Bahnhof Plochingen

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Plochingen
Empfangsgebäude des Bahnhofs Plochingen
Empfangsgebäude des Bahnhofs Plochingen
Daten
Lage im Netz Trennungsbahnhof
Bauform Durchgangsbahnhof
Bahnsteiggleise 8
Abkürzung TP[1]
IBNR 8000302
Preisklasse 2
Eröffnung 14. Dezember 1846
Profil auf Bahnhof.de Plochingen-1034518
Architektonische Daten
Baustil Jugendstil
Architekt Theodor Fischer
Lage
Stadt/Gemeinde Plochingen
Land Baden-Württemberg
Staat Deutschland
Koordinaten 48° 42′ 47″ N, 9° 24′ 42″ OKoordinaten: 48° 42′ 47″ N, 9° 24′ 42″ O
Höhe (SO) 253 m ü. NHN
Eisenbahnstrecken
Bahnhöfe in Baden-Württemberg

Der Bahnhof Plochingen ist der Bahnhof der baden-württembergischen Stadt Plochingen und der wichtigste Eisenbahnknoten des Landkreises Esslingen. Er befindet sich am Streckenkilometer 22,8 der Filstalbahn sowie am Streckenkilometer 0,0 der Bahnstrecke Plochingen–Immendingen.

Geschichte

Staatsbahnzeit

Bei der Planung der Ostbahn von Stuttgart nach Ulm sah der leitende Ingenieur Michael Knoll auch eine Station südöstlich von Plochingen vor. Zirka 1900 Personen bewohnten zu dieser Zeit die Marktgemeinde. Am 14. Dezember 1846 weihte die Königlich Württembergische Staatsbahn den Streckenabschnitt Esslingen–Plochingen ein. Die Vollendung des nächsten Teilstückes bis Süßen erfolgte am 11. Oktober 1847.[5] Das nicht mehr erhaltene erste Empfangsgebäude war ein zweistöckiger Sandsteinbau. Seit 1852 verfügte die Ostbahn von Cannstatt bis Plochingen über ein zweites Streckengleis. Am 20. September 1859 wurde der Bahnhof mit der Eröffnung des ersten Abschnitts der Bahnstrecke Plochingen–Immendingen zum Knotenbahnhof.

Im Jahr 1900 sah die Staatsbahn den Bau einer Linksufrigen Neckarbahn vor, die von Stuttgart bis Plochingen führen sollte, um die Ostbahn vom Güterverkehr zu entlasten. Die Planer überarbeiteten ihre Konzepte mehrmals. 1909 sollte die Bahnlinie dann doch in Esslingen enden, aber auch diese Variante fand keine Verwirklichung und die Ingenieure gaben ihre Idee auf. Auch eine Eisenbahnverbindung von Neuhausen nach Plochingen verwarf die Staatsbahn.

Der zunehmende Schienenverkehr machte eine Erweiterung der Bahnanlagen unausweichlich. Dazu gehörten zahlreiche neue Gleise, das Verbreitern der Bahnsteige, neue Stellwerke und ein neuer Ringschuppen mit Wasserturm. Das neue Empfangsgebäude wurde zwischen 1905 und 1907 vom Architekten Theodor Fischer im Jugendstil erbaut.[6] Auch die Arbeiterhäuser entlang der Bahnlinie stammen aus seinen Plänen.

Am 1. Juni 1913 richtete ein Wirbelsturm in Plochingen große Schäden an. Auch der Bahnhof war betroffen. Die Bahnsteigüberdachungen hielten der Naturgewalt nicht stand.

Reichsbahnzeit

Zum 1. Juni 1933 elektrifizierte die Reichsbahn die Strecke Stuttgart–Ulm. Dies brachte Plochingen erstmals einen Anschluss an den Stuttgarter Vorortverkehr. Die meisten Triebwagen aus Stuttgart endeten jedoch in Esslingen.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Bahnhof Ziel alliierter Luftangriffe. Am 21. Februar 1945 fielen Bomben auf das Gebiet des Güterschuppens und auf die Eisenbahnstraße. Der verheerendste Angriff fand am 4. April 1945 mit Jagdbombern statt, die die Bahnanlage bombardierten. Aus einem in der Nähe der alten Bahnhofstraße stehenden Personenzug flohen die Reisenden. Sieben von ihnen kamen durch Bordwaffenbeschuss ums Leben. Kurzzeitig war damals außerdem die nahegelegene Bahnstrecke Wernau–Abzweigstelle Schnaitwald in Betrieb. Sie wurde am 15. Februar 1945 eröffnet, um Güterzügen aus Richtung Tübingen in Richtung Ulm das Wenden im Bahnhof Plochingen zu ersparen, wurde aber schon 1946 wieder aufgegeben.

Bundesbahnzeit

In den 1950er Jahren begann die Einrichtung eines Hafens in Plochingen. Noch gab es Überlegungen, die Fils bis Göppingen ebenfalls zu kanalisieren und schiffbar zu machen. Darauf verzichtete die Baudirektion jedoch und Plochingen blieb der letzte Hafen. Am 12. Juli 1968 legte das erste Schiff an. Der Rheinkai am linken Neckarufer erhielt durch die 195 Meter lange Hafenbahnbrücke einen Bahnanschluss. Sie fällt besonders durch ihre gewölbte Form auf. Die Plochinger Hafenbahn beginnt im südwestlichen Gleisfeld des Bahnhofs und kann nur aus Richtung Göppingen oder Wendlingen befahren werden.

Aufgrund der dichten Zugfolge und für die vorgesehene S-Bahn Stuttgart baute die Bundesbahn den Streckenabschnitt Esslingen–Plochingen viergleisig aus. Die Fertigstellung erfolgte am 27. September 1970, der Bahnhof wurde 1974 erweitert.

Am 1. Oktober 1978 war die erste Fahrt der Linie S1 in Plochingen. Für die dabei zum Einsatz kommende Baureihe 420 wurde in Plochingen ein neues Betriebswerk gebaut, für dessen Bau der alte Ringschuppen und der Wasserturm weichen mussten.

21. Jahrhundert

Luftbild von Bahnhof und Umfeld

Am 1. Dezember 2003 wurde mit dem Bau eines neuen elektronischen Stellwerks begonnen.[7] An Ostern 2006 ging es in Betrieb.[8] Es besteht aus einer Unterzentrale (UZ) und ausgelagerten ESTW (ESTW-A) in Plochingen, Esslingen und Ebersbach an der Fils. Ein weiterer Ausbau Richtung Ulm wurde berücksichtigt.[9] Sie ersetzte zum Teil über 40 Jahre alte Technik.[7]

Die 80 Millionen Euro teure Anlage wird aus der Betriebszentrale Karlsruhe ferngesteuert und regelt den Zugverkehr auf insgesamt rund 50 Kilometern Länge. Der Stellbezirk reicht bis Untertürkheim, Göppingen und Wendlingen. Die Anlage ersetzt fünf alte Stellwerke.[8] Die Inbetriebnahme erfolgte stufenweise in fünf nächtlichen Sperrpausen zwischen dem 13. und 18. April 2006.[9] Im Bahnhof Süßen ging im September 2021 ein abgesetztes Elektronisches Stellwerk (ESTW-A) in Betrieb, das an die Unterzentrale (UZ) Plochingen angebunden ist.

Für Modernisierungsmaßnahmen am Bahnhof stellte der Bund 2020 aus dem „Sofortprogramm für attraktive Bahnhöfe“ 935.000 Euro bereit.[10]

Ausblick

Nach der Umsetzung von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm soll sich – laut einer Verkehrsprognose – die regionale Erreichbarkeit der Verkehrszelle Hafen Plochingen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, bewertet nach der nach Verkehrsnachfrage gewichteten durchschnittlichen Reisezeit, von 41 Minuten (2010) auf 33 Minuten (2025) verkürzen.[11]

Im September 2021 beantragte die Deutsche Bahn, das Stellwerk und weitere stillgelegte Anlagen zurückzubauen.[12] Der Rückbau wurde im Oktober 2021 begonnen.

Anlage

S-Bahn-Triebzug der Baureihe 423 im Plochinger Bahnhof

Vom Empfangsgebäude aus ist das Gleis 1 über einen Hausbahnsteig zu erreichen. Die Durchgangsgleise 3/4, 6/7 und 9/10 liegen an drei Mittelbahnsteigen, die durch eine Unterführung und über Treppen, also nicht barrierefrei, zugänglich sind. An den Mittelbahnsteig 9/10 schließt sich in südlicher Richtung das Stumpfgleis 59 an. Die Stumpfgleise 52 und 53 am südlichen Ende des Mittelbahnsteiges 3/4 werden nur noch als Abstellgleise genutzt. Die Gleise 2, 5 und 8 liegen nicht an Bahnsteigen und dienen nicht haltenden Zügen zur Durchfahrt durch den Bahnhof. Westlich der Bahnsteige befinden sich mehrere Abstellgleise für S-Bahnen und Güterzüge. Nördlich des Bahnhofs werden im S-Bahn-Betriebswerk Plochingen die Triebzüge der S-Bahn Stuttgart gewartet. Der zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) befindet sich neben dem Empfangsgebäude.

Zwei Kanten am Mittelbahnsteig mit den Gleisen 3 und 4 wurden für die Zeit während der Sperrung der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart (von April bis Oktober 2020) auf einer Breite von 2,5 m vorübergehend von 38 auf 76 cm erhöht, damit ICE-Züge dort halten können.[13] Die beiden anderen Mittelbahnsteige haben jeweils über die Länge von 210 m eine Bahnsteighöhe von 76 cm, während die Bahnsteigenden und die übrigen Bahnsteige noch 38 cm hoch sind.

Empfangsgebäude

Das Empfangsgebäude galt 1907 als großzügig. In seiner Symmetrie weicht es von klassischen Bahnhofsgebäuden in Württemberg ab. Zwar besitzt es einen langen Mittelbau mit einem zweistöckigen Mittelrisalit und Walmdach, doch sind die beiden Flügelbauten mit ihren Krüppelwalmdächern unterschiedlich. Während der östliche Anbau über vier Stockwerke verfügt, besitzt sein westliches Pendant ein fünftes Stockwerk und auf dem Dachfirst einen Uhrturm mit Kupferdach. Die Gesamtlänge des Gebäudes beträgt 96 Meter. Im Gebäude befindet sich im öffentlich zugänglichen Teil u. a. eine Bahnhofsgaststätte, ein Zeitungskiosk, ein Reisezentrum sowie ein Bäcker. In den nicht öffentlich zugänglichen Obergeschossen ist unter anderem ein Pausenraum für Triebfahrzeugführer.

Zugverkehr

Am Bahnhof Plochingen hielten bis Dezember 2019 ausschließlich Züge der Deutschen Bahn, pro Tag etwa 300.

Fernverkehr

Im Schienenpersonenfernverkehr bedienen folgende Linien die Stadt:

Linie Strecke Frequenz
IC 32 Dortmund – Essen – Duisburg – Düsseldorf – Köln – Koblenz – Mainz – Mannheim – Heidelberg – Stuttgart – Plochingen – Ulm – Oberstdorf ein Zug
IC 60 (Basel Bad Bf Freiburg –) Karlsruhe – Stuttgart – Plochingen – Ulm – Augsburg – München (– Salzburg) Zweistundentakt mit Lücken

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2009 wurde ein Zugpaar der Intercity-Linie 32 in Tagesrandlage über Stuttgart hinaus auch von und nach Tübingen verlängert. Das Angebot war zunächst probeweise bis 2011 geplant,[14] wurde dann aber beibehalten. Sie entfiel zunächst vorübergehend im Frühjahr 2020 wegen der stark verringerten Nachfrage im Fernverkehr, verursacht durch die Covid-19-Pandemie. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 wurde die IC-Verbindung eingestellt,[15] aber zum Fahrplanwechsel Mitte Juni 2021 wieder eingeführt. Während der Sommerferien 2021 fiel sie zwischen Tübingen und Stuttgart – bedingt durch Baustellen – weg, ist aber ab 13. September 2021 erneut im Fahrplan enthalten.

Linie Verlauf Betreiber
IC 32 Tübingen Hbf – Reutlingen Hbf – Metzingen – Nürtingen – Plochingen – Stuttgart Hbf – Heidelberg HbfMannheim HbfMainz HbfKoblenz HbfAndernachRemagenBonn HbfKöln HbfWuppertal HbfHagen HbfHannover HbfWolfsburg HbfBerlin-SpandauBerlin HbfBerlin Ostbahnhof DB Fernverkehr

Nahverkehr

Im Schienenpersonennahverkehr halten folgende Linien in Plochingen:

Linie Strecke Frequenz
RE 5 Stuttgart – Esslingen – Plochingen – Göppingen – Geislingen – Ulm – Ravensburg – Friedrichshafen – Lindau 60 min
RE 12 (Mosbach) – Heilbronn – Stuttgart – Stuttgart-Bad Cannstatt – Esslingen – Plochingen – Wendlingen – Nürtingen – Metzingen – Reutlingen – Tübingen 60 min
MEX 16 Stuttgart – Stuttgart-Bad Cannstatt – Esslingen – Plochingen – Göppingen – Süßen – Geislingen (– Ulm) 30 min (Kernstrecke)
60 min (Gesamtstrecke)
RB 18 Osterburken – Stuttgart – Stuttgart-Bad Cannstatt – Esslingen – Plochingen – Wendlingen – Nürtingen – Metzingen – Reutlingen – Tübingen 60 min
S 1 Kirchheim – Wendlingen – Plochingen – Esslingen – Neckarpark – Stuttgart-Bad Cannstatt – Stuttgart Hbf (tief) – Stuttgart Schwabstraße Stuttgart-Vaihingen Stuttgart-Rohr Böblingen – Herrenberg 30 min (15 min in der HVZ zwischen Plochingen und Herrenberg)

Züge der S1 haben im Bahnhof einen Haltezeitpuffer von etwa zwei Minuten. Ab Ende 2025 könnten die heute noch in Plochingen endenden S-Bahnen zunächst bis Wendlingen verlängert werden.[16]

Literatur

  • Andreas M. Räntzsch: Stuttgart und seine Eisenbahnen. Die Entwicklung des Eisenbahnwesens im Raum Stuttgart. Uwe Siedentop, Heidenheim 1987, ISBN 3-925887-03-2.
  • Stefan Hammer, Ralf Arbogast: Alte Bahnhöfe in Württemberg. Verlag K. Thienemann, Stuttgart 1987, ISBN 3-522-62560-9
  • Otto Wurster: Heimatgeschichte Plochingen. Hrsg. von der Stadt Plochingen. Verlag Richard Schorndorfer, 1949

Weblinks

Commons: Bahnhof Plochingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Abkürzungen der Betriebsstellen auf Bahnseite.de, abgerufen am 7. Mai 2011
  2. Andreas Räntzsch: Stuttgart und seine Eisenbahnen. Die Entwicklung des Eisenbahnwesens im Raum Stuttgart. Verlag Uwe Siedentop, Heidenheim 1987, ISBN 3-925887-03-2, S. 425.
  3. Sehenswürdigkeiten im Stadtgebiet, Stadt Plochingen, abgerufen am 7. Mai 2011
  4. a b Christian Wörner, Holger Rosenberger, Tatjana Kühnle: Erfolgreiche Inbetriebnahme eines elektronischen Stellwerks – Beispiel ESTW Plochingen. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Nr. 3, März 2007, ISSN 0013-2845, S. 108–112.
  5. a b Meldung ESTW Plochingen geht in Betrieb. In: Eisenbahn-Revue International. Heft 6/2006, ISSN 1421-2811, S. 271.
  6. a b ESTW Plochingen in Betrieb. In: Signal + Draht. Band 98, Nr. 6, 2006, ISSN 0037-4997, S. 40–41.
  7. Sonderprogramm für Bahnhöfe. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 10, Oktober 2020, ISSN 1421-2811, S. 482.
  8. Verband Region Stuttgart (Hrsg.): Sitzungsvorlage Nr. 190/2013, Verkehrsausschuss am 08.05.2013: Fortschreibung des Regionalverkehrsplan – Ergebnisse der Verkehrsprognose zum Bezugsszenario 2025. 8. Mai 2013, S. 8 (online im Web Archive [PDF; 600 kB]).
  9. eststellung über das Nichtbestehen der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei vorprüfungspflichtigen Änderungsvorhaben gemäß § 5 Abs. 1 i. V. m. § 9 § 9 Abs. 3 und 4 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Vorhaben „Plochingen, Rückbau Stellwerk DR-STW-Pf und weitere stillgelegte Anlagen im Bf Plochingen “, Bahn-km 0,350 bis 0,420 der Strecke 4600 Plochingen - Immendingen in Plochingen. (PDF) In: eba.bund.de. Eisenbahn-Bundesamt, 11. Oktober 2021, abgerufen am 13. Oktober 2021.
  10. Christoph Hantl, Thomas Reh: Vorteile des Bauens mit Systemelementen bei temporären Bahnsteigen. In: Der Eisenbahningenieur. Band 71, Nr. 6, Juni 2020, ISSN 0013-2810, S. 35–37.
  11. Martin Mayer: Endlich Grünes Licht im Sackbahnhof. Schwäbisches Tagblatt. 14. Dezember 2009. Abgerufen am 14. Dezember 2009.
  12. Ab Mitte Dezember weniger Zugverbindungen für Pendler. 11. November 2020. Abgerufen am 17. Januar 2021.
  13. S-Bahn-Fahrplan Stuttgart 21. (PDF) Sitzungsvorlage Nr. VA-238/2022. In: region-stuttgart.ratsinfomanagement.net. Verband Region Stuttgart, 31. August 2022, S. 3, abgerufen am 10. September 2022.