Leibniz-Gemeinschaft
Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. (Leibniz-Gemeinschaft/WGL) | |
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Zweck: | Forschung |
Vorsitz: | Martina Brockmeier (seit 1. Juli 2022) |
Gründungsdatum: | 1990 (als „Arbeitsgemeinschaft Blaue Liste“ (AG-BL)) |
Mitgliederzahl: | 97 Forschungseinrichtungen |
Sitz: | Geschäftsstelle in Berlin und Büro in Brüssel |
Website: | www.leibniz-gemeinschaft.de |
Die Leibniz-Gemeinschaft (vollständig Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V.) ist ein Zusammenschluss deutscher außeruniversitärer Forschungsinstitute unterschiedlicher Fachrichtungen. Sitz der Leibniz-Gemeinschaft ist Berlin.
Die Leibniz-Gemeinschaft ist nach dem deutschen Philosophen und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) benannt.
Geschichte
Ursprünge
Die Ursprünge der Leibniz-Gemeinschaft reichen in die Gründerzeit der Bundesrepublik zurück. Im März 1949 schlossen die deutschen Länder ein Staatsabkommen über die „Finanzierung wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen“ – das sogenannte Königsteiner Staatsabkommen –, in dem sie sich verpflichteten, bei größeren Forschungseinrichtungen überregionaler Bedeutung, deren Zuschussbedarf die Finanzkraft eines einzelnen Landes übersteigt, die zur Erfüllung der Forschungsaufgaben erforderlichen Mittel gemeinsam bereitzustellen.
Zwanzig Jahre später errang dieses Abkommen Verfassungsrang, als 1969 Artikel 91b das Grundgesetz erweiterte, und Bund und Ländern die verfassungsrechtliche Möglichkeit bot, bei Forschungsvorhaben überregionaler Bedeutung und gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse zusammenzuarbeiten. 1977 schließlich veröffentlichten Bund und Länder eine Liste von 46 Einrichtungen, die unter den Bedingungen des Artikels 91b gemeinsam gefördert wurden. Das blaue Papier, auf dem die Liste veröffentlicht wurde, gab ihr auch den Namen „Blaue Liste“.
Seit 1979 wurden die Einrichtungen der „Blauen Liste“ regelmäßig vom Wissenschaftsrat evaluiert, um ein hohes Leistungsniveau der wissenschaftlichen Arbeit zu garantieren und eine zielgerichtete Weiterentwicklung frühzeitig einleiten zu können. Die meisten Institute überzeugten die Bewertungskommissionen mit ihrer wissenschaftlichen Qualität, einige richteten ihre Forschungsarbeit neu aus und wenige verließen die gemeinsame Forschungsförderung.
Die deutsche Vereinigung im Jahre 1990 brachte auch für die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern nachhaltige Veränderungen mit sich, da Artikel 38 des Einigungsvertrages die Eingliederung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft der ehemaligen DDR in das bundesrepublikanische System vorschrieb.[1]
Im Zuge der Umgestaltung der ostdeutschen Wissenschaftslandschaft kam es durch die Aufnahme vom Wissenschaftsrat positiv evaluierter ehemaliger Institute der Akademie der Wissenschaften der DDR in die gemeinsame Forschungsförderung fast zu einer Verdopplung der Zahl der „Blaue-Liste“-Institute; die Zahl der geförderten Einrichtungen stieg von 47 im Jahre 1989 auf 81 im Jahr 1992. Die Neuaufnahmen veränderten das Gesicht der „Blauen Liste“ und verschoben den wissenschaftlichen Schwerpunkt in die natur-, technik-, agrar-, lebens- und raumwissenschaftliche Forschung.
Gründung
Am 24. Januar 1991 gründeten Vertreter von zunächst 32 Einrichtungen in Dortmund die „Arbeitsgemeinschaft Blaue Liste“ (AG-BL), die besonders in administrativen Fragen institutsübergreifend tätig war. Vier Jahre später benannte man sich in „Wissenschaftsgemeinschaft Blaue Liste“ (WBL) um, dem folgte im Jahr 1997 schließlich der Name „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) mit dem ersten Präsidenten, dem Physiker Ingolf Volker Hertel (* 1941). Mit diesen Namensänderungen, die zugleich auch den Prozess der Selbstorganisation der weiterhin unabhängigen und eigenständigen Einrichtungen dokumentierten, war die stärkere inhaltliche Zusammenarbeit verbunden mit dem Ziel des regelmäßigen Informations- und Erfahrungsaustausches, der Zusammenarbeit hinsichtlich gemeinsamer Interessen sowie die Wahrnehmung dieser Interessen nach außen, d. h. in den wissenschaftspolitischen und wissenschaftsadministrativen Bereich, aber auch allgemein in der Öffentlichkeit.
Zu diesem Zweck verfügt die Leibniz-Gemeinschaft seit 1995 über eine Geschäftsstelle in Bonn und seit 2000 über ein Büro in Berlin. Die Festigung der Strukturen äußert sich auch in der unter dem zweiten Präsidenten, dem Physiker Frank Pobell, vorangebrachten Gründung eines extern besetzen Senats als Aufsichts- und Beratungsorgan im November 1998. Den Erfordernissen eines modernen Wissenschaftsmarketings Rechnung tragend führte die Gemeinschaft seit 2002 ein einheitliches „Corporate design“ ein und tritt seither unter der Marke „Leibniz-Gemeinschaft“ auf.
Seit 2003 evaluiert der extern besetzte Senat der Leibniz-Gemeinschaft die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft.[2] Der Wissenschaftsrat hat in seiner Stellungnahme zur Systemevaluation der „Blauen Liste“ vom November 2000 einen entsprechenden Vorschlag entwickelt. Die Entscheidungen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) zur Förderungswürdigkeit der Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft stützen sich nun in der Regel auf die Stellungnahmen des Senats. Mindestens alle sieben Jahre leitet der Ausschuss Forschungsförderung der GWK eine entsprechende Überprüfung ein.
Seit 2011 hat die Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft ihren Sitz in der Chausseestraße in Berlin-Mitte.
Organisation
Leibniz-Gemeinschaft
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 97 (Stand 2022) außeruniversitäre Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Darunter befinden sich auch insgesamt acht Forschungsmuseen.[3] Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Mitarbeiter und haben einen Gesamtetat von 1,9 Milliarden Euro (2018).
Die Gemeinschaft sieht nach eigenem Selbstverständnis ihren historischen Ursprung in den seit den 1970er Jahren bestehenden „Einrichtungen der Blauen Liste“, zu denen seit 1992 auch einige aus der Akademie der Wissenschaften der DDR hervorgegangenen Forschungseinrichtungen gehören, deren wissenschaftliches Potential aufgrund der Evaluierung durch den Wissenschaftsrat auch zukünftig als erhaltenswert und förderungswürdig angesehen worden war. Die Bezeichnung Blaue Liste für das Bund-Länder-Fördermodell geht zurück auf die Farbe einer Aktenanlage und ist heute umgangssprachlich veraltet. Im Bundeshaushaltsplan, der eine Anlage zum jährlichen Haushaltsgesetz ist, wird der Begriff „Institute der Blauen Liste“ nach wie vor verwendet.
Die Einrichtungen haben sich zur Leibniz-Gemeinschaft zusammengeschlossen, um institutsübergreifende Aufgaben wahrzunehmen. Dazu gehört z. B. in Zeiten der Verknappung der Forschungsmittel aus öffentlichen Händen gemeinsam für die Stärkung der Einrichtungen zu arbeiten oder auch Kooperationen mit Hochschulen und Industrie zu fördern.
Die Leibniz-Gemeinschaft hat sich selbst mit neun der bedeutendsten Wissenschaftsorganisationen in Deutschland zur Allianz der Wissenschaftsorganisationen zusammengeschlossen, welche regelmäßig Stellung zu wichtigen Fragen der Forschungs- und Wissenschaftspolitik bezieht. 2019 hat die Leibniz-Gemeinschaft wie bereits 2011 die jährlich wechselnde organisatorische Federführung der Allianz übernommen.[4]
Präsidium
Seit dem 1. Juli 2022 ist Martina Brockmeier Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft.[5]
Vizepräsidenten sind
- Matthias Beller (Leibniz-Institut für Katalyse, Rostock)
- Sebastian Lentz (Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig)
- Barbara Sturm (Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie, Potsdam)
- Stephan Junker (Museum für Naturkunde Berlin - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung).
- Ehemalige Präsidenten
- 1995–1998 Ingolf Volker Hertel
- 1998–2001 Frank Pobell
- 2001–2005 Hans-Olaf Henkel
- 2005–2010 Ernst Theodor Rietschel
- 2010–2014 Karl Ulrich Mayer
- 2014–2022 Matthias Kleiner
Finanzierung
Die Gemeinschaft ist keine Trägerorganisation der Institute, sondern ein freiwillig gegründeter Verein, um gemeinsam in der Öffentlichkeit mit Nachdruck agieren zu können.
Leibniz-Institute sind Institute und Forschungseinrichtungen, die gemeinsam vom Bund und den Ländern grundfinanziert werden. In der Regel ist der Finanzierungsschlüssel: 50 % Bundesmittel, 50 % Landesmittel. Die Bundesmittel kommen zu einem großen Teil aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (281 Millionen Euro für 49 Institute im Jahr 2007). Die Landesmittel setzen sich zusammen aus den Mitteln des Sitzlandes des jeweiligen Leibniz-Instituts und einem Zuschuss durch die übrigen Länder. Die Aufteilung dieses Zuschusses auf die übrigen Bundesländer wird von der Bund-Länder-Kommission auf Grund der Bevölkerungszahlen und des Steueraufkommens im Königsteiner Schlüssel festgelegt. Neben dieser Grundfinanzierung werden Drittmittel eingesetzt. Im Jahr 2011 betrug der Gesamtetat aller Einrichtungen rund 1,4 Milliarden Euro. Der Anteil der Drittmittel beträgt ca. 21 %.[6]
Planungssicherheit durch kontinuierliche Etatsteigerungen ist mit dem Pakt für Forschung und Innovation gegeben.
Institute der Leibniz-Gemeinschaft
Die Institute der Leibniz-Gemeinschaft sind in fünf Sektionen zusammengefasst.
Sektion A − Geisteswissenschaften und Bildungsforschung
Die Sortierung erfolgt nach den Abkürzungen.
Sektion B − Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften
Die Sortierung erfolgt nach den Abkürzungen.
Sektion C − Lebenswissenschaften
Die Sortierung erfolgt nach den Abkürzungen.
Sektion D − Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften
Die Sortierung erfolgt nach den Abkürzungen.
Sektion E − Umweltwissenschaften
Die Sortierung erfolgt nach den Abkürzungen.
Name der Einrichtung | Ort | Abkürzung |
Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie | Potsdam | ATB |
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei | Berlin | IGB |
Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau | Großbeeren | IGZ |
Leibniz-Institut für Ostseeforschung | Rostock-Warnemünde | IOW |
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung | Potsdam | PIK |
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung | Leipzig | TROPOS |
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung | Müncheberg | ZALF |
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung | Bremen | ZMT |
Ausgeschiedene Institute
Siehe auch
- Leibniz-Bibliotheksverbund Forschungsinformation
- Leibniz-Forschungsverbund Bildungspotenziale
- Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Berlin
Literatur
- Ariane Brill: Von der „Blauen Liste“ zur gesamtdeutschen Wissenschaftsorganisation. Die Geschichte der Leibniz-Gemeinschaft, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2017 (ISBN 978-3-96023-127-1) (online, PDF)
Weblinks
- Literatur von und über Leibniz-Gemeinschaft im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Homepage der Leibniz-Gemeinschaft mit weiterführenden Links zu allen Instituten
Einzelnachweise
- ↑ Artikel 38 bei Gesetze im Internet des BMJV
- ↑ https://www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/organisation/organe.html (Button Senat), abgerufen am 23. Januar 2021.
- ↑ Forschungsmuseen. Leibniz-Gemeinschaft
- ↑ Allianz der Wissenschaftsorganisationen. In: Website. Leibniz-Gemeinschaft
- ↑ Martina Brockmeier, Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft
- ↑ Über uns / Leibniz in Zahlen. Leibniz-Gemeinschaft, abgerufen am 27. Mai 2016.
- ↑ Patrick Bernau: Ein Institut macht sich Sorgen. In: FAZ.NET. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Mai 2019, abgerufen am 23. Januar 2021.