Carl Friedrich von Siemens Stiftung

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Carl Friedrich von Siemens Stiftung
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Rechtsform Stiftung
Zweck Förderung der Wissenschaften
Geschäftsführung Marcel Lepper
Website www.carl-friedrich-von-siemens-stiftung.de

Die Carl Friedrich von Siemens Stiftung dient dem Ziel der Förderung der Wissenschaften. Die Stiftung wurde 1958 auf Initiative des Unternehmers Ernst von Siemens gegründet. Geschäftsführer war bis März 2022 der Philosoph Heinrich Meier.[1] Zum Sommersemester 2022 hat der Literaturwissenschaftler Marcel Lepper die Geschäftsführung übernommen.[2]

Sitz der Stiftung am Südlichen Schlossrondell vor Schloss Nymphenburg

Geschichte

Carl Friedrich von Siemens vor 1916 auf einer Fotografie von Jacob Hilsdorf.

Ernst von Siemens, von 1956 bis 1971 Aufsichtsratsvorsitzender der Siemens AG, hat die Stiftung aus seinem Privatvermögen errichtet und ihr neben der Ernst von Siemens Musikstiftung und der Ernst von Siemens Kunststiftung seinen Nachlass vermacht. Sie trägt den Namen seines Vaters Carl Friedrich von Siemens, der zwischen 1919 und 1941 Aufsichtsratsvorsitzender des heutigen Siemens-Konzerns war. Geschäftsführer der Stiftung war ab 1964 der Publizist Armin Mohler, 1985 wurde Heinrich Meier Nachfolger Mohlers. Von 1984 bis zu seinem Tode 2008 war Heinz Gumin Vorstandsvorsitzender der Stiftung.

Die Stiftung unter Armin Mohler 1964–1985

Mohler nutzte die Stiftung für politische Veranstaltungen. Ein Beispiel dafür ist der von ihm im Juni/Juli 1978 organisierte Zyklus über Carl Schmitt, dessen Vorträge unter dem Titel Der Ernstfall als zweiter Band der Schriftenreihe der Stiftung im Propyläen-Verlag erschienen. Schmitt war wegen seines Engagements für das Dritte Reich akademisch und publizistisch isoliert. Referenten waren Horst Albach, Rüdiger Altmann, Knut Borchardt, Paul Carell, Hellmut Diwald, Robert Hepp, Josef Isensee, Christian Meier, Wilhelm E. Mühlmann und Heinz-Dietrich Ortlieb. Die Reihe wurde als Hommage an Schmitt verstanden.[3] Auch weitere Veröffentlichungen der Stiftungen haben Personen oder Themen der Neuen Rechten zum Inhalt. Der 1980 bei Ullstein erschienene Band 3 der Schriftenreihe, „Die Deutsche Neurose. Über die beschädigte Identität der Deutschen“, herausgegeben von Anton Peisl und Mohler, enthält u. a. Beiträge von Johannes Gross, Peter R. Hofstätter, Hellmut Diwald, Hans-Joachim Arndt und Dieter Blumenwitz. In die gleiche Richtung führt auch der 1986 erschienene Band 11 mit dem Titel „Wirklichkeit als Tabu: Anmerkungen zur Lage“ und den Autoren Josef Isensee (Die Verfassung als Vaterland), Helmut Quaritsch (Das Grundrecht auf Asyl und die neuen Wirklichkeiten), Horst Ehmann (Legitimitatsverlust des Arbeitskampfes?), Dieter Blumenwitz (Die Verrechtlichung der Aussenpolitik), Reinhart Maurer (Wie wirklich ist die ökologische Krise?), Martin Gosebruch („Alles ist Kunst“), Gerhard Adler (Woran glauben die Leute eigentlich?) Robert Hepp (Der Aufstieg in die Dekadenz) und Hans-Joachim Arndt (Volk ohne Zukunft?).[4] 1980 hielt der Historiker Ernst Nolte vor der Carl Friedrich von Siemens Stiftung den Vortrag Zwischen Geschichtslegende und Revisionismus, den die FAZ am 24. Juli 1980 gekürzt abdruckte, wodurch der Historikerstreit ausgelöst wurde.

Die Stiftung unter Heinrich Meier 1985–2022

Unter der Geschäftsführung von Heinrich Meier trat die politische Arbeit in den Hintergrund. Stattdessen öffnete sich die Stiftungsarbeit für die internationale Spitzenforschung. Die Stiftung hatte folgende Schwerpunkte:

Publikationen

Die Stiftung veröffentlicht seit 1961 regelmäßig Dokumentationen der Vorträge in der Stiftung in ihrer Reihe „Themen“. Seit 1961 sind fast 100 Bände erschienen.[7]

Kritik

Zahlreiche Experten für Rechtsextremismus wie etwa Wolfgang Purtscheller,[8] Peter Glotz[9], Thomas Assheuer und Hans Sarkowicz,[10] Astrid Lange,[11] Claus Leggewie[12], Thomas Willms,[13] Margret Feit,[14] Susanne Mantino[15] Franziska Hundseder,[16] werten die Carl Friedrich von Siemens Stiftung unter der Geschäftsführung Armin Mohlers (1964–1985) als Think Tank oder Kaderschmiede der Neuen Rechten bzw. ordnen die Stiftung der Neuen Rechten zu.

Unter der Leitung von Heinrich Meier (seit 1985) gilt die Carl Friedrich von Siemens Stiftung aufgrund ihres anspruchsvollen wissenschaftlichen Programms als „Oxford in München“.[17] Über die Vorträge wurde vielfach im Feuilleton berichtet.[18]

Literatur

  • Armin Mohler: Fünfundzwanzig Jahre Carl-Friedrich-von-Siemens-Stiftung. München 1985.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Homepage Carl Friedrich von Siemens Stiftung, abgerufen am 8. Februar 2013
  2. Marcel Lepper zum Geschäftsführer der Carl Friedrich von Siemens Stiftung berufen. Abgerufen am 5. November 2021.
  3. Carl Schmitt, Armin Mohler, Irmgard Huhn, Piet Tommissen: Carl Schmitt – Briefwechsel mit einem seiner Schüler. Akademie Verlag, 1995, S. 422, Fußnote 518
  4. [1]
  5. Carl Friedrich von Siemens Stiftung fördert LMU - LMU München. Abgerufen am 30. Oktober 2018.
  6. Förderung des Sammelgebiets Philosophie. Bayerische Staatsbibliothek, abgerufen am 30. Oktober 2018.
  7. siehe Bestand der Reihe in der Deutschen Nationalbibliothek unter https://d-nb.info/011468696
  8. Wolfgang Purtscheller, Heribert Schiedel: Theorien der »Neue Rechten«. In: Wolfgang Purtscheller (Hrsg.): Die Ordnung, die sie meinen. »Neue Rechte« in Österreich. Picus Verlag, Wien 1994, S. 19.
  9. Peter Glotz: Die deutsche Rechte. Eine Streitschrift. 1989, S. 137.
  10. Thomas Assheuer, Hans Sarkowicz: Rechtsradikale in Deutschland. Die alte und die neue Rechte. Beck Verlag 1990, S. 139.
  11. Astrid Lange: Was die Rechten lesen. Fünfzig rechtsextreme Zeitschriften – Ziele, Inhalte, Taktik. Beck'sche Reihe 1014, Verlag Chr. Beck München 1993, ISBN 3-406-37404-2, S. 61.
  12. Leggewie, Claus: Der Geist steht rechts. Ausflüge in die Denkfabriken der Wende. Berlin 1987.
  13. Thomas Willms: Armin Mohler. Von der CSU zum Neofaschismus. PapyRossa Verlag Köln Rezension in den Antifaschistischen Nachrichten (Memento vom 3. Mai 2007 im Internet Archive)
  14. Feit, Margret: Die „Neue Rechte“, in: Oswalt, Walter (Hrsg.): Die Rückkehr der Führer: Rechtsradikalismus in Westeuropa. Wien 1989, S. 31–42.
  15. Mantino, Susanne: Die ‘Neue Rechte’ in der ‘Grauzone’ zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus. Eine systematische Analyse des Phänomens ‘Neue Rechte’. Frankfurt/M. u. a. 1992 (= Europäische Hochschulschriften, Reihe 31, Politikwissenschaft; Bd. 199)
  16. hier, S.8 (PDF; 616 kB)
  17. Renate Schostack: Ein Oxford in München. Siemens-Stiftung: Vorträge für ein erlesenes Publikum. In: FAZ. 4. April 1989.
  18. Gustav Seibt über Salvatore Settis, FAZ, 20.5.1992; Klaus Bennert über Jean Starobinski, SZ, 7.12.1992; Clemens Pornschlegel über François Furet, SZ,3./4.2.1996; Renate Schostack über John M. Coetzee, FAZ, 19.3.2001; Ijoma Mangold über Hans Ulrich Gumbrecht, SZ, 5.6.2003; Jürgen Kaube über Michael Theunissen, FAZ, 26.5.2004; Uwe Justus Wenzel über Ernst-Wolfgang Böckenförde, NZZ, 30.10.2006; Patrick Bahners über Robert Pippin, FAZ, 27.1.2010; Patrick Bahners über Brendan Simms, FAZ, 30.3.2011; Johan Schloemann über Giorgio Agamben, SZ, 16.5.2012; Patrick Bahners über David Wellbery, FAZ, 17.1.2017.