Unternehmensbesteuerung

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Unternehmensbesteuerung bezeichnet die Gesamtheit der Steuern, denen Unternehmen unterliegen.

Unternehmensbesteuerung in Deutschland

Das deutsche System der Unternehmensbesteuerung unterscheidet drei wesentliche Steuertypen:[1]

Besteuerung des Ertrags

Hauptartikel: Ertragsteuer

Wesentliche Steuerarten: Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag

Die gesetzlichen Regelungen zur Ertragsbesteuerung in Deutschland werden von der Unterscheidung zwischen der Besteuerung im Sinne des Transparenzprinzips und der Besteuerung im Sinne des Trennungsprinzips bestimmt.

Einzelunternehmen und Personengesellschaften werden transparent besteuert, erzielte Gewinne und sonstige Einkünfte unterliegen der Einkommensteuer des Gesellschafters.

Einkommen von Kapitalgesellschaften werden dem Trennungsprinzip unterworfen, Gewinne unterliegen der Körperschaftsteuer. Sie wird von der Kapitalgesellschaft entrichtet. Ausschüttungen unterliegen der jeweiligen Ertragsteuer beim Empfänger der Ausschüttung, während sie bei der Kapitalgesellschaft nicht abzugsfähig sind. Dadurch kommt es insgesamt zu einer höheren Belastung als bei Personengesellschaften mit Ertragsteuern (wirtschaftliche Doppelbesteuerung). Dieser Effekt wird durch weitere Regelungen vermindert. Die Belastung mit Körperschaftsteuer (und Gewerbesteuer) ist isoliert betrachtet geringer als die Belastung mit dem individuellen Steuersatz der Einkommensteuer von sonstigen Gewerbetreibenden. Ist der Empfänger persönlich einkommensteuerpflichtig, so ist auf die an ihn ausgeschüttete Vergütung grundsätzlich das Teileinkünfteverfahren anzuwenden. Befinden sich die Anteile des einkommensteuerpflichtigen Empfängers im Privatvermögen, so findet die Besteuerung zum Abgeltungsteuersatz statt. Ist der Anteilseigner eine Kapitalgesellschaft, sind die Ausschüttungen mit Ausnahme von 5 % nichtabzugsfähiger Betriebsausgaben unter bestimmten Bedingungen steuerfrei (körperschaftsteuerliches Schachtelprivileg). Eine andere Art, der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung zu begegnen, ist die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft. Alle Regelungen verhindern die wirtschaftliche Doppelbesteuerung aber nicht gänzlich. Deshalb ist das deutsche Steuerrecht nicht rechtsformneutral.[2]

Werden im Rahmen der Tätigkeit des Unternehmens im Inland Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, so ist zusätzlich Gewerbesteuer zu zahlen. Diese ist als Gemeindesteuer ein wesentlicher Aspekt des nationalen Steuerwettbewerbs innerhalb Deutschlands.

Zur Einkommen- und Körperschaftsteuer wird ein Solidaritätszuschlag erhoben.

Besteuerung des Verbrauchs

Wesentliche Steuerarten: Umsatzsteuer, Grunderwerbsteuer

Die Umsatzsteuer wird zwar beim Unternehmen erhoben, ist aber wirtschaftlich durch den Endverbraucher zu tragen. Aufgrund des Vorsteuerabzuges entrichten Unternehmen die Umsatzsteuer lediglich auf Grundlage der eigenen Wertschöpfung.

Die Grunderwerbsteuer wird beim Erwerb eines inländischen Grundstücks erhoben.

Darüber hinaus können weitere Verbrauchsteuern anfallen, die je nach Branche Bedeutung haben können (z. B. Biersteuer, Kaffeesteuer).

Besteuerung der Substanz

Wesentliche Steuerarten: Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer

Die Grundsteuer wird als Gemeindesteuer auf das Eigentum an Grundstücken erhoben.

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer fällt auf eine Erbschaft oder Schenkung an. Dies ist auch dann der Fall, wenn ganze Unternehmen oder Unternehmensanteile vererbt beziehungsweise verschenkt werden.

Aspekte internationaler Unternehmensbesteuerung

Doppelbesteuerung

Um die steuerliche Benachteiligung von Unternehmen mit grenzüberschreitenden Aktivitäten zu vermindern, sind zwischen vielen Ländern Abkommen zur Reduzierung der Doppelbesteuerung vereinbart worden. Diese basieren in der Regel auf dem Musterabkommen der OECD.[3]

Steuerwettbewerb

Ein mit niedrigen Unternehmensteuersätzen geführter internationaler Steuerwettbewerb zwischen Staaten zielt vor allem darauf, den mobilen Produktionsfaktor Kapital als notwendige Grundlage für Investitionen im eigenen Land anzuziehen.[4] Aufgrund von Steuervermeidung der Unternehmen kann umgekehrt der Steuerwettbewerb der Staaten zu einem Race to the bottom, das heißt immer niedrigeren Steuererträgen führen. Dieses Phänomen lässt sich seit einigen Jahrzehnten national und international beobachten.[5]

Empirisch sind die tatsächlichen Steuerbelastungen international agierender Konzerne kaum zuverlässig ermittelbar.[6] Zur modellhaften Bestimmung eines Effektivsteuersatzes in verschiedenen Ländern werden daher Simulationsprogramme wie der European Tax Analyzer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung verwendet.[7]

Die Ertragsteuerbelastung von Unternehmen in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften im internationalen Vergleich kann der nachfolgenden Tabelle des Bundesfinanzministeriums für die EU und andere Staaten entnommen werden (Steuersätze für Zentralstaat zzgl. ggf. für regionale Gebietskörperschaften).

Unternehmensbesteuerung 2015 in der EU und anderen Staaten
Quelle: Bundesfinanzministerium[8]

Land

Unternehmenssteuern
in %
EU
Belgien 33,99 %
Bulgarien 10 %
Dänemark 23,5 %
Deutschland 29,83 %[A 1]
Estland 20 %
Finnland 20 %
Frankreich 38 %
Griechenland 29 %
Irland 12,5 %
Italien 31,4 %
Kroatien 20 %
Lettland 15 %
Litauen 15 %
Luxemburg 29,22 %
Malta 35 %
Niederlande 25 %
Österreich 25 %
Polen 19 %
Portugal 22,5 %
Rumänien 16 %
Schweden 22 %
Slowakei 22 %
Slowenien 17 %
Spanien 28 %
Tschechien 19 %
Ungarn 20,62 %
Vereinigtes Königreich 20 %
Zypern 12,5 %
Andere Staaten
Norwegen 27 %
Schweiz (Zürich) 20,65 %
Japan 32,379 %
Kanada (Ontario) 26,5 %
USA, Bundesstaat New York 39,62 %
  1. Dieser Wert gilt für einen Referenz-Hebesatz von 400 Prozentpunkten bei der Gewerbesteuer. Die tatsächliche Steuerbelastung könnte je nach Kommune abweichen.


Alternative Steuersysteme

Vor allem in skandinavischen Ländern ist das Modell der dualen Einkommensteuer verbreitet. Auch die Unternehmensbesteuerung wird von diesem Modell geändert, da zwischen Erwerbseinkommen und Kapitaleinkommen unterschieden wird. Dieses System wurde im April 2006 durch den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung auch für Deutschland vorgeschlagen.[9] In Estland existiert ein für Europa einzigartiges System der Unternehmensbesteuerung, alle Kapitalgesellschaften zahlen keine Ertragssteuern für ihre Gewinne, es werden nur die Entnahmen besteuert und diese werden ausschließlich beim Empfänger der Entnahme besteuert, dies mit einem derzeitigen Satz von 21 %.

Unitary Taxation

Um die Steuervermeidung von multinationalen Unternehmen in Griff zu bekommen, wird in der OECD und der EU als Alternative die Gesamtkonzernbesteuerung oder Unitary Taxation diskutiert. Dabei werden nicht mehr die Gewinne der einzelnen Betriebsstätten ermittelt, sondern es wird der Gewinn des Gesamtkonzerns als Grundlage genommen. Dieser Gesamtgewinn wird dann mit Hilfe einer Formel auf die Länder aufgeteilt und dort jeweils mit dem nationalen Steuersatz besteuert.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfram Scheffler: Besteuerung von Unternehmen. C. F. Müller, Heidelberg 2007.
    • I. Ertrag-, Substanz- und Verkehrsteuern. ISBN 3-8252-2224-1.
    • II. Steuerbilanz und Vermögensaufstellung. ISBN 3-8252-2346-9.
  • Alfred Boss: Reform der Unternehmens- und Kapitaleinkommensbesteuerung: Auf dem richtigen Weg? Institut für Weltwirtschaft, Kiel 6. September 2006 (PDF-Datei; 37 kB).
  • Andreas Messerer: Unternehmensteuerreform 2008. Richard Boorberg Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-415-03956-8.

Quellen und Einzelnachweise

  1. Definition » Unternehmensbesteuerung « | Gabler Wirtschaftslexikon. (gabler.de [abgerufen am 26. Dezember 2016]).
  2. Dieter Birk, Marc Desens, Henning Tappe: Steuerrecht, 18. Auflage Heidelberg 2015, Rn. 1203 ff., 1220 ff., 1281 ff.
  3. OECD Model Tax Convention on Income and on Capital (PDF; 109 kB)
  4. Auszug aus dem Jahresgutachten 2004/05 (Memento des Originals vom 30. Dezember 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dort Ziffer 775
  5. Nicola Liebert: Globalisierung, Steuervermeidung und Steuersenkungswettlauf, Bonn 2004.
  6. Wilfried Herz: Halber Steuersatz, doppelter Ärger. In: Die Zeit., 14. Juni 2006
  7. Europäische Kommission: KOM 2001/582: Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse.
  8. Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich 2015, Seite 20
  9. Expertise Duale Einkommensteuer (Memento des Originals vom 19. Juni 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de

Weblinks