Anschaffungskosten

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Anschaffungskosten sind in der Rechnungslegung ein ursprünglicher Bewertungsmaßstab für erworbene Vermögensgegenstände oder Wirtschaftsgüter und gelten als Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Kalkulatorische Kosten sind nicht Teil der Anschaffungskosten.

Allgemeines

In Deutschland und Österreich wird zwischen Anschaffungskosten und Herstellungskosten unterschieden. Herstellungskosten sind ein Bewertungsmaßstab für hergestellte Vermögensgegenstände, Anschaffungskosten ein Bewertungsmaßstab für erworbene materielle oder immaterielle Gegenstände. Die Unterscheidung hat Auswirkungen auf die Bewertung eines Vermögensgegenstandes. Die International Financial Reporting Standards (IFRS) und die US-amerikanischen United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP) kennen nur einen Bewertungsmaßstab, „Anschaffungs- oder Herstellungskosten“ oder „Historical Cost“ genannt, der beide Bewertungsmaßstäbe vereint (vgl. IAS 2).

Maßstab für die Erstbewertung

Nach deutschem Handelsgesetzbuch (HGB) und österreichischem Unternehmensgesetzbuch (UGB) sind die Anschaffungskosten der Bewertungsmaßstab für die Erstbewertung von erworbenen Vermögensgegenständen. Aufgrund des in § 253 Abs. 1 HGB bzw. § 203 UGB verankerten Anschaffungswertprinzips sind die (fortgeführten) Anschaffungskosten der höchste Wert, mit dem ein Vermögensgegenstand in der Folgezeit bewertet werden darf. Bei abnutzbaren Vermögensgegenständen des Anlagevermögens dienen die Anschaffungskosten der Bemessung der planmäßigen Abschreibungen. Die um planmäßige Abschreibungen verminderten Anschaffungskosten werden auch fortgeführte Anschaffungskosten genannt. Im deutschen Bilanzrecht gibt es zwei Ausnahmen von diesen Grundsätzen. Vermögensgegenstände, die ausschließlich der Erfüllung von Altersversorgungsverpflichtungen dienen und dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind, sind gemäß § 253 Absatz 1 Satz 4 HGB mit dem Zeitwert anzusetzen. Dies gilt gemäß § 340e HGB auch für bestimmte Finanzinstrumente in der Bilanz von Kreditinstituten.

Nach den IFRS und den US-GAAP sind die Anschaffungskosten der Bewertungsmaßstab für die Erstbewertung zahlreicher Typen von erworbenen Vermögenswerten. So sind zum Beispiel erworbene Vorräte zunächst mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Andere Typen von Vermögenswerten, so beispielsweise bestimmte Finanzinstrumente sind mit dem Fair Value zu bewerten. Das Anschaffungswertprinzip gilt in diesen Rechnungslegungssystemen für bestimmte Typen von Vermögensgegenständen, wie etwa für Vorräte und bei den US-GAAP für das Anlagevermögen.

In Deutschland sind aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips der Handelsbilanz für die Steuerbilanz die Anschaffungskosten auch in der Steuerbilanz der Bewertungsmaßstab für die Erstbewertung von erworbenen Vermögensgegenständen. Auch hier gilt das Anschaffungswertprinzip analog zum deutschen Handelsrecht. Über die Steuerbilanz hinaus sind die Anschaffungskosten ein Bewertungsmaßstab in weiteren Bereichen des deutschen Steuerrechts.

Umfang der Anschaffungskosten

Nach deutschem und österreichischem Bilanzrecht setzen sich die Anschaffungskosten wie folgt zusammen:

   Anschaffungspreis
   - Anschaffungspreisminderungen
   + zurechenbare Anschaffungsnebenkosten
   + nachträgliche Anschaffungskosten
   = Anschaffungskosten

Der Anschaffungspreis ist der Preis, der für den Erwerb des Vermögensgegenstandes bezahlt wird. Er ergibt sich meistens aus Rechnungen oder Kaufverträgen. Wird ein Vermögensgegenstand in fremder Währung bezahlt, so ist der Fremdwährungsbetrag mit dem Wechselkurs umzurechnen, der zum Zeitpunkt des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums gilt. Ändert sich der Wechselkurs bis zum Zeitpunkt der Bezahlung, so haben die Änderungen keine Auswirkungen auf die Anschaffungskosten. Liegt ein Gesamtkaufpreis für mehrere Vermögensgegenstände vor, so ist dieser bei Anwendung des Grundsatzes der Einzelbewertung auf die einzelnen Vermögensgegenstände aufzuteilen. Neben anderen Verteilungsschlüsseln kann der Kaufpreis nach dem Verhältnis der Zeitwerte der Vermögensgegenstände aufgeteilt werden.

Die Umsatzsteuer ist nur Teil der Anschaffungskosten, soweit der Erwerber sie nicht als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommt (§ 9b Abs. 1 EStG). Skonti, Rabatte und Boni mindern die Anschaffungskosten.[1] Im deutschen Bilanzrecht gibt es ein Wahlrecht, die Anschaffungskosten um nicht rückzahlbare Zuschüsse von Dritten zu mindern, wenn diese unmittelbar für die Anschaffung des Vermögensgegenstandes gewährt werden.

Anschaffungsnebenkosten sind Aufwendungen, die zusätzlich zum Anschaffungspreis aufgewendet werden, um den Vermögensgegenstand zu erwerben, ihn an seinen Einsatzort zu verbringen und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Hierzu gehören zum Beispiel Gebühren für die Eintragung ins Grundbuch, Notarkosten, Provisionen, Vermessungskosten eines Grundstücks, Grunderwerbsteuer und sonstige nicht erstattungsfähige Verkehrsteuern, Transport- und Frachtkosten, Verpackungskosten, Transportversicherungsbeiträge und Zölle. Kosten für die Errichtung eines Fundaments, für die Montage und für den Anschluss an das Gas-, Strom- und Wassernetz sind ebenfalls Anschaffungsnebenkosten. Weitere Nebenkosten sind Betriebsgenehmigungen und Kosten für Probeläufe. Kanalbaubeiträge, Erschließungs-, Straßenanlieger- und andere auf das Grundstückseigentum bezogene kommunale Beiträge sind Anschaffungsnebenkosten eines Grundstücks. Damit die Anschaffungsnebenkosten aktiviert werden können, müssen sie nach deutschem und österreichischem Bilanzrecht dem Vermögensgegenstand direkt zurechenbar sein. Damit zählen zum Beispiel Verwaltungsgemeinkosten nicht zu den Anschaffungskosten.

Nach der Wertopfertheorie können unter bestimmten Umständen auch die Kosten für den notwendigen Abbruch eines vorhandenen Gebäudes Teil der Anschaffungskosten eines Grundstückes oder Gebäudes sein.

Kosten der Kaufpreisfinanzierung sind nicht Teil der Anschaffungskosten, es sei denn, sie dienen unmittelbar der Finanzierung des Herstellungsprozesses des Lieferanten.

Nachträgliche Anschaffungskosten sind Aufwendungen, die nach der Inbetriebnahme des Vermögensgegenstandes aufgewendet werden. Anschaffungsnahe Instandhaltungsaufwendungen bei Gebäuden stellen im deutschen Steuerrecht regelmäßig Anschaffungskosten dar. Reparatur- und Instandhaltungsaufwendungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten.

Bestandteile nach IFRS und US-GAAP

Nach IFRS und US-GAAP können auch künftige Abbruch- und Entsorgungskosten Teil der Anschaffungskosten eines Vermögenswertes sein, wenn sie auf einer gegenwärtigen Verpflichtung des Erwerbers beruhen und die Verpflichtung sich nicht als Konsequenz der Nutzung des Anlagevermögens zur Vorratsproduktion ergibt. In Zeitpunkt der Aktivierung ist in Höhe der aktivierten Verpflichtung eine Verbindlichkeit zu passivieren. Finanzierungskosten sind nach IFRS und US-GAAP Teil der Anschaffungskosten, wenn sie direkt dem Erwerb eines Vermögenswertes dienen, bei dem es einen beachtlichen Zeitraum braucht, um ihn in seinen beabsichtigten, gebrauchsfähigen Zustand zu versetzen.

Hotel- und Immobilienwesen

Im Hotel- und Immobiliensektor bezeichnet man den Erwerb einer Immobilie auch als Gestehungskosten. Diese Anschaffungskosten im weiteren Sinne lösen sich von der Kaufvorstellung und umfassen den Entstehungswert der Bilanzbestände, was im Schrifttum auch als Gestehungs- oder Beschaffungskosten bezeichnet wird.[2][3]

Literatur

  • Adolf G. Coenenberg, u. a.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse: Betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche, steuerrechtliche und internationale Grundlagen; HGB, IAS/IFRS, US-GAAP, DRS. 22. Auflage. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7910-3182-8.
  • Michael Griga, Raymund Krauleidis: Bilanzen erstellen und lesen für Dummies, 2. Auflage, Wiley-VCH Verlag 2010, ISBN 978-3527705986
  • Gerhard Scherrer: Rechnungslegung nach neuem HGB, 3. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München 2011, ISBN 978-3800637874
  • Harald Wedell, Achim A. Dilling: Grundlagen des Rechnungswesens: Buchführung und Jahresabschluss. Kosten- und Leistungsrechnung, 13. Auflage, NWB-Verlag 2010, ISBN 978-3482547836

Einzelnachweise

  1. Adolf Coenenberg, u. a.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 21. Auflage, 2009, S. 95
  2. Johann Dahl: Die Aktivierung der Sachanlagegüter in Handels- und Steuerbilanz. 2013, S. 47
  3. Willy Baier: Bemerkungen zum Begriff der steuerlichen Gestehungskosten. In: Deutsche Steuer-Zeitung 1941, S. 149