Werner Großmann

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Werner Großmann (* 9. März 1929 in Oberebenheit, Amtshauptmannschaft Pirna, Sachsen; † 28. Januar 2022[1] in Berlin[2]) war ein deutscher Geheimdienstler. Er war in der DDR von 1986 bis 1990 stellvertretender Minister für Staatssicherheit und Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung (HV A), des Auslandsgeheimdienstes der DDR.

Leben

Der aus einer Handwerkerfamilie stammende Großmann wurde als Jugendlicher gegen Ende des Zweiten Weltkrieges noch zum Volkssturm eingezogen. Nach einer Maurerlehre, dem Abitur an einer Vorstudienanstalt und einigen Semestern Studium an der TH Dresden, wo er FDJ-Sekretär war, kam Großmann 1952 zur Schule des Instituts für wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF), des Vorläufers der Hauptverwaltung Aufklärung im MfS (HVA). Nach einer Karriere in der Aufklärung, in der er bis zum Abteilungsleiter aufstieg, kam Großmann 1966/67 zur Parteihochschule der KPdSU nach Moskau. Im Fernstudium an der Juristischen Hochschule in Potsdam-Golm wurde er 1972 Diplom-Jurist. Großmann machte in der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MfS weiter Karriere und wurde schließlich 1986 Nachfolger des langjährigen Leiters Markus Wolf und zugleich stellvertretender Minister. 1989 wurde er zum Generaloberst befördert.

Großmann, der noch bei der Präsentation seiner Memoiren im Jahre 2001 bestritt, dass die HVA auch innerhalb der DDR mit Hilfe von IM „Aufklärungsarbeit“ betrieben hatte, gab Ende 1988 selbst Anweisung, geeignete IM auf dem Territorium der DDR in die Bespitzelung oppositioneller Kräfte und Gruppierungen einzubeziehen.[3]

Es waren Großmann und dessen Mitarbeiter, die während der Wende in der DDR die „Arbeitsgruppe Sicherheit des Zentralen Runden Tisches“ dazu bewegen konnten, der fast drei Monate anhaltenden Vernichtung der Aktenbestände der HVA zuzustimmen.

Großmann wurde im März 1990 aus dem Dienst entlassen. Am 3. Oktober 1990 wurde er festgenommen, kam für einen Tag in Untersuchungshaft und wurde wegen Agententätigkeit und Landesverrat angeklagt. Nach dem Beschluss des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. Mai 1995 zur strafrechtlichen Relevanz der nachrichtendienstlichen Tätigkeit ehemaliger Angehöriger der HVA nahm der Generalbundesanwalt die Klage zurück und stellte das Verfahren ein.

Mehrfach trat Großmann bei Veranstaltungen der Partei Die Linke auf.[4][5]

Großmanns Sohn ist der Unternehmer Jochen Großmann. Großmann starb am 28. Januar 2022 wenige Wochen vor Vollendung seines 93. Lebensjahres.[1] Er lebte zuletzt in einem Seniorenheim in Berlin-Hohenschönhausen.

Ehrungen

Großmann erhielt 1980 den Vaterländischen Verdienstorden der DDR.

Werke

  • Bonn im Blick. Die DDR-Aufklärung aus der Sicht ihres letzten Chefs. Das Neue Berlin, Berlin 2001/2007, ISBN 978-3-360-01905-9.
  • mit Wolfgang Schwanitz: Fragen an das MfS. Auskünfte über eine deutsche Behörde. Edition Ost, Berlin 2010, ISBN 978-3-360-01813-7.
  • mit Peter Böhm: Der Überzeugungstäter. Edition Ost, Berlin 2017, ISBN 978-3-360-01880-9.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Letzter Chef der DDR-Auslandsspionage gestorben. In: bietigheimerzeitung.de. 28. Januar 2022, abgerufen am 28. Januar 2022.
  2. Werner Großmann, 92. In: Der Spiegel. Nr. 6, 5. Februar 2022, S. 125.
  3. Der Herr der Reißwölfe. In: FAZ.net. 13. Juni 2001, archiviert vom Original am 15. Dezember 2014; abgerufen am 14. Dezember 2014.
  4. Proteste gegen Auftritt von Ex-Stasi-General Werner Großmann. In: welt.de. 26. September 2008, archiviert vom Original am 14. Dezember 2014; abgerufen am 14. Dezember 2014.
  5. Claudia Fuchs: Lichtenberger Linke lassen Ex-HVA-Chef Werner Großmann auftreten: Ein Podium für den Stasi-General. In: Berliner Zeitung. 25. September 2008, archiviert vom Original am 15. Dezember 2014; abgerufen am 15. Dezember 2014.