Benutzer:Eschenmoser/Isochinolin

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Arbeitskopie des Artikels Isochinolin

Strukturformel
Struktur von Isochinolin
Allgemeines
Name Eschenmoser/Isochinolin
Andere Namen
  • Benzo[c]pyridine
  • 2-Azanaphthalin
  • 2-Benzanin
Summenformel C9H7N
Kurzbeschreibung

farblose ölige Flüssigkeit oder farblose Blättchen[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 119-65-3
Eigenschaften
Molare Masse 129,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,09 g·cm−3 [2]

Schmelzpunkt

26,5 °C [3]

Siedepunkt

243 °C [2]

Dampfdruck

5 Pa (20 °C)[4]

Löslichkeit

unlöslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
Piktogramm unbekannt
H- und P-Sätze H: ?
EUH: ?
P: ?
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Isochinolin, auch Benzo[c]pyridin, ist ein Heteroaromat. Es ist ein Strukturisomer des Chinolins. Beides sind Benzopyridine, bestehen also aus einem Pyridinring, der an einen Benzolring angelagert ist.

Unter dem Begriff Isochinoline wird eine große Klasse von chemischen Verbindungen zusammengefasst, die sich vom Isochinolin ableiten. Für eine Vielzahl natürlich vorkommender Alkaloide ist Isochinolin das Grundgerüst. Daher werden diese Alkaloide auch als Isochinolin-Alkaloide bezeichnet. Der Isochinolin-Grundkörper dieser Verbindungen leitet sich von der Aminosäure Tyrosin ab.

Geschichte

1885 wurde Isochinolin erstmals von Hoogewerf und van Dorp im Steinkohlenteer isoliert. Es konnte durch fraktionierte Kristallisation des Sulfates abgetrennt werden. Weissgerber entwickelte 1914 ein selektives Extraktionsverfahren zur schnellen und eleganten Abtrennung von Isochinolin. Das Verfahren nutzt dabei die Eigenschaft aus, dass Isochinolin stärker basisch als Chinolin ist.

Nomenklatur

Nummerierung der Ringatome

Neben Isochinolin sind auch die Bezeichnungen Benzopyridin und 2-Azanaphthalin gelegentlich anzutreffen. Benzopyridin beschreibt das Molekül als Pyridin mit anelliertem Benzolring und ist ohne weitere Qualifikatoren nicht eindeutig, da diese Bezeichnung auch auf das isomere Chinolin zutrifft. 2-Azanaphthalin geht hingegen vom zu Grunde liegenden Carbocyclus Naphthalin aus und beschreibt Isochinolin als Derivat dessen, wobei das Kohlenstoffatom (oder besser die Methingruppe) in 2-Position durch ein Stickstoffatom ausgetauscht wurde. Im Gegensatz zu Benzopyridin ist diese Bezeichnung eindeutig. Des Weiteren wäre 2-Azabicyclo[4.4]dec-1,3,5,7,9-pentaen als scheinbar IUPAC-konformer Name denkbar. Dieser beschreibt jedoch ein Molekül mit lokalisierten Doppelbindungen und gibt nicht die aromatischen Eigenschaften der Verbindung wieder, weshalb er nicht verwendet werden sollte.

Die Nummerierung der Ringatome folgt der allgemeinen Regel für mehrkernige Aromaten.[5] Hierbei wird die Zählung am höchstrangigen Stammsystem neben einem Brückenatom begonnen; im vorliegenden Fall folglich am Pyridinring. Dem Stickstoffatom wird hierbei als Heteroatom die höchste Priorität und damit eine möglichst kleine Nummer zugewiesen. Durch Beginn der Zählung am ersten Kohlenstoffatom neben einem Brückenatom erhält im Falle des Isochinolins das Stickstoffatom die Nummer 2; die weiteren Kohlenstoffringatome des Pyridinrings werden mit 3 und 4 nummeriert. Die Zählweise wird fortlaufend im Benzolring weitergeführt, wobei die Brückenatome übersprungen werden.

Die systematische Bezeichnung des Isochinolinrestes lautet Isochinolyl, wobei die Position der Verknüpfung als Zahl vorangestellt wird. Diese Bezeichnung ist analog dem Chinolin (→Chinolyl) und entspricht nicht der systematischen Bezeichnung Isochinolinyl, welche nur selten verwendet wird.

Eigenschaften

Isochinolin ist eine bei Raumtemperatur farblose, hygroskopische Flüssigkeit, mit einem penetrant unangenehmen Geruch. Verunreinigtes Isochinolin sieht bräunlich aus. Beim Abkühlen kristallisiert es plättchenförmig aus. Die Löslichkeit in Wasser ist gering, dagegen ist es sehr gut löslich in Ethanol, Aceton, Diethylether und anderen typischen organischen Lösungsmitteln. Als organische Base ist es – unter Protonierung – auch in verdünnten Säuren gut löslich.

Als chemisches Analogon zu Pyridin ist Isochinolin eine schwache Base, mit einem pKb-Wert von 8,6. Es wird daher von starken Säuren, wie beispielsweise Salzsäure, leicht zu Salzen protoniert. Isochinolin bildet Addukte mit Lewis-Säuren, wie beispielsweise Bortrifluorid.

Physikalische Eigenschaften

Im Festkörper kristallisiert Isochinolin im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P21/c mit den Gitterparametern a = 784 pm, b = 599 pm, c = 824 pm mit β = 116,88° und zwei Formeleinheiten je Elementarzelle.[6]

Molekulare Eigenschaften

Datei:Elektronendichte-Isochinolin.png
Elektronendichteverteilung von Isochinolin

Isochinolin weist ein durchkonjugiertes System aus zehn π-Elektronen auf, welche über das gesamte Ringsystem delokalisiert sind. Des Weiteren ist Chinolin planar gebaut und befolgt somit die Hückel-Regeln für aromatische Systeme. Die Elektronendichte ist jedoch nicht gleichmäßig verteilt, was auf den negativen induktiven Effekt des Stickstoffatoms zurückzuführen ist. Aus diesem Grund weist Isochinolin analog dem Chinolin[7] oder Pyridin[8] ein Dipolmoment auf.

Datei:Bindung-Isochinolin.png
Bindungslängen von Isochinolin

Die Bindungen im Molekül weisen unterschiedliche Längen auf.

…….und liegen somit wie für aromatische Systeme üblich zwischen den Werten, welche typischerweise für einzelgebundene und doppeltgebundene Atome erwartet werden. Naphthalin weist im Vergleich hierzu C-C-Bindungslängen zwischen 135 und 142 pm auf.[9]

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Orbitalbetrachtung von Pyridin, dem heteroaromatischen Teil des Isochinolins

Im Isochinolinmolekül sind alle Ringatome sp2-hybridisiert. Das Stickstoffatom stellt das Elektron seines p-Orbitals zur Ausbildung des aromatischen Systems zur Verfügung, sein freies sp2-Elektronenpaar liegt in der Molekülebene und weist vom Ringzentrum fort. Auf Grund seiner Position kann es nicht mit dem π-System in Wechselwirkung treten und trägt somit nicht zur Ausbildung der Aromatizität bei. Es ist jedoch bedeutend für die chemischen Eigenschaften von Isochinolin, denn im Gegensatz zu Naphthalin wird das aromatische System durch Anlagerung eines Elektrophils an dieser Position nicht aufgehoben. Die Trennung des freien Elektronenpaars vom aromatischen System bewirkt jedoch auch, dass das Stickstoffatom keinen positiven mesomeren Effekt ausbilden kann. Die Reaktivität des Pyridinrings im Isochinolinmolekül wird zu großen Teilen von dem negativen induktiven Effekt des Stickstoffatoms bestimmt. Sein Einfluss ist im benzolischen Teil des Moleküls jedoch geringer.

Isochinolin ist über sieben mesomere Grenzstrukturen resonanzstabilisiert. Analog dem Naphthalin existieren zwei Grenzstrukturen, welche keinen zwitterionischen Charakter besitzen. Zusätzlich können jedoch fünf weitere zwitterionische Grenzstrukturen formuliert werden, welche dem Stickstoffatom eine negative Ladung zuweisen, wodurch die positive Ladung über das aromatische System verteilt wird. Die Lage der Ladung am Stickstoffatom steht im Einklang mit dessen höherer Elektronegativität im Vergleich zu Kohlenstoff.

Datei:Mesomerie-Isochinolin.png
Mesomere Grenzstrukturen von Isochinolin

Synthese von Isochinolin

Isochinolinderivate können mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Reaktionen synthetisiert werden. Für die Synthese von Isochinolin selbst gibt es allerdings nur wenige direkte Synthesen.

Die Pomeranz-Fritsch-Reaktion

Die Pomeranz-Fritsch-Reaktion ist eine effektive Methode zur Synthese von Isochinolin. Sie geht von Benzaldehyd und Aminoacetaldehyddiethylacetal aus und findet im sauren Medium statt. Alternativ dazu können auch Benzylamin und Glyoxalacetal eingesetzt werden. Datei:Pomeranz-Fritsch einfach.svg

Synthesen von Isochinolinderivaten

Die nachfolgenden Synthesen können für verschiedene Isochinolinderivate genutzt werden:

Verwendung

Für Isochinolin selbst gibt es kaum unmittelbare Anwendungen. Allerdings ist es ein wichtiges Zwischenprodukt für eine Reihe von wichtigen Isochinolinderivaten. Beispielhaft seien dabei genannt:

Daneben finden Isochinolin-Derivate breite Anwendung bei der Herstellung von Farbstoffen, Insektiziden, Antimykotika und Korrosionsinhibitoren.

Toxikologie

Isochinolin weist bei peroraler Aufnahme durch Ratten eine letale Dosis von 360 mg•kg−1 auf[4], bei dermaler Exposition liegt sie hingegen bei 648 mg·kg−1.[4]

Isochinolin in der Umwelt

Stickstoffhaltige Heterocyclen sind Bestandteile vieler Naturprodukte und können oftmals durch Verbrennungsvorgänge aus diesen freigesetzt werden. So wurde Isochinolin in Autoabgasen[10], Zigarettenrauch[11][12] und Industrieabgasen identifiziert. In städtischen Lebensräumen wurde Isochinolin neben weiteren stickstoffhaltigen Heteroaromaten in geringen Konzentration in der Umgebungsluft in Stadtgebieten nachgewiesen.[13] Mit einer Konzentration von 140-180 pg/l ist Isochinolin nach 5- und 8-Methylisochinolin der häufigste mehrkernige Stickstoffaromat in der New Yorker Luft.[14] Somit ist die Konzentration 2-7 mal höher als die des isomeren Chinolins. Im belgischen Antwerpen wurden in einer Untersuchung hingegen deutlich höhere Konzentration an 4- und 5-kernigen Stickstoffaromaten gefunden, wohingegen die Konzentrationen an Chinolin und Isochinolin zurücktraten. Dies wurde auf die vermehrte Verwendung von Kohle als Heizmittel in Europa zurückgeführt.[15][14] Auch in Produkten aus Ölschiefer und der Kohleverflüssigung sowie der Umgebungsluft der entsprechenden Betriebe wurde Isochinolin nachgewiesen.[14]

In der Umwelt wurden bisher keine für den Menschen gefährliche Isochinolinkonzentrationen nachgewiesen.

Isochinolin-Alkaloide

In der Natur sind über 600 Isochinolin-Alkaloide[16], mit zum Teil sehr hoher biologischer Aktivität und pharmakologischer Wirksamkeit bekannt. Eine Auswahl an Isochinolin-Alkaloiden:

Ancistrocladus heyneanus (eine tropische Liane) enthält eine ganze Reihe von Isochinolin-Alkaloiden, wie beispielsweise das Ancistrocladin[17].

Literatur

  1. Gilchrist, T.L. (1997). Heterocyclic Chemistry (3rd ed.). Essex, UK: Addison Wesley Longman.
  2. Harris, J.; Pope, W.J. "isoQuinoline and the isoQuinoline-Reds" Journal of the Chemical Society (1922) volume 121, pp. 1029-1033.
  3. Katritsky, A.R.; Pozharskii, A.F. (2000). Handbook of Heterocyclic Chemistry (2nd ed.). Oxford, UK: Elsevier.
  4. Katritsky, A.R.; Rees, C.W.; Scriven, E.F. (Eds.). (1996). Comprehensive Heterocyclic Chemistry II: A Review of the Literature 1982-1995 (Vol. 5). Tarrytown, NY: Elsevier.
  5. Nagatsu, T. "Isoquinoline neurotoxins in the brain and Parkinson's disease" Neuroscience Research (1997) volume 29, pp. 99-111.
  6. O'Neil, Maryadele J. (Ed.). (2001). The Merck Index (13th ed.). Whitehouse Station, NJ: Merck.

Einzelnachweise

  1. a b Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online - Version 3.5. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2009.
  2. a b Sicherheitsdatenblatt Merck
  3. Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, Seite 594.
  4. a b c d e f Eintrag zu CAS-Nr. 119-65-3 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  5. D. Hellwinkel: Die systematische Nomenklatur der Organischen Chemie, 4. Auflage, Springer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-540-63221-2.
  6. K. Hensen, R. Mayr-Stein, M. Bolte: Isoquinoline, in: Acta Cryst. 1999, C55, S. 1565–1567; doi:10.1107/S0108270199006320.
  7. A. D. Buckingham, J. Y. H. Chau, H. C. Freeman, R. J. W. Le Fèvre, D. A. A. S. Narayana Rao, J. Tardif: The dipole moments of pyridine, quinoline, and isoquinoline as vapours and as solutes, in: J. Chem. Soc. 1956, 1405–1411; doi:10.1039/JR9560001405.
  8. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen roempp2.
  9. J. Buddrus: Grundlagen der Organischen Chemie, S. 337, 3. Auflage, de Gruyter Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-110-14683-5.
  10. E. Sawicki, J. E. Meeker, M. J. Morgan: Polynuclear Aza Compounds in automotive Exhhaust, in: Arch. Environ. Health 1965, 11, 773-775.
  11. E. L. Wynder, D. Hoffmann: Tobacco and Tobacco Smoke, Academic Press, New York, 1967.
  12. I. Schmeltz, D. Hoffmann: Nitrogen containing compounds in tobacco and tobacco smoke, in: Chem. Rev. 1977, 7295-7311.
  13. E. J. LaVoie, E. A. Adams, A. Shigematsu, D. Hoffmann: On the metabolism of quinoline and isoquinoline: possible molecular basis for differences in biological activities, in: Carcogenesis 1983, 4, 1169–1173.
  14. a b c M. W. Dong, D. C. Locke, D. Hoffmann: Characterization of Aza-Arenes in Basic Organic Portion of Suspended Particulate Matter, in: Environ. Sci. Technol. 1977, 11, 612-618; doi:10.1021/es60129a007.
  15. W. Cautreels, K. van Cauwenberghe: Determination of organic compounds in airborne particulate matter by gas/chromatography-mass spectrometry, in: Atmos. Environ. 1976, 10, 447-457; doi:10.1016/0004-6981(76)90025-1.
  16. a b c d Chinolin – Alkaloide (Alkaloide aus Tryptophan), ein Script der Uni Jena, WS 2006, Naturstoffchemie
  17. Michael Dreyer, Dissertation: ISOLIERUNG, CHARAKTERISIERUNG UND STEREOCHEMISCHE ANALYSE VON NAPHTHYLISOCHINOLIN-ALKALOIDEN UND ANDEREN NATURSTOFFEN, 2004