Chelsea Hotel

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Chelsea Hotel
National Register of Historic Places
Das Chelsea Hotel

Das Chelsea Hotel

Chelsea Hotel (New York)
Lage Manhattan, New York City, New York
Koordinaten 40° 44′ 40″ N, 73° 59′ 48″ WKoordinaten: 40° 44′ 40″ N, 73° 59′ 48″ W
Erbaut 1883–1885
Architekt Philip Hubert, Pirrson & Company
Baustil Queen-Anne-Stil, Neugotik
NRHP-Nummer 77000958
Ins NRHP aufgenommen 27. Dezember 1977
Treppenhaus

Das historische Chelsea Hotel in New York City liegt nördlich von Greenwich Village und südlich des Garment District in der 222 West 23rd Street im Künstler- und Einkaufsviertel Chelsea mit zahlreichen Boutiquen, Galerien, Schallplatten- und Buchläden. Bei dem Hotel handelt es sich um ein zwölfstöckiges, 250 Zimmer umfassendes, rot gestrichenes Backsteingebäude. Die unteren sieben Obergeschosse sind über die Breite der Fassade mit schwarz lackierten, mit Blumenornamenten verzierten Balkonen aus Gusseisen ausgestattet. Aufgrund einer großen Zahl bekannter Maler, Schriftsteller, Musiker und Künstler, die zeitweise darin wohnten und arbeiteten, erwarb sich das Haus den Ruf eines legendären „Künstlerhotels“ und zählt zum kulturellen Lokalkolorit von New York.[1][2][3]

Künstlerhotel

Im Chelsea Hotel übernachteten beziehungsweise wohnten zahlreiche Musiker, Schriftsteller und Künstler wie Salvador Dalí, Thomas Wolfe, Arthur Miller, Dylan Thomas, Charles R. Jackson, Nico, Bob Dylan, Jimi Hendrix, Janis Joplin,[4] Catherine Leroy, Falco, Rosa von Praunheim, Valerie Solanas und Leonard Cohen (der dem Hotel mit dem Lied Chelsea Hotel #2 auf dem Album New Skin for the Old Ceremony ein musikalisches Denkmal setzte). Das Chelsea ist vor allem in den 1960er-Jahren durch die New Yorker Underground-Kunstszene (unter anderem Andy Warhol) bekannt geworden, die das Hotel als „Spielwiese“ für ihre Film- und Kunstaktivitäten entdeckt hatten. 1966 drehten Warhol und Paul Morrissey den international erfolgreichen Experimentalfilm The Chelsea Girls in dem Hotel.[5] Mitwirkende waren u. a. Nico, Edie Sedgwick, Gerard Malanga und Marie Menken.[6] Viele Maler haben ihre Hotelrechnungen mit ihren Bildern bezahlt, die teilweise noch heute im Foyer hängen. Patti Smith und ihr Freund Robert Mapplethorpe wohnten mittellos im Chelsea Hotel,[7] als Mapplethorpe wegen seines unsteten Lebenswandels von gesundheitlich schlechter Verfassung war und er von einem im Hotel ansässigen Arzt behandelt wurde.[8] Im Chelsea Hotel lernte Patti Smith den Bob-Dylan-Weggefährten Bob Neuwirth kennen, dem sie ihre Gedichte vorlas und der sie daraufhin ermutigte, daraus Songs zu machen.[9] Als der tschechoslowakische Filmregisseur Miloš Forman wegen des Prager Frühlings gezwungen war, seine Heimat zu verlassen, emigrierte Forman in die Vereinigten Staaten und lebte fast drei Jahre lang im Chelsea Hotel.[10] Für Patti Smith war das Hotel „wie ein Puppenhaus in der Twilight Zone, mit Hunderten von Zimmern, von denen jedes ein eigenes kleines Universum barg.“[11] In die Schlagzeilen kam das Hotel, als im Oktober 1978 mutmaßlich der Punk-Musiker Sid Vicious im Zimmer Nummer 100 seine Freundin Nancy Spungen erstach und im folgenden Februar im selben Zimmer an einer Überdosis verstarb.[12]

Geschichte

Das Chelsea Hotel wurde von dem Schriftsteller und Architekten Philip Hubert gebaut und 1884 zunächst als Appartementkomplex eröffnet.[13] Hubert, ein Schüler des Gesellschaftstheoretikers Charles Fourier, hatte das Haus als erschwingliche Wohnmöglichkeit mit vielen Gemeinschaftsräumen geplant. Im Jahr 1905 erfolgte die Umwandlung in ein Hotel.

1946 wurde das Hotel von drei ungarischstämmigen Geschäftspartnern übernommen: David Bard, Joseph Gross und Julius Krauss.[14] 65 Jahre lang blieb das Hotel im Besitz dieser Familien. David Bards Sohn Stanley fing 1957 an, mit Klempnerarbeiten im Haus auszuhelfen. Als sein Vater 1964 starb, übernahm er dessen Anteile und begann, das Hotel zu managen. In den darauf folgenden vier Jahrzehnten schuf er eine Atmosphäre, die Künstler und Kreative anzog. Sie wohnten als Hotelgäste oder Dauermieter im Chelsea, bezahlten teilweise mit ihren Werken oder beschenkten Bard aus Sympathie damit. Seit 1966 steht das Gebäude unter Denkmalschutz, seit 1977 ist es Kulturdenkmal.[15]

2007 wurde die Familie Bard von der Minderheit der anderen Eigentümer zum Verkauf des Hotels gedrängt, Stanley Bard wurde als Manager abgesetzt. Das Haus wurde mehrmals weiterverkauft, bis es 2011 von BD Hotels übernommen wurde.[16] Die neuen Eigentümer begannen sofort mit Renovierungsarbeiten, die ein Jahr dauern sollten, aber bis heute (Stand Ende 2019) nicht abgeschlossen sind. Drei Viertel des Hauses stehen mittlerweile leer, das restliche Viertel wird immer noch von Dauermietern bewohnt, die sich ein Bleiberecht erstritten haben.[17] Künstler wie Ethan Hawke, der für den Film Chelsea Walls im Hotel gedreht hatte, setzten sich für den Erhalt des Hotels im alten Stil ein.[18]

Rezeption

Literatur

  • Ed Hamilton: Legends of the Chelsea Hotel: Living with Artists and Outlaws in New York’s Rebel Mecca. Da Capo Press 2007, ISBN 978-1-56858-379-2
  • Tina and Bengt-Erik Larsson: Hotel Chelsea a legend in sex, drugs and rock'n'roll (Kindle-Edition auf amazon.com).
  • Colin Miller, Ray Mock: Hotel Chelsea. Living in the Last Bohemian Heaven, New York (The Monacelli Press) 2019, ISBN 978-1-58093-525-8
  • Frank Nicolaus: Chelsea. Sein Ruf ist legendär: Seit der Jahrhundertwende gilt das New Yorker Hotel Chelsea als Flucht- und Trutzburg der Boheme, die gern etwas Patina in Kauf nimmt, wenn nur die Atmosphäre stimmt. In: Wolf Uecker (Hrsg.): art. Das Kunstmagazin. Gruner + Jahr, Mai 1984, ISSN 0173-2781, S. 66–71.
  • Nathaniel Rich: Where The Walls Still Talk – An Oral History of the Chelsea Hotel. In: Vanity Fair, Oktober 2013; auch (online).
  • Nicolaia Rips: Alles außer gewöhnlich: Aufwachsen im Chelsea Hotel, München (Nagel & Kimche) 2017, ISBN 978-3-312-01018-9
  • Sherill Tippins: Inside the Dream Palace: The Life and Times of New York's Legendary Chelsea Hotel, London (Simon & Schuster) 2013, ISBN 978-1-41652-754-1

Weblinks

Commons: Hotel Chelsea – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Guide to New York City Landmarks. Wiley 2008, ISBN 978-0-470-28963-1, S. 70 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  2. Nico Cramer: Chelsea Hotel in New York. Ein Hort legendär schlechten Benehmens auf der Website des Reisemagazins Merian
  3. David Smith: Chelsea’s bohemians rage in fight to save New York landmark’s soul in The Observer vom 30. November 2008
  4. Zum 75. Geburtstag: Die Rock-Legende Patti Smith inspiriert, beeinflusst und wirkt bis heute. Radio-Reportage über Punk-Rock-Poetin Patti Smith, eine Zeitgenossin von Janis Joplin, in der BR2-Sendung Zündfunk extra, Moderation: Michael Bartle, 29. Dezember 2021, 55 Min. Eine Produktion von Bayern 2
  5. ‘Chelsea Girls’, Andy Warhol, 1967. In: Tate Gallery. Abgerufen am 1. März 2020 (britisches Englisch).
  6. Chelsea Girls. In: IMDb. Abgerufen am 1. März 2020 (englisch).
  7. Patti Smith: Poesie und Punk Dokumentarfilm (54 Min.), 2021. Regie: Anne Cutaia und Sophie Peyrard. Produzent: Virginia Subramaniyam. Eine Produktion von Arte France mit Les Poissants Volants, Sbam Media und Fondation Cartier Pour L'Art Contemporain
  8. Zum 75. Geburtstag: Die Rock-Legende Patti Smith inspiriert, beeinflusst und wirkt bis heute. Radio-Reportage über Punk-Rock-Poetin Patti Smith in der BR2-Sendung Zündfunk extra, Moderation: Michael Bartle, 29. Dezember 2021, 55 Min. Eine Produktion von Bayern 2
  9. Zum 75. Geburtstag: Die Rock-Legende Patti Smith inspiriert, beeinflusst und wirkt bis heute. Radio-Reportage über Punk-Rock-Poetin Patti Smith in der BR2-Sendung Zündfunk extra, Moderation: Michael Bartle, 29. Dezember 2021, 55 Min. Eine Produktion von Bayern 2
  10. Dokumentarfilm Milos Forman – Ein freies Leben. Regie: Helena Třeštíková und Jakub Hejna, 55 Minuten, 2019, Tschechoslowakei/Frankreich, basierend auf der Autobiographie Rückblende – Erinnerungen von Milos Forman mit Co-Autor Jan Novak, produziert von Arte, Alegria Productions und Negativ s.r.o.
  11. Patti Smith: Just Kids. Die Geschichte einer Freundschaft. Fischer TB, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-596-18885-7, S. 111–246.
  12. Jan Chaberny: Chelsea Hotel – Sex, Drogenromane, Rock ‘n’ Roll. Artikel vom 8. Dezember 2010 auf spiegel.de.
  13. Stanley Turkel: Built to Last: 100+ Year-Old Hotels in New York. AuthorHouse Publishing, 2011, ISBN 978-1-4634-4342-9, S. 93.
  14. Karin Ceballos Betancur: Ende einer Zuflucht. In: Die Zeit. 18. August 2011, abgerufen am 1. März 2020.
  15. Hotel Chelsea work drags on, as long-term tenants hold on. In: The Villager. 19. Juli 2019, abgerufen am 1. März 2020 (englisch).
  16. Jen Carlson: Inside The Iconic Hotel Chelsea, As It Enters Year Eight Of Construction Hell & Tenants File Lawsuit. In: The Gothamist. New York Public Radio, 24. Januar 2019, abgerufen am 1. März 2020 (englisch).
  17. Juliane Liebert: Chelsea Hotel in New York – Geisterbahn. In: Süddeutsche Zeitung. 29. November 2019, abgerufen am 1. März 2020.
  18. Historic Chelsea Hotel Closes to Guests. NYTimes.com, 31. Juli 2011, abgerufen am 12. Juni 2012 (englisch).
  19. Dee Dee Ramone: Chelsea Horror Hotel (englisch). Thunder’s Mouth Press 2001, ISBN 1-56025-304-5; auf Deutsch bei Milena Verlag 2012, ISBN 3-85286-224-8
  20. „Arena“ Chelsea Hotel (TV Episode 1981). In: IMDb. Abgerufen am 9. Januar 2021 (englisch).
  21. Bob Morris: Out and Proud, But Hardly Pectorally Correct (Published 2001). In: The New York Times. 24. Juni 2001, ISSN 0362-4331 (nytimes.com).
  22. Christine Metzger: New York. ADAC Verlag 2010, ISBN 978-3-89905-247-3, S. 70 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  23. Terrence Diggory: Encyclopedia of the New York School poets. Infobase Publishing 2009, ISBN 978-0-8160-5743-6, S. 94–95 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  24. Das Chelsea Hotel auf der Website der Tageszeitung Der Standard am 19. Juli 2007
  25. Petra Bail: Das Universum im Puppenhaus. Zufluchtsort von Beat-Generationen und Underground: "Chelsea Hotel" hatte mit viel Rock'n'Roll am Stuttgarter Staatsschauspiel Premiere. In: Cannstatter Zeitung. 26. September 2016, S. 20.