Stay-behind-Organisation

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Als Stay-behind-Organisation oder Stay-behind (von engl. stay behind, „bleib zurück/dahinter“; Rücklass-Organisation oder Überrollgruppe) wird eine geheime paramilitärische Widerstandsorganisation bezeichnet, die im Fall einer feindlichen Besetzung eines Staates oder Teilgebieten davon hinter der Front nachrichtendienstliche Aufklärung leisten und Sabotageakte gegen die Besatzungsmacht verüben soll.[1] Während sich die reguläre Armee vor einem Angreifer zurückzieht, lassen sich diese Einheiten von der Front überrollen, um dann in ihrem Rücken zu operieren.

Außer einigen Vorläufern bezeichnet Stay-behind meist nach dem Zweiten Weltkrieg in Westeuropa gegründete Organisationen, die bei einer Invasion von Truppen des Warschauer Paktes hinter deren Linien eingesetzt werden sollten. Sie wurden vielfach erst 1990 durch die Aufdeckung von Gladio in Italien bekannt. Sie wurden teils im, teils nach dem Kalten Krieg aufgelöst.[2]

Vorläufer

Die erste Stay-behind-Organisation entstand in Großbritannien als Teil der Widerstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus. Im Sommer 1940 beschloss das britische Stabschefskomitee in Vorbereitung auf eine mögliche Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht Gruppen bewaffneter Kämpfer zu trainieren, die hinter den Linien der deutschen Besatzungsmacht einen Guerillakampf führen sollten. Mit dem Aufbau solcher Einheiten – der Special Operations Executive – wurde Colonel Colin Gubbins beauftragt, der zuvor in Norwegen in der alliierten Nachhut versucht hatte, den Vormarsch der deutschen Truppen zu verzögern. Durch Überfälle und Hinterhalte sollten die Einheiten die Nachschublinien der Wehrmacht stören. Zudem sollte eine Gruppe mit Sendegeräten ausgestattet und speziell für nachrichtendienstliche Aufgaben trainiert werden.[2]

Westdeutschland

Die westlichen Alliierten begannen nach Kriegsende im Kontext verschiedener sicherheitspolitischer Krisen mit Plänen für westeuropäische Stay-behinds (erste Phase) und bauten die ersten bis zur Gründung der Bundeswehr 1955 in der Bundesrepublik Deutschland auf (zweite Phase), die dann der 1956 gegründete Bundesnachrichtendienst (BND) übernahm (dritte Phase).

Bis 1949

Für die westlichen Alliierten (USA, Großbritannien, Frankreich) hatten verschiedene Widerstandsgruppen in Kontinentaleuropa zum militärischen Sieg über das Deutsche Reich und seine Verbündeten beigetragen. Im aufkommenden Kalten Krieg (ab etwa 1947) begannen sie mit Überlegungen zum Aufbau entsprechender Stay-Behind-Einheiten für den Fall einer sowjetischen Besetzung westeuropäischer Staaten.[1] Die Furcht vor sowjetischen Angriffen auf Westeuropa, vor allem auf Westdeutschland, wurde durch den Februarumsturz in der Tschechoslowakei genährt, mit dem dort Kommunisten die Macht übernahmen.[2] Aufgrund ihrer historischen Erfahrung mit der deutschen Besetzung wollten sie für den Fall einer neuen, diesmal sowjetischen Besetzung Geheimeinsätze vorbereiten. Dazu beschlossen westeuropäische Staaten im April 1948 den Brüsseler Pakt.[3]

Ab 1949

Laut den 2005 von der Central Intelligence Agency (CIA) der USA freigegebenen Akten[4] gründete die CIA 1949 zunächst die Einheiten Pastime (West-Berlin) und Kibitz (Karlsruhe). Sie waren Teil eines Programms amerikanischer Sicherheitsdienste, das weitere Stay-behind-Einheiten umfasste. Die Berliner Einheiten wurden als Berlin Operations Base (BOB) geführt, die im Süden und Südwesten Deutschlands als Karlsruhe Operations Base (KOB) mit Sitz in der Generalvertretung L. Von diesen beiden Hauptstandorten wurden wiederum folgende Stay-behind-Projekte koordiniert, die mit Identity 1,2, etc. verschlüsselt wurden:

  • Pastime = Identity 1, bereits vor dem eigentlichen Stay-behind-Programm in Berlin etablierte Einheit
  • Vulture = Identity 2, zuständig für die Aushebung von unterirdischen Materialverstecken, Beschaffung von Gold etc. für alle KOB- und BOB-Netzwerke
  • Missouri = Identity 3, Organisation von „safe houses“, sprich geheimen Unterschlupfen für BOB- und KOB-Netzwerke
  • Kibitz = Identity 4, Rekrutierung, Organisation und Training von Stay-Behind-Personal. Kibitz hatte mehrere Subdivisionen[5]
  • Fold = Identity 5, Organisation von „safe houses“ für Netzwerke im Bereich des BOB
  • Cajun = Identity 6, Aufbau und Training von BOB-Personal im Umgang mit Fernmeldetechniken
  • Cadeau = Identity 7, Besorgungseinheit zur Beschaffung von benötigtem Material für Agenten und anderen, die in Verbindung mit Identity 8 stehen
  • Cabinda = Identity 8, Einheit zur Bereitstellung von ausgesuchten amerikanischen Geheimdienstlern, die als Kern der weiteren Einheiten dienten
  • Wrinkle = Identity 9, eine bereits zu Beginn des Programms überholte Operationseinheit, deren Aufgaben mittlerweile in den anderen 8 Identities integriert wurden [1]

Das Kernstück des 1950 gegründete Kibitz-Netzwerk resultierte aus einem Schreiben des ehemaligen Wehrmachtoffiziers Walter Kopp[6] an John Jay McCloy, der als Hoher Kommissar höchster Vertreter der alliierten Siegermächte in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland war. In dem Brief äußerte Kopp als abgesandter Sprecher einer Interessengruppe aus ehemaligen Reichswehr-Mitgliedern Sorgen um eine Invasion der sowjetischen Armee in Westeuropa und bot der amerikanischen Besatzungsmacht eine Zusammenarbeit an. In Folge dessen schlug ihm der US-Geheimdienst die Gründung einer Stay-behind-Organisation unter seiner Führung vor. Kopp willigte ein und verlangte als Gegenleistung u. a. eine adäquate Position in einer deutschen oder europäischen Armee. Zudem legte Kopp Wert auf die Feststellung, dass er kein US-Agent sei und sein Engagement ausschließlich dem „Kampf gegen die schwarze Rasse“, dem „Kampf gegen Kommunismus und Bolschewismus“, sowie dem „Schutze Europas“ diene. US-Geheimdienste stuften Kopp als Nationalisten, militanten Antikommunisten und pro-westlich eingestellten Deutschen ein, der das NATO-Bündnis und die Idee einer europäischen Armee unterstützt.[7][8]

Kopp alias Kibitz 15 kontaktierte ca. 500 mögliche Kandidaten, aus denen letztlich 125 antibolschewistisch eingestellte Personen rekrutiert wurden, die Kopp als geeignet für die subversive Tätigkeit einstufte. Als Basis für das Netzwerk wurde Karlsruhe gewählt. Die größte der in zwölf Subdivisionen aufgeteilte Kibitz-Einheit mit 63 Personen wurde von Walter Kopp unter Mitwirkung der ehemals hochrangigen SS-Militärs Hans Rues (alias Kibitz 16) und Heinrich Hoffmann geleitet. Hauptaufgabe war, diese Personen in fernmelde- und nachrichtentechnischen Aufgaben zu schulen. Zudem wurden militärische Übungen unter deutscher Leitung und amerikanischer Beobachtung absolviert.

Für bestimmte Agenten vom Kibitz-Netzwerk wurden insgesamt neun „geheime Unterschlupfe“ (engl. „safe houses“) eingerichtet. Diese Unterschlupfe stellten in US-Besitz befindliche Wohnungen in unscheinbaren Wohnhäusern z. B. in Heidelberg, Unterschondorf am Ammersee und Ulm dar. Im Heidelberger Unterschlupf wurde von 1951 bis Oktober 1952 zur Tarnung die fiktive Nachrichtenagentur „Cosmopress“ betrieben. Im Juni 1952 enttarnte Hans Otto Ims (alias Kibitz 171) einige Agenten der Kibitz 15-Division. Aus nachrichtendienstlichen Sicherheitsgründen emigrierte Ims anschließend mit Hilfe der CIA und des australischen Generalkonsulats nach Kanada. Die Enttarnung der Kibitz 15-Agenten, sowie die Einschätzung der US-Geheimdienste, dass die Ziele Kopps und derer der US-Dienste strukturell zu stark voneinander abweichen, führte zur teilweisen Auflösung dieser Einheit.[9][10][11]

Neben den BOB- und KOB-Netzwerken existierte noch das auf Initiative des US-Geheimdienstfunktionärs James H. Critchfield gegründete POB (Pullach Operation Base), die innerhalb der Organisation Gehlen beheimatet war. Von Pullach aus wurde das bundesweit agierende ZIPPER-Stay-behind-Netzwerk mit Einheiten in München, Frankfurt, Bremen und Hannover (u. a. mit der Einheit SATURN) geleitet. Das 150 Mann umfassende ZIPPER-Netzwerk wurde lt. Quellen vom US-Geheimdienstfunktionär Richard Helms geführt.[12]

Die ausgebildeten Einheiten legten über die ganze Bundesrepublik Deutschland verteilt geheime Depots mit Waffen, Sprengstoff, Funk- und Morsegeräten sowie Versorgungsgütern an. Zwei noch vollständig erhaltene Depots wurden im Frühjahr 1996 im Berliner Grunewald entdeckt.[13]

1949 war die NATO gegründet worden. 1952 richteten die beteiligten westeuropäischen Nachrichtendienste und die militärische NATO-Führung das Coordinating and Planning Committee (CPC) ein, um ihre Pläne abzustimmen. 1954 gründeten sie zur Koordinierung ihrer Zusammenarbeit das Allied Coordination Center (ACC). Beide Gremien waren nach späterer Aussage der Bundesregierung keine Bestandteile der NATO-Gliederung.

Im September 1952 wurde in der Bundesrepublik Deutschland der Technische Dienst (TD) bekannt, eine Unterorganisation des von Rechtsextremisten dominierten Bundes Deutscher Jugend (BDJ). Der ehemalige SS-Angehörige Hans Otto wollte aus dieser Gruppe aussteigen. Er erklärte der hessischen Kriminalpolizei, er gehöre „einer politischen Widerstandsgruppe an, deren Aufgabe es war, im Fall einer Besetzung der Bundesrepublik durch die Streitkräfte der Warschauer-Pakt-Staaten Sabotageakte durchzuführen und Brücken zu sprengen“. Otto sagte weiter aus, dass etwa 100 Mitglieder der Organisation politisch geschult und in der Bedienung von amerikanischen, sowjetischen und deutschen Waffen und in der Anwendung militärischer Taktik unterwiesen wurden. Die Mitglieder dieser Organisation waren hauptsächlich ehemalige Offiziere der Luftwaffe, des Heeres oder der Waffen-SS. Otto erzählte der Polizei, dass ein amerikanischer Geheimdienstmitarbeiter für das Geld und den größten Teil der Ausbildung und Ausrüstung sorgte. Die Männer seien in der Nähe von Wald-Michelbach, einer Gemeinde im hessischen Odenwald, unterrichtet worden, hätten ein Haus mit einer unterirdischen Schießanlage und einem Bunker ganz in der Nähe, ihnen wurde beigebracht zu töten, ohne Spuren zu hinterlassen.[14][15]

Bei einer Razzia der deutschen Polizei wurde bekannt, dass die USA die Gruppe monatlich mit 50.000 DM finanziert und mit Waffen, Munition und Sprengstoff beliefert hatten. Im Odenwald fand man ein Waffenlager mit Maschinengewehren, Granaten, leichten Artilleriegeschützen und Sprengstoff.[16] Ferner fand man eine Liste mit 40 deutschen Führungspersonen, die als „nicht zuverlässig antikommunistisch“ eingestuft wurden und als Attentatsopfer vorgesehen waren, darunter der damalige SPD-Parteichef Erich Ollenhauer, Herbert Wehner, Heinrich Zinnkann und einige SPD-Oberbürgermeister.[17] Für eine möglichst effiziente Ausführung der Attentate hatte der BDJ-TD Mitglieder in die SPD geschleust.[18]

Mehrere Mitglieder wurden festgenommen. Nachdem die Bundesanwaltschaft den Fall übernommen hatte, entließ Oberbundesanwalt Carlo Wiechmann die Verdächtigten am 1. Oktober 1952 wieder. Die hessische Polizei und das Bundesjustizministerium wurden nicht darüber informiert. Das führte zu erheblichen politischen Irritationen.[15] Der hessische Ministerpräsident Georg-August Zinn (SPD) meinte dazu: „Die einzige rechtliche Erklärung für diese Entlassungen kann für uns nur sein, daß die Leute in Karlsruhe erklärt haben, daß sie im amerikanischen Auftrag tätig waren.“[19] Wer in der Bundesanwaltschaft die Freilassung der Verhafteten veranlasste, konnte nie geklärt werden.[17]

Die USA erklärten am 2. Oktober 1952 erstmals, sie hätten den BDJ-TD aufgebaut und finanziert, diese Aktivitäten jedoch ein halbes Jahr zuvor eingestellt. Von einem Fortbestehen der Organisation habe man nichts gewusst. Zur Untersuchung der Vorgänge wurde eine deutsch-amerikanische Untersuchungskommission gebildet, die im November 1952 wieder eingestellt wurde. Als Ergebnis wurde mitgeteilt, die USA hätten keine Kenntnis von den illegalen Tätigkeiten des BDJ-TD gehabt.[17][20]

Die deutschen Einheiten wie der Geheime Widerstand, Kibitz, Gruppe 27 oder auch der Bund Deutscher Jugend (1953 aufgelöst) unterstanden zunächst der Organisation Gehlen. Erste Gespräche und Planungen zur Einrichtung eines deutschlandweiten „Ausweich- und Fluchtnetzwerkes“ (Evasion and Escape, E&E) zwischen dem amerikanischen Auslandsgeheimdienst CIA und der Organisation Gehlen fanden 1950 statt. Seit 1954/1955 koordinierte das Supreme Headquarters Allied Powers Europe (NATO-Hauptquartier) die Aufgaben der nationalen Geheimdienste der NATO-Staaten. Dies machte der 1990 veröffentlichte „Stay-behind-Bericht“ von Lutz Stavenhagen (damals Staatsminister im Bundeskanzleramt) bekannt.[21][22] 1955 sah die Planung die Unterteilung Westdeutschlands in 13 EE-Bezirke sowie die Schaffung einiger hundert Depots mit Notfallausrüstung vor.[23]

Ab 1956

1956 wurde der Bundesnachrichtendienst (BND) gegründet und übernahm die bis dahin gebildeten westdeutschen Stay-behind-Einheiten.[24] Seit 1959 war der BND reguläres Mitglied der Gremien CPC und ACC. Die von ihm geführten deutschen Stay-Behind-Strukturen waren jedoch laut Bundesregierung kein Teil der NATO, ebenso wenig alle übrigen nationalen Nachrichtendienste der NATO-Mitgliedsstaaten.[25]

1959 umfasste die Organisation etwa 75 hauptamtliche Mitarbeiter und zeitweise bis zu 500 Personen mit nachrichtendienstlichen Verbindungen. Anfangs gab es auch einen Einsatzteil zur Ausbildung von Personen, die im besetzten Gebiet Sabotagehandlungen gegen die Besatzungsmacht durchführen und Widerstandsgruppen führen sollten. Mit der veränderten Sicherheitslage zwischen Ost- und West wurde der Personalbestand seit Anfang der 1970er Jahre schrittweise verringert. 1983 stellte der BND die damaligen Stay-behinds größtenteils ein. Anfang 1986 existierten noch 26 hauptamtliche Mitarbeiter und 104 „nachrichtendienstliche Verbindungen“, die im Rahmen von Stay-behind-Einheiten mit dem BND zusammenarbeiteten. Dabei handelte es sich um Bundesbürger verschiedener Berufsgruppen, die die klassischen Stay-behind-Tätigkeiten wie Nachrichtenbeschaffung und Schleusungsaufgaben im Falle einer feindlichen Besetzung hätten übernehmen sollen.[26]

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR bemerkte die Vorbereitungen des BND unter der Legende Lehr- und Ausbildungsgruppe für das Fernspähwesen der Bundeswehr früh und klärte bis 1980 weit über 50 westdeutsche Einheiten mit deren Funkverbindungen, Waffendepots und Mitgliedern auf.[27]

Laut dem BND-Historiker Bodo Hechelhammer wurde „in Absprache mit den assoziierten Partnern die deutsche Einheit zum dritten Quartal 1991 aufgelöst und die Kontakte zu den nachrichtendienstlichen Verbindungen eingestellt“.[27] Laut der Bundesregierung wurde die SBO zum 30. September 1991 aufgelöst.[28]

Belgien

Nach Bekanntwerden der Existenz der Stay-behind-Organisation Gladio in Italien sollte 1990 eine parlamentarische Untersuchung klären, ob die belgischen „Stay-Behind-Organisationen“ in belgische Terroranschläge verwickelt waren. Die Senatoren fanden keine stichhaltigen Beweise, dass kriminelle Gruppierungen das Stay-Behind-Netzwerk infiltriert hatten.[29] Sie bestätigten im Abschlussbericht, dass es in Belgien während Jahrzehnten zwei Stay-Behind-Netzwerke namens SDRA VIII und STC/Mob gab. Die Abteilung SDRA VIII war eine Untereinheit des militärischen Nachrichtendienstes SGR (Service Général de Renseignement). Ihr Auftrag bestand bis zum Frühling 1990 einerseits aus der Organisation eines Funk-Netzwerkes, das es Agenten im besetzten Belgien ermöglicht hätte, mit der belgischen Regierung im Exil Kontakt aufzunehmen, und andererseits der Errichtung von Evakuierungsrouten, falls es zu einer Besetzung Belgiens gekommen wäre. Der zweite Auftrag wurde im Mai 1990 aufgehoben und die Zahl der eingesetzten Instruktoren halbiert.[30] Der zivile Zweig STC/Mob war innerhalb des zivilen Nachrichtendienstes (Sûreté de l'Etat) eingegliedert und unterstand dem Justizministerium. Dessen Auftrag bestand hauptsächlich aus dem Sammeln von Informationen in einem besetzten Belgien, die für die Exilregierung von Bedeutung gewesen wären. Das Netzwerk wurde 1969/1970 geschaffen und wäre erst im Besetzungsfall mit dem SDR VIII kombiniert worden.[31]

Griechenland

Das Ziel des britischen Premierministers Winston Churchill war es, die kommunistisch angeführte Widerstandsbewegung EAM an der Machtübernahme nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu hindern. Nach der Niederschlagung eines Aufstands von EAM-Anhängern im April 1944 unter den griechischen Streitkräften in Ägypten wurde eine neue und zuverlässige Einheit aufgestellt, die Dritte Griechische Gebirgsbrigade, von der „fast alle Männer von gemäßigt konservativen bis linken Ansichten“ ausgeschlossen waren.[32] Nach der Befreiung im Oktober 1944 kontrollierte die EAM den größten Teil des Landes. Als sie am 3. Dezember 1944 eine Demonstration in Athen veranstaltete, schossen plötzlich Angehörige rechtsgerichteter und pro-royalistischer paramilitärischer Verbände in die Menge. Gedeckt wurden sie dabei von „britischen Truppen und von Polizisten mit Maschinengewehren […], die auf Hausdächern Stellung bezogen hatten“. Dabei wurden 25 Demonstranten getötet, darunter ein sechs Monate alter Junge, und 148 verletzt.[33] Dies war der Ausbruch der Schlacht um Athen (Dekemvriana), die im Weiteren zum Griechischen Bürgerkrieg führte.

Als Griechenland 1952 der NATO beitrat, wurden die LOK (Lochoi Oreinōn Katadromōn, d. h. Gebirgsjägerkompanien) in das europäische Stay-behind-Netzwerk eingegliedert. Die CIA und LOK bekräftigten am 25. März 1955 ihre Zusammenarbeit in einem Geheimdokument, das von General Trascott für die CIA und von Konstantinos Dovas, dem Stabschef des griechischen Militärs unterzeichnet wurde. Außer der Vorbereitung auf einen sowjetischen Einmarsch gab die CIA den LOK auch Anweisungen zur Verhinderung eines linksgerichteten Militärputsches.[34]

Die rund 300 Mann der LOK waren beteiligt an dem Putsch vom 21. April 1967, der die Griechische Militärdiktatur (1967–1974) an die Macht brachte.[35] Andreas Papandreou ging ins Exil, aus dem er 1974 zurückkehrte. 1981 wurde er Premierminister. Seiner eigenen Aussage nach deckte er die Existenz der geheimen Stay-Behind-Truppe auf, die den Codenamen Red Sheepskin (Roter Schafspelz) trug und gab Anweisungen zu ihrer Auflösung.[36] Andreottis Enthüllungen von 1990 zufolge bestätigte der griechische Verteidigungsminister, dass ein Zweig des Netzwerks mit diesem Codenamen bis 1988 in seinem Land aktiv gewesen war.[37] Die sozialistische Opposition forderte eine parlamentarische Untersuchung der Geheimorganisation und ihrer angeblichen Verbindungen zu Terrorismus und dem Militärputsch von 1967. Innenminister Yannis Vassiliadis erklärte, es bestehe kein Bedarf, solche „Phantasien“ zu untersuchen, denn „Sheepskin war einer von 50 NATO-Plänen, die vorsahen, dass dann, wenn ein Land von einem Feind besetzt wird ein organisierter Widerstand bestehen solle. Sheepskin sah geheime Waffenverstecke vor und auch Offiziere, die den Kern eines Guerillakrieges bilden konnten, Mit anderen Worten, es war, national gesehen, ein gerechtfertigter Vorgang.“[38]

Italien

Gladio war der Name einer geheimen, paramilitärischen Stay-behind-Einheit in Italien. Gladio sollte im Fall einer Invasion von Truppen des Warschauer Paktes Guerilla-Operationen und Sabotage gegen die Invasoren durchführen. Im August 1990 bestätigte der italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti auf eine Parlamentsanfrage hin die Existenz von Gladio.[39]

Luxemburg

Nach einem Zeitungsbericht vom 10. November 1990 in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek bestätigte Jacques Santer am 14. November 1990 vor dem Luxemburger Parlament die Existenz einer Stay-behind-Organisation in Luxemburg und verfügte als zuständiges Regierungsmitglied deren umgehende Auflösung. Die Organisation war seit 1959 mit Genehmigung des Premiers Pierre Werner aktiviert worden, ihre Steuerung sei durch den luxemburgischen Geheimdienst Service de Renseignement de l’Etat erfolgt, die Koordination erfolgte über eine Dienststelle der NATO.[40] Am 17. Dezember 1990 informierte Santer den Verfassungsausschuss des Parlamentes darüber, dass die Organisation nie aus mehr als zwölf Personen bestanden habe und lediglich für die Übermittlung nachrichtendienstlicher Informationen sowie die Ein- und Ausschleusung von Personen vorgesehen war. Handwaffen waren seit 1973 eingelagert worden, ein direkter Zugang dazu war nicht vorgesehen. Am 14. Oktober 1990 wurden die noch lebenden Angehörigen der Organisation über die Auflösung informiert und aufgefordert, ihr Funkmaterial abzugeben.[41] Schloss Senningen bei Niederanven war 1986 Ort eines internationalen Stay-behind Treffens.[42]

Spanien

Als Reaktion auf die umfangreichen Bekenntnisse Giulio Andreottis bestritt Adolfo Suárez, Spaniens erster demokratisch gewählter Ministerpräsident nach Francos Tod, jemals von Gladio gehört zu haben.[43] Suárez’ Nachfolger Leopoldo Calvo-Sotelo gab an, dass Spanien nach dem Beitritt zur NATO nicht über Gladio informiert worden wäre. Auch sagte er, dass ein solches Netzwerk im franquistischen Spanien nicht notwendig gewesen wäre, da „das Regime selber Gladio war“.[44]

General Fausto Fortunato, Leiter des italienischen Geheimdienstes SISMI von 1971 bis 1974, äußerte, dass Frankreich und die USA Spaniens Einstieg in die Organisation Gladio befürworteten, Italien aber sein Veto aussprach. Der spanische Verteidigungsminister Narcís Serra ordnete jedoch eine Untersuchung über Spaniens Verhältnis zu Gladio an.[45][46] Darüber hinaus schrieb die Zeitung Canarias 7 unter Berufung auf den früheren Gladio-Agenten Alberto Volo, dass Anfang August 1991 ein Gladio-Treffen auf Gran Canaria stattgefunden hätte.[47] Volo gab ebenfalls an, in den 1960er und 1970er Jahren als Gladio-Agent Trainings in Maspalomas auf Gran Canaria absolviert zu haben.

Österreich

Im besetzten Nachkriegsösterreich wurde im Jahr 1947 zunächst von Gewerkschaftern die Absprache getroffen, eine schlagkräftige Truppe gegen kommunistische Umsturzversuche aufzustellen. Nachdem diese unter der Führung von Franz Olah bei den Oktoberstreiks 1950 eine entscheidende Rolle in der Niederschlagung des Generalstreikes gespielt hatte, wurde sie mit Unterstützung der CIA zu einer paramilitärischen Stay-behind-Organisation ausgebaut, die sich den Tarnnamen Österreichischer Wander-, Sport- und Geselligkeitsverein gab. Spezialeinheiten wurden in der amerikanischen Besatzungszone als Stay-behind ausgebildet und Scheinfirmen sorgten für die finanzielle Abwicklung. Als Franz Olah 1963 Innenminister wurde und international eine Entspannung im Kalten Krieg erkennbar war, wurde diese Organisation schrittweise aufgelöst.

Im Zuge eines innenpolitischen Skandals kamen im Jahr 1969 erstmals Informationen über diese Stay-behind-Organisation an die Öffentlichkeit. Die Besonderheit der österreichischen Organisation war, dass sie sich ausschließlich auf sozialistische Gewerkschafter stützte. Im Jahr 1996 wurden in den USA geheime Dokumente aus der Besatzungszeit veröffentlicht, die zur Auffindung von 85 versteckten Waffendepots in Salzburg, Oberösterreich und der Obersteiermark, führten. Um das Auffinden der Lager zu erschweren, wurde das vergrabene Material mit einer Schicht aus Metallabfall, in der Regel geleerten Konservendosen, abgedeckt. Beinahe alle Waffen und Ausrüstungsgegenstände entsprachen der Standardausrüstung der US-Armee für den Zeitraum 1945–1960. Den markantesten Aspekt der Waffenlager stellten große Mengen an Plastiksprengstoff und Zündmitteln dar.[48]

Schweiz

In der Schweiz bestand bis 1990 eine geheime Widerstandsorganisation. Sie hatte zuletzt den Tarnnamen Projekt 26 (P-26) und bildete Schweizer Bürger (Männer und Frauen) für konspirativen Widerstand aus. Im Falle einer Besatzung sollten sie durch Flugblätter, Verspotten des Feindes und öffentlichkeitswirksame Sabotageakte den Widerstandswillen unter der Bevölkerung aufrechterhalten.[49] Während Funkgeräte und Chiffriertabellen zu Übungszwecken bereits an die Funker der Zellen ausgegeben waren, wurde vor allem das sensitive Material wie Sprengstoff und Feuerwaffen in Militärmagazinen gelagert und sollte nur im Falle einer Invasion der Schweiz ausgegeben werden.[50]

Das Projekt 26 wurde 1990 von der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK-EMD) im Nachgang zur Fichenaffäre untersucht und in der Folge durch den Schweizer Bundesrat angesichts der veränderten Sicherheitslage in Europa nach dem Fall der Berliner Mauer aufgelöst.[51] Da zeitgleich ähnliche Organisationen in anderen europäischen Ländern bekannt wurden und die Frage im Raum stand, ob das Projekt 26 Teil eines europäischen Netzwerkes gewesen sei, beauftragte der Bundesrat den Untersuchungsrichter Pierre Cornu mit entsprechenden Zusatzabklärungen.[52] Cornu machte publik, dass die Schweizer zu Ausbildungszwecken lose mit dem britischen Geheimdienst MI6 und dem britischen Special Air Service kooperierten. Eine weitergehende oder institutionalisierte Zusammenarbeit konnte er nicht feststellen: „Weder die P-26 noch die Vorgängerorganisationen hatten Beziehungen zu den internationalen Komitees oder waren darin vertreten, bzw. war an einer internationalen Widerstandsgemeinschaft beteiligt.“[53]

Der Bericht der Untersuchung Cornu (Cornu-Bericht) wurde 1991 nur in einer gekürzten Fassung veröffentlicht. Da der Originalbericht auch zahlreiche Aussagen über ausländische Nachrichtendienste und ihre Stay-Behind-Vorbereitungen enthielt, so etwa den britischen Nachrichtendienst MI6, den es bis 1993 offiziell gar nicht gab, verzichtete der Bundesrat auf eine vollständige Veröffentlichung.[54] 2018 publizierte der Bundesrat den gesamten Bericht, wobei allerdings die besagten Passagen sowie Namen von Personen weiterhin geschwärzt waren.[55]

Vereinigte Staaten

Unter der Bezeichnung Operation Washtub trieb das FBI zwischen 1951 und 1959 in Alaska den Aufbau eines stay-behind-Netzes voran.[56] Auslöser waren die Befürchtungen, dass der Koreakrieg der Beginn eines neuen Weltkrieges werden könnte, in dessen Verlauf die Sowjetunion Alaska besetzen würde. Das stay-behind-Netz hatte zwei Aufgaben: Primäre Aufgabe war die Rekrutierung und Ausbildung von „Stay-Behind-Agents“, welche den Auftrag hatten, nachrichtendienstliche Informationen aus den besetzten Gebieten an die US-Streitkräfte zu übermitteln. Sekundäre Aufgabe war es, Zivilpersonen zu Agenten auszubilden, welche in der Lage gewesen wären, beispielsweise abgeschossene Militärpiloten aus den besetzten Gebieten auszuschleusen. Diese „evasion and escape“-Vorbereitung wurde mit der CIA koordiniert.

Insgesamt 89 zivile Agenten wurden rekrutiert und für ihren möglichen Einsatz vorbereitet. Zu den Vorbereitungen gehörte das Anlegen von Depots mit Nahrungsmitteln, Winterausrüstung und Funkgeräten. Nachdem Alaska 1959 zu einem vollwertigen Staat der USA geworden war, wurden die Vorbereitungen eingestellt. 2014 gab das FBI entsprechende Unterlagen frei.[57]

Forschung

Die Aufdeckung von Gladio in Italien löste einige Untersuchungen zu den westeuropäischen Stay-Behind-Gruppen aus, zu ihrer Koordination und ihren Aktivitäten bis 1990. Der Schweizer Historiker Daniele Ganser widmete diesem Thema seine 2005 veröffentlichte Dissertation NATO’s Secret Armies, die 2008 unter dem Titel NATO-Geheimarmeen in Europa in deutscher Sprache erschien. Er vertritt darin die These, dass die „Geheimarmeen“ in vielen westeuropäischen Staaten bestimmten NATO-Gremien unterstellt waren, von dort aus gelenkt wurden und an Staatsterrorismus nach Art der italienischen Strategie der Spannung beteiligt gewesen seien.[58]

Andere Wissenschaftler, die zum Thema geforscht haben, haben diese Zentralsteuerungshypothese verworfen. Laut dem Politologen Philip H. J. Davies fehlt Ganser Kenntnis von Geheimdienstarbeit, sodass er Verschwörungen imaginiere, Umfang und Bedeutung verdeckter Operationen übertreibe, ihre Koordination mit nationalen Regierungen missverstehe und ihre Aktivitäten historisch falsch einordne. Schon seine Beschreibung relativ kleiner, auf Sabotage trainierter, mit Waffenlagern ausgestatteter Schläferzellen als „Armeen“ sei unzutreffend. Er behaupte ein konstantes, teils kriminelles Vorgehen von USA und NATO gegen politische Linke. Dazu stelle er Gladio-Aktionen in den 1960er Jahren als Putschversuch der CIA dar, obwohl die Akteure ihm ihre Eigeninitiative versichert hätten. Er beschreibe das Allied Clandestine Committee der NATO als Koordinator jener Verbrechen, ohne die multinationale Arbeitsteilung der Netzwerke zu begreifen. Er betrachte Mitglieder paramilitärischer und nichtmilitärischer Spezialoperationen unterschiedslos als Geheimdienstagenten. Dabei übersehe er jedoch, dass von der CIA ausgerüstete und trainierte Paramilitärs sich historisch oft deren Kontrolle entzogen und dann Verbrechen begingen. Ganser stütze sich nur auf journalistische Quellen und wenig stichhaltige Primärquellen. Akademische Studien von Fachexperten und kritisches Material in Fachmagazinen der US-Dienste berücksichtige er nicht. Die wichtige Geschichte der alliierten Staybehinds müsse daher erst noch genau und gut erzählt werden.[59]

Der dänische Historiker Peer Henrik Hansen[60] sieht Gansers Buch nicht als ernstzunehmende wissenschaftliche Forschung, sondern als journalistische Arbeit mit einem erheblichen Anteil Verschwörungstheorie. Ganser stelle seine methodische Vorgehensweise nicht dar und behandle seine Quellen (vor allem Zeitungsberichte und Publikationen von Politikern) unkritisch. Er behaupte ohne Beweis eine Verschwörung westlicher Staaten und ihrer Geheimdienste, vor allem CIA und MI6, mit den NATO-Geheimarmeen. Die von ihm zitierten Zeugenaussagen belegten dagegen, dass CIA und MI6 in den NATO-Gremien kein Stimmrecht hatten. Ganser führe eine Version des US-Armeehandbuchs 30-31B als Beleg an, die schon vor 1990 als vom KGB gefälscht enttarnt worden sei. Stay-behind-Truppen einiger skandinavischer Staaten seien schon vor der NATO gegründet und national kontrolliert worden. Unbestreitbare Verbrechen einiger Stay-behind-Mitglieder dürften nicht dazu führen, alle als Terroristen zu brandmarken.[61]

Der Historiker Olav Riste kritisierte 2005 und 2014 Gansers Hauptthese, die Stay-behind-Gruppen seien ein von der CIA gelenktes, verschwörerisches Netzwerk in ganz Westeuropa gewesen, das überwiegend von Rechtsextremisten infiltriert gewesen sei und terroristische Akte zur Zerstörung linker Gruppen verübt habe. Zwar erhalte man für das Thema kaum zuverlässige Dokumente. Ganser gebe jedoch keine kritische Übersicht über seine Quellen, versuche nicht, diese einzuordnen und akzeptiere unterschiedslos gedruckte Aussagen als Belege. Er zitiere Quellen falsch, auch Riste selbst, und gebe viele unbelegte Vorwürfe als historische Tatsachen aus. Untersuchungsausschüsse und Historiker in Italien und Belgien hätten Terrorakte von Stay-behind-Gruppen verworfen. Einige Staaten Westeuropas, nicht CIA und MI6, hätten diese Gruppen aus je besonderen nationalen Interessen gebildet. Deren patriotische Mitglieder seien nicht von außen lenkbar gewesen. Die Mitglieder des Atlantic Pact Clandestine Committee (ACC) mussten die Unabhängigkeit der Netzwerke in den Mitgliedsstaaten akzeptieren. Somit sei die These von zentral gelenkten „NATO-Geheimarmeen“ falsch. Nach den verfügbaren Dokumenten hätten die Teilnehmerstaaten des ACC in den 1970er Jahren Sabotage ausgeschlossen, Waffendepots reduziert, aufgelöst oder ihrer eigenen Armee unterstellt und ihre Unabhängigkeit von den NATO-Kommandostrukturen bewahrt.[62]

Für den Historiker Charles G. Cogan gehört Gansers Buch zu jenen journalistischen Schriften, die Stay-behind-Netzwerke ohne solide Beweise mit immer mehr Aktionen verknüpfen. So behaupte Ganser, die CIA habe mit NATO-Geheimarmeen und dem US-Verteidigungsministerium 1961 einen Staatsstreich gegen Charles de Gaulle unterstützt und den Putschführer Maurice Challe ermutigt. Dafür gebe es jedoch keinen Beweis.[63]

Der Historiker Gregor Schöllgen stimmte Ganser darin zu, dass 16 NATO-Staaten vom NATO-Hauptquartier koordinierte Stay-behind-Truppen hatten. Ganser habe sich fast nur auf bekanntes Material stützen können. Zwar sei das aus diesen Quellen Zusammengetragene „in der Gesamtschau bemerkenswert“, aber „nicht selten grotesk überzeichnet“. So seien Verbindungen der Organisation Gehlen und des daraus hervorgegangenen Bundesnachrichtendienstes (BND) in das „rechte Milieu“ unbestreitbar, ob und wie stark der Vorläufer des BND auch an der Staybehind-Truppe „Technischer Dienst“ beteiligt war, sei jedoch bisher unbekannt. Gleichwohl spekuliere Ganser über eine Verwicklung des BND in das Oktoberfestattentat von 1980. Ganser gehe für die frühen 1950er-Jahre von "geheimen deutschen Nazi-Stay-behind-Armeen in Divisionsstärke" aus, während andere für die 1960er Jahre bis zu 600 Mitglieder schätzten.[64]

Für den Historiker Pascal Girard (2008) ist Gansers These, die CIA habe wichtige europäische Ereignisse der Nachkriegszeit ganz oder teilweise verursacht, eine unüberprüfbare Vermutung.[65]

Im Januar 2006 kritisierte das Außenministerium der Vereinigten Staaten, dass Ganser eine gefälschte Version des US-Armeehandbuchs 30-31B als das „vielleicht wichtigste Pentagon-Dokument in Bezug auf Stay-behind-Armeen“ und als Grundlage für deren Aktivitäten darstelle. Jedoch sei diese Version seit 1980 als von sowjetischen Geheimdiensten erstellte und verbreitete Fälschung bekannt gewesen.[66]

Der Schweizer Historiker Titus Meier veröffentlichte 2018 seine Dissertation über die Widerstandsvorbereitungen in der Schweiz während des Kalten Krieges. Er konnte erstmals mit den Akten im Schweizer Bundesarchiv arbeiten und zahlreiche spekulative Äußerungen widerlegen.[67] Er widerlegte unter anderem die These von Ganser, wonach die Schweizer Vorbereitungen Teil eines europäischen Netzwerks gewesen seien. Siegfried Weichlein kritisierte „Meiers Versuch, die Debatte um die 'Geheimarmee' zu entpolitisieren“, als „Scheinversachlichung“: „Eine echte Versachlichung hätte einen Vergleich mit anderen gleichgerichteten Organisationen von Italien bis Schweden und Norwegen erfordert, die in dieser Studie freilich schon im Ansatz unterbleibt.“[68]

Dokumentarfilme

  • „Gladio: Geheimarmeen in Europa“, Dokumentation von Wolfgang Schoen und Frank Gutermuth, Erstausstrahlung 16. Februar 2011, 85 Min.; arte
  • „Stay behind – Die Schattenkrieger der Nato“, Dokumentation von Ulrich Stoll, Erstausstrahlung 25. März 2014, 45 Min., ZDFinfo
  • „Deckname Gladio – Geheime NATO-Truppen im Kalten Krieg“, Dokumentation von Lucio Mollica, Erstausstrahlung 25. November 2015, 44 Min., ZDFinfo
  • „Die Schweizer Geheimarmee P-26“, Dokumentation von Pietro Boschetti und Xavier Nicol, Erstausstrahlung 22. März 2018, 52 Min., SRF; am 26. Februar 2019 auf 3Sat ausgestrahlt: Link zur Mediathek.

Literatur

NS-Zeit
  • Frans Kluiters: R-Netz: The stay-behind network of the Abwehr in the Low Countries. In: Ben De Jong, Wies Platje, Beatrice De Graaf (Hrsg.): Battleground Western Europe: Intelligence Operations in Germany and the Netherlands in the Twentieth Century. Het Spinhuis, 2008, ISBN 978-90-5589-281-5, S. 71–94.
Westeuropa allgemein
  • Leopoldo Nuti, Olav Riste: Introduction – Strategy of "Stay-Behind". In: The Journal of Strategic Studies, Vol. 30, No. 6 (December 2007), S. 929–935.
  • J. Patrice McSherry: The European Stay-Behind Armies. In: Predatory States: Operation Condor and Covert War in Latin America. Rowman & Littlefield Publishers, 2012, ISBN 0-7425-6870-9, S. 38–52.
  • Olav Riste: “Stay Behind”: A Clandestine Cold War Phenomenon. In: Journal of Cold War Studies. Band 16, Nr. 4, Herbst 2014, S. 35–59 (Abstract).
  • Tamir Sinai: Eyes on target: ‘Stay-behind’ forces during the Cold War. In: War in History. Band 28, Nr. 3, Juli 2021, S. 681-700. [2]
Westdeutschland
  • Erich Schmidt-Eenboom, Ulrich Stoll: Die Partisanen der NATO. Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946–1991. Christoph Links, Berlin 2015, ISBN 3-86153-840-7.
  • Agilolf Kesselring. Die Organisation Gehlen und die Neuformierung des Militärs in der Bundesrepublik. Christoph Links, Berlin 2017, ISBN 978-3-86153-967-4 (Rezension).
  • Armin Müller: Wellenkrieg. Agentenfunk und Funkaufklärung des Bundesnachrichtendienstes 1945-1968. Christoph Links, Berlin 2017, ISBN 3-86153-947-0, S. 151–184.
Frankreich
  • Charles Cogan: ‘Stay-Behind’ in France: Much Ado About Nothing? In: The Journal of Strategic Studies. Band 30, Nr. 6 (Dezember 2007), S. 937–954.
Italien
  • Leopoldo Nuti: The Italian ‘Stay-Behind’ Network – The Origins of Operation ‘Gladio’. In: The Journal of Strategic Studies. Band 30, Nr. 6 (Dezember 2007), S. 955–980.
Niederlande
  • Dick Engelen: Lessons Learned: The Dutch ‘Stay-Behind’ Organization 1945–1992. In: The Journal of Strategic Studies. Band 30, Nr. 6 (Dezember 2007), S. 981–996.
Norwegen
  • Olav Riste: With an eye to history: the origin and development of ‘Stay-Behind’ in Norway. In: The Journal of Strategic Studies. Band 30, Nr. 6 (Dezember 2007), S. 997–1024.
Schweiz

Einzelnachweise

  1. a b Leopoldo Nuti, Olav Riste: Introduction to the "Special Section: Preparing for a Soviet Occupation: The Strategy of 'Stay Behind'". In: Journal of Strategic Studies. 30, Nr. 6, Dezember 2007, S. 929–935. doi:10.1080/01402390701676485.
  2. a b c Olav Riste: "Stay Behind": A Clandestine Cold War Phenomenon. In: Journal of Cold War Studies (MIT Press). 16, Nr. 4, Herbst 2014, S. 35–59. doi:10.1162/JCWS_a_00515.
  3. Leopoldo Nuti: Article Review of "Stay Behind": A Clandestine Cold War Phenomenon. H-Diplo Article Reviews, Nr. 551, September 2015.
  4. Kevin C. Duffner: Forging an Intelligence Partnership: CIA and the Origins of the BND, 1949-56. Europe Division National Clandestine Service der CIA, 2006; Erich Schmidt-Eenboom, Ulrich Stoll: Die Partisanen der NATO: Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946–1991. Christoph Links, Berlin 2016, S. 137–157 (Das Stay-behind-Netzwerk der Karlsruher CIA-Station); Dr. Badis Ben Redjeb: The Central Intelligence Agency and the Stay-Behind Networks in West Germany: An Assessment. British Journal of Humanities and Social Sciences 50, Juli 2016, Vol.1, S. 50ff.
  5. CIA-Dokument zu Kibitz; Seite 2 – Punkt e: "twelve two men teams and one singleton team were set up."
  6. Sven Felix Kellerhoff: Westdeutsche Partisanen für den Kalten Krieg. 27. Juli 2019, abgerufen am 28. Juli 2019.
  7. CIA: Declassified Freedom if Information act files: Walter Kopp Vol.2
  8. CIA: Declassified Freedom if Information act files: Walter Kopp Vol.2
  9. Timothy Naftali: New Information on Cold War Stay-Behind Operations in Germany and on the Adolf Eichmann Case (PDF; 704 kB)
  10. Julian Borger: Why Israel’s capture of Eichmann caused panic at the CIA (The Guardian, 8. Juni 2006)
  11. Erich Schmidt-Eenboom, Ulrich Stoll: Die Partisanen der NATO. Christoph Links Verlag, Berlin, 2016, Kapitel Die Kibitz-15-Show: Das Netz des Walter Kopp und Kibitz-15 im Rassenkrieg ff.
  12. Existing and Planned Facilities (englisch, PDF) cia.gov. Abgerufen am 8. November 2019.
  13. Antwort der Bundesregierung zu Gladio vom 3. März 2014
  14. Süddeutsche.de GmbH: Untergrundtruppen in Nato-Staaten – Guerilla von Staats wegen. In: Süddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 14. März 2015.
  15. a b Daniele Ganser: Terrorism in Western Europe: An Approach to NATO’s Secret Stay-Behind Armies. In: The Whitehead Journal of Diplomacy and International Relations 6/Nr. 1, South Orange NJ, 2005, S. 69 ff.
  16. Daniele Ganser: NATO’s Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe: An Approach to NATO’s Secret Stay-Behind Armies. London 2005, S. 195
  17. a b c Heiko Buschke: Deutsche Presse, Rechtsextremismus und nationalsozialistische Vergangenheit in der Ära Adenauer. Campus, 2003, ISBN 3-593-37344-0, S. 210–218
  18. Christopher Simpsons: Der amerikanische Bumerang: NS-Kriegsverbrecher im Sold der USA. Ueberreuter, 1988, ISBN 3-8000-3277-5, S. 180 ff.
  19. Alles für Deutschland. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1952, S. 6–8 (online).
  20. Im Ernstfall froh. In: Der Spiegel. Nr. 49, 1952, S. 6–7 (online).
  21. Outline of stay-behind operation. CIA, 10. November 1950
  22. Das blutige Schwert der CIA. Spiegel, 19. November 1990
  23. Project outline. CIA, 29. November 1955
  24. ZDF-Film „Stay behind“ – Die geheimen Kämpfer. Stuttgarter Zeitung, 24. März 2014
  25. Bericht der Bundesregierung über die Stay-Behind-Orgnisation des Bundesnachrichtendienstes; Punkt 1: Historische Entwicklung. (PDF) Abgerufen am 6. März 2017.
  26. Bericht der Bundesregierung über die Stay-Behind-Orgnisation des Bundesnachrichtendienstes; Punkt 2.2: Entwicklung der Stay-behind-Organisation; Erich Schmidt-Eenboom, Ulrich Stoll: Die Partisanen der NATO, S. 164
  27. a b Manuskript zur ZDF-Sendung Frontal 21: Geheimnisse im Kalten Krieg – Die Schattenkrieger des BND (Memento vom 28. März 2014 im Internet Archive), 3. Dezember 2013
  28. Antwort der Bundesregierung zu Ermittlungen zu Nazi-Hintermännern des Oktoberfest-Attentats. (PDF) 24. November 2014, abgerufen am 29. Februar 2016.
  29. Belgischer Senat (franz./holl.; PDF; 28,29 MB)
  30. Belgischer Senat: Enquête parlementaire sur l'existence en Belgique d'un réseau de renseignements clandestin international. Brüssel 1. Oktober 1991, S. 36.
  31. Belgischer Senat: Enquête parlementaire sur l'existence en Belgique d'un réseau de renseignements clandestin international. Brüssel 1. Oktober 1991, S. 56.
  32. Peter Murtagh: The Rape of Greece. The King, the Colonels, and the Resistance. Simon & Schuster, London 1994, S. 29. Zitiert bei Daniele Ganser: NATO-Geheimarmeen, 2008, S. 213
  33. Ganser (2005), S. 213–214 (sein Zitat)
  34. Philip Agee, Louis Wolf, Dirty Work: The CIA in Western Europe (Secaucus: Lyle Stuart Inc., 1978), S. 154 (Zitiert bei Daniele Ganser (2005) S. 216)
  35. J. Patrice McSherry: Predatory States. Operation Condor and Covert War in Latin America. Rowman and Littlefield, Lanham 2012, S. 39.
  36. NATO's secret network 'also operated in France. The Guardian, 14. November 1990, S. 6
  37. Nato's secret network 'also operated in France' The Guardian, 14. November 1990
  38. Daniel Ganser: NATO Geheimarmeen in Europa Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. 2. Auflage. Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2008, ISBN 978-3-280-06106-0, S. 345.
  39. Giampiero Buonomo, Profili di liceità e di legittimità dell’organizzazione Gladio
    in Questione giustizia, 1991, n. 3
    .
  40. Michel Thiel: Bommeleeër-Affäre: Stay behind: kalter Krieg oder kalter Kaffee? In: Luxemburger Wort. 29. September 2008
  41. Steve Remesch: Bommeleeër-Affäre: Luxemburgs Schattenkämpfer, Der Santer-Bericht zu „Stay behind“ zum Nachlesen. In: Luxemburger Wort. 29. September 2008
  42. L'essentiel: SREL hat mutmaßliche Täter nicht belauscht. In: L'essentiel auf Deutsch. (lessentiel.lu [abgerufen am 17. Dezember 2017]).
  43. Andreu Manresa: Suárez afirma que en su etapa de presidente nunca se habló de la red Gladio. In: ELPAÍS.com. 18. November 1990, abgerufen am 24. Juli 2008 (spanisch).
  44. Calvo Sotelo asegura que España no fue informada, cuando entró en la OTAN, de la existencia de Gladio. In: ELPAÍS.com. 21. November 1990, abgerufen am 24. Juli 2008 (spanisch).
  45. Juan Arias: Italia vetó la entrada de España en Gladio, según un ex jefe del espionaje italiano. In: ELPAÍS.com. 17. November 1990, abgerufen am 24. Juli 2008 (spanisch).
  46. Serra ordena indagar sobre la red Gladio en España. In: ELPAÍS.com. 16. November 1990, abgerufen am 24. Juli 2008 (spanisch).
  47. La 'red Gladio' continúa operando, según el ex agente Alberto Volo. In: ELPAÍS.com. 19. August 1991, abgerufen am 24. Juli 2008 (spanisch).
  48. Walter Blasi, Erwin A. Schmidl, Felix Schneider: B-Gendarmerie, Waffenlager und Nachrichtendienste: der militärische Weg zum Staatsvertrag. Böhlau Verlag Wien, 2005, ISBN 978-3-205-77267-5, S. 156–164 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  49. Lucien Fluri (Solothurner Zeitung, 14. Juli 2012): Ehemalige «Geheimarmee» P-26: Die Geheimhaltung in Fleisch und Blut
  50. Titus J. Meier: Widerstandsvorbereitungen für den Besetzungsfall Die Schweiz im Kalten Krieg. Zürich 2018, ISBN 978-3-03810-332-5, S. 333.
  51. Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission EMD. Abgerufen am 24. Dezember 2016.
  52. Bericht des Bundesrates zur Untersuchung Cornu. Abgerufen am 24. Dezember 2016.
  53. Pierre Cornu: Schlussbericht in der Administrativuntersuchung zur Abklärung der Natur von allfälligen Beziehungen zwischen der Organisation P-26 und analogen Organisationen im Ausland. Kurzfassung für die Öffentlichkeit. 19. September 1991, S. 2.
  54. Titus J. Meier: Widerstandsvorbereitungen für den Besetzungsfall. Die Schweiz im Kalten Krieg. S. 455.
  55. Bundesrat veröffentlicht anonymisierte Version des "Berichts Cornu". Abgerufen am 7. Oktober 2018.
  56. U.S. trained Alaskans as secret "stay-behind-agents". 31. August 2014, abgerufen am 8. März 2017.
  57. Proposed Plan for Intelligence Coverage in Alaska in the Event of an Invasion (Stay-Behind Agent Program). (PDF) Abgerufen am 8. März 2017 (1951-1959).
  58. Daniele Ganser: NATO-Geheimarmeen in Europa: Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung. Orell Füssli, Zürich 2008, ISBN 978-3-280-06106-0.
  59. Philip Davies: Review of Ganser, NATO's Secret Armies. In: Journal of Strategic Studies. 28, Nr. 6, 2005, S. 1064–1068. doi:10.1080/01402390500448524.
  60. Roskilde University: Peer Henrik Hansen (Memento vom 13. Januar 2017 im Internet Archive)
  61. Peer Henrik Hansen: Daniele Ganser. NATO’s Secret Armies: Operation Gladio and Terrorism in Western Europe (Memento vom 26. August 2007 im Internet Archive). In: Journal of Intelligence History. 5, Nr. 1, 2005, doi:10.1080/16161262.2005.10555113, S. 111; siehe auch Peer Henrik Hansen: Falling Flat on the Stay-Behinds. In: International Journal of Intelligence and CounterIntelligence. Band 19, Ausgabe 1, 2006, doi:10.1080/08850600500332656, S. 182–186.
  62. Olav Riste: Review of Ganser, NATO's Secret Armies. In: Intelligence and National Security. 20, Nr. 3, September 2005, S. 550–551. doi:10.1080/02684520500340357; Olav Riste: „Stay Behind“: A Clandestine Cold War Phenomenon. In: MIT/Harvard Press (Hrsg.): Journal of Cold War Studies. 16, Nr. 4, Herbst 2014, S. 35–59. doi:10.1162/JCWS_a_00515
  63. Charles G. Cogan: ‘Stay-Behind’ in France: Much ado about nothing? In: Journal of Strategic Studies. 30, Nr. 6, 2007, S. 937–954. doi:10.1080/01402390701676493.
  64. Gregor Schöllgen: Gladiatoren im Kalten Krieg. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. April 2009, S. 9
  65. Pascal Girard: Conspiracies and visions of conspiracies in France and Italy after the Second World War. In: European Review of History: Revue européenne d'histoire. 15, Nr. 6, 2008, S. 749–765, hier S. 754. doi:10.1080/13507480802500707.
  66. Misinformation about "Gladio/Stay Behind" Networks Resurfaces. United States Department of State, 20. Januar 2006.
  67. Titus J. Meier: Widerstandsvorbereitungen für den Besetzungsfall Die Schweiz im Kalten Krieg. Zürich 2018, ISBN 978-3-03810-332-5.
  68. Siegfried Weichlein: T. J. Meier: Widerstandsvorbereitungen für den Besetzungsfall. 10. April 2019, abgerufen am 13. Mai 2019 (Rezension).