In: American Mineralogist. Band 71, 1986, S. 210–221 (minsocam.org PDF; 1,4 MB).
- ↑ G. Thorreau: Le Giement Prince Leopold, Kipushi, Katanga. In: Mem. de l’Inst. Geol. de l'Université de Louvain. Band 4, Ausgabe 3, S. 273.
- ↑ J. Murdoch, "Microscopical Determination of the Opaque Minerals, John Wiley & Sons, N.Y.
- ↑ J. F. Vaes: La reniérite (anciennement applelée «Bornite orange») Un sulfure germanifère provenant de la Mine Prince-Léopold, Kipushi (Congo Belge). In: Annales de la Société Géologique de Belgique. Band 72, 1948, S. 19–32.
- ↑ Ernst A. J. Burke: Tidying up Mineral Names: an IMA-CNMNC Scheme for Suffixes, Hyphens and Diacritical marks. In: Mineralogical Record. Band 39, Nr. 2 (März–April 2008; pubsites.uws.edu.au PDF 2,7 MB).
- ↑ Mindat – Anzahl der Fundorte für Renierite.
- ↑ Fundortliste für Renierit beim Mineralienatlas und bei Mindat.
- ↑ Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 433 (Erstausgabe: 1891).