Atomwaffen Division
Als Atomwaffen Division (deutsch und englisch; abgekürzt AWD) bezeichnet sich eine rechtsterroristische Gruppe, die erstmals im Oktober 2015 in Florida öffentlich hervortrat und sich seitdem in den USA und anderen Staaten verbreitet. Sie gilt als eine der gefährlichsten Neonazi-Gruppen der Gegenwart.
Ihr Logo ist ein schwarzes Wappen mit dem Strahlenwarnzeichen. Ihre rechtsextreme Ideologie orientiert sich am Nationalsozialismus und propagiert Antisemitismus, White Supremacy, Hass auf Minderheiten und maßlose Gewalt, um einen weltweiten apokalyptischen „Rassenkrieg“ herbeizuführen. Sie verherrlicht rechtsextreme und islamistische Massenmörder als Vorbilder.
Die Mitgliederzahl in den USA wurde für 2019 auf 80 bis 100 Personen, die Zahl der Bewerber auf mehr als 100 geschätzt. Sie organisieren sich gemäß dem Aktionskonzept Führerloser Widerstand in voneinander unabhängigen Zellen und bilden ihre Anhänger an Maschinengewehren und im Bombenbau aus. Drei Mitglieder töteten seit 2017 insgesamt fünf Menschen.
Seit 2017 wirbt die Gruppe international um aktive Mitglieder. Ähnliche Gruppen entstanden in Australien (Antipodean Resistance), Kanada (Northern Order), Großbritannien (Sonnenkrieg Division), Osteuropa (Feuerkrieg Division) und Skandinavien (Nordische Widerstandsbewegung). Seit Juni 2018 existiert auch eine Atomwaffendivision Deutschland (AWDD), der Experten 24 bis 36 Mitglieder zurechnen. Seit Herbst 2018 drohen mutmaßliche Mitglieder dieser Gruppe deutschen Juden und Muslimen, seit November 2019 auch einigen deutschen Politikern ihre Ermordung an.
Nach der Festnahme einiger Mitglieder verkündete die AWD in den USA im März 2020 ihre Auflösung. Die AWDD betonte dagegen, sie bestehe fort und wachse. Zudem gründete sich ab Januar 2021 eine etwa 25-köpfige Gruppe namens Atomwaffen Division Europe (AWDE). In den USA bildete sich die Nachfolgegruppe National Socialist Order, die im April 2021 bekannt wurde.
Entstehung
Der Iron March
Laut Recherchen des Southern Poverty Law Center (SPLC) ging die AWD aus dem Neonaziforum Iron March hervor, das von 2011 bis zu seinem Verbot im Herbst 2017 bestand. Sein Motto lautete: “Gas The Kikes! Race War Now! 1488! Boots on the ground!” („Vergast die Juden! Rassenkrieg jetzt! 1488! Stiefel auf den Boden!“). Der rechtsextreme Zahlencode 1488 steht für die „vierzehn Worte“ von David Eden Lane und den Hitlergruß.[1] Zudem zeigte das Wappen der Webseite rechtsextreme Symbole und Zeichen, darunter die Schwarze Sonne und eine Totenkopfmaske mit dem Hakenkreuz. Diese sei „das Gesicht des Faschismus des 21. Jahrhunderts, die Abwehr von Individualismus und Egoismus – wir folgen und dienen der Wahrheit“.[2] Die Abkürzung GTKRWN für das Motto war der Zugangscode für Benutzer des Forums.
Auf dem Iron March wurde wie beim The Daily Stormer Judenhass und ein Krieg für eine globale, gewaltsame Revolution der „weißen Rasse“ propagiert. Die Teilnehmer debattierten Texte des historischen Faschismus von Corneliu Zelea Codreanu, Benito Mussolini, José Antonio Primo de Rivera und anderen, informierten einander über faschistische Buchläden, Blogs und Quellen und versuchten, eine entsprechende Bewegung aufzubauen. Dazu nutzten sie psychologische Kriegsführung, identifizierten Feinde und deren Sprache, um deren Einfluss auszuschalten.[3]
Die mehr als 1600 angemeldeten Benutzer waren meist junge weiße Männer, die zu einer wachsenden White-Supremacy-Bewegung in westlichen Staaten gehören und sich gegenseitig radikalisierten. Sie sehen sich in einem internationalen faschistischen Kampf um die Vorherrschaft der „weißen Rasse“ vereint. Nach rund 150.000 von SPLC untersuchten Posts hat Faschismus für sie Merkmale einer Religion. Ausgewählte Benutzer verfassten Beiträge zum Foren-eigenen Magazin Rope Culture, schufen Memes, die zum Völkermord an Juden und Nichtweißen aufriefen, und schleusten diese später auf Twitter und Facebook ein. Andere stachelten einander zu direkten Straftaten an, begrüßten rechtsextreme Terroranschläge und empfahlen sie zur Nachahmung. Der Iron March unterstützte mindestens zehn Neonazigruppen, die Terrorgewalt für eine Welt der „weißen Rasse“ bejahen und zum Teil aus dem Forum entstanden:
- Antipodean Resistance in Australien,
- „Goldene Morgenröte“ in Griechenland,
- National Action (NA) in Großbritannien,
- CasaPound Italia in Italien,
- Skydas in Litauen,
- Serbische Aktion in Serbien,
- Nordic Resistance Movement (NRM) in Skandinavien,
- Regiment Asow in der Ukraine,
- Vanguard America in den USA, dessen Mitglied James Fields beim Unite-the-Right-Aufmarsch in Charlottesville 2017 die Antifaschistin Heather Heyer ermordete,
- die Atomwaffen Division.[4]
Im Dezember 2017 wurde der Iron March vom Netz genommen. Am 6. November 2019 veröffentlichte ein Unbekannter unter dem Namen antifa-data die gesamte Datenbasis des Forums mit den Benutzernamen, Logins, E-Mail-Adressen, IP-Adressen, allen öffentlichen Beiträgen sowie Privatnachrichten sämtlicher früherer Nutzer. Das Recherchenetz Bellingcat stellte die Daten zur Verfügung und erläuterte, wie sie für Recherchen nutzbar sind. Damit konnten frühere Recherchen von Bürgerrechtsgruppen erhärtet und viele seit 2011 aktive Neonazis weltweit enttarnt werden, darunter viele AWD-Mitglieder.[5]
Gründung der AWD
Brandon Clint Russell (Nutzername „Odin“) tauchte ab dem 22. März 2014 als 19-Jähriger im Iron March auf: Er wolle sein Wissen erweitern und lese derzeit das Buch For My Legionaries von Corneliu Zelea Codreanu, dessen Anhänger rituell Blut tranken.[4] Auf geposteten Fotografien posierte er mit einem Gewehr und trug ein T-shirt mit dem Aufdruck Natural Born Killers und einem Reichsadler. Er pries den Amoklauf an der Columbine High School, den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik und Adolf Hitler. Zudem interessierte er sich für Kernwaffen, studierte einige Semester Kernphysik an der University of South Florida und postete Anleitungen zum improvisierten Bau von Kernreaktoren.[6]
Am 18. März 2015 trat sein 16-jähriger Mitbewohner Devon Arthurs (“TheWeissewolfe”) dem Iron March bei, am 28. März 2016 der 17-jährige Andrew Oneschuk (“Borovikov”). Sein Nutzername bezog sich auf den russischen Neonazi Dmitry Borovikov, der Migranten und eine Antifaschistin ermordet hatte. Oneschuk nannte Interesse an rechtsextremer Politik, Nationalismus und Kontaktsuche zu einer Gruppe wie der National Action als Grund seines Beitritts. Er sei der wiedergeborene Breivik. Diese AWD-Gründer diskutierten aktuelle Ereignisse im Iron March stets unter dem Aspekt, ob sie den angestrebten Zusammenbruch der Staatsordnung beschleunigen könnten.[4]
Russells Bitte vom Juni 2015 im Iron March, ihm ein GIF mit dem Satz Atomwaffen intensifies zu erstellen, verwies erstmals auf die neue Gruppe. Sie bestand anfangs nur aus vier oder fünf Teenagern, die privat Werbematerial für AWD testeten. Im Juli 2015 stellte Russell seine Gruppe als Militia namens „die Atomwaffen Division“ vor. Im September 2015 teilte Arthurs einem Bewerber mit, AWD habe mit ihm etwa 16 Mitglieder, vorwiegend in Florida.[7] Am 12. Oktober 2015 gab Russell Gründung, Namen und Ziele der AWD im Iron March bekannt. Sie habe mehr als 40 Mitglieder und sei mindestens drei Jahre lang entstanden. Sie sei eine fanatische Kameradschaft, die Aktivismus und militantes Training an Waffen und anderem verbinde, auch mit ungewöhnlichen Methoden Bewusstheit verbreite und von ihren Mitgliedern ernsthafte Hingabe an die Gruppe und an das Ziel eines kompromisslosen Endsiegs verlange. Geeignet seien nur jene, die bereit seien, an alle Orte in der Welt zu gehen und dort physisch zusammenzuarbeiten. „Tastenkrieger“ am PC seien ungeeignet, obwohl die Gruppe unauffällig auch viel Hacken betreibe.[8]
Einige AWD-Mitglieder begrüßten auf dem Iron March Donald Trumps Kandidatur zur US-Präsidentenwahl 2016, meist aber nur, weil sie ihn als hilfreich dafür ansahen, die Weltpolitik rascher ins Chaos zu stürzen. Während der frühere Ku-Klux-Klan-Führer David Duke Trump als „große weiße Hoffnung“ verehrte, betrachtete Brandon Russell Trump als „Schwuchtel“ mit einer „projüdischen“ Weltsicht, der seinen Anhängern bloß Phrasen zurufe und ihre Liebe zum „System“ anheize.[4] Laut Experten entstand AWD im Kontext der erheblichen Zunahme und Radikalisierung rechtsextremer Gruppen vor und seit Trumps Wahlsieg 2016. Diese Gruppen sähen Terrorgewalt als legitime und einzige Lösung für ihre Klagen an, knüpften an eine ununterbrochene Tradition des Rechtsterrorismus in den USA an, radikalisierten sich außerhalb fester Organisationsstrukturen und bezögen ihre Ideologie und Inspiration aus dem Internet.[9]
Ideologie
Verhältnis zur Alt-Right
Wie andere Neonazigruppen der USA
- verehrt AWD Adolf Hitler,
- propagiert seinen Antisemitismus,
- vertritt Verschwörungstheorien vom Zionist Occupied Government, wonach ein Weltjudentum angeblich einen Völkermord an der „weißen Rasse“ und deren Austausch durch Einwanderer und Schwarze plane,
- folgt David Eden Lanes „vierzehn Worten“, die Existenz ihres Volkes und Zukunft für weiße Kinder zu sichern,
- glaubt an einen kommenden „heiligen Rassenkrieg“,
- verehrt die fiktiven Turner Diaries, deren Held die Regierung stürzt und einen solchen Rassenkrieg auslöst,
- bejaht individuelle Terrorgewalt außerhalb formaler Hierarchien nach dem Konzept des führerlosen Widerstands von Louis Beam.[10]
AWD ging aus der Alt-Right-Bewegung hervor und vertritt wie diese die Ideologie der weißen Überlegenheit (“white supremacy”), jedoch mit der extremen Variante des Akzelerationismus, wonach die westlichen Regierungen unrettbar korrupt, Wahlen und Massenpolitik daher sinnlos seien. Weiße könnten den Kollaps des „Systems“ nur durch das Säen von Chaos und Spannung beschleunigen, am besten durch Terrorgewalt mit Schusswaffen gegen nichtweiße Minderheiten und Juden. Seit dem “Unite-the-Right”-Aufmarsch in Charlottesville 2017 fand der Akzelerationismus wachsende Zustimmung bei Neonazis, die die Alt-Right-Vertreter als erfolglose Feiglinge verachten. Er tauchte 2019 auch im Manifest des australischen Massenmörders Brenton Tarrant auf. Er geht auf die nach 1990 entworfene Theorie der Neoreaktion von Nick Land zurück, die Donald Trumps Berater Stephen Bannon und die Alt-Right beeinflusste.[11]
James Masons “Siege”
AWD bezieht sich auf den rechtsextremen Autor James Mason und sein Werk “Siege” („Belagerung“) von 1992.[12] Das Buch war seit 2011 auf dem Iron March bekannt und wurde ab 2015 immer öfter als Antwort auf aktuelle Probleme empfohlen. Forenteilnehmer etablierten das Meme “Read Siege” und schufen damit einen Trend in der “White-supremacy”-Bewegung.[4] AWD-Führungsmitglieder spürten Mason 2017 auf und boten ihm an, seine Ideen über ihre Webseite “Siege Culture” zu verbreiten.
“Siege” ist eine Sammlung von Briefen zwischen James Mason und dem inhaftierten Massenmörder Charles Manson. Darin pries Mason Mansons „Helter Skelter“ genannte Terrormorde als Methode, Regierungsbehörden zu überfordern und einen Aufstand der Weißen herbeizuführen. Die Sammlung enthält Holocaustleugnung und Hass gegen Juden und Homosexuelle, ruft zur Bildung dezentraler Terrorzellen und zum bewaffneten Kampf gegen das „System“ auf[13] und propagiert eine von einer „weißen Rasse“ dominierte, von Antifeminismus, Antisemitismus und Rassismus geprägte “Universal Order”. Mason verherrlicht Mansons Morde und fordert führerlose bewaffnete Terrorzellen als Mittel zum Sturz der Regierung und Beschleunigen der angestrebten Revolution der Weißen. Dies begründet er mit einer angeblichen Kontrolle von Juden über die ganze amerikanische Kultur. Er wolle dieses System nicht verletzen, sondern töten.
Ab 2017 übernahm die Webseite “Siege Culture” große Teile der verbotenen Webseite Iron March und wurde so zur AWD-Plattform. AWD sandte dem inhaftierten Charles Manson gewaltverherrlichende Briefe ins Gefängnis. Er soll das AWD-Logo entworfen haben. Nachdem Russell im Mai 2017 inhaftiert und Manson im November 2017 gestorben war, erhielt Masons Ideologie verstärkt Einfluss auf die AWD. Fetischisierte Terrorgewalt wurde zum Kern der AWD-Lehre. Im Oktober 2017 eröffnete AWD auf Cloudflare die Webseite “Siege-Culture (S-C)”. Auf der Unterseite “Worldview” beschrieb Russels Nachfolger John Cameron Denton ein damaliges Treffen mit James Mason: AWD habe ihm geholfen, sein Werk “Siege” online zu publizieren, und sich dann für eine entsprechende Aktionsrichtung entschieden. Die rechte Bewegung habe zu lange Leute in ein folgenloses Denken gelockt. Wer diese Webseite besuche, könne dagegen Geschichte machen. Das sei die Absicht der Autoren.[3]
Weitere Vorbilder
Neben Adolf Hitler und Charles Manson bezieht sich AWD auf einige (meist rechtsgerichteten) Terroristen und feiert deren Taten als Beiträge zur angestrebten rassistischen „Säuberung“ der modernen Welt:
- Joseph Tommasi, Gründer der National Socialist Liberation Front von 1974,
- die antisemitische Terrorgruppe The Order von 1983/84,
- William Luther Pierce, Gründer der National Alliance und Autor der Turner Diaries,[14]
- der davon angeregte Massenmörder Timothy McVeigh von 1995. Die “Siege”-Webseite rief zu Schlachten auf, die Mcveighs Ruhm angemessen seien.[3]
- Theodore Kaczynski, dessen Briefbomben von 1978 bis 1995 drei Menschen töteten,
- den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik von 2011,
- Dylann Roof, der beim Anschlag in Charleston 2015 neun Afroamerikaner ermordete,[14]
- Robert Bowers, der beim Attentat in der Tree-of-Life-Synagoge in Pittsburgh 2018 elf Menschen erschoss,
- Brenton Tarrant, der am 15. März 2019 beim Terroranschlag auf zwei Moscheen in Christchurch 51 Menschen ermordete,
- John Earnest, der am 27. April 2019 beim Anschlag auf eine Synagoge in Poway eine Person tötete.
AWD stellt diese Attentäter als Heilige mit christlicher Ikonografie dar.[15] Mit Kaczynski hatten AWD-Mitglieder persönlichen Kontakt.[14]
AWD feierte auch den islamistischen Massenmörder Osama bin Laden[8] und lobte die von ihm geplanten Terroranschläge am 11. September 2001 oft mit dem Slogan “Osama was Right” („Osama hatte Recht“). Russell soll auch den Islamisten Omar Mateen nach dessen Anschlag von Orlando am 12. Juni 2016 als „Helden“ bezeichnet haben.[16] Zu einer Trauerfeier für die 49 Mordopfer dieses Anschlags in Orlando erschien der 21-jährige Steven Billingsley mit einer Totenkopfmaske und einem Schild mit Hakenkreuzen und der Parole “God hates Fags” („Gott hasst Schwuchteln“). Auf Facebook bekannte er sich dann zur AWD. Er habe den „Degenerierten“ klarmachen wollen, dass „sie Schuld sind an dem, was sie kriegen“, ob durch einen Muslim oder AIDS. „Unsere Rasse“ sei reinzuhalten, fremde Religion sei ebenso abzuwehren wie Homosexualität.[17]
Im Frühjahr 2017 trat AWD-Mitgründer Devon Arthurs zum Islam über und bekannte sich im internen AWD-Chat zum „salafistischen Nationalsozialismus“. Russell ließ ihn gewähren.[16] Nach seinen Morden im Mai 2017 gestand Arthurs einem Kameraden, er sei Dschihadist geworden, weil Neonazis „weich“ seien und AWD viele LGBT-Personen aufgenommen habe, wohingegen Gruppen wie ISIS „tatsächlich Homosexuelle umbringen“. Im November 2018 empfahl ein mutmaßliches AWD-Mitglied einem Anhänger der verwandten Gruppe “The Base” das von dem al-Qaida-Mitglied Abu Bakr Naji verfasste Werk Management of Savagery. Es beschreibt einen professionellen Guerillakampf mit modernen Propagandamethoden und beeinflusste auch die Bildung von ISIS. Im Mai 2019 kommentierte die europäische AWD-Teilgruppe “Feuerkrieg Division” ein ISIS-Video, das zum Bombenbau anleitet, mit dem Satz „Es ist leichter als ihr denkt“. Nach dieser Anleitung waren die Bomben für den Terroranschlag in Manchester am 22. Mai 2017 (23 Tote) gebaut worden. Eine auf die Bauanleitung begrenzte Videoversion erschien auch auf einem Neonazikanal auf Telegram. Im Juni 2019 erklärte ein AWD-Autor online unter dem Titel „Das islamische Beispiel“, die Pflege von Märtyrerschaft und Widerstand bei den Taliban und ISIS sei zu bewundern und von Neonazis nachzuahmen: „Ich will Radikale, jene jungen Männer, die ihr Leben für unsere Ideen zu geben bereit sind, egal was es kostet“. Das Internet bringe diese Opferbereitschaft näher. Im Herbst 2019 stellte der AWD-Propagandist “Dark Foreigner” stilisierte Porträts von Osama Bin Laden mit einem Zitat von ihm her.
Diese Annäherung von Neonazis an Islamisten erklärt sich laut Rechtsextremismusexperten daraus, dass beide extreme Gewalt bejahen, ähnliche Propagandamethoden und visuelle Terrorästhetik verwenden und Antisemitismus vertreten.[18]
Konflikt um Satanismus
Seit 2017 bot die Webseite “Siege Culture” Werke aus rechtsextremer Esoterik an, etwa von Guido von List und Savitri Devi, sowie aus Satanismus und Okkultismus, etwa “The Devil’s Notebook” von Anton Szandor LaVey und das dreibändige Werk “Hostia: Secret Teachings of the Order of Nine Angles” (ONA) sowie “Iron Gates” von Joshua Caleb Sutter, dem Gründer des eng mit ONA verbundenen Tempel ov Blood. Das fiktive Werk stellt eine brutale, von sadistischen Kindermördern beherrschte Welt nach einem Atomkrieg dar.[3] Ferner verlangte AWD die Lektüre von Sutters Buch “Libre 333”.[19] Laut Beobachtern wollte AWD damit kulturelle Tabus angreifen und mit dem Reiz des Verbotenen besonders aktionsbereite Jugendliche gewinnen. Wie stark Satanisten AWD beeinflussen, ist unklar.[3]
Der 1970 gegründete ONA verschmolz ihrerseits Satanismus und Neonazismus miteinander und unterwanderte seit 2008 gezielt Neonazigruppen. Einige Mitglieder der später verbotenen britischen National Action und des britischen AWD-Ablegers Sonnenkrieg Division waren zugleich ONA-Mitglieder.[19] Die ONA-Texte bejahen Menschenopfer, verherrlichen Nazideutschland und vertreten Holocaustleugnung. Ein Einführungstext fordert ONA-Mitglieder (genannt Noctulians) auf, rechtsextreme Bewegungen zu infiltrieren und deren Anhänger zum eigenen Kult zu bekehren. Ziel sei, Fanatismus in Aktion zu zeigen und „häretische“ Sichtweisen zu vertreten, damit alle Rechten ONA-Mitglieder als gefährliche und darum attraktive Extremisten ansähen. Schon 2014 hatte der neue AWD-Anführer John Cameron Denton (Nutzername “Vincent Snyder”) ONA-Logos gepostet. 2015 lobte er ONA auf dem Iron March. Im November 2016 kombinierte er ONA-Symbole mit AWD-Propaganda. – Dies stieß einige AWD-Mitglieder ab. Im Januar 2018 skandalisierte ein Aufsatz eines ehemaligen Mitglieds wachsende satanistische Einflüsse auf AWD. Satanismus (nicht mörderische Terrorgewalt) sei eine neue „Plage“ im Neonazismus. Man müsse die eigenen Reihen endgültig von diesem „Abschaum“ reinigen. Andere AWD-Mitglieder erklärten daraufhin, man habe die ONA-Texte und “Iron Gates” nur als Meme angeboten. Doch als Dentons frühe ONA-Symbolik bekannt wurde, traten viele AWD-Mitglieder aus oder kündigten ihren Austritt in Gruppenchats an. Mit Chatlogs und Telefonaten versuchte ein ehemaliges AWD-Mitglied auf dem Gab-Netzwerk die satanistischen Bezüge von AWD aufzudecken. Andere Neonazis verstärkten den internen Konflikt mit Vorwürfen an AWD von außen. AWD-Mitglieder verteidigten sich: Moralismus werde der Bewegung nicht helfen, im kommenden Rassenkrieg zu überleben. Im Kern bestand Uneinigkeit, ob und wie weit Satanismus mit Nationalsozialismus vereinbar sei.[20]
Als immer mehr Nutzer Masons Buch “Siege” auf dem Daily Stormer erwähnten, grenzte dessen Gründer Andrew Anglin sich von AWD ab: “Fuck siege, fuck their cult, fuck satanism – this is so gay it makes me sick.” Kein autonomer Neonazi müsse einem satanischen Todeskult verfallen. Im Dezember 2017 distanzierte sich auch Matthew Heimbach, Gründer der später aufgelösten Traditionalist Worker Party, von dem Motto “Read Siege”, von Mason und Manson, um seine Gruppe nicht in der AWD aufgehen zu lassen.[4]
Mitglieder
AWD besteht vor allem aus Kadern weißer junger Männer, darunter einigen aktiven Soldaten der United States Army und Satanisten.[8] Sie organisierten sich anfangs im Iron-March-Forum und trafen sich später auch real, um sich zu radikalisieren.[3] Nach Angaben Russells bestanden 2015 Teilgruppen in den Bundesstaaten Alabama, Florida, Kentucky, Missouri, Ohio, Oregon, Texas, Virginia sowie in den Städten Boston, Chicago und New York City.[21] Weitere Teilgruppen bestehen laut Beobachtern bei Seattle in Washington und in Richmond (Virginia). Nach von ProPublica entschlüsselten Chatlogs gab es im Februar 2018 in mindestens 23 Bundesstaaten der USA aktive AWD-Zellen.[22]
Deren genaue Mitgliederzahl ist wegen der dezentralen Organisationsform nicht feststellbar. Die Anti-Defamation League (ADL) schätzte die Teilnehmer an AWD-Waffenübungen und Hasskursen bis Februar 2018 auf 24 bis 36 Personen. ProPublica schätzte AWD auf insgesamt rund 80 Mitglieder[23] und bestätigte damit Angaben eines AWD-Aussteigers. Ihm zufolge gab es die größten AWD-Teilgruppen in Virginia, Texas und Washington. Jede arbeite unabhängig. ProPublica fand in den untersuchten, streng kontrollierten Chatlogs mindestens 100 verschiedene Benutzernamen von AWD-Anhängern; Mehrfachkonten ließen sich nicht ausschließen.[2] Zum Reservoir möglicher AWD-Anhänger zählen die mehr als 1600 registrierten Benutzer des Iron-March-Forums.[3]
Nach Russells Verhaftung im Mai 2017 übernahm der damals 24-jährige John Cameron Denton (“Vincent Snyder” bzw. “Rape” – „Vergewaltigung“), damals wohnhaft in Conroe (Texas), die Administration der AWD-Webseiten. Er formte die AWD-Ideologie, gestaltete Plakate für die Gruppe und wählte Bücher als Pflichtlektüre für neue Rekruten aus. Zur AWD-Zelle in Texas gehören auch sein jüngerer Bruder Grayson Patrick Denton (“Nazgul” bzw. „Leon“; spielt auf den belgischen Faschisten Léon Degrelle an)[2] und Sean Michael Fernandez („Wehrwolf“). Er begrüßte den Mord seines Kameraden Samuel Woodward am 30. Januar 2018 als Inspiration für Nachahmer. Die wachsende Furcht vor AWD-Anschlägen sei genau das, was er gewollt habe.[22]
In den 2019 geleakten Iron-March-Dateien identifizierten Journalisten mindestens drei aktive US-Soldaten und dutzende, die militärische Erfahrung behaupteten. So suchte ein Marinesoldat (“Niezgoda”) dort Kameraden für eine faschistische paramilitärische Gruppe, die zum Märtyrertod für Blut und Boden bereit seien. Ein Marinekorpssoldat aus Alabama (“ImperialGrunt”) nahm im Januar 2017 Kontakt zum AWD-Gründer Brandon Russell auf und teilte ihm nach einem direkten Treffen mit, er habe einen Gleichgesinnten in seiner Einheit für die angestrebte paramilitärische Gruppe gefunden. Er beschrieb die Radikalisierung seiner Mitsoldaten, gab Tipps für militärisches Training und empfahl seine Kampfkunst und Waffenkenntnis.[24]
Die 23-jährige Lauren Ashley Paul aus Zanesville (Ohio) (“rekse_”, später “schönundweiß”) stellte sich auf Facebook als Physikstudentin am Massachusetts Institute of Technology vor, teilte auf YouTube National Socialist Black Metal und die Band Burzum von Varg Vikernes. Sie hatte online Kontakt zu Devin Arthurs und erklärte, sie habe AWD-Aufkleber entworfen und AWD-Plakate an Universitäten aufgehängt. Ab Mai 2017, nach Arthurs Morden, suchte sie „muslim-freie“ rechtsextreme Gruppen und entwarf für die bis August 2016 bestehende “Silver Legion”, danach wahrscheinlich für “Aryan Underground” Propagandamaterial. Erstere Gruppe gründeten die AWD-Anhänger Evan Gillwood (“Zeroangle”) aus Carlisle (Pennsylvania), Jared Casalinuovo (“Stealth_24” bzw. “arundel”) aus Reading, Massachusetts, und Arthurs Mitbewohner Andrew Oneschuk (“Borovikov”). Zu ihrem Umfeld gehörte Dillon Hopper (“Lauburu88”), der Anführer von Vanguard America. Lauren Paul schrieb ihren letzten Beitrag im Iron March am 7. Mai 2017 an Brandon Russell.[25]
Der Investigativjournalist Nate Thayer enttarnte bis Dezember 2019 mehr als ein Dutzend AWD-Mitglieder, darunter Ryan Hatfield aus Thornton (Colorado). Dieser trat als 16-Jähriger AWD bei und wurde bald Anführer der AWD-Zelle in Colorado. Er war James Masons Privatsekretär und verbreitete dessen Texte unter seinen Nutzernamen “RyanAW”, “Ryan Nolan Smith”, “Ryan Atomwaffen”, “Ryan Nolan Mason”, “Arthur Nolan Mason” in sozialen Medien. Seine Eltern kannten und billigten seine AWD-Aktivitäten und schenkten ihm ein Maschinengewehr. Der 33-jährige William H. Stoetzer (“PanzerViking”, “Saor”) aus Cripple Creek (Colorado) war seit 2016 Mitglied der AWD-Zelle Colorado. Er war seit 2007 als Aktivist der radikalen Umweltgruppen Earth First! und Earth Liberation Front (ELF) bekannt. Die 16-jährige freiwillige Soldatin Bella Oakley (“EdelweißSS”) aus Denver bewarb sich bei der AWD, wurde als Frau abgelehnt und traf sich danach privat mit Hatfield. Joshua Caleb Sutter (“Swiss Discipline”), Gründer der satanistischen Sekte Tempel ov Blood, leitete die AWD-Zelle in South Carolina. Oswald N. Woods (“Ozzy” oder “OzzyAW”) führte die AWD-Zelle in West Virginia.[26]
Aktivitäten
Propaganda
Von 2015 bis 2017 warb AWD vor allem mit Flugblättern, Plakaten und Aufklebern an Hochschulen der USA um Anhänger. Anfang November 2015 an der University of Central Florida trat AWD mit antisemitischen Flugblattparolen und dem Aufruf Join your local Nazis! erstmals öffentlich hervor.[21] 2016 folgten gleichartige AWD-Plakate an der Old Dominion University, der Boston University, der University of Colorado, der University of Chicago und der Suffolk University. Auf Twitter bekannte sich AWD mit Aussagen wie “University of Chicago got stickercausted tonight by Chicago's local Nazis: Atomwaffen. No Degeneracy, No Tolerance, Hail Victory” dazu. Lokale Polizeibehörden nahmen jeweils Ermittlungen auf.[27] Die AWD-Plakate waren Teil rassistischer Propagandadelikte, die an den Hochschulen der USA von 2016 bis 2017 stark zunahmen.[28]
2016 spielte ein AWD-Mitglied mit dem Plakat „Mary’s Life Mattered“ vor dem Gebäude der ADL in Houston auf einen antisemitischen Vorfall im Jahr 1913 an: Für den angeblichen Mord an Mary Phagan wurde irrtümlich der Jude Leo Frank verurteilt und später gelyncht. Gegen diese Hetze hatte sich damals die ADL gegründet.[2]
Im Dezember 2017 lud AWD einen Großteil der Inhalte seiner Webseite auf BitChute hoch. Die AWD-Videos zeigen vor allem Übungen mit Schusswaffen und drängen ihre Zuschauer, hinter ihren Computern hervorzukommen und aktiv zu werden.[3] Auf einigen verbrennen maskierte AWD-Mitglieder die Flagge und die Verfassung der Vereinigten Staaten.[22] AWD verbreitete seine Propagandavideos, Mord- und Terroraufrufe jahrelang ungehindert über verschiedene Social Media im Internet. Der Messengerdienst Discord diente AWD zum Austausch vertraulicher Informationen, etwa Handbüchern zum Bombenbau, und zum Organisieren, etwa der gewaltsamen Konfrontation in Charlottesville (August 2017). Im Januar 2018 feierten AWD-Mitglieder auf Discord den fünften Mord aus den eigenen Reihen. Am 23. Februar 2018 publizierte ProPublica einige Auszüge aus den mehr als 250.000 AWD-Botschaften auf Discord. Kurz darauf schloss Discord einige Server aus dem Umfeld der Alt-Right, darunter auch die Seite und das private Chatforum von AWD. Der Webanbieter Inktale entfernte AWD-T-Shirts aus seinem Angebot und sperrte zugehörige Anbieter. Cloudflare dagegen bot den Webseiten “AtomwaffenDivision.org” und “SiegeCulture.com” weiterhin Schutz vor Hackern und wollte nur deren Datenbankanbieter über anonym eingereichte Beschwerden informieren.[29]
Auf zwei YouTube-Kanälen von AWD wurden von Juni 2017 bis Januar 2018 13 Videos hochgeladen. Das erste trug den Titel “Fire up the Panzers and launch the nukes! The Atomwaffen Division is here!” Das Video “Zealous Operation” zeigte maskierte Männer, die “gas the kikes, race war now” schrien und dann ihre angelegten Schusswaffen abfeuerten. YouTube versah das Video nur mit einem Warnhinweis. Auf Steam verlinkte eine 17-köpfige Nutzergruppe auf Webseiten und YouTubekonten von AWD-Benutzern wie “Pure Aryan 100 %”. Diese zeigten Fotos des Massenmörders Dylann Roof als Avatar, Hakenkreuze, nazistische Kommentare, forderten, das Buch “Siege” zu lesen und einen „Rassenkrieg“ vorzubereiten. Trotz vieler Proteste ließ der Betreiber Valve solche Aufrufe jahrelang auf Steam stehen. Nach dem fünften AWD-Mord im Januar 2018 und dem ersten Medienbericht darüber sperrte Steam die AWD-Gruppe sofort.[30] YouTube sperrte erst nach einer Aufforderung der ADL am 28. Februar 2018 einen der beiden AWD-Kanäle und entfernte alle dort hochgeladenen Videos.[31] Sofort danach luden AWD-Anhänger exakte Kopien der gelöschten Videos hoch. Nach Recherchen von Vice.com vom März 2018 standen diese trotz Meldebeschwerden oft noch lange auf YouTube und waren über einfache Namensuche auffindbar.[32] Der zweite AWD-Kanal “SIEGEtv” blieb ungesperrt und verbreitete weiter Nazi-Ideologie.[29] Nachdem der Webhost GoDaddy das Gab-Netzwerk im Oktober 2018 sperrte, bot der Domain-Registrar Epik sich als Ersatz an und gewann unter anderem Gab und Bitchute als Kunden. Dort verbreitete AWD weiter seine Propaganda.[33]
Im Mai 2019 veröffentlichte AWD das neue Rekrutierungsvideo “Accelerating Vengeance” („Beschleunigen der Rache“). Darauf kommentierte ein Sprecher eine Aufnahme von einem Kernwaffentest aus dem Jahr 1952 mit den Worten: „Es sind nun 30 Sekunden bis zum Nullzeitpunkt. Setzen Sie Schutzbrillen auf oder schauen Sie weg. Nehmen Sie die Brille nicht ab, oder Ihr Gesicht platzt zehn Sekunden nach dem ersten Licht.“ Zu harter Technomusik zeigten maskierte Männer in Tarnkleidung Drillübungen mit Gewehren, Nahkampf, Zielschießen in Wäldern und auf verschneitem Land. In der folgenden Szene schichteten AWD-Mitglieder die Flaggen von Israel, der UNO, von Black Lives Matter und Blue Lives Matter, die Gadsden flag und die Regenbogenfahne aufeinander und zündeten sie an. Es folgten die Parole “Join your local Nazis!”, eine Webseite wurde angekündigt und eine E-Mail-Adresse eingeblendet.[34] Das Video verwies auch auf eine Facebookseite des satanistischen Temple ov Blood und dessen Bücher “Iron Gates” und “Bluebird”. Kopien davon wurden in den Folgetagen erneut hochgeladen; YouTube entfernte nur einige davon und reagierte tagelang nicht auf eine Beschwerde des Counter Extremism Project (CEP). Am 20. Mai 2019 hatte das AWD-Video auf YouTube mehr als 2300 Abrufe und war nun auch auf Vimeo, BitChute, dem Internet Archive, Reddit und Neonazikanälen auf Discord zu sehen; Links dorthin standen auf 4chan und Gab.[15]
Auf dem 2015 gegründeten Netzwerk Minds hatten AWD-Mitglieder mehrere Konten, über die sie verschlüsselte E-Mail-Adressen und Links zu anderen AWD-Konten auf anderen Plattformen austauschten, um ihre interne Kommunikation auch nach Sperrungen fortzusetzen. Das dortige, seit Mitte 2017 inaktive AWD-Hauptkonto erhielt bis Mai 2019 mehr als 20.000 Abrufe.[35] Zudem benutzen und empfehlen AWD-Mitglieder das Verschlüsselungsprogramm ProtonMail. Die Firma lässt dies nach Eigenangaben so lange zu, bis sie Hinweise auf kriminelle Nutzung erhält.[36]
Trainingslager
AWD-Mitglieder sind bewaffnet und bereit, ihre Waffen einzusetzen. Mit auch von US-Soldaten angeleiteten Schießübungen bereiten sie sich in “Hate Camps” auf den „Rassenkrieg“ vor. Neulinge werden laut einem Aussteiger auch Waterboarding unterzogen.[13]
Michael Lloyd Hubsky („Kommissar“) führte die AWD-Zelle in Nevada und organisierte dort Trainingslager. Er erwog, Kraftwerke und Gaspipelines in den USA zu sprengen. Er besaß eine Landkarte der Westküste mit solchen Zielen und durfte Schusswaffen verdeckt tragen. Er beschrieb, wie man zuhause Thermit-Granaten herstellen und Gewehre zu vollautomatischen Waffen aufrüsten könne. Er strebte eine Bundeslizenz zum Herstellen von Gewehren an, um eine Waffenvorratskammer für AWD zu schaffen. Er organisierte ein Schießtraining im Death Valley in Nevada und verpflichtete AWD-Rekruten zu einem privaten Training im Gebrauch von Maschinengewehren, im Messerkampf, Ringkampf, Klettern und Abseilen. Im Herbst 2017 hielt AWD ein Hasscamp im Shawnee National Forest (Illinois) mit zehn Teilnehmern ab. In Concrete (Washington) trafen sich AWD-Mitglieder in einer verlassenen Zementfabrik („Devil’s Tower“) und drehten ein Propagandavideo. Organisator, Videohersteller und Leiter der AWD-Zelle seines Bundesstaats war Kaleb James Cole (“Khimaere”), wohnhaft in Blaine (Washington). Er hatte zuvoir in Anacortes einen jüdischen Ladenbesitzer mit Naziflaggen verfolgt und besaß eine AK-47 mit einem großen Munitionsmagazin. Er hatte erheblichen Einfluss auf die Propaganda, Rekrutierung und Organisation der ganzen AWD.[2] Im Dezember 2018 bereisten er und ein weiteres AWD-Mitglied Polen und posierten mit ihren Totenkopfmasken für Propagandafotos vor dem KZ Auschwitz. Nachdem US-Grenzschützer bei der Wiedereinreise der beiden diese Fotos fanden, nahmen US-Behörden Cole neun seiner Schusswaffen ab.[37]
Anschlagspläne
AWD propagierte den Guerilla-Kampf und Terroranschläge mit dem Ziel, die US-Regierung zu stürzen und einen „Rassenkrieg“ zu entfachen. AWD bedroht vorrangig Schwarze, Migranten, Homosexuelle, Juden und Muslime und plante unter anderem Angriffe auf die Wasser- und Stromversorgung der USA und auf Kernkraftwerke, um eine Kernschmelze hervorzurufen.[22]
Am 17. Mai 2017 postete Russell auf dem Iron March das Handbuch “Tactics of the Crescent Moon: Militant Muslim Combat Methods”. Es beschreibt paramilitärische Taktik von Islamisten in Tschetschenien, Afghanistan und im Libanon, etwa den Umgang mit Landminen. Noch nach seiner Festnahme am 19. Mai 2017 und der Sperre seines Iron-March-Kontos versuchte der inhaftierte Russell Anleitungen zum Bombenbau an AWD-Mitglieder zu senden.[4]
Sein Nachfolger Denton forderte AWD-Mitglieder seit 2018 dazu auf, sich vom „System“ zu lösen und dazu Geld in einen gemeinsamen Fonds einzuzahlen und Grundbesitz in ländlichen Gegenden zu erwerben. Er wollte von dort aus US-Bundesbehörden und städtische Infrastruktur wie U-Bahn-Stationen und Wasserwerke angreifen.[2]
Morde
Im Frühjahr 2017 bezogen zunächst die AWD-Gründer Russell und Arthurs, dann auch die beiden AWD-Mitglieder aus Massachusetts Jeremy Himmelman und Andrew Oneschuk eine gemeinsame Wohnung in Tampa (Florida). Am 19. Mai 2017 ermordete Arthurs seine Mitbewohner Himmelman und Oneschuk.[6] Dann nahm er Geiseln, bekannte ihnen die Morde, ließ sie aber frei und sich vom FBI festnehmen. Er führte die Ermittler zur Wohnung, wo Russell gerade die Mordopfer gefunden hatte. In dessen Zimmer fand das FBI ein gerahmtes Bild des Massenmörders Timothy McVeigh und rechtsextreme Propagandaschriften.[38] An der Wand neben den Toten hing eine große Flagge der SS. Auf einem Regal lagen ein schwarzer Stahlhelm, viele Kopien von Hitlers „Mein Kampf“ und die Turner Diaries. Russells Garage war voller Chemikalien zum Bombenbau, die auch Timothy McVeigh 1995 für seinen Anschlag verwendet hatte. Ein Kühlschrank war mit dem hochexplosiven Hexamethylentriperoxiddiamin (HMTD) gefüllt. Ferner fand man Teile einer Rohrbombe, selbstgebaute Zeitzünder, leere Munitionsbehälter mit Zündschnüren als Detonatoren, radioaktives Material und zwei Zählrohre.
Der lokalen Polizei nannte Arthur widersprüchliche Tatmotive: Er habe von den Mitbewohnern geplante Anschläge verhindern wollen; er sei zum Islam konvertiert und ISIS-Anhänger geworden; seine beiden Mitbewohner hätten seinen neuen Glauben verhöhnt. Alle vier WG-Bewohner seien AWD-Mitglieder gewesen. Ihre Wohnung habe als AWD-Zentrum gedient. Seine Mitbewohner seien Experten im Bombenbau gewesen und hätten mit dem HMTD einen Anschlag auf ein nahes Kraftwerk geplant. Zudem habe Russell Anschläge auf zahllose Menschen, Regierungsgebäude, Kernkraftwerke, Synagogen, Stromleitungen und ähnliches angekündigt und geplant. Er habe Schusswaffen besorgt und seinen Mitbewohnern den Umgang damit gezeigt. Würde er die Chance erhalten, dann würde er die konfiszierten Explosivstoffe erneut erwerben. Er sei der Nationalgarde Floridas beigetreten, um eine für AWD nützliche Kampfausbildung und Ausrüstung zu erhalten. Die Gruppe sei attraktiv für US-Soldaten und versuche sie anzuwerben. AWD habe 60 bis 70 feste Mitglieder, die aus entschlüsselten AWD-Chats zu ermitteln seien. Arthurs bot wiederholt an, seinen Computer zu öffnen, und betonte, man könne leicht in die Computer anderer AWD-Mitglieder eindringen. Das könne definitiv große Terrorpläne aufdecken und Leben retten. Der verhörende Beamte wollte Arthurs Angaben dem FBI melden.[6] Russell gab im Verhör zu, er sei Nationalsozialist und AWD-Mitglied, habe das HMTD hergestellt und besitze die übrigen Stoffe. Er habe damit jedoch nur für einen Ingenieurskurs des Militärs üben, Feuerwerkskörper herstellen und Ballons damit aufsteigen lassen wollen. Ein Experte bestritt, dass HTMD dazu geeignet sei. Bis dahin kannten die Behörden die AWD nur durch ihre Flugblätter; die Morde und Funde danach machten die Gruppe erstmals weithin bekannt. Neonaziwebseiten bezeichneten die getöteten AWD-Mitglieder als „gefallene arische Brüder“, den Täter als muslimischen Verräter.[38]
Trotz Arthurs Aussagen und der Funde ließ das FBI Russell zunächst frei. Daraufhin besorgte er sich Schusswaffen, Munition und Schutzkleidung, lud sie in seinen Pkw und verließ die Stadt. Bei einer Verkehrskontrolle wurde er festgenommen.[6] In seinem Pkw lagen zwei Gewehre, Munition, ein Fernglas und eine Totenkopfmaske. Sein Begleiter, der 20-jährige Neonazi William James Tschantre, hatte am Vortag seinen Job aufgegeben und sein Erspartes vollständig abgehoben, um mit Russell fortzuziehen. Er sagte aus, sie hätten Gewehre und Munition gekauft und seien ohne bestimmtes Ziel und ohne die Absicht losgefahren, jemand zu verletzen. Russell gab an, er habe die Waffen legal für die Jagd erworben. Nun beantragte das FBI einen Haftbefehl für ihn wegen Fluchtgefahr und des illegalen Besitzes von Explosivstoffen.[39]
Im Juni 2017 wurde Russell deswegen angeklagt. Laut Anklageschrift gehörte auch Tschantre zur AWD. Nach seiner Aussage hatte diese in Florida damals rund 30 Mitglieder. Er habe sich mit Russell in einem Internetforum über Faschismus, Nazismus und „aktuelle Trends“ von Hass auf die Regierung ausgetauscht und mit ihm Waffenläden besucht. Er kenne Russells Mitbewohner und habe geplant, zu ihnen zu ziehen. Russell habe AWD-Bewerber überprüft, um „komplette Idioten“ auszuschließen. Dieser verweigerte jede Aussage zur AWD. Wegen Arthurs Aussagen sahen die Ermittler nun jedoch genug Indizien für schwere Anschlagspläne.[40]
Im Februar 2016 war Russell in Floridas Nationalgarde eingetreten. Nach seiner Festnahme untersuchte deren Führung, wie man seine Nazigesinnung übersehen konnte. Laut dem Bericht dazu trug er ein AWD-Tattoo auf der Schulter, das das US-Militär nicht einordnen konnte. Vorgesetzte hatten ihn wegen Hasskommentaren gegen Homosexuelle zweimal verwarnt. Er hatte Schutzwesten verlangt und nachhause mitgenommen. Doch er habe keine Soldaten für die AWD anzuwerben versucht und seine rechtsextreme Haltung nicht gezeigt: Daher sei es nicht fahrlässig gewesen, ihn aufzunehmen und auszubilden. Arthurs Aussagen und Warnungen an andere Militärstellen vor AWD fehlten im Bericht. Obwohl laut ProPublica 2018 mindestens sieben ehemalige US-Soldaten als AWD-Mitglieder identifiziert wurden, eröffnete die US-Armee bis Ende 2018 keine Untersuchung dazu. Das FBI befragte bis dahin weder Arthurs Vater, dem er die Tat zuerst gestanden hatte, noch ein Steinbruchunternehmen, von dessen Gelände Russell einen Lageplan angefertigt hatte. Aus einem solchen Steinbruch hatte Timothy McVeigh Sprengkapseln für seinen Anschlag gestohlen. Ein Sprengstoffexperte bezeugte, dass Russells Material für einen solchen Anschlag geeignet war. Das FBI ließ die übrigen AWD-Mitglieder jedoch unbehelligt und löste die Gruppe nicht auf, so dass sie weiter Rekruten anwerben und in ihren Hasscamps an Waffen ausbilden konnte.[6]
Im Januar 2018 wurde Russell zu fünf Jahren Haft verurteilt.[41] Arthurs wurde im Februar 2018 für schuldunfähig erklärt und in eine Psychiatrie eingewiesen.[42]
Am 22. Dezember 2017 erschoss der 18-jährige Nicholas Giampa die Eltern seiner Freundin in deren Haus in Reston (Virginia) und versuchte dann einen Suizid, den er überlebte. Sein Twitterkonto “@doctorpepper35” zeigte, wie er sich seit Frühjahr 2016 von einem Fan von Donald Trump zu einem AWD-Anhänger radikalisiert hatte. Von Beginn an hatte er sich rassistisch und antisemitisch gegen Trumps Kritiker und Gegner geäußert, aber nach Trumps Wahlsieg im November 2016 sein Twittern eingestellt und sich mit einer Schulkameradin angefreundet. Ab 26. Juli 2017 wurde er wieder auf Twitter aktiv, postete Hass gegen Transgender-Menschen, retweetete Aussagen bekannter Alt-Right-Vertreter und suchte Kontakt zu rechtsextremen Organisationen wie der “Traditionalist Worker Party”, “Identity Evropa” und “Vanguard America”. Ab September 2017 verteidigte er den Hitlergruß mit einem Zitat des britischen Faschisten Oswald Mosley, lobte die “Turner Diaries” und die Buchsammlung des Benutzers “@RyanAtomwaffen”, die Hitlers „Mein Kampf“ und James Masons “Siege” umfasste. Im Oktober 2017 mähte Giampa ein großes Hakenkreuz in ein Feld seiner Nachbarschaft. Seine Mutter verteidigte auf Facebook Generäle der Konföderierten und zeigte ein Foto ihres Sohnes mit einem Maschinengewehr im Anschlag. Tage danach lobte Giampa Hitler auf Twitter als Helden. Ab November nannte er sich „Nazi“ und erklärte, die Juden seien „jedermanns Feind“. Er begrüßte faschistische Aufmärsche in Polen, sorgte sich, weiße Männer könnten ihren Zugang zu Schusswaffen verlieren, und rief dazu auf, Juden und Transsexuelle zu erschießen. Juden seien Schuld am Kommunismus und am Zweiten Weltkrieg. Am 26. November leugnete er den Holocaust. Wenige Tage darauf retweetete er einen Aufruf von AWD, “Vanguard America” und anderen Neonazigruppen, sich für eine „weiße Revolution“ zu vereinen. Zuletzt zeigte sein Benutzerprofil ein Skelett mit einem SS-Helm. Am 20. Dezember 2017 entdeckte die Mutter seiner Freundin einige dieser Tweets auf dem Handy ihrer Tochter, drängte sie, sich von Giampa zu trennen, und informierte den Schulleiter. In der folgenden Nacht verübte Giampa die Morde.[43]
Am 3. Januar 2018 ermordete der 20-jährige AWD-Angehörige Samuel Woodward in Lake Forest (Kalifornien) den 19-jährigen Blaze Bernstein, einen Homosexuellen und Juden, mit mehr als 20 Messerstichen. Als Tatmotiv behauptete Woodward nach seiner Festnahme einen Annäherungsversuch Bernsteins.[13] Zuvor hatte er Homosexuelle im Netz zu Kontaktaufnahme eingeladen. Darauf hatte Bernstein reagiert und sich mit Woodward verabredet. Da sich beide nur flüchtig kannten und die AWD-Webseiten Juden und Homosexuelle konstant als zu vernichten darstellen, wurde ein antisemitisches Tatmotiv angenommen. Woodward wurde eines Hassverbrechens angeklagt; ihm drohte dafür eine lebenslange Haftstrafe ohne vorzeitige Entlassungsmöglichkeit.[44] Nach Zeugenaussagen war Woodward („Arn“) schon länger bekennender Neonazi und Antisemit. Im Netz nannte er sich „nationaler Sozialist“. Anfang 2016 war er der AWD beigetreten und hatte in Texas einen dreitägigen AWD-Trainingskurs besucht, was Fotografien bestätigten. Er soll in Kalifornien weitere AWD-Mitglieder angeworben haben.[45] Die AWD feierte ihn als „Ein-Mann-Abrisstruppe für schwule Juden“ und erstellte T-Shirts mit seinem Porträt und einem Hakenkreuz auf seiner Stirn.[13]
Weitere Straftaten
Der 17-jährige Marinesoldat und AWD-Anhänger Vassilis Pistolis (“VassilistheGreek”) erklärte im Frühjahr 2017 im Iron March, beim bevorstehenden rechtsextremen Aufmarsch in Charlottesville werde er notfalls jemand töten. Er trat und schlug mehrere Gegendemonstranten mit einem Knüppel, darunter eine transsexuelle Frau. Danach brüstete er sich im Netz, er habe „drei Schädel geknackt“, und zeigte Fotos einer blutigen Flagge mit dem Kommentar „nicht mein Blut“. Bei einer weiteren rechtsextremen Kundgebung schwenkte er eine AWD-Flagge. Nach interner Kritik trat er im November 2017 von der AWD zur “Traditionalist Workers Party” über. Obwohl Journalisten von ProPublica ihn anhand Fotos in Charlottesville identifizierten, bestritt er, dass er dort war und behauptete, seine Hassposts seien nur Witze gewesen und er habe die AWD nur ausspioniert. Ab Mai 2018 untersuchte das United States Marine Corps seinen Fall.[46] Nach Aussagen eines Marineveteranen über sein Verhalten verurteilte ein Militärgericht Pistolis im Juni 2018 wegen Ungehorsam und Falschaussagen zu einem Monat Haft und stufte seinen Rang herab. Welche Rolle seine rechtsextreme Aktivität dabei spielte, blieb unklar. Das Marinecorps wollte ihn entlassen. Die Polizei stellte ihre Ermittlungen gegen ihn jedoch ein.[47]
Die Neonazis Jeffrey Clark und sein jüngerer Bruder Edward Clark (“DC_Stormer”) aus Washington, D.C. wechselten nach dem Aufmarsch in Charlottesville von “Vanguard America” zur AWD und gehörten laut internen Chats bis mindestens September 2017 zur AWD-Zelle in Virginia.[48] Beide waren mit Robert Bowers befreundet. Nach dessen Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh am 27. Oktober 2018 beging Edward Suizid. Jeffrey lobte Bowers als „Helden“, dessen Opfer den Tod und Schlimmeres verdient hätten. Auf dem Gab-Netzwerk erklärte er, damalige Briefbomben von Neonazis an Barack Obama, Hillary Clinton und George Soros seien ein „trockener Vorlauf“ für Kommendes. Als er selbst Morde an Juden und Afroamerikanern erwog, verständigten Angehörige die Polizei. Diese fand im Haus der Brüder AWD-Flugblätter, Munition, schusssichere Westen, Helme, eine Hakenkreuzflagge und einen Galgenstrick.[49] Jeffrey Clark wurde festgenommen und räumte seine Mitgliedschaft in rechtsextremen Gruppen ein. Er und sein Bruder hätten seit Trumps Wahlsieg 2016 einen Bürgerkrieg erwartet und sich für Schusswaffen interessiert. Bowers habe Juden aus Vergeltung für die Migrantenkarawane ermordet, mit denen Juden Amerika zerstören wollten. Er habe mit Bowers nur online, nicht persönlich Kontakt gehabt und Gewaltaufrufe nicht ernstgemeint. Ein Haftrichter wertete Clarks Posts jedoch als konkreten Aufruf zu Anschlägen und verlängerte seine Untersuchungshaft.[49] Im Oktober 2018 erhielt er wegen illegalem Waffenbesitz eine Bewährungsstrafe.[48]
Das AWD-Mitglied Benjamin Bogard plante einen Bombenanschlag und wurde daher im Februar 2019 festgenommen. Auf seinem Handy fand das FBI Videos mit Kinderpornografie und Vergewaltigung.[50] Brian Patrick Baynes (“Ted Bundy”) aus Fairfax gehörte nach internen AWD-Chats und Aussagen eines Aussteigers zur AWD-Zelle in Virginia. Er besaß drei Sturmgewehre und eine riesige Menge Munition, die er sich teils durch Falschangaben zu seinem Drogenkonsum, teils illegal erworben hatte. Am 5. Juni 2019 nahm das FBI ihn fest; er räumte alle Vorwürfe ein.[48]
Der 23-jährige Exsoldat und Wachmann Conor Climo war AWD-Mitglied mit Kontakten zur “Feuerkrieg Division”. Im August 2019 verhaftete das FBI ihn und fand Sprengstoff und eine illegale Waffe in seiner Wohnung. Damit wollte er eine Synagoge und eine LGBTIQ-Bar angreifen. Wegen der Anschlagspläne wurde er angeklagt.[51]
Im August 2019 schrieb der 34-jährige Cameron Brunson Blake antisemitische Parolen an eine Synagoge in Los Angeles und bedrohte einen jüdischen Mann und sein Kind mit Mord. Nach seiner Festnahme fanden Ermittler Bezüge zur AWD in Blakes Netzbeiträgen. Er wurde eines Hassverbrechens angeklagt. Ihm drohten sechs Jahre Haft.[52]
Ab 2016 wollte der damals 21-jährige Soldat Jarrett William Smith aus Fort Riley (Kansas) mit dem rechtsextremen „Regiment Asow“ in der Ukraine kämpfen und kontaktierte dazu seit 2017 einen US-Bürger, der dort gekämpft hatte. Im Netz beschrieb Smith, wie man Handytelefone zu Bomben umbaut. In Gesprächen mit einem Agenten, den er für einen Kameraden hielt, beschrieb er den Bau einer Autobombe und offenbarte, er wolle andere „Radikale“ treffen und Antifa-Angehörige töten. Am 21. September 2019 nahm das FBI ihn fest. Er gestand, dass er regelmäßig im Netz zum Bombenbau anleite, auch Personen mit Mordabsichten. Damit wolle er Chaos verursachen und es sei ihm egal, wenn dadurch Menschen umkämen. Laut Anklageschrift wollte er zuerst den Funkmast eines lokalen Nachrichtensenders, mit der Autobombe dann den Hauptsitz eines großen Nachrichtennetzwerks in den USA zerstören. Ihm drohten bis zu 20 Jahre Haft. Laut Aussage des FBI-Agenten Ali Soufan vor dem US-Kongress hatten seit 2014 rund 17.000 Ausländer, darunter US-Bürger, die Ukraine besucht, um sich bei dortigen Rechtsextremen paramilitärische Fähigkeiten anzueignen und diese dann im eigenen Land anzuwenden.[53]
Auch der damals 19-jährige Andrew Jon Thomasberg (“GrecoViking”) war nach dem Aufmarsch in Charlottesville von “Vanguard America” zur AWD übergetreten und leitete dann laut Zeugenaussagen die AWD-Zelle in Virginia. Im Netz zeigte er sich als bekennender Nationalsozialist, der einen Rassenkrieg anstrebte, sich mit Waffenherstellung auskannte und sich für mythische Nazigeschichten interessierte. So wollte er die legendäre „Blutfahne“ der NSDAP wiederfinden, bewahren und als „Fackel des NS“ weitertragen. Er gravierte das AWD-Logo in eine seiner Waffen ein und zeigte ein Foto davon auf dem AWD-Discordserver. Gegenüber seinem Kameraden Brian Patrick Baynes bezeichnete er die Rechtsterroristen Robert Bowers und Brenton Tarrant als „Heilige“ und lobte John Earnest, den mutmaßlichen Attentäter in Poway (27. April 2019): Er habe anders als AWD wenigstens etwas getan. Er selbst sei bereit, Nichtweiße zu verletzen, und habe schon fast Afroamerikaner in einem Einkaufszentrum erschossen. Als Angestellter eines Waffengeschäfts bestellte er ohne Wissen seines Chefs ein Sturmgewehr und verkaufte es dann privat an Baynes. Im September 2019 nahm das FBI ihn fest und fand dann 20 Schusswaffen in seinem Haus.[48]
Am 4. November 2019 war der 23-jährige Aiden Bruce-Umbaugh mit dem AWD-Anführer Kaleb James Cole in Tarnkleidung unterwegs und wurde festgenommen. In ihrem Pkw fand die Polizei vier Gewehre (Sig Sauer, AR-15, AK 47), eine Pistole, bis zu 2000 Schuss Munition und geringe Drogenmengen. Ein Gericht in Lubbock (Texas) klagte Bruce-Umbaugh wegen unerlaubten Waffenbesitzes an. Von 2017 bis 2019 erhielten mindestens elf AWD-Mitglieder in den USA Haftstrafen für verschiedene Straftaten, darunter Mord, illegalen Waffenbesitz und Besitz von Kinderpornografie.[54] Die Festnahmen des Jahres 2019 folgten auf rund einjährige Ermittlungen zur AWD, bei denen das FBI die erheblich gewachsene Gefahr rechtsextremer Terroranschläge und Massaker feststellte.[48]
Im Februar 2020 nahm das FBI fünf weitere AWD-Mitglieder fest und klagte sie an, eine koordinierte Einschüchterungskampagne gegen Journalisten und bestimmte als Gegner wahrgenommene Personen durchgeführt zu haben. Zu den Bedrohten gehörten Dozenten der Old Dominion University, eine afroamerikanische Baptistengemeinde und das frühere Kabinettsmitglied Kirstjen Nielsen. In Virginia wurden John Cameron Denton und andere angeklagt: Sie sollen bis zu 134 mal mit falschen Notrufen zu einer angeblichen Gefahrenlage Polizeieinsätze ausgelöst (“swatting”) sowie Investigativjournalisten von ProPublica wegen ihrer Berichte zur AWD bedroht haben. Weitere Anklagen erhielten Kaleb James Cole in Seattle, der 24-jährige AWD-Rekruteur Cameron Brandon Shea aus Redmond (Washington), der 20-jährige Taylor Ashley Parker-Dipeppe aus Spring Hill (Florida), der 20-jährige Johnny Roman Garza aus Queen Creek (Arizona), der Universitätsstudent John William Kirby Kelley und zwei Ausländer.[55]
Angebliche Auflösung
Im Herbst 2019 hatte der langjährige AWD-Chefideologe James Mason ein weit verbreitetes Propagandavideo einer angeblichen AWD-Gruppe als Betrug verurteilt. In einer Audio-Erklärung vom 15. März 2020 an das Magazin Vice behauptete Mason, die AWD habe am 9. März 2020 ihre sofortige Auflösung beschlossen und ihn beauftragt, dies öffentlich bekanntzugeben. Das Ausmaß der staatlichen Infiltration und die vielen Festnahmen hätten die Funktionsfähigkeit der Gruppe so stark begrenzt, dass es zwecklos sei, irgendeinen Rest organisatorischer Aktivitäten vorzutäuschen. Alles, was fortan im Internet unter dem AWD-Label zu finden sei, sei Schwindel. Das Audioband kursierte online. Die meisten Experten halten es für authentisch, bezweifeln aber, dass die AWD alle Aktivitäten einstellte. Masons Erklärung gilt als Reaktion auf die Festnahmen des AWD-Anführers John Cameron Denton und von sechs Mitgliedern der Gruppe The Base im Februar 2020.[56]
Internationales Netzwerk
Seit 2017 reisten AWD-Mitglieder aus den USA nach Großbritannien, Deutschland, Polen, Tschechien und in die Ukraine, um auch dort Anhänger anzuwerben. Laut britischen Antiterrorexperten bestehen ähnliche Gruppen wie AWD-USA mittlerweile in Australien, Kanada, Deutschland, Großbritannien, Skandinavien und Osteuropa. Wegen dieser internationalen Kontakte und Vernetzung schlug Europol 2019 vor, verdächtige Rechtsextremisten dieses Umfelds analog zu Islamisten auf eine Terrorliste der EU zu setzen.[37]
Experten sehen alle diese Gruppen inzwischen als Teil des AWD-Netzwerks. Sie stufen sie als über das Internet vernetzte, vornehmlich von jungen Männern geprägte Gemeinschaft von „White Power Terrorists“ ein, die nach dem Konzept des „führerlosen Widerstands“ handeln und vom Erstarken rechtspopulistischer Gruppen und Parteien profitieren, von denen sie sich zugleich durch eine „Propaganda der Tat“ abgrenzen.[57]
The Base
Im November 2016 gründete ein unbekannter Neonazi mit dem Pseudonym „Norman Spear“, nach Eigenangaben ein Kriegsveteran, das soziale Netzwerk The Base mit einer Anmeldeseite und einem aktiven Twitterkonto (@normanspear1) im Internet. Name und Konzept des Netzwerks sind eventuell bewusst an Al-Qaida (arabisch für „Die Basis“) angelehnt. Spear wollte damit terrorbereite Neonazis aller Art zusammenführen und mit einem Trainingsprogramm auf einen als „Rassenkrieg“ bezeichneten gewaltsamen Aufstand gegen die US-Regierung vorbereiten. Er sieht alle westlichen Staaten heimlich von jüdischen Aktienbesitzern kontrolliert und will „weiße Nationalisten“ im Kampf gegen sie vereinen, um den Kollaps der Staatsregierungen weltweit zu beschleunigen und aus den Trümmern eine rein weiße Gesellschaft aufzubauen. Dazu stellten er und seine Mitstreiter in verschlüsselten Chats Terrorpropaganda her, organisierten persönliche Treffen und diskutierten gewaltsame Angriffe auf Minderheiten, besonders Juden und Afroamerikaner. Sie stellten eine umfassende Sammlung von Handbüchern für Einsamer Wolf-Taktiken, Herstellung von Schusswaffen, Bomben und chemischen Waffen, Datengewinnung, Verhörstechniken, Gegenüberwachung und Guerillakriegsführung zur Verfügung. Die Gruppe bot paramilitärische Campingkurse an, die zur Teilnahme an Terroranschlägen befähigen sollen. Ein Auswahlverfahren diente dazu, Bewerber passenden Gruppen zuzuweisen, die sie im Terrorhandwerk ausbilden. Bevorzugt wurden Bewerber mit Erfahrung im Militär und Umgang mit Explosivstoffen. The Base erhielt rasch Unterstützung von Neonazis und zählte im November 2018 rund 50 Mitglieder. Die AWD, die neue Eco-Fascist Order (EFO), Volkish und andere rechtsextreme Organisationen gehören dazu. Sie verstehen das Netzwerk als Koalition mit einer Arbeitsteilung zwischen Schreiben, Erziehen, Propaganda, Organisieren und Ausführen gewaltsamer Aktionen. Der Gründer stellte die Gruppe im September 2018 in einem Podcast The Darkest Hour vor und betonte: Die White-Power-Bewegung finde noch meist im Internet statt, das müsse sich fundamental ändern. Seine Gruppe sei auf reales Training ausgerichtet und wolle einen landesweiten Kader von Trainern aufbauen. Man müsse für den Sieg nicht jeden schwachen Weißen in einen arischen Krieger verwandeln, sondern nur die besten Kameraden vereinen, die das Notwendige im Kampf zu tun bereit seien. Er erhielt Zuspruch verschiedener prominenter Neonazis und führender AWD-Mitglieder auf dem Gab-Netzwerk und auf Twitter, auch nachdem er seine ursprünglichen Konten dort gelöscht hatte. The Base verbreitet dort weiter Bilder von Soldaten mit Sturmhauben, Landkarten und Gewehren, um eine detaillierte militärische Planung darzustellen. Die Karte eines menschlichen Körpers zeigt, wo man einen Gegner im Nahkampf zur Selbstverteidigung am besten aufschlitzen und abstechen kann. In ihren gesicherten Chats entwarfen die Mitglieder Meme, um eine Neonazi-Agenda in die Populärkultur einzuschleusen. Vor allem der Benutzer Poilu stellte Poster und Meme aus Fotos her, die Gruppenmitglieder von sich oder verehrten militanten Vorbildern hochluden. Dabei kam es den Herstellern nicht auf Popularität, sondern den erhofften Effekt an, Einzelne zu Terrorgewalt zu bewegen. Die Gruppe warb auch um Mitglieder auf Neonaziseiten wie Fascist Forge („Faschistenschmiede“), der Nachfolgeseite des Iron March. Der Gründer strebte mittelfristig offene, nicht verdeckte Internetpräsenz an. Auch Aktionen, die seiner Gruppe nicht zuzuordnen seien, könnten deren Botschaft verbreiten und das Erreichen ihrer Ziele beschleunigen. So empfahlen Mitglieder europäischen Verbündeten, nichtdetonierte Bomben und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg auszugraben und als Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung (IED) oder Granaten für eigene Zwecke zu verwenden. Mitglieder mit Benutzernamen wie Rimbaud und Grimoire unterstützten den Attentäter von Pittsburgh Robert Bowers und diskutierten, wie sich sein Anschlag zur Eskalation durch gleichartige Gewalt nutzen lasse. Gewalt besonders gegen Juden sei zu bejahen, da kein Jude unschuldig sei. Grimoire pries den Wert seiner Kampferfahrung, indem er behauptete, er habe in Afghanistan mit dem Maschinengewehr Zivilisten getötet, auch Frauen und Kinder. Pläne für konkrete Terrorangriffe besprachen Base-Mitglieder jedoch ebenso wie AWD nur bei realen Treffen, etwa bei ihren als Hate Camp bezeichneten paramilitärischen Trainingskursen.
Bewerber können sich mit Pseudonymen anmelden, müssen aber „Rasse“ und Geschlecht angeben sowie, welcher Neonazi- oder proweißen Organisation sie angehören und welche militärische, wissenschaftliche und technische Erfahrung sie mitbringen. Das bei Wordpress ausgefüllte Bewerbungsformular wird dann von der Base überprüft. Wird es akzeptiert, dann wird der Bewerber in einen Chatserver von Riot eingeladen, einem System für verschlüsselte Botschaften. Mitglieder können Benutzer auch direkt auf diesen Server einladen. Dort wird der Bewerber erneut überprüft. Der Privatchat der Base enthält acht Kanäle: einen allgemeinen Diskussionsraum (Imperium) und kleinere Kanäle für Selbstverteidigung, Bücher, Musik, Aktionsberichte, Trainer, Überlebenstraining. Auf der Bibliotheksseite findet der Benutzer Links zum Hochladen von PDF-Kopien von Büchern. Dieses Archiv hat 20 Sektionen, darunter Guerillakriegstaktik, Waffenherstellung, Überlebensmethoden, militärische Spionage, Waffengebrauch. In jeder Sektion befinden sich Handbücher zum Herunterladen, so zum Herstellen von Explosivstoffen und chemischen Waffen. Sie sind auch aus Fachzeitschriften für Waffen, Militärhandbüchern und Internetblogs zusammengestellt. Der Kanal für Guerillakrieg enthält ein Archiv von Videos auf BitChute. Der achte Chatkanal ist für die Region des Benutzers: Von dort aus kann er Direktnachrichten senden, Treffen und Training verabreden. Jede Region hat ihren Trainer, die danach ausgewählt werden, was sie ihre Kameraden für Fähigkeiten lehren können. Fotografien und Erfahrungsberichte dokumentieren regelmäßige, auch landesweite und internationale Mitgliedertreffen. Um diese anzuregen, bietet Spear monatlich einen Preis für Mitglieder an, die die meiste offline-Aktivität zeigen und Treffen mit mindestens zwei Mitgliedern belegen können. Zudem soll es mehrere Langzeitprojekte geben, darunter ein sicheres Kommunikationsnetzwerk auf Ham Radios (Amateurfunk).
Weil es für alle gewaltbereiten Neonazis attraktiv ist, sie praktisch an individuelle Terrorangewalt heranführt und autonome Trainer dafür ausbildet, sehen Beobachter wie SPLC und ADL in der Base ein enormes Gefahrenpotential für die öffentliche Sicherheit. Der Terrorismusexperte Amarnath Amarasingam sieht die wachsende Zusammenarbeit mit Terrorgruppen wie AWD als Zeichen einer Eskalation in der Neonaziszene, die zu größter Sorge Anlass gebe. Sie stellten dabei ideologische Unterschiede für die gemeinsame Sache zurück, um ihre begrenzten Mittel im Interesse aller zu teilen. Gerade die relativ kleine Mitgliederzahl vergrößere die Gefahr von Terroranschlägen „einsamer Wölfe“.[58]
Am 21. und 22. September 2019 besprühten der 18-jährige Neonazi Richard Tobin aus New Jersey und Helfer mehrere Synagogen in Michigan und Wisconsin mit Graffiti von Hakenkreuzen und Wolfsangeln. Nach Tobins Festnahme fand das FBI in seinen Computerdaten, dass er aktives Mitglied von The Base und AWD war und gegenseitige Kontakte beider Gruppen vermittelte. Er führte eine Zelle der Base an und hatte unter dem Namen „Operation Kristallnacht“ Vandalismen an Synagogen in den ganzen USA geplant, um an die Novemberpogrome 1938 zu erinnern. Zudem erstellte er Propaganda für AWD, verkaufte AWD-Insignien und sammelte so Geld für eine Neuausgabe der Schriften von James Mason. In seinem Verhör gab Tobin an, er habe ein Selbstmordattentat oder einen Anschlag mit einem mit Fassbomben beladenen Lkw (wie Timothy McVeigh) erwogen. Auch sei er kurz davor gewesen, Afroamerikaner in einem Einkaufszentrum mit einer Machete abzuschlachten. Seine Computerdaten zeigten laut dem FBI seine „Besessenheit“ von Nazipropaganda, Terror und brutalen Akten von Massengewalt, darunter bearbeitete Videos vom Terroranschlag auf zwei Moscheen in Christchurch, Fotos von dortigen Mordopfern und von Gewalttaten gegen Juden, Afroamerikaner und andere Minderheiten sowie Anleitungen zum Bau von Lkw-Bomben. Mit der Anklage gegen Tobin wurde seine Gruppe, ihre enge Verbindung mit der AWD und ihre Gefährlichkeit erstmals genauer bekannt.[59]
Im Januar 2020 führte das FBI zwei Razzien bei mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe durch, nahm sieben Personen fest und klagte einige davon der Vorbereitung eines „Rassenkrieges“ an. Dabei wurde der Gründer „Norman Spear“ als der 46-jährige US-Bürger Rinaldo Nazzaro enttarnt, der im Netz auch als “Roman Wolf” aufgetreten war. Er war ein langjähriger Mitarbeiter von Nachrichten- und Sicherheitsdiensten und warb für seine Firma mit angeblichen Militäreinsätzen in Russland und Afghanistan. Er soll in Russland mit einer russischen Frau zusammenleben. Seinen Realnamen nutzte er nur bei Landkäufen und Firmenanmeldung. Im Dezember 2018 hatte er über seine Firma Base Global Land in Ferry County (Bundesstaat Washington) gekauft. Am 5. August 2019 warnte die Antifa-Gruppe Eugene Antifa im benachbarten Oregon, die Base wolle auf dem Landstück ein „Hass-Camp“ durchführen, und benannte „Norman Spear“ anhand von aufgedeckten Chats als Käufer. Daraufhin wurden Medien und lokale Polizei aktiv und fanden über Steuerformulare Klarnamen und frühere Adresse des Käufers in New Jersey. Der Landkauf stimmte mit der von dem verstorbenen Rassisten Harold Covington propagierten Strategie überein, im Nordwesten der USA Siedlungsgebiete nur für weiße Rassisten zu schaffen (Northwest Territorial Imperative – NTI). „Norman Spear“ hatte sich im Dezember 2017 auf einem rechtsextremen Podcast als Organisator der „Nordwestfront“ vorgestellt, einer weiteren rassistischen Gruppe, und einen Vierphasenplan mit dem Ziel geschildert, einen unabhängigen Ethnostaat im pazifischen Nordwesten zu erreichen, zu dem die weißen Amerikaner dann übersiedeln würden. Zugleich hatte er in Kurzfilmen Taktik und Strategie eines Guerillakampfes beschrieben. In einem Videoarchiv der Webplattform Bitchute wurde er als „Experte für Verteidigungsübungen und früherer CIA-Feldoffizier Norman Spear“ vorgestellt.[60]
Anfang 2020 plante die Gruppe The Base einen Anschlag auf eine Waffenshow in Virginia und auf einen FBI-Mann, den sie als Spitzel verdächtigten. In einem abgehörten Gruppentelefonat berieten sich Rinaldo Nazzaro und andere über ihr Vorgehen und erwogen, den Plan abzusagen. Nazzaro beschrieb die AWD als Vorbild, um trotz strafrechtlicher Verfolgung die eigene Marke und Attraktivität für die rechtsextreme Szene aufrechtzuerhalten. Er kündigte den Ausschluss des Mitglieds “Won’t Go Back” und warnte vor dem Mitglied “Eisen”. Daraufhin nahm das FBI am 16. und 24. Januar sieben Mitglieder fest, darunter die von Nazzaro genannten Brian Lemley Jr. und William Bilbrough sowie Luke Austin Lane (“The Militant Buhdist -TMB”) und Patrik Mathews, die Anführer der Zellen in Georgia und Maryland. Sie sollen unter anderem ein Attentat auf ein Antifa-Paar, einen Massenmord bei jener Waffenshow und Vandalismus an mehreren Synagogen geplant haben.[61]
Antipodean Resistance
Am 29. Februar 2016 warben australische Neonazis (Nutzernamen „Chud“ und „Kehlsteinhaus“) auf dem Neonaziforum Iron March um „jüngere Nationalsozialisten, 14-25“ für eine neue, noch namenlose Gruppe. Sie werde „den Kampf zum Feind tragen“, etwa zu einer Synagoge, um „den Abschaum einzuschüchtern“ und „wissen zu lassen, dass ihr es ernst meint“. Ab 10. Oktober 2016 trat die Gruppe Antipodean Resistance (AR) mit eigenem Teilforum auf dem Iron March hervor. Die AR-Flagge ist blau mit schwarzem Hakenkreuz. Das AR-Logo zeigt eine Totenkopfmaske und einen weißen Akubra-Hut, der auf einem Hakenkreuz ruht, mit einer schwarzen Sonne im Kranzgebinde als Hintergrund.
AR vertritt wie AWD eine offen nationalsozialistische, extrem antisemitische, rassistische und homophobe Ideologie und ruft zu Guerillakrieg und Terror auf. Alle Australier nichteuropäischer Herkunft werden als Feinde betrachtet, aber „die Juden“ gelten als primärer und absoluter Feind, der als Weltjudentum angeblich Banken, Regierungen und Medien kontrolliere und einen „weißen Genozid“ durch Massenmigration in mehrheitlich weiße Länder plane. AR-Mitglied „Xav“, dessen Benutzerprofil „Juden vergasen“ als sein „Interesse“ nannte, zitierte das Gruppenmotto: „Wir sind die Hitlers, auf die ihr gewartet habt.“ Andere schrieben: „Wir Nationalsozialisten hier werden wie unsere Brüder in Übersee unsere Nationnen zurückholen“. Man wolle keine Massen, sondern die kampfbereiten Fanatiker, die im Alltag aktiv „die Wiedergeburt unseres Volkes“ anstrebten. Als Nahziel wolle man alle fanatischen nationalsozialistischen jungen Australier in einer Jugendbewegung vereinen und weiter die eigene Ideologie verbreiten, hauptsächlich durch Poster, Aufkleber und physische Aktivitäten, später auch durch Aufmärsche und Kundgebungen.
Von Beginn an betonten AR-Mitglieder ihre Kontakte und ideologische Nähe zur AWD in den USA, zur britischen National Action (NA), zum Nordic Resistance Movement (NRM) in Skandinavien und anderen. Die AR-Webseite nannte am 21. Februar 2017 NA, NRM und die historische NSDAP als wichtigste Inspiration. AR-Spruchbänder vom Januar 2018 an Autobahnbrücken trugen den Satz „Weiße Revolution ist die einzige Lösung“, der im November 2017 auch auf Iron-March-Plakaten in Toronto (Kanada) aufgetaucht war. Die von der SS übernommene Totenkopfsymbolik und der rechtsextreme Zahlencode 1488 verbinden AR mit dem Iron March und anderen dort entstandenen Neonazigruppen. Obwohl die AWD auf der AR-Webseite nicht genannt wird, verwenden AR und AWD in ihrem Propagandamaterial identische Bilder, Symbole, Masken, Parolen wie Join your local Nazis, stellen die gleichen Aufnahmebedingungen und bieten gleichartige Aktivitäten an, vor allem Kampf- und Schusswaffentraining. AR beruft sich auf dieselben ideologischen Vorbilder, etwa auf William Luther Pierce und dessen Turner Tagebücher sowie auf James Mason und dessen Buch Siege. Zwischen Mitgliedern beider Gruppen bestehen online und reale Kontakte.
Nach Eigenangaben vom Januar 2018 hatte AR bis dahin in Australien rund 300 Mitglieder, meist junge Männer. Sie halten ihre Identitäten möglichst geheim, verbergen in Videos und auf Fotos stets ihre Gesichter mit Totenkopfmasken und zeigen keine Tattoos. Nach Hinweisen stammen viele Mitglieder aus wohlhabenden Familien und besuchen Privatschulen. Teilgruppen bestehen unter anderen in Adelaide, Ballarat, Bathurst, Bega, Bendigo, Brisbane, Devonport, Gold Coast, Hobart, Launceston, Melbourne, Newcastle, Perth, Sunshine Coast, Sydney, Toowoomba und Townsville. Seit Februar 2018 besteht auch ein AR-Zweig für Frauen namens Antipodean Resistance Women’s Alliance (ARWA).
Zu den bevorzugten Trainingsgebieten von AR gehören Grampians and Wilsons Promontory in Victoria, der Brisbane Forest Park, Mount Glorious, Mount Beerburrum, das Hinterland von Gold Coast und Queensland, Mount Warning und andere. Hauptaktivität von AR ist jedoch das Verbreiten von Propaganda. AR-Plakate haben wenige immer wiederkehrende Themen: Juden, Homosexuelle, Migranten bzw. Aborigines und Nazis. Sie dämonisieren Juden als Vergifter der australischen Gesellschaft, drängen Homosexuelle zum Suizid, zeigen Hitler-Portraits und die Stürmer-Parole „Die Juden sind unser Unglück“. Dies begann am 9. Oktober 2016 in Melbourne: Ein AR-Plakat zeigte die Erschießung eines Homosexuellen mit dem Text „Raus mit dem sodomitischen Dreck aus unseren Straßen“. Am 3. Dezember 2016 rief ein AR-Plakat unter dem Titel „Stop the Hordes“ zum Vertreiben oder Töten von „duneskins, shitskins, niggers, chinks“ auf. Eine mit dem Davidstern versehene Hand darüber sollte „den Juden“ symbolisieren, der vermeintlich hinter der Einwanderung Nichtweißer stecke. Am 13. Februar 2017 folgte der Aufruf „Reject Jewish Poison“ mit einer Karikatur im Stürmer-Stil und der Parole „National Socialism or Nothing.“ Zum „Hitlergeburtstag“ am 20. April 2017 riefen AR-Poster auf: „Legalisiert die Hinrichtung von Juden“, „Exekutiert Juden“ (verbunden mit dem Foto einer Erschießung von Juden im Jahr 1941), 420 Blaze It (bezogen auf Krematorien in nationalsozialistischen Vernichtungslagern) und 420 Raise It (bezogen auf den Hitlergruß). Am Australia Day 2018 schürten AR-Poster Hass gegen Aborigines und riefen zur Deportation chinesischer Studenten auf. Hunderte solcher Plakate wurden nachts an Universitäten verteilt, um dort junge Mitglieder anzuwerben.[62]
Im September 2018 beklebten AR-Mitglieder das Bürofenster von Jacklyn Trad in Queensland mit Hakenkreuzaufklebern. Die Ministerpräsidentin hatte am selben Tag eine Rede von Fraser Anning scharf kritisiert, in der er eine „Endlösung“ für Migration gefordert und damit sprachlich auf die NS-Bezeichnung „Endlösung der Judenfrage“ für den Holocaust angespielt hatte. Zudem hatte sie Frasers Katter’s Australian Party fünf Mitarbeiter entzogen, weil diese sich weigerte, sich von Frasers Wortwahl zu distanzieren. Sie wertete die Aufkleber als Einschüchterungsversuch.[63]
Im Oktober 2018 ergab eine parlamentarische Untersuchung in New South Wales, dass 35 jüngere Abgeordnete der National Party of Australia Verbindungen zu Neonazis hatten. Einer davon trat in einem AR-Propagandavideo mit Aussagen auf, die Hitler feierten. 15 Abgeordnete der Partei traten daraufhin zurück.[64] Die Partei schloss 20 Mitglieder auf Lebenszeit aus, nachdem das Investigativkollektiv Unicorn Riot ihre rechtsextreme Haltung und Kontakte in Chats auf Discord aufgedeckt hatte. So hatte das spätere Aussteigerpaar Lisa Sandford und Justin Beulah 2017 auch AR-Propaganda weiterverbreitet.[65]
Im Jahr 2018 nahmen antisemitische Vorfälle in Australien um 59 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Rechtsextremer Vandalismus, Graffiti und Drohungen im Internet erreichten einen Höchststand seit 2014. Der Anstieg ging großenteils auf Aktivitäten von AR zurück, darunter Versuche, die National Party zu infiltrieren, neue Mitglieder anzuwerben und NS-Ideologie zu verbreiten. Die Täter waren durchschnittlich jünger, besser ausgebildet und politisch versierter als zuvor.[66]
Der spätere rechtsextreme Massenmörder Brenton Tarrant postete im Dezember 2017 eine fünf-Sterne-Bewertung für ein Unternehmen des 24-jährigen Faschisten Marcus Christensen. Dieser gehörte zur australischen Neonazigruppe Lads Society und verbreitete Propagandabilder der AR im Internet. Deren Logo mit dem Totenkopfsymbol zierte seine Scheckkarte. Er bestritt direkte Kontakte mit Tarrant; der Anführer der Lad Society räumte dagegen online-Kontakte mit Tarrant seit 2015 ein und erklärte, er habe Tarrant für seine Gruppe anzuwerben versucht.[67]
Northern Order
Im Frühjahr 2018 wurde die AWD-Gruppe Northern Order in Kanada bekannt. Sie wurde von der Gruppe Antifasciste Montreal zunächst als reines Internetphänomen eingestuft, bis Journalisten von Vice ein Mitglied in Ontario fanden: den 22-jährigen Chefpropagandisten mit dem Nutzernamen Dark Foreigner. Er hatte sich 2017 auf dem Iron March als Nationalsozialist aus Ontario vorgestellt, der „faschistischen Aktivismus“ in Kanada betreiben wolle, sich die für Propaganda nützliche Fertigkeiten aneigne und einen Kameraden darin ausbilde. Er machte den früheren Premierminister Pierre Trudeau für Kanadas multikulturelle Gesellschaft verantwortlich und äußerte sich dazu antisemitisch. Besonderen Hass zeigte er gegenüber Queer-Personen, die er „als allererste vergasen“ wollte. Er illustrierte Bücher von Alexander Slavros, dem Gründer des Iron March, erstellte zahlreiche typische AWD-Grafiken und verkaufte diese online als Aufdrucke auf T-Shirts und Tassen. Auf Plattformen wie 4chan wurden in Debatten zu AWD stets Bilder von ihm gezeigt; andere Neonazis holten seine Erlaubnis dazu ein. Ob er auch AWD-Videos herstellte, ist unklar. Zu seinen Followern gehörte eine Dark-Folk-Band in Norwegen und Jordan Peterson, ein umstrittener Professor der University of Toronto. Am 29. Januar 2018, genau ein Jahr nach dem rechtsextremen Anschlag auf das Centre culturel islamique de Québec, erschienen Poster mit seinen Bildern und der Unterschrift Northern Order in einer Moschee in Ottawa.[68]
Bis Juli 2018 fand Vice zehn kanadische Mitglieder von Northern Order, die ihre Aktivitäten mit AWD-USA abstimmten. Ein Mitglied (Alba) plante offen, im ländlichen British Columbia einen autonomen Ethnostaat aus rein weißen Siedlern zu schaffen, ähnlich wie der Neonazi Craig Cobb es 2012 in Leith (North Dakota) versucht hatte und wie es AWD-Führer John Cameron Denton in den USA anstrebt. Alba stellt sich als Mitglied der kanadischen Armee dar. Andere Mitglieder seiner Gruppe streben ein Militärtraining für Aufstandstaktiken an. Dark Foreigner hat bereits an einem Hate Camp der AWD teilgenommen. Aufkleber der Gruppe in Toronto und Montreal forderten: „join the white jihad.“ Zudem bestehen weitere kanadische Gruppen, die White Supremacy vertreten, einen Ethnostaat anstreben und die Bilder und Ideologie von AWD verwenden. Kanadische Antiterrorexperten halten das Vorgehen von Northern Order, auf publikumswirksame Aktivitäten zu verzichten, sich mit AWD zu koordinieren und Terroranschläge grenzüberschreitend verschwiegen vorzubereiten, für ein Alarmzeichen.[69]
Sonnenkrieg Division
Von Oktober 2017 bis April 2018 tauchten in Cardiff (Wales) Poster und Graffiti mit der AWD-Parole Join your local Nazis, Nazi Zone, Hakenkreuzen und Links auf eine dem rechtsextremen System Resistance Network zugehörige Webseite auf. Im September 2018 nahm Polizei des Wales Extremism and Counter Terrorism Unit (WECTU) einen 19-Jährigen als verdächtigen Urheber fest.[70]
Laut monatelangen Recherchen der BBC entstand im Jahr 2017 die Sonnenkrieg Division als britische Teilgruppe der AWD. Sie wurde anfangs auf höchstens zehn bis fünfzehn Mitglieder geschätzt. Ihr Gründer und Anführer ist der 22-jährige Student Andrew Dymock (Pseudonym „Blitzy“) aus Bath. Er und weitere Mitglieder waren zuvor im System Resistance Network aktiv, das rassistische Übergriffe in zehn britischen Städten beging. Als Chefpropagandist gilt der Schüler Oskar Koczorowski aus London. Er gehörte zuvor zur neonazistischen National Action, die im Dezember 2016 als erste britische rechtsextreme Gruppe seit 1945 verboten worden war. Beide kommunizierten in verschlüsselten Chats mit AWD-USA; Dymock plante, AWD-Mitglieder in den USA zu besuchen. Er beschrieb seine Gruppe als „Atomwaffen mit weniger Gewehren“, die „voll auf Universal Order“ stehe, und erklärte, man solle „alle Polizisten töten“ und „zu Tode vergewaltigen“. Koczorowski zeigte Fotos von sich mit der AWD-Maske nahe dem britischen Parlament und ein Video, in dem eine britische Flagge verbrannt wird. Propagandabilder der Gruppe stellten Prinz Harry wegen seiner Ehe mit einer „Mischlingsfrau“ als „Rassenverräter“ dar, fordern, ihn zu erschießen, glorifizierten den norwegischen Massenmörder Anders Breivik und riefen zum Mord an weißen Frauen auf, die sich mit nichtweißen Männern einlassen. Andere Mitglieder berichteten, sie hätten junge Frauen deswegen zu Selbstverstümmelung ermutigt, und zeigten Bilder davon. Weitere Bilder zeigten ein auf dem Boden liegendes nacktes Mädchen, in dessen Haut ein Hakenkreuz und Runen eingeritzt sind, während Dymock ein Buch von James Mason über ihr durch die Luft schwingt. Dymock soll wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe auf minderjährige Mädchen von der britischen Polizei verhört worden sein. Auf Nachfragen bestritt er die Vorwürfe.[71]
Am 6. Dezember 2018, einen Tag nach dem BBC-Erstbericht, wurden drei Mitglieder der Gruppe festgenommen und wegen der Herstellung und Verbreitung von Terrorpropaganda unter anderem auf dem Gab-Netzwerk angeklagt. Oskar Koczorowski und der 19-jährige Student Michal Szewczuk aus Leeds gaben zu, sie hätten Terroranschläge gegen Prinz Harry und Polizisten angeregt. Szewczuk räumte auch den Besitz dafür geeigneter Dokumente ein. Er hatte zum „systematischen Schlachten“ von Frauen und Vergewaltigen von Säuglingen aufgerufen und besaß Anleitungen zum Bombenbau, zum Ausüben von islamistischem Terror und ein Handbuch zum „weißen Widerstand“. Gegen das dritte Gruppenmitglied wurden Ermittlungen eingeleitet.[72]
Im Juni 2019 wurde Koczorowski zu 18 Monaten Haft auf Bewährung, Szewczuk zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt. Laut der Urteilsbegründung war ihre selbst hergestellte Terrorpropaganda einheitlich gewaltsam und bedrohend, enthielt Vergewaltigung und Hinrichtung, zielte auf Nichtweiße und Juden, ermutigte offen zu Gewalttaten gegen öffentliche Personen und warb für die rechtsextremen Terrorgruppen „Sonnenkrieg“ und AWD, die ihrerseits eine rassistische und antisemitische Ideologie, den völligen Ausstieg aus dem „System“ verträten und Terrorgewalt beabsichtigten. Gutachter hatten die Bezüge beider Gruppen und ihre Gefährlichkeit im Detail bezeugt. Szewczuks Strafmaß war höher, weil er gegen frühere Bewährungsauflagen verstoßen, in einem eigenen Blog eine extreme, gewalttätige Misogynie vertreten und zum Vergewaltigen und Enthaupten von Säuglingen und Foltern von Frauen aufgerufen hatte. Die Sonnenkrieg Division gilt aufgrund der Ermittlungsergebnisse dieses Prozesses als die extremste Neonazigruppe in Großbritannien seit dem Verbot der National Action von 2016.[73]
Feuerkrieg Division
Eine Neonazigruppe namens Feuerkrieg Division (FKD) tauchte erstmals im Januar 2019 auf verschiedenen Webseiten in Europa auf. Nach Recherchen der Amadeu Antonio Stiftung wollte die Gruppe 2019 in Belgien, Deutschland, Estland, Großbritannien, Irland, Kanada, den Niederlanden, Norwegen und Russland ihre Flugblätter verteilen und dies dann mit Fotografien auf ihrem Telegram-Kanal belegen. Wie die AWD vertritt die FKD den Akzelerationismus nach James Mason („Siegeculture“), ruft zum „Rassenkrieg“ bzw. „Heiligen Krieg“ oder „weißen Jihad“ und zu Anschlägen auf Synagogen und Moscheen auf, behauptet, Juden kontrollierten das „System“, ermuntert Mitglieder, sich zu „opfern“ und das politische und kulturelle „System“ mit Gewaltmitteln zu „reparieren“, bis es „weiße Ethnostaaten“ gebe, und zeigt dazu Bilder selbstgebauter Sprengköpfe. Laut ADL hatte die FKD 2019 weltweit rund 30 Mitglieder. Laut Spiegel wuchs sie bis Februar 2020 auf rund 70 Personen, davon 32 in den USA, neun in Großbritannien, je sechs in Deutschland und Kanada.[51] Der Fachbuchautor und Szenekenner Roland Sieber schätzt FKD insgesamt auf etwa 50 bis 70 Mitglieder. Es seien meist junge, ideologisch gefestigte und sehr gewaltbereite Neonazis.[74]
Ihr Anführer gab an, er lebe in den Niederlanden, doch die Gruppe habe auch in Estland mindestens ein Mitglied. Er lobte die Morde von Dylann Roof und Robert Bowers: Sie hätten rassische, religiöse und ethnische Spannungen vermehrt und so der nationalsozialistischen Bewegung mehr Rekruten zugetrieben. Im Februar 2019 verbreitete FKD Propagandamaterial auf WordPress, YouTube und dem Gab-Netzwerk; ferner besaß FKD Konten auf Twitter und bei Fascist Forge. Darüber wurden vor allem Personen angesprochen, die das Buch Siege inspirierte, im realen Leben aktiv zu werden. Über das Gab-Konto verbreitete FKD zahlreiche Bilder und Texte, die zu Gewalt gegen Regierungsbeamte, Juden, Feministen, LGBT-Personen und Linke ermutigen, darunter ein Bild vom Bombenanschlag auf das Murrah Federal Building in Oklahoma City und ein Gedicht, das zum Mord an Juden und Verbrennen von Synagogen aufruft.[75]
Bis Juni 2019 war nur eine britische FKD-Zelle mit eigenem Emblem und E-Mail-Adresse bekannt. Am 13. und 14. Juni 2019 verkündete das Konto @FK_Division im Gab-Netzwerk, FKD habe „offizielle neue Zellen“ in Großbritannien, Irland und Deutschland gebildet. Man suche dort zusätzliche Mitglieder. Am 3. August 2019 postete das FKD-Konto das Bild eines mit Schwertern durchstochenen Totenkopfs, das in allen folgenden Posts als neues FKD-Emblem erschien. Das Poster dazu verwies auf die Massenmörder Dylann Roof und Brenton Tarrant, auf die National Socialist Liberation Front (NSLF) von 1974 und enthielt Fotos der Eternal Wignat, die so als FKD-Mitglieder erschienen. Am 5. August erklärte FKD auf Telegram, man habe eine „kanadische Zelle“ gegründet. Ein Poster dazu zeigte den Davidstern auf einer Landkarte Kanadas und die Aussagen: „Unser Feuer wächst. Nur Kugeln werden uns stoppen!“ (englisch) „Gott strafe Kanada“ (deutsch). Wie üblich in der FKD-Propaganda enthielt das Poster die bekannte E-Mail-Adresse und den Aufruf Join your local Nazis. Viele FKD-Beiträge auf Telegram werben auch in den USA um Mitglieder, vor allem in Kalifornien, Texas, New York und der Region der Großen Seen. Den Detailangaben zufolge wohnen FKD-Mitglieder schon in diesen Gebieten und haben dort Zellen gebildet oder streben diese an. Damit wurde fraglich, ob FKD noch als europäische Teilgruppe von AWD gelten kann oder wie AWD als internationales rechtsextremes Netzwerk anzusehen ist.[76]
Der im September 2019 festgenommene US-Soldat Jarrett William Smith (Benutzername „Anti-Kosmik“) gehörte sowohl zur AWD als auch zur FKD. Ein FKD-Anführer aus Estland (@CommanderFKD) identifizierte ihn in der rechtsextremen Chatgruppe Slovak’s War Room auf Telegram als FKD-Mitglied. Nach seiner Festnahme veröffentlichte FKD ein „Tributbild“ von Smith und nannte ihn „unser Kamerad“. Die von Antifaschisten entschlüsselte Kommunikation zeigt, dass FKD sich als internationale eigene Gruppe, nicht als baltischer oder europäischer Teil der AWD versteht. Gleichwohl gilt FKD in Medienberichten meist als Splitter, Zweig oder Abspaltung der AWD.[77]
Am 5. Oktober 2019 kündigte der FKD-Commander im internen Chat an: „EksD hat den Kanal verlassen… Er wird zurückkommen. Sofern er nicht scheitert, wird etwas Großes passieren… Schweigt, Brüder.“ Am nächsten Tag lag ein selbstgebauter Sprengsatz vor einem Gebäude in Vilnius, dessen Wand mit einem Hakenkreuz beschmiert worden war. Die Bombe zündete nicht. Am 8. Oktober erschien im FKD-Kanal auf Telegram ein Video unter dem Titel „Unsere Drohungen sind nicht leer“, das Presseberichte über den Anschlagsversuch und Fotografien von selbstgebauten Sprengsätzen zeigte. Am 12. Oktober meldete sich „EksD“ wieder in der FKD-Chatgruppe: „Jeder weiß wahrscheinlich, warum ich mich abgemeldet habe… Bleibt nur noch die Frage, wann ihr Neger euren Teil beitragt.“ Weitere interne Chatprotokolle, die die Zeitschrift Der Spiegel aufdeckte, zeigten, wie sich FKD global vernetzt, Hass verbreitet und Anschläge plant.[78]
Schon am 13. Juni 2019 kündigte die FKD auf ihrem inzwischen gelöschten Gab-Kanal „Feuerkrieg Division Official“ eine deutsche Zelle an. Ab Juli 2019 eröffnete FKD einen Telegram-Kanal. Der erste Post bezog sich programmatisch auf den Nationalsozialismus, auf Anders Breivik und kündigte mit blutigen Bildern „Aktivismus“ an. Am 21. August 2019 rief FKD auf Telegram dazu auf, sich der deutschen Gruppe anzuschließen und bezog sich dabei erneut positiv auf den Nationalsozialismus, die Ermordung Walter Lübckes und Brenton Tarrants Massenmord in Christchurch. Am 22. August veröffentlichte FKD acht Fotografien von ihren in Deutschland aufgehängten Postern. Am 12. September und 16. Oktober posteten sie je ein Graffiti aus Deutschland. Ferner teilten sie eine Fotografie eines Jungen, der angeblich von einem Geflüchteten, tatsächlich von einem psychisch Kranken in Frankfurt am Main vor einen Zug gestoßen wurde. Am 28. Oktober postete FKD flüchtlingsfeindliche und rassistische Bilder aus Wien und teilte das Livevideo des Attentäters Stephan Balliet beim Anschlag in Halle (Saale) 2019. Die Bild- und Textbeiträge von FKD auf Telegram sind klar antisemitisch, rassistisch, NS-verherrlichend, terroristisch und gewaltaufrufend. Auf dem Telegram-Kanal vernetzen sich FKD-Mitglieder mit Sympathisanten aus vielen Teilen der Welt und teilen Anleitungen zum Waffenbauen.
Laut dem Spiegel-Bericht nennen sich die Mitglieder der deutschen FKD-Zelle in den Chats „Teuton“, zuständig für Aufnäher mit FKD-Logo, „Dekkit“, zuständig für Propaganda, „Napola88“, „Wolfskampf“ (minderjährig) und „Jus-ad-bellum“. Der 22-jährige mutmaßliche Anführer nannte sich „Heydrich“, gab an, er habe eine militärische Ausbildung bei der Bundeswehr absolviert und im Keller seines Elternhauses eine Waffe selbst gebaut. Im Januar 2020 kündigte er an, er wolle „zum Heiligen werden“, etwa durch eine Tat gegen „ein Haus des Glaubens schlechter Menschen“. Er wollte also nach rechtsextremen Sprachgebrauch ein größeres rassistisches, islamfeindliches, antisemitisches, antifeministisches oder gegen LGBTIQ gerichtetes Attentat begehen.[51]
Als er im selben Post nach einem geeigneten Ort dafür fragte und wissen wollte, wer ein solches Anschlagsziel kenne, nahm das LKA Bayern den Mann am 5. Februar 2020 im Landkreis Cham in seinem Elternhaus fest. Er hatte sich schon mehrere Waffen besorgt und eine Waffe selbst gebaut. Die Generalstaatsanwaltschaft München erklärte, er sei der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdende Gewalttat dringend verdächtig. Chatverläufe im Darknet oder bei Telegram zeigen jedoch auch die Gewaltbereitschaft der übrigen FKD-Mitglieder, die etwa mitteilten: „Wir haben keine Angst vor dem Tod und töten jeden, der sich uns in den Weg stellt“. Sie wünschen sich, Synagogen sollten wieder brennen, und bieten dazu online Mittel an, verehren Robert Bowers, den Mörder von Pittsburgh, den Christchurch-Attentäter Brenton Tarrant, loben den Mord an Walter Lübcke und die Morde von Stephan Balliet. Der Mitbegründer Wolfram aus den Niederlanden erklärte in einem Interview, FKD habe anfangs nur einen Server besessen, sich auf online-Vernetzung konzentriert und sei dann durch weitere Aktivitäten immer weiter gewachsen. „Dekkit“ besuchte 2019 die USA und soll sich dort auch mit AWD-Mitgliedern getroffen haben, eventuell um einen Zusammenschluss beider Gruppen zu beraten.[74]
Der 22-jährige Anführer Fabian D. („Heydrich“) wurde nach Recherchen des Spiegel Mitte 2019 zum Wortführer der deutschen FKD-Zelle. Er posierte auf Fotografien maskiert mit seinem selbstgebauten Gewehr und Hitlers „Mein Kampf“. Wie Stephan Balliet war er zuvor nicht als rechtsextrem aufgefallen und hatte keine Bezüge zur regionalen Neonaziszene. Er radikalisierte sich offenbar allein durch rechtsextreme Chatgruppen im Internet. Er arbeitete bis zu seiner Festnahme als Elektriker im Schichtdienst in einem mittelständischen Betrieb. Sicherheitskreise beschrieben ihn als „Waffennarr“ und „Sicherheitsfanatiker“. Er hatte sich kurz zuvor für einen Job im IT-Bereich der Bundeswehr beworben.[79]
Nach einem Bericht des Eesti Ekspress identifizierte die Polizei im Januar 2020 in Estland einen 13-Jährigen, der die FKD im Oktober 2018 mitgegründet hatte und im Internet als ihr „Commander“ aufgetreten war. Demnach war er für die Rekrutierung neuer Mitglieder zuständig und entschied über deren Aufnahme. Er teilte Anleitungen zum Bombenbau, wünschte sich einen Anschlag in London und schlug vor, zum „100. Geburtstag“ der NSDAP im Februar 2020 militärische Trainingscamps zu organisieren. Da Jugendliche unter 14 Jahren in Estland nicht strafmündig sind, nahm die Polizei ihn nicht fest, wirkte aber nach ihren Angaben mit einem Hausbesuch und anderen rechtlichen Schritten auf ihn ein. Auch in anderen Staaten wurden weitere FKD-Mitglieder festgenommen, darunter ein 16-Jähriger in Großbritannien. Er besaß Anleitungen für den Bau von Waffen und Bomben auf seinem Computer. Ein 24-Jähriger im US-Bundesstaat Nevada gestand im Februar, er habe Anschläge auf eine Synagoge und einen LGBTQ-Klub geplant. Am 8. Februar 2020 verkündete die FKD im Netz ihre Auflösung. Laut internen Chats war diese Erklärung jedoch nur für die Öffentlichkeit gedacht; man werde unter einem neuen Namen weitermachen.[79]
Atomwaffendivision Deutschland
Laut Recherchen des Spiegel besuchte ein AWD-Mitglied aus den USA Ende 2017 die Wewelsburg bei Paderborn, eine ehemalige SS-Ordensburg. Anfang Juni 2018 erschien im Internet ein deutschsprachiges Propagandavideo der AWD.[37] Darin verkünden Männer mit Totenkopfmasken die Gründung einer deutschen AWD und erklären: „Der Nationalsozialismus lebt. Deutsche Freiheitskämpfer, folgt der Atomwaffen Division. Wir bereiten uns auf den langen, letzten Kampf in den Trümmern vor, der bald kommen wird. Die Messer werden schon gewetzt.“ Das Video zeigt Fackelmärsche von maskierten „Unsterblichen“ im südlichen Brandenburg und im sächsischen Bautzen aus den Jahren 2011 und 2012 sowie einen Aufmarsch der Neonazipartei „Der III. Weg“, an dem auch britische Neonazis der National Action teilnahmen.[80] Weitere Szenen begrüßen die „wahren Kameraden“ in den USA auf Englisch, verkünden, AWD werde sich auch in Deutschland auf den Kampf vorbereiten, zeigen das Laden einer Pistole und Fahnen mit dem Hammer-und-Schwert-Logo des rechtsextremen „Antikapitalistischen Kollektivs“ (AKK).[81] Die Bilder von Aktionen Freier Kameradschaften sind mit historischen Aufnahmen von Aufmärschen früherer Nationalsozialisten und Kriegsbildern kombiniert. Am Ende posiert ein Mann mit Totenkopfmaske und AWD-Fahne vor der Wewelsburg.[82] Die AWD verbreitete das deutsche Rekrutierungsvideo auch in den USA.[81] Mitglieder schrieben in einer E-Mail 2018, ihre Gruppe sei noch sehr klein und stehe „in der Anfangsphase der Formation der deutschen Atomwaffendivision“. Ihr Schwerpunkt liege auf „Gewalt und Töten sowie auf Propaganda, die zu solcher Gewalt und solchem Töten führt.“ Sie kündigten eine Werbekampagne in Deutschland an.[37]
Bis Juni 2018 hatte die Bundesregierung Kenntnis von der AWDD.[83] Das Bundeskriminalamt (BKA) sah damals keine Anhaltspunkte für eine terroristische Vereinigung.[84] Das Bundesinnenministerium beobachtete die Gruppe aber wegen möglicher Aktivitäten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Das GETZ hatte keine Hinweise auf seine Mitgliedszahl.[85]
Im Herbst 2018 verfolgte ein AWD-Mitglied aus den USA eine Antifaschistin bis nach Deutschland. Nach Warnhinweisen der US-Behörden bat die deutsche Polizei die bedrohte Frau im November 2018, für ihre Sicherheit zu sorgen, weil man die Aufenthaltsorte der Kontaktpersonen des eingereisten US-Bürgers nicht kenne. Im November 2019, nach weiteren Anschlags- und Morddrohungen, machte die Frau den Vorgang öffentlich und mahnte die Behörden, AWD unbedingt als internationale Terrororganisation zu behandeln.[86]
Im November 2011, kurz nach der Enttarnung der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), waren in Berlin Flugblätter erschienen, die späteren AWD-Texten ähnelten und auf eine authentische und gefährliche rechte Terrorgruppe hindeuteten. Im November 2018, kurz vor dem Jahrestag der Novemberpogrome 1938, lagen Flugblätter und Briefe mit dem AWD-Logo und einer E-Mail-Adresse im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie zeigten Männer in Tarnkleidung mit Totenkopfmasken und Sturmgewehren und riefen die „Deutschen Studenten“ auf: „Mißbraucht euren Geist nicht länger in den Diensten der Volksfeinde!“ Man solle sich auf den Bürgerkrieg vorbereiten und der „Atomwaffen-Division“ folgen. Eine Seriennummer darüber verwies auf mindestens 40 derartige Flugschriften.[87]
Im April 2019 tauchten Flugblätter der AWDD mit Gewaltaufrufen und verfassungswidrigen Symbolen in Frankfurt am Main auf. Im Mai 2019 lagen AWDD-Flugblätter in einer Bibliothek der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie zeigten einen Maskierten, der einen Betenden vor einer Moschee mit einer Axt angreift, und riefen zum Mord an Muslimen, Rabbinern und Imamen auf. Ein weiteres Flugblatt zeigte einen Mann mit Totenkopfmaske und Sturmgewehr vor dem brennenden Brandenburger Tor und rief zum „totalen Bürgerkrieg“ auf. Der Text behauptete, es drohe eine Vernichtung der „weißen Rasse“ durch angeblich von Juden gesteuerte Migration, und erwähnte den UN-Migrationspakt vom Dezember 2018.[85]
Ende Mai 2019 lagen AWDD-Flyer in einem Hausflur in der Keupstraße nahe der Stelle, wo der NSU am 9. Juni 2004 den Nagelbombenanschlag in Köln verübt hatte. Sie zeigten unter dem Titel „Botschaft an die Moslems in Deutschland“ einen Vermummten, der einen betenden Muslim mit einer Axt enthauptet. Kölner Muslime erhielten die Flyer als Drohbriefe.[37] Die Autoren drohten den Muslimen baldige gezielte Angriffe an und bezeichneten sie als „das willfährige Werkzeug der Juden, um Deutschland und Europa zu zerstören“.[88] Unbekannte warfen die Flyer zwischen dem 29. Mai und dem 3. Juni 2019 in Briefkästen in Köln-Mülheim.[89]
Am 27. Oktober 2019 schrieb ein Absender „atom11“ eine E-Mail an den Politiker Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen): „Auch Sie linke Türkensau haben es nun auf unsere Todesliste geschafft […]. Momentan sind Sie der Erste auf unserer Liste, weshalb sie sich sehr glücklich schätzen können. Wir sind die Atomwaffen-Division Deutschland und führen das weiter, was in Amerika begonnen hat, denn wir sind eine global vernetzte rechtsextreme Organisation mit Kontakten zu Millitanten Gruppierungen in ganz Europa und Amerika. […] Es ist unser Ziel, die größte rechtsextreme Organisation nach dem Ende des Dritten Reiches zu werden.“[90] Man plane, Özdemir auf der nächsten öffentlichen Kundgebung oder vor seiner Wohnung hinzurichten. 18 Minuten später erhielt Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Die Grünen) vom selben Absender die Drohung, sie sei „zurzeit Platz zwei auf unserer Abschussliste.“ Sie müsse sich bis zum 9. November 2019 schriftlich in den sozialen Medien klar von den Grünen distanzieren.[91] „Die Phase bevorstehender Säuberungen wurde mit Herr Lübcke und dem Herrn Hollstein eingeleitet. Es werden ihm noch viele weitere folgen. Unter anderem Sie und Herr Özdemir.“ Dies bezog sich auf den Messerangriff eines Rechtsextremen auf Andreas Hollstein (27. November 2017) und den Mord an Walter Lübcke (2. Juni 2019). Beide Mails endeten: „mit freundlichen Grüßen Atomwaffen-Division Deutschland“.[90]
Der oder die Absender wurden nicht ermittelt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ordnete die Mails in eine damalige Serie rechtsextremer Drohungen gegen deutsche Politiker ein.[37] Investigativjournalisten sahen mögliche Bezüge zu den seit 2018 stark vermehrten Morddrohungen von „NSU 2.0“ und anderen.[92] Das BKA sah nur eine abstrakte Gefahrenlage für Roth und Özdemir.[84] Der Terrorismusexperte Peter Neumann (King’s College London) fand die Drohungen dagegen „sehr konkret und spezifisch“. Er schätzte die AWDD auf 24 bis 36 extrem gewaltbereite Mitglieder.[93]
Am 7. November 2019 nahm die deutsche Polizei nach einem FBI-Hinweis den 31-jährigen Kyle M. von der AWD-USA fest und verweigerte ihm nach einem Verhör die Einreise. Er war laut den AWD-Videos schon mehrmals in Deutschland gewesen, spielte eventuell in Bands des National Socialist Black Metal (NSBM) und hatte enge Kontakte zu deutschen rechtsextremen Musikern, darunter dem verurteilten Mörder Hendrik Möbus. Auch das AWD-Mitglied Kaleb Cole soll NSBM-Konzerte in Europa besucht haben.[81]
Ab 2017 suchte ein AWD-Anhänger aus Eisenach (Leon R.) im Iron March Kontakt zu Neonazis der USA, die in Deutschland aktiv werden wollten. Er zeigte sich als Befürworter des Holocaust und Hitler-Anhänger. Auf der 2019 geschlossenen Seite xplosives.net gab er routinierte Tipps, wie man Sprengstoffe und Zündkapseln herstellen, Chemikalien entsorgen und sich scharfe Munition besorgen könne.[94] 2019 stellte er sich im Iron-March-Forum als Betreuer deutscher Webseiten dar, die Graffiti einer Eisenacher rechten Sprayergruppe zeigten und die Terrorabsicht des Attentäters von Halle Stephan Balliet verteidigten. R. gab an, er habe für das „Antikapitalistische Kollektiv“ (AKK) Propagandavideos erstellt. Weil eins davon identische Szenen eines Neonazi-Aufmarschs vom 1. Mai 2018 wie das deutsche AWD-Video vom Juni 2018 enthielt, wurde Leon R. als dessen Hersteller vermutet. Auf der Seite Fascist Forge schrieb er, er sei Anfang 20, führe eine lokale Neonazigruppe und sei zunächst im AKK aktiv gewesen. Er treibe Kampfsport in einer Gruppe, habe an Schießtrainings in Tschechien und am Neonazifestival „Schild & Schwert“ in Ostritz teilgenommen. Dort war er wegen unerlaubter passiver Bewaffnung festgenommen und später verurteilt worden. In seiner Heimatstadt Eisenach besäßen Rechte ein eigenes Haus für Veranstaltungen und Treffen. Laut der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss hatte er eventuell auch am „Asgardsrei Festival“ in Kiew teilgenommen, wo die Band Absurd von Hendrik Möbus auftrat. Dieser hatte mutmaßlich Kontakte zu einem AWD-Mitglied in den USA. Das Amt für Verfassungsschutz Thüringen wollte daher mögliche Kontakte von Eisenacher Neonazis zur AWD prüfen.[95] Laut Katharina König-Preuss war Leon R. als „Antidemokrat“ im Ironmarch-Forum registriert, trainierte bei der Kampfsportgruppe „Knockout51“ und war mit dem „Flieder Volkshaus“ der NPD-Geschäftsstelle verbunden. Er habe an mindestens einem Schießtraining von Rechten in Tschechien teilgenommen und habe Kontakte zur Asow-Miliz in der Ukraine. Somit habe sich in Eisenach ein hochgefährliches Neonazimilieu gebildet, das die Morddrohungen der AWDD gegen politische Gegner umzusetzen bereit sein könne.[57]
Im November 2019 erklärte die von Leon R. geführte Gruppe „Nationaler Aufbruch Eisenach“ sich auf Facebook für aufgelöst. Er bestritt auf seinem Instagramprofil Bezüge zur AWDD, äußerte sich aber nicht zu seinen Kontakten zur AWD-USA.[96]
Seitdem beobachteten deutsche Sicherheitsbehörden verstärkt mögliche deutsche Kontaktpersonen der AWD.[97] Im Auftrag des Generalbundesanwalts (GBA) identifizierte die BKA-Sonderkommission „Kern“ in rechten Chatgruppen mutmaßliche AWDD-Mitglieder mit Decknamen wie „Napola88“, „Hackeblock“ und „Dekkit“. Im Frühjahr 2020 kündigte der 24-jährige Elektroniker Fabian D. („Heydrich“) in Chats an, er werde aus schon gekauften Teilen eines Sturmgewehrs eine Kriegswaffe bauen und damit zeitnah eine „Andachtsstätte“ angreifen, um zum „Heiligen“ zu werden. Er wurde festgenommen und wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat verurteilt. Gegen seine Kontaktpersonen wurde verdeckt weiter ermittelt. Der Benutzer „Jus-ad-bellum“, mutmaßlich der Bundeswehroffizier Chris Marvin C., hatte am 9. Oktober 2019 den Anschlag in Halle bejubelt und das Manifest und die Waffenbauanleitungen des Täters im Netz verbreitet. Auf seine Überwachung konnten sich BKA und MAD nicht einigen. Daher beförderte die Bundeswehr ihn 2021 zum Führungsoffizier einer Einheit, in der er ständig Zugang zu Waffen und Munition hatte.[98] Im September 2020 erwies sich, dass der Attentäter von Halle Stephan Baillet AWD-Propagandamaterial besaß. Daraufhin zog der GBA die Ermittlungen zur AWDD an sich.[99]
Im Dezember 2020 bestätigte die Bundesregierung im Innenausschuss des Bundestags die Existenz der AWDD als „antisemitische, klandestin agierende, neo-nationalsozialistische Kleingruppe“, die den „Erhalt der weißen Rasse“ propagiere und Terrorakte befürworte. Informationen zum Kenntnisstand über AWDD-Pläne gab die Regierung nicht preis. Benjamin Strasser (FDP) und Irene Mihalic (Grüne) betonten die Gefährlichkeit der AWDD, deren Mitglieder sich „ähnlich wie der NSU […] nach dem Konzept des führerlosen Widerstands“ organisierten.[100]
Bis April 2022 enttarnte die BKA-Kommission viele mutmaßliche Mitglieder und Anhänger der AWDD und ihre Verbindungen zu “Combat 18” und “Blood and Honour”. Am 6. April 2022 nahm das BKA bei einer Großrazzia bei 50 beschuldigten Rechtsextremen in elf Bundesländern auch mutmaßliche AWDD-Mitglieder fest, darunter den Bundeswehroffizier Chris Marvin C. und vier Mitglieder der Eisenacher Kampfsportgruppe „Knockout51“.[101] Leon R., Maximilian A., Eric K. und Bastian A. wurden gefährliche Körperverletzungen, Landfriedensbruch und Angriffe auf Polizisten vorgeworfen. Sie sollen spätestens ab März 2020 eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. Laut dem GBA bildete ihre Kampfsportgruppe Gleichgesinnte für Straßenkämpfe aus, um in Eisenach einen „Nazi-Kiez“ zu etablieren, provozierte und verübte gezielt Gewalt und plante Straftaten gegen Linke oder Polizisten, auch mit Hieb- und Stichwaffen. Ihr Leiter Leon R. gilt als Gründer der AWDD. Er betrieb in Eisenach die Neonazikneipe “Bull's Eye” und hatte Kontakt zur NPD und zu Stanley Röske, der mit 21 weiteren Beschuldigten die verbotene Terrorgruppe “Combat 18” neu gründen wollte. Zudem wurde gegen neun weitere Mitglieder oder Unterstützer der AWDD sowie fünf Mitglieder des ideologisch verwandten „Sonderkommandos 1418“ ermittelt.[102]
Leon R. steht seit etwa zehn Jahren im Zentrum einer militanten rechtsextremen Jugendszene in Thüringen. Im August 2020 nahm er an gewaltsamen Coronaprotesten in Berlin teil und wurde dabei festgenommen. Einige Mitglieder seiner Gruppe „Knockout51“ waren an Gewalt gegen eine Polizeikette bei einer „Querdenker“-Kundgebung am 7. November 2020 in Leipzig beteiligt. Laut der Recherchegruppe Exif traf Leon R. sich im Januar 2022 mit Bastian A. und weiteren Neonazis im Eisenacher „Flieder Volkshaus“ und leitete dort regelmäßige Trainings für Gewaltaktionen der Gruppe, vor allem Körperverletzung an politischen Gegnern. Während der Ermittlungen des GBA trat Leon R. in einem Strafprozess in Dresden als wichtigster Zeuge gegen eine mutmaßliche Linksextremistin auf, die einen Überfall auf seine Kneipe “Bull's Eye” angeführt haben soll. Vor Gericht behauptete R., er habe einen AWD-Videohersteller nur wegen einer fachspezifischen Frage kontaktiert und nicht gewusst, dass der Mann AWD-Mitglied war. Der GBA wirft R. mindestens zwei Flugblattaktionen der AWDD in Berlin und Frankfurt vor.[103]
Im März 2021 kandidierte der damals 19-jährige Marvin E. für die CDU bei der Kommunalwahl in seinem Heimatort Spangenberg (Hessen). Danach wurden seine Kontakte zur AWD bekannt. Im September 2021 fand die Polizei in seinem Elternhaus rund 600 Sprengkörper, darunter 13 selbstgebaute Bomben, und ein rassistisches Manifest, in dem E. zum „totalen Rassenkrieg“ aufforderte und sich gegen den Bestand der Bundesrepublik wandte. Am 13. April 2022 erhob der GBA Anklage gegen ihn wegen Vorbereitung eines Terroranschlags.[104] Laut seinem Pamphlet unter dem Titel „Operation Ranzekacke“ vom Juli 2021 plante E. Anschläge gegen Muslime, Juden und Ausländer, um innerhalb von drei Jahren einen Rassenkrieg zu entfachen und einen von ihm befürchteten Austausch der „weißen Rasse“ durch Fremde zu verhindern.[105] Im Text kündigte er an, einen hessischen AWD-Ableger zu gründen, um „Juden und Kanaken“ als „dumm und nicht lebenswert“ zu „dezimieren“: „Der Feind muss vernichtet werden!“ Diesen Satz zitierte er in einem Youtubevideo zu Filmaufnahmen von marschierenden NS-Soldaten.[106] Am 2. August 2022 begann der Strafprozess gegen ihn am Oberlandesgericht Frankfurt am Main.[105] Dort behauptete er am 2. September 2022, sein Text sei nur „Provokation“ gewesen. Er bekannte sich zu antisemitischen Klischees und befürwortete die Vertreibung der Juden, mit der der Nationalsozialismus „hätte funktionieren können“. Er erklärte, seine Familie habe Fotos von Adolf Hitler in einem Whatsapp-Chat „wie Emojis“ genutzt und das „witzig“ gefunden, ebenso das Bild eines weißen Mannes auf einem Fahrrad, der mit einer Maschinenpistole auf einen fliehenden schwarzen Jungen zielt, mit dem Text „Wenn beim Grillen die Kohle wegläuft“.[106]
Nach monatelanger Observation nahm die Polizei am 3. Juni 2022 in Potsdam einen 17-jährigen Neonazi fest, der in einem Chat namens „Totenwaffen“ aktiv war und rechtsterroristische Anschläge vorbereitet haben soll. Der Chat wird der in den USA aktiven Gruppe „Totenwaffen Division“ zugeordnet, die Parallelen zur AWD aufweist. Der Jugendliche soll sich Anleitungen zum Bau von Waffen, Munition und Sprengkörpern und Chemikalien zum Sprengsatzbau besorgt sowie Spreng- und Brandsätze selbst gebaut und erste Sprengversuche durchgeführt haben. Funde in seinen Wohn- und Geschäftsräumen bestätigten nach Angaben der Ermittler den Verdacht. Die Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg leitete ein Verfahren wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Verstoßes gegen das Sprenggesetz sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ein.[107]
Deutsch-englischer Telegram-Kanal
Unmittelbar nach der angeblichen Selbstauflösung veröffentlichte die „Atomwaffendivision Deutschland“ (AWDD) eine Stellungnahme, sie sei weiter aktiv. Sie verbreitete erneute Aufrufe zum Mord an Juden und Muslimen, deren antisemitische und rassistische Motive mit früheren AWDD-Flugblättern fast identisch sind. Am 18. März 2020 erstellte AWDD einen Telegram-Kanal und veröffentlichte dort unter anderem eine „deutsche Übersetzung des Atomwaffen Division Programms“ sowie zwei Tonaufnahmen in deutscher und englischer Sprache. In der deutschen Version sagt eine verzerrte Stimme: „Dies ist eine Nachricht von der Atomwaffendivision Deutschland. Wir sind sehr traurig darüber, dass unsere amerikanischen Kameraden gezwungen waren, ihre Zellen aufzulösen. Jedoch sind wir hier in Deutschland praktisch unberührt geblieben. Wir haben es geschafft, mehrere Leute für den kommenden Kampf zu rüsten und von den gierigen Händen des Systems zu befreien. Wir wollen damit fortfahren. Wir in Deutschland werden aktiv bleiben – bis zum bitteren Ende. Sieg Heil!“ Am Folgetag erschien auf dem Kanal ein zwölfseitiges Dokument mit dem Titel „Atomwaffen Division Deutschland Programm“ mit ideologischen und strategischen Überlegungen, „Verhaltensregeln“, „Rekrutierungsanforderungen“ und nationalsozialistischer „Pflichtlektüre“, darunter Hitlers „Mein Kampf“ und James Masons Buch „Siege“. AWDD befinde sich „nicht nur in einem gefährlichen Kampf gegen die Juden, sondern auch gegen unser eigenes Volk.“ Erneut verwies AWDD auf die militanten Organisationsformen „einsame Wölfe“, „kleine Zellen“ und „führerlose Widerstandsaktivitäten“. Der Holocaust wurde geleugnet und gefordert, der Nationalsozialismus verherrlicht. Zwei Grafiken wiederholten die aus früheren Flugblättern bekannten Tötungsszenarien: Eine Person mit Totenkopfmaske holt mit einer Axt oder einem Messer aus, um einen vor einer Moschee betenden Muslim zu enthaupten. Bildaufbau, Bildsprache, Schriftarten und Texturen ähneln Arbeiten des kanadischen Grafikdesigners „Dark Foreigner“, die 2017 auf der englischsprachigen Webseite atomwaffendivison.org erschienen waren.
Von März bis Juli 2020 wurden auf dem Telegram-Kanal 18 AWD-Grafiken mit deutschsprachigen Inhalten veröffentlicht. Da sich ihre Gestaltung und Verbreitung stark unterscheiden, wurden sie mutmaßlich von verschiedenen Personen erstellt. Mindestens drei Grafiken übersetzen genau ihre englischsprachigen Vorlagen. Die meisten Motive gibt es jedoch aktuell nur mit deutschem Text. Einige wurden ins Russische übersetzt und von einer „Atomwaffen Division Russland“ (AWDR) auf verschiedenen Social-Media-Plattformen und durch Einzelpersonen verbreitet.[108]
Atomwaffen Division Europe
Nach Recherchen des Portals Belltower.News stellte ein Neonazi aus Polen am 12. Januar 2021 in einem öffentlichen Telegram-Kanal die “Atomwaffen Division Europe” (abgekürzt AWDE) vor. Er hatte 2018 bei einer Demonstration in Warschau Symbole der Waffen-SS getragen und war deshalb festgenommen worden. In seinem Haus wurden damals viele NS-Devotionalien gefunden. Im Telegram-Gruppenchat gab er Verbindungen zur Misanthropic Division an, die in ganz Europa Kämpfer für das rechtsextreme Regiment Asow in der Ukraine sucht. Er selbst suchte in rechtsterroristischen Onlineforen Mitstreiter und wollte Flugblätter mit Aufrufen zum Massenmord drucken lassen. Er präsentierte einen Entwurf mit dem Spruch „Der Holocaust ist nicht passiert, er hätte passieren sollen“, einem SS-Totenkopf, der Frage „6 Millionen Juden?“ und der Antwort „Ist das eine Herausforderung?“ sowie den Kontaktdaten der Gruppe. Daraufhin wurde der öffentliche Telegramkanal der Gruppe gesperrt.
Gleichwohl erhielt die private AWDE-Telegramgruppe bis Ende April 2021 etwa 25 Mitglieder, darunter zwölf Deutsche sowie Ukrainer, Briten und US-Amerikaner. Sie behaupten, man habe keine Kontakte zur bisherigen AWD in den USA und Deutschland, übernahmen aber deren Logo, Ideologie und Strategie: Man wolle auch mit Gewalt die Vorherrschaft einer vermeintlich „weißen Rasse“ und die „Zukunft für den Nationalsozialismus in Europa“ bereiten. Laut ihren Chatprotokollen befürworten sie den „bewaffneten Widerstand“, besorgen sich Waffen von gewaltbereiten Neonazis in Russland und der Ukraine und wollen sich im Regiment Asow militärisch ausbilden lassen.
Dessen Kontaktdaten gab das deutsche AWD-Mitglied Patrick G. im Gruppenchat weiter. Zu G.s Umfeld gehören die rechtsextremen Rapper Chris Ares (Christoph Zloch), Kai Alexander Naggert („Prototyp“) und Andre Laaf („Primus“) um das Musiklabel „Neuer Deutscher Standard“ und die rechtsextreme Marke „Isegrim Clothing“. Am 14. Januar 2021 trat G.s Freund Steven T. („Steven Der Sturm“) aus Elmshorn der AWDE bei und bot an, ihre Propagandabilder zu gestalten. Er ist Beisitzer der NPD Schleswig-Holstein und gründete eine „Deutsche Patriotische Gemeinschaft“ (DPG; derzeit in „Division Sankt Michael“ umbenannt), um Jugendliche an die NPD heranzuführen. Er bot die NPD-Parteistrukturen als Plattform an, um AWDE-Anhänger zu rekrutieren, entwarf und druckte die ersten AWDE-Flyer mit der Aufschrift „Bereit für Krieg – Atomwaffen Division Europe“. Er selbst posierte für die Telegramgruppe mit Hakenkreuzflagge und Waffe. Seinem Beitritt folgten rund ein Dutzend deutsche Bekannte T.s, davon viele minderjährige Schüler. Sie sind laut ihren Follower- und Freundschaftslisten auf Facebook und Instagram in der gesamten deutschen Neonaziszene vernetzt. Sie verbreiten gewaltverherrlichende Videos von rechtsterroristischen Anschlägen, Mordaufrufe gegen Juden und Jüdinnen und rechtsextreme Hetze. Einige gehören zur lokalen Feuerwehr, zeigen sich in deren Uniform mit Hitlergruß und Totenkopfmaske und nahmen mit der verbotenen Reichskriegsflagge an regionalen Protesten gegen die Coronamaßnahmen teil. Ein 16-Jähriger nannte „C18“ (die Abkürzung von „Combat 18“) in seinem Facebookprofil und „AWDE“ in seinem Instagramprofil. Viele Gruppenmitglieder besitzen schon Waffen und zeigten Schlagstöcke, Schreckschusspistolen, Munition, Äxte, Messer neben NS-Devotionalien, Szene-Codes und Militärausrüstung auf Propagandabildern der AWDE. Sie beschrieben den Umbau von Schreckschusspistolen zu scharfen Schusswaffen und den Nachbau des Sturmgewehrs AK47 aus Plastik („Plastikov“). Ein Mitglied kündigte den Erwerb einer Uzi-Maschinenpistole an. Im Chat wurde das Tätervideo vom Terroranschlag auf zwei Moscheen in Christchurch geteilt und der Täter als „Heiliger“ gelobt.
Patrick G. und Steven T. erscheinen derzeit als führende AWDE-Aktivisten. G. gründete einen neuen privaten Chat für AWDE. Kommuniziert wird überwiegend auf Deutsch. T. bemüht sich um die internationale Vernetzung, vereinte AWDE mit seiner „Division Sankt Michael“ (DSM), verbreitete dieselben Propagandabilder mit beiden Schriftzügen und rief mit ihnen zu einem “Day of the Rope” („Tag des Hängens“) auf, an dem man „Volksverräter“ aufhängen werde. Die AWDE konnte also in wenigen Wochen trotz mehrerer Kanalsperren eine Kommunikationsstruktur aufbauen, sich international vernetzen, gefestigte Neonazi-Szenen europaweit miteinander verbinden, Minderjährige anwerben und rechtsterroristisches Handeln vorbereiten. Daher schätzen Beobachter diese Szene als „tickende Zeitbombe“ ein.[109]
National Socialist Order
Ab der angeblichen Selbstauflösung der AWD im März 2020 bildete sich in den USA und Großbritannien die direkte Nachfolgegruppe National Socialist Order. Nach britischen Regierungsangaben handelt es sich um denselben Personenkreis mit derselben Ideologie wie zuvor. Experten zufolge versucht die Nachfolgegruppe aus den vergangenen Fehlern zu lernen, sehe sich aber als “Atomwaffen Division 2.0”. Die britische Regierung verbot die AWD, ihre Nachfolgegruppe und die britischen Teilgruppen Sonnenkrieg Division und National Action daher Ende April 2021 als Terrorvereinigungen. Damit wurde Mitgliedschaft bei AWD oder einer der Teilgruppen mit bis zu zehn Jahren, nach einer erwarteten Gesetzesverschärfung mit bis zu 14 Jahren Haft strafbar. Der britische Innenminister versprach weitere Maßnahmen zum Schutz junger Menschen vor Radikalisierung durch die rassistische AWD-Ideologie; dazu diene das Verbot. Es soll das Verfolgen von AWD-Propaganda im Internet erleichtern und Plattformen verpflichten, diese zu entfernen. Bis dahin wurden in Großbritannien mehr als ein Dutzend Mitglieder der National Action und verwandter Gruppen strafrechtlich verurteilt. Experten erklärten, das AWD-Verbot sei überfällig und komme nach dem Abflauen des AWD-Wachstums eigentlich gut fünf Jahre zu spät. Die Regierung hätte schon die satanistische Vorläufergruppe The Order of Nine Angles (O9A) verbieten sollen, um deren Einfluss auf AWD und andere Neonazigruppen zu unterbinden. Dieses Verbot stehe weiter aus.[110]
Einstufungen
Der Rechtsextremismusexperte Roland Sieber betont: AWD sei ein transnationales Netzwerk, das Rechtsterrorismus weltweit fördere, den erwarteten apokalyptischen „Rassenkrieg“ mit Gewalt herbeiführen wolle und dazu explizit zum Mord an politischen Gegnern, jüdischen, muslimischen, homosexuellen und schwarzen Menschen aufrufe. Der offene Bezug zum Nationalsozialismus und zu Hitler, die rassistische Ideologie der „weißen Überlegenheit“, das Konzept des führerlosen Widerstands und der Akzelerationismus seien Merkmale der AWD-Ideologie. Die Berufung auf Masons Werk „Siege“ sei ein weltweiter Trend in der White-Supremacy-Bewegung. Immer mehr Gruppen wollten den Zusammenbruch staatlicher Ordnungen durch Terror und sexuelle Gewalt auch gegen Kinder und Minderjährige beschleunigen. Jeder rechtsextreme Mörder und Gewalttäter und auch islamistische Terroristen seien für sie Vorbild. Wie der „Islamische Staat“ verbreiteten sie ihre Terrorpropaganda global über das Internet und versuchten, weltweit neue Anhänger für Anschläge anzuwerben. AWD-Hasscamps seien mit Terrorcamps des IS vergleichbar. Zudem bauten AWD und FKD mit ihren Aufrufen, sich lokalen Nazis anzuschließen, auf bestehenden terroristischen Strukturen auf. In Deutschland seien dies Netzwerke um „Combat 18“ und „Blood and Honour“, die Schusswaffentrainings in Osteuropa organisierten.[111]
Auch der Politikwissenschaftler Jan Rathje (damals Mitarbeiter der Amadeu Antonio Stiftung) warnte 2019 davor, die von AWD ausgehenden Gefahr zu unterschätzen, und hält eine weitere Mobilisierung für Terrorgewalt über bestehende Netzwerke wie „Combat18“ oder „Blood and Honour“ für möglich.[112]
Siehe auch
Literatur
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Weblinks
Berichte
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- The Soufan Center: IntelBrief: The Atomwaffen Division (AWD): A Brief Profile. 4. April 2019
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Filme und Fotografien
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- Atomwaffen Division & The Base: A Darknet of Terror. 48Hours / ProPublica, 19. Juli 2019
- Documenting Hate: New American Nazis. Transkript; Film Frontline / PBS, November 2018
- Die „Atomwaffendivision“ in den Vereinigten Staaten. Recherche Nord, 20. April 2018
- Inside the Secret Chat Logs of American Nazis. ProPublica, Februar 2018
- Spiegel 35/2018: Fotostrecke
Einzelnachweise
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- ↑ Mike Baker, Adam Goldman, Neil MacFarquhar: White Supremacists Targeted Journalists and a Trump Official, F.B.I. Says. New York Times, 26. Februar 2020
- ↑ Ben Makuch: Audio Recording Claims Neo-Nazi Terror Group Is Disbanding. Vice.com, 16. März 2020
- ↑ a b Andreas Förster: Die Einsicht kommt spät. Freitag, Ausgabe 49/2019
- ↑ Ben Makuch, Mack Lamoureux: Neo-Nazis Are Organizing Secretive Paramilitary Training Across America. Vice, 20. November 2018
- ↑ Mack Lamoureux, Ben Makuch, Zachary Kamel: Man Arrested for Synagogue Vandalism Was Active in Two Militant Neo-Nazi Groups. Vice.com, 20. November 2019
- ↑ Jason Wilson: Revealed: the true identity of the leader of an American neo-Nazi terror group. Guardian, 24. Januar 2020
- ↑ Mack Lamoureux, Ben Makuch: Inside a Neo-Nazi Terror Cell as it Reckons with FBI Arrests. Vice.com, 30. November 2020
- ↑ Julie Nathan: Antipodean Resistance: The Rise and Goals of Australia's New Nazis. ABC.net.au, 20. April 2018
- ↑ Lucy Stone: ‚Racists are cowards‘: Trad’s office defaced with Nazi symbol. 7. September 2018
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- ↑ Katja Thorwarth: Die Atomwaffen Division – Ein IS für deutsche Nazis? FR, 21. Dezember 2019
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