Cueva de Villa Luz

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Cueva de Villa Luz

Innenraum der Cueva de Villa Luz

Innenraum der Cueva de Villa Luz

Lage: Tabasco, Mexiko
Höhe: 70 m
Geographische
Lage:
17° 26′ 46″ N, 92° 46′ 41,9″ WKoordinaten: 17° 26′ 46″ N, 92° 46′ 41,9″ W
Cueva de Villa Luz (Tabasco)
Typ: Karsthöhle
Entdeckung: 1962 (Erstbeschreibung)
Beleuchtung: natürliche Lichtschächte an mehreren Stellen sowie elektrische Beleuchtung
Gesamtlänge: 1900 m
Niveaudifferenz: 25 m
Besonderheiten: Bach mit giftigem Schwefelwasserstoff durchfließt die Höhle in ganzer Länge; für Höhlenbiotope hohe Biomasseproduktion[1]

Die Cueva de Villa Luz ist eine Höhle in der Nähe des Ortes Tapijulapa im mexikanischen Bundesstaat Tabasco. Sie ist auch unter den Namen Cueva del Azufre, Cueva de la Sardina, Cueva de las Sardinas oder Grutas de Sardina sowie Cueva de las Sardinas Ciegas bekannt. Die Höhle weist aufgrund zahlreicher schwefelwasserstoffhaltiger Quellen und wegen Folgereaktionen große Mengen an Gips- und Schwefelablagerungen auf. Auf Bakterien, die den Schwefelwasserstoff als Energiequelle nutzen können, ist eine für Höhlen große Artenvielfalt zurückzuführen, da diese Bakterien die Nahrungsgrundlage verschiedener Tiere bilden. Sie ist neben der Höhle von Movile die einzige bekannte Höhle, in der Schwefelbakterien die Grundlage des Ökosystems bilden.

In der präspanischen Zeit wurde die Cueva de Villa Luz vom indigenen Volk der Zoque als religiöse Stätte genutzt. Auf Basis des dort durchgeführten historischen Rituals wird am Palmsonntag ein Fest begangen, das von Einheimischen und Touristen besucht wird.

Lage

Die Cueva de Villa Luz liegt etwas mehr als drei Kilometer südlich vom Ort Tapijulapa im Süden des mexikanischen Bundesstaats Tabasco und anderthalb Kilometer westlich vom Rio Oxolotán. Sie befindet sich im Arroyo del Solpho, einem Tal an einem niedrigen Bergkamm aus Kalkstein.[2] Das Gebiet liegt im Naturschutzgebiet Parque estatal Sierra de Tabasco.[3]

Die Region ist ein steil ansteigendes Vorland des Gebirgszugs Sierra von Chiapas.[2] Aufgrund eines niederschlagsreichen und warmen Klimas wächst auf den Berghängen eine dichte Vegetation. In der Gegend liegen viele Höhlen.[2]

Geologie

Geologisches Umfeld

Das Gebirge, in dem sich die Höhle befindet, hat sich hauptsächlich aus Sedimenten der Kreidezeit gebildet, teilweise befinden sich dort auch Gesteinsschichten mit Ursprung im Jura und in der Trias.[4]

Ungefähr 50 Kilometer westlich befindet sich der aktive Vulkan El Chichón, der zuletzt 1982 ausgebrochen ist. Nördlich der Höhle, in ungefähr 65 Kilometern Entfernung, bei Villahermosa, wird Erdöl gefördert. Möglicherweise gelangt Schwefelwasserstoff von den Ölfeldern oder aus dem vulkanischen Gebiet zu den Quellen in der Cueva de Villa Luz.[5]

Entstehung

Die Cueva de Villa Luz ist eine hypogene Höhle.[6] Sie wurde hauptsächlich durch schwefelreiches Wasser gebildet, während die Höhlenbildung durch Oberflächenwasser nur einen kleinen Anteil hatte. Das Grundgestein wurde vom Quellwasser umflossen und durch chemische Prozesse und Erosion abgetragen, sodass ein Hohlraum entstand. Vermutlich waren an den Positionen der Lichtschächte in der Höhle Quellen, die an die Oberfläche führten. Diese These wird durch die Vielzahl der Quellen in der Höhle gestützt. Da der Fluss in der Nähe der Höhle durch Erosion sein Flussbett vertiefte, sank der Grundwasserspiegel und Teile der Höhle fielen trocken, so dass das Quellwasser durch den luftgefüllten Raum der Höhle als Bach floss. Da das Quellwasser in der Höhle leicht sauer ist und gleichzeitig stark saure Tropfen aus Kondenswasser unter Kontakt mit den atmosphärischen Gasen entstehen, entwickelten sich Vertiefungen am Höhlengrund.[5]

In der Höhle laufen verschiedene chemische Reaktionen ab, wodurch sich Schwefelsäure und anschließend Gips bilden. Im ersten Schritt reagiert Schwefelwasserstoff mit atmosphärischem Sauerstoff zu elementarem Schwefel und Wasser.

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Der Schwefel kann sowohl abiotisch als auch biotisch durch Mikroorganismen oxidiert werden, wodurch Schwefelsäure entsteht.

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Die gebildete Schwefelsäure reagiert beim Vorgang der Schwefelsäureverwitterung mit Kalk aus dem Kalksandstein, der hierdurch dissolviert, da die Calciumionen in Wasser löslich sind und zudem Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird.

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Die gelösten Calciumionen verbinden sich anschließend mit den Sulfationen der Schwefelsäure zu wasserunlöslichem Gips.

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Möglicherweise führten auch andere biotische und abiotische Reaktionen zu denselben Ergebnissen bei der Höhlenbildung.[5]

Gipskristalle kommen als Überzug an den Felswänden vor oder hängen als Gipsstalaktiten von der Decke der Höhle, wenn Kalk aus dem Deckenbereich dissolvierte.[2]

Neben diesen Vorgängen auf der Grundlage von Schwefel spielt Kohlensäure, die sich aus Wasser und aus den Quellen austretendem Kohlenstoffdioxid bildet, ebenfalls eine Rolle bei der Auslösung des Kalksteins.[5] Das entstandene Calciumhydrogencarbonat ist im Vergleich zum Kalkstein wesentlich wasserlöslicher.[7]

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Höhlenatmosphäre

Beim Betreten der Höhle ist ein Geruch nach faulen Eiern wahrnehmbar, der von dem Schwefelwasserstoff herrührt.[8] Dieses Gas tritt aus mehr als einem Dutzend Schwefelquellen aus und hat einen Anteil von 1 bis 40 ppm in der Höhlenatmosphäre, vereinzelt steigt der Anteil innerhalb weniger Minuten auf bis zu 240 ppm an.[4][5] Schwefelwasserstoff ist ein giftiges Gas, das eine Maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK) von 5 ppm hat.[9] Auch mit der Zusammensetzung anderer Gase unterscheidet sich die Atmosphäre innerhalb von der außerhalb der Höhle. Der Sauerstoffanteil liegt teilweise unter 10 %, während Kohlenstoffmonoxid einen Anteil von 85 ppm (MAK von Kohlenstoffmonoxid bei 35 ppm) hat.[5][10] Der Kohlenstoffdioxidanteil liegt bei 420 bis 900 ppm, der von Methan bei 1,88 bis 3,67 ppm. In der Nähe der Quellen sind die Werte für Schwefelwasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Methan höher.[4] Wegen dieser Höhlenatmosphäre fühlen sich Höhlengänger während des Besuchs und danach oft krank.[8] Aus diesem Grund sollten die hinteren Höhlenbereiche nur betreten werden, wenn eine entsprechende Atemausrüstung getragen wird, wozu beispielsweise eine Sauerstoffmaske gehört.[5][11]

Beschreibung

Die Cueva de Villa Luz ist eine 500 Meter lange Karsthöhle, wenn alle parallelen Gänge und Seitengänge gemessen werden, haben sie eine Länge von ungefähr 1900 Metern.[2][5] In der Höhle befinden sich mehrere Kammern, die durch niedrige Passagen miteinander verbunden sind. Die Hauptkammer hat eine Höhe von etwa 12 Metern.[2] Insgesamt sind in der Decke 24 Öffnungen, wodurch in manche Bereiche Frischluft und Licht gelangen können. Wegen der Lichtschächte hat die Höhle den Namen Cueva de Villa Luz erhalten, was Höhle des erleuchteten Hauses bedeutet.[11] Die meisten Öffnungen befinden sich jedoch in Spalten, so dass das Licht oft nicht den Innenraum der Höhle erreicht.[2] Vereinzelt ist die Decke eingebrochen. Das Relief der Höhle hat Höhenunterschiede von nur 25 Metern. Von den Einwohnern Tapijulapas wurde eine Treppe als Zugang zur Höhle erbaut.[5]

Gewässer im Innenraum der Höhle

Die Wände, die Decke und die Bereiche des Grundes, die nicht vom Bachlauf erreicht werden, sind größtenteils von mikrokristallinem Gips bedeckt. Am Boden sammelt sich heruntergefallener Gips teilweise bis auf eine Höhe von mehreren Metern an. An der Decke und an überhängenden Wänden hängen bis zu 10 Zentimeter lange, blattartige Gipsstrukturen, die in den Raum zeigen.[6] Der Gips besteht zum Teil auch aus Marienglas.[5] Elementarer Schwefel lagert sich teilweise auf dem Gips oder auf unlöslichem Gestein ab. Vor allem in der Nähe der schwefelwasserstoffhaltigen Quellen sind größere Mengen an Schwefelablagerungen erkennbar. In einer Passage formt der elementare Schwefel mehrere Zentimeter lange, lamellenartige Strukturen, die sich einen halben bis einen Meter über der Wasseroberfläche befinden.[6] Vereinzelt ist Calcit in Form von Mondmilch abgelagert. In einzelnen Kammern sind Stalagmiten und Stalaktiten vorhanden.[8] Im Sediment des Bachlaufs befinden sich verschiedene Minerale, wie Ton, Quarz und Minerale metamorphem und magmatischem Ursprungs, z. B. Labradorit, Hornblende, Chloritminerale, Zirkon und Muskovit. Auch Schiefer wurde in diesem Sediment gefunden.[6]

An manchen Stellen hängen viele Bakterienkolonien als schleimige Fäden von der Decke, an denen Schwefelsäure heruntertropft. Die Schwefelsäure hat teilweise einen pH-Wert von 1 oder niedriger, weshalb sie in der Lage ist, Löcher in Kleidung zu ätzen.[8]

Die mittlere Temperatur in der Höhle ist mit 28 °C etwas höher als außerhalb der Höhle, wo die Durchschnittstemperatur bei 27 °C liegt.[4] Die Höhle wird von mindestens 26 Thermalquellen gespeist, aus denen Wasser mit einer Temperatur um 28 °C tritt, während das Grundwasser in der Region eine Temperatur von 22 bis 24 °C aufweist.[6]

Bachlauf

Bachlauf in der Höhle

Bachlauf in der Höhle

Ein zweiarmiger Bach fließt über die gesamte Länge der Höhle und wird durch viele Quellen gespeist. Das Wasser einiger Quellen enthält den giftigen Schwefelwasserstoff. Die Schwefelwasserstoffkonzentration im Wasser ist im hinteren, durch einen Wasserfall abgegrenzten Bereich geringer, weil dort weniger Schwefelwasserstoff durch die Quellen eingetragen wird.[1] Zum Teil ist das Quellwasser klar, zum Teil entspringt milchig blaues, getrübtes Wasser, für dessen Färbung vermutlich Calciumsulfat oder elementarer Schwefel verantwortlich ist.[2][6]

Der Bachlauf hat durchschnittlich eine Tiefe von 30 bis 60 Zentimetern und ein geringes Gefälle. In Bereichen geringer Strömung befindet sich am Grund des Bachbettes grauer bis schwarzer Schlamm, ansonsten besteht das Bett aus nacktem Fels. Im Bach befinden sich einige tiefere Becken mit einer Tiefe von bis zu anderthalb Metern.[2]

El Azufre

El Azufre

El Azufre ist ein Bachlauf, der in den Hügeln südwestlich der Höhle entspringt.[12] Nach dem Ausfluss vereinigt sich der Höhlenbach mit dem El Azufre. Er fließt weitere anderthalb Kilometer, bis er über einen Wasserfall in den zum Río-Grijalva-Flusssystem gehörenden Río Oxolotán mündet.[1] El Azufre wird auch von einer weiteren Höhle gespeist, der Cueva Luna Azufre, in der sich jedoch entgegen ihrer Namensgebung keine Schwefelquellen befinden.[12]

Auf der Strecke zwischen der Cueva de Villa Luz und der Mündung hat das Wasser wegen der Schwefel- und Sulfatverbindungen eine milchige bis hellblaue Färbung. Im El Azufre konnten zwei Fischarten nachgewiesen werden, die trotz der toxischen Schwefelwasserstoff­konzentration überleben können: Atlantikkärpflinge (Poecilia mexicana) und Salvins Buntbarsche (Trichromis salvini).[1]

Höhlenökologie

Aufgrund des Mangels an Licht können keine Pflanzen oder Algen in der Cueva de Villa Luz überleben. Diese bilden üblicherweise durch Photoautotrophie die Basis der Nahrungskette eines Ökosystems. Viele Höhlenlebewesen überleben, weil Nährstoffe von außen in die Höhlen eingetragen werden. In der Cueva de Villa Luz spielt durch Fledermäuse eingebrachter Guano eine untergeordnete Rolle.[1][13] Neben der Höhle von Movile ist die Cueva de Villa Luz die einzige bekannte Höhle, in der Schwefelwasserstoff die Grundlage für das Ökosystem bildet.[11] Der Unterschied besteht darin, dass die Cueva de Villa Luz neben dem Schwefelwasserstoff zusätzlich Energieeinträge durch Guano von Fledermäusen und durch die Oberflächenschächte und den Eingang eingetragene Pflanzenreste hat, weil es sich im Gegensatz zu Movile um ein offenes Höhlensystem handelt.[14]

Die Basis, die vielen Lebewesen das Überleben in dieser Höhle ermöglicht, sind schwefeloxidierende Bakterien, auch Schwefelbakterien genannt. Diese Bakterien aus der Gattung Beggiatoa gewinnen aus der chemoautotrophen Oxidation von Schwefelwasserstoff Energie, die sie zur eigenen Lebenserhaltung benötigen.[1][13] Im Verhältnis zu vielen anderen Höhlen, in denen diese Art der Energiegewinnung nicht möglich ist, wird in der Cueva de Villa Luz eine große Biomasse produziert. Die Bakterien sind der Hauptproduzent, der von anderen Organismen wie Atlantikkärpflingen und Larven der Art Tendipes fulvipilus aus der Familie der Zuckmücken gefressen wird, und bilden somit die Grundlage verschiedener Nahrungsgemeinschaften. Im Wasser des Bachs leben außerdem eine Krabbenart aus der Gattung Hypolobocera, Fadenwürmer und Milben, die mitunter auch von Atlantikkärpflingen gefressen werden.[1][13] Zudem leben im Wasser Raubwanzen der Gattung Belostoma, die ihren Saugrüssel in die Körper der Atlantikkärpflinge bohren und deren Blut saugen.[1][15]

Vergleich der Atlantik­kärpflinge aus der Höhle (links) und aus Oberflächengewässern (rechts)

Die Höhlenmollys, wie die Höhlenpopulation der Atlantikkärpflinge auch genannt wird, unterscheiden sich von ihren Artgenossen, die an der Oberfläche leben, durch verschiedene Merkmale. Sie haben reduzierte Augen, die jedoch funktionstüchtig und erkennbar sind. Bei manchen Individuen sind die Augen von einer feinen Haut überwachsen. Die meisten Höhlenmollys haben eine blasse Rosafärbung und farblose Flossen, einzelne Individuen weisen eine goldene Grundfärbung auf. Um die Geschlechtsöffnung haben Weibchen oftmals eine kissenartige Wucherung. Im Verhalten zeigen die Tiere der Höhlenpopulation ein geringeres Sexual- und Aggressionsverhalten als die Oberflächenpopulationen. Sie wurden häufiger als ihre oberirdischen Artgenossen bei der Luftatmung beobachtet, vermutlich, da im Höhlenwasser giftiger Schwefelwasserstoff gelöst ist.[1] Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass zwischen der Höhlenpopulation und der Oberflächenpopulation im El Azufre keine gemeinsamen Nachkommen vorkommen, obwohl es keine räumliche Barriere am Eingang der Höhle gibt.[15] Der Grund liegt darin, dass der gemeinsame Nachwuchs nicht überlebt, weil die Elterntiere an den jeweiligen Lebensraum angepasst sind; die gemeinsamen Nachkommen haben gegenüber den beiden Populationen einen Fitnessnachteil.[16] Eine Untersuchung von der Forschungsgruppe um Tobler von der Oklahoma State University zeigte, dass ein Ritual der ansässigen Zoque, bei dem Fische mit einem Barbasco-Gift gefangen werden, ebenfalls einen evolutiven Einfluss auf den Atlantikkärpfling hat. Es wurden Fische aus dem vorderen Bereich, in dem das Ritual stattfindet, und aus dem hinteren Bereich der Höhle hinsichtlich ihrer Resistenz gegen das Gift verglichen. Es zeigte sich, dass Individuen aus der Nähe des Eingangs eine längere Resistenz gegen das Toxin aufwiesen als die Population, die vorher keinen Kontakt zu dem Gift hatte.[17]

Datei:Snottite.jpg
Snottite in der Cueva de Villa Luz

Auch außerhalb des Baches gibt es Bakterienkolonien, die von der Decke herabhängen und schleimigen Stalaktiten oder Rotzfäden ähneln.[5][11] Diese Kolonien werden in wissenschaftlichen Veröffentlichungen Snottite genannt. Sie gelten als Minibiotope der extremen Umweltbedingungen, da an ihnen von ihnen produzierte hochkonzentrierte Schwefelsäure herunterläuft, ohne dass sie dadurch geschädigt werden.[11][16] In der Nähe solcher Rotzfäden wurden Asseln gefunden.[13] Zudem befinden sich in den Snottiten Mesorhabditis acidophila, eine an die saure Umgebung angepasste Fadenwurmart, die unter anderem von Milben gejagt wird.[18]

Neben den permanenten Bewohnern des Bachs in der Cueva del Azufre gibt es troglophile Tiere, die nur zeitweise in der Höhle leben. So nutzen beispielsweise Geißel- und Vogelspinnen sowie Fledermäuse die Höhle tagsüber als Rückzugsort. Auch Mückenschwärme lassen sich zur Eiablage in der Höhle nieder.[1]

Bei einer Studie wurden im Jahr 2011 mikroskopische Gliederfüßer in der Höhle bestimmt. Hierbei wurden die Individuen in vier verschiedenen Höhlenbiotopen gesammelt: auf Guano, in der Bodenstreu von Oberflächenpflanzen, am Boden unter Schwefelbakterienkolonien und am Grund ohne einen der drei Faktoren. Die Forscher fanden insgesamt 169 verschiedene Arten, darunter waren Milben und Springschwänze die häufigsten Vertreter.[14]

Erschließung und Nutzung der Höhle

Namensgebung

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Hinweisschild am Höhleneingang mit dem in der Bevölkerung gebräuchlichen Namen Cueva de la Sardina

Die Höhle trägt unterschiedliche Namen, die sich jeweils auf die Geologie oder das Ökosystem in der Höhle beziehen.

Der in der Wissenschaft gebräuchliche Name Cueva de Villa Luz (dt. Höhle des erleuchteten Hauses) hat seinen Ursprung in den Lichtschächten, die sich aufgrund der früheren Quellen in der Höhlendecke befinden.[8][11] Aufgrund des Schwefelwasserstoffs und der Schwefelablagerungen trägt sie auch den Namen Cueva del Azufre (dt. Schwefelhöhle), dieser Name wurde auch dem milchig-blauen Bach gegeben, der aus der Höhle gespeist wird. Die Farbe des Bachs rührt von den im Wasser gelösten Schwefelverbindungen her.[1]

Die meisten Namen nehmen Bezug auf die Höhlenmollys, die in der Höhle leben. So ist die Höhle unter den Namen Cueva de la Sardina, Cueva de las Sardinas[1] oder Grutas de Sardina[19] (dt. Sardinenhöhle) und Cueva de las Sardinas Ciegas[20] (dt. Höhle der blinden Sardinen) in der lokalen Bevölkerung bekannt.

Forschungsgeschichte

Bei den ersten dokumentierten wissenschaftlichen Untersuchungen im Gebiet der Cueva de Villa Luz entdeckten im April 1944 der Ethnologe M. W. Stirling vom Smithsonian Institution, seine Frau und R. H. Stewart von der National Geographic Society im Bach in und außerhalb der Höhle kleine blasse Fische, die am National Museum of Natural History als Zahnkärpflinge der Untergattung Mollienesia identifiziert wurden. Zwischen 1946 und 1959 folgten drei Expeditionen, bei denen das Hauptaugenmerk auf der Sammlung der Fische lag.[2]

Im Jahr 1962 wurde durch Malcolm S. Gordon und Donn Eric Rosen erstmals eine detaillierte Beschreibung der Höhle veröffentlicht. Hierfür wurden verschiedene Parameter des Bachwassers bestimmt, beispielsweise der pH-Wert, die Temperatur und unterschiedliche Ionenkonzentrationen. Außerdem wurde die Höhle in diesem Zusammenhang zum ersten Mal kartiert.[2]

Nachdem ihm eine indigene Frau den Tipp gegeben hatte, dass es in Tabasco viele schöne Höhlen gebe, besuchte und kartierte Jim Pisarowicz gemeinsam mit Warren Netherton 1987 verschiedene Höhlen der Region. Viele Einheimische empfahlen ihnen, die Cueva de Villa Luz zu besuchen. Pisarowicz hatte vorher keine vergleichbare Höhle gesehen, da große Menge an Gipsablagerungen, vom Schwefel gelb gefärbte Wände und ungewöhnliche Speläotheme vorhanden waren.[21]

Im Folgejahr kehrte Pisarowicz mit einem sechsköpfigen Team zurück. Sie nahmen die Daten von insgesamt 1149 Metern des Höhlensystems auf. Aufgrund der hohen Dichte an Tieren wurde ein Gang „The Zoo“ benannt. Die Forscher kamen nicht so schnell wie erwünscht mit ihren Erkundungen voran, weil die von der Decke tropfende Säure Kleidung und Equipment beschädigte und die Haut der Wissenschaftler verätzte.[19]

In den folgenden Jahren fanden immer wieder Expeditionen in die Cueva de Villa Luz statt. Bei der Expedition von 1996/1997 nahm mit Louise Hose erstmals eine professionelle Geologin daran teil, so dass eine genauere Karte gezeichnet werden konnte. In den nachfolgenden Jahren forschten Teams aus Geologen und Biologen in der Höhle. Die Zusammensetzung der Höhlenluft und des Wassers konnte untersucht werden, ebenso das Gestein und verschiedene Kristalle. Auf mikro- und makrobiologischer Ebene wurden die Arten untersucht und der Nachweis erbracht, dass Snottite ein Biofilm aus Mikrosorganismen sind. Die Forschung erhielt mit der Zeit immer mehr Fördergelder von Organisationen wie der National Geographic Society und der National Speleological Society.[8]

Ritual der Zoque

Die Höhle wurde im Jahr 1962 wissenschaftlich erstbeschrieben; Einheimischen war sie bereits vorher bekannt und sie wurde über Jahrhunderte als religiöse Stätte genutzt.[2][5]

In der Cueva de Villa Luz wurde eines der ältesten religiösen Rituale Tabascos vollzogen, El Ritual de la Pesca de la Sardina Ciega (dt. Das Fischfangritual der blinden Sardine), das auch unter den Namen La Pesca de la Sardina (dt. Der Fischfang der Sardine) und La Ceremonia de la Pesca (dt. Die Zeremonie des Fischfangs) bekannt ist.[8][3][5] Dieses Fest indigenen Ursprungs ist eine jahrhundertealte Tradition, bei der das Volk der Zoque verschiedene Naturgottheiten des Regens, des Wassers, der Erde und des Mondes anrief, um für ein fruchtbares Jahr mit reichen Ernten, Fischfang und Regen zu bitten.[3][22][23] Das Ritual wurde am Ende der Trockenzeit im Frühjahr durchgeführt.[5] Nach der katholischen Missionierung entwickelte sich eine Mischkultur aus christlichem und ursprünglichem Glauben.[8] In den 1940er Jahren beendeten die Einwohner Tapijulapas diese Tradition, da die indigene Religion und die Sprache der Region an die europäische Kultur verloren gingen. Ab 1987 wurde das Ritual auf Bestreben eines Einheimischen wiederbelebt bzw. nachgespielt.[5] Die Neuauflage der Tradition findet in der Semana Santa, genauer am Palmsonntag, statt.[8]

Tanz beim Ritual
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Zu Beginn des Tanzes steht der Älteste im Mittelpunkt

Für die ursprüngliche Zeremonie kleideten sich die Teilnehmer in traditionelle Trachten und trafen sich morgens in der Nähe der Höhle. Dort pulverisierten Frauen Barbascowurzeln, indem sie diese auf dem Karstgestein abschabten.[8] Für Barbasco wurden Pflanzen der Art Serjania mexicana aus der Familie der Seifenbaumgewächse genutzt, die in der Nähe wachsen und das Gift Rotenon enthalten.[3] Das zerriebene Barbasco wurde mit Limette und Kalk gemischt und als Paket in ein Bananenblatt eingewickelt.[8] Anschließend pilgerte die Gruppe unter Trommel- und Flötenspiel zum Eingang der Cueva de Villa Luz. Neben den Barbascopaketen nahmen sie geflochtene Weidenkörbe mit Kerzen und Wildblumen als Opfergabe für den Gott Chaac mit.[23] Der Anführer der Prozession trug dabei ein Gefäß mit Copal, das als Weihrauch diente.[8]

Vor dem Eintritt in die Höhle fand ein traditioneller Tanz statt, der zunächst vom Anführer begonnen wurde. Die anderen Teilnehmer sahen zunächst zu, später tanzten sie im Kreis um ihn herum. Nach dem Tanz erhob der Anführer den Korb mit Blumen, Kerzen und Weihrauch als Gruß an die Götter. Sobald die Musik beendet war, sprach der Anführer ein Gebet, um von den Göttern Erlaubnis für das Betreten der Höhle zu erhalten.[3]

In der Höhle gingen die Teilnehmer so tief in die Höhle, wie es die Lichtverhältnisse zuließen. Dort entleerten sie die Barbascopakete in das Wasser. Die Nutzung von Barbasco ist in Mittelamerika eine traditionelle Fischfangtechnik.[5] Durch das Rotenon wird die Atmung der Fische gehemmt, so dass die Fische träge werden und sich an der Oberfläche sammeln. So konnten die Zoque die betäubten Fische mit den Körben von der Oberfläche abschöpfen.[8]

Die Kärpflinge bildeten eine Nahrungsquelle für die Zoque, wenn am Ende der Trockenzeit wegen der ausfallenden Ernte eine Nahrungsknappheit bestand.[5] Obwohl die Fische vergiftet wurden, war für die Menschen der Verzehr der Fische ungefährlich.[22] Die gefangenen Fische wurden getrocknet und mit Eiern als Tamale zubereitet. Wenn die Trockenzeit bis zum Mai nicht endete, wurde das Ritual wiederholt.[8]

Das Ritual in der heutigen Zeit

Zwischen dem ursprünglichen und dem wiederbelebten Ritual gibt es einige Unterschiede. Früher nahmen außer Personen, denen der Weg zu anstrengend war, beispielsweise Schwangere, alle Einheimischen teil.[3] Heute lehnen viele Menschen aus der Region die Zeremonie ab, weil sie darin Blasphemie sehen. Das Ritual ist heute sehr touristisch angelegt. Ungefähr 5000 Touristen kommen zu dem jährlich stattfindenden Ritual. Neben dem eigentlichen Ritual werden in Tapijulapa Alkohol ausgeschenkt und Volkstänze präsentiert.[8]

Während früher große Mengen an Fisch gefangen wurden, werden heute die Mengen an Barbasco beschränkt.[3] Deshalb kommt es nur zu einer symbolischen Ernte, bei der nur eine geringe Menge an Atlantikkärpflingen gefangen wird.[5]

Gebet bei dem Ritual

Deutsche Übersetzung:

Guten Morgen Opa
Guten Morgen Opa
Guten Morgen Opa
Empfange unseren Gruß
Und höre, was wir dich fragen:
Unsere Familien haben Hunger,
Unsere Kinder haben Hunger,
Und im Namen des Gottes und des Wassers,
Und im Namen der Sonne und des Mondes,
Und im Namen unserer Mutter Erde,
Gib uns unsere Fische.
Lass uns in dein Haus,
um den Kochtopf in deinen Bach zu werfen.
Vielen Dank Opa
Vielen Dank Opa!
In deinem Namen bringen wir unsere Opfergaben
Von unserem ganzen Herzen[3]

Gefährdung

1988 wurde das Gebiet der Cueva de Villa Luz vom Kongress von Tabasco zu einem Naturschutzgebiet erklärt.[24] Massentourismus, eine veränderte Landnutzung und die Entwaldung des Gebietes können eine Gefahr für die Höhle darstellen, da beispielsweise die Erosion vorangetrieben werden kann. Der Tourismus könnte zudem das Ökosystem in der Cueva de Villa Luz insofern gefährden, als es sich um ein recht kleines, empfindliches Ökosystem handelt. Aus diesem Grund wird die Menge des eingesetzten Gifts bei der Zeremonie der Zoque beschränkt, wodurch sich die Fangmenge der Atlantikkärpflinge verringert.[22]

Obwohl sich die Höhle in einem Naturschutzgebiet befindet, hat ein Privatinvestor im Jahr 2021 ein Landstück erworben, das teilweise oberhalb der Höhle liegt, um dort Mais anzupflanzen. Eine landwirtschaftliche Nutzung könnte durch Einträge von Düngemitteln oder Pestiziden das Ökosystem der Höhle schädigen.[24] Folkloristen sprachen sich gegen die potentielle Nutzung des Gebiets aus, da durch die Gefährdung des Ökosystems auch das Ritual des Fischfangs, das als kulturelles und touristisches Erbe der Region um Tapijulapa gelte, gefährdet wäre. Aus diesem Grund forderten sie mit einer zusätzlichen Unterschriftensammlung, den Verkauf von drei Hektar Land gründlich zu untersuchen.[25][26] Aufgrund des Rechtsstreits um die Nutzung und die Besitzansprüche des Gebiets der Höhle wurde das Fest des Fischfangs im Jahr 2022 an einem anderen Ort im El Azufre durchgeführt, wo eine Bühne und ein improvisierter Nachbau einer Höhle für das Ritual genutzt wurden.[27]

Weblinks

Commons: Cueva de Villa Luz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l Michi Tobler, Martin Plath: Wenn das Licht ausgeht: Mollys in Extremhabitaten. In: Die Aquarien- und Terrarienzeitschrift. Band 60, Nr. 10, 2007, S. 76–79.
  2. a b c d e f g h i j k l Malcolm S. Gordon & Donn Eric Rosen: A Cavernicolous Form of the Poeciliid Fish Poecilia sphenops from Tabasco, Mexico. In: Copeia. Band 2, 1962, S. 360–368.
  3. a b c d e f g h Rito de la Pesca de la Sardina Ciega. In: cartademexico.com. Carta De Mexico, 30. November 2011, abgerufen am 13. September 2021.
  4. a b c d Kevin D. Webster, Laura Rosales Lagarde, Peter E. Sauer, Arndt Schimmelmann, Jay T. Lennon & Penelope J. Boston: Isotopic evidence for the migration of thermogenic methane into a sulfidic cave, Cueva de Villa Luz, Tabasco, Mexico. In: Journal of Cave and Karst Studies. Band 79, Nr. 1, 2017, S. 24–34, doi:10.4311/2016ES0125.
  5. a b c d e f g h i j k l m n o p q r Louise D. Hose & James A. Pisarowicz: Cueva de Villa Luz, Tabasco, Mexico: Reconnaissance Study of an Active Sulfur Spring Cave and Ecosystem. In: Journal of Cave and Karst Studies. Band 61, Nr. 1, 1999, S. 13–21.
  6. a b c d e f Louise D. Hose, Arthur N. Palmer, Margaret V. Palmer, Diana E. Northup, Penelope J. Boston & Harvey R. DuChenee: Microbiology and geochemistry in a hydrogen-sulphide-rich karst environment. In: Chemical Geology. Band 169, Nr. 3–4, 2000, S. 399–423, doi:10.1016/S0009-2541(00)00217-5.
  7. Eintrag zu Calciumcarbonat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 28. September 2021.
  8. a b c d e f g h i j k l m n o Jim Pisarowicz: The Acid Test: Cueva de Villa Luz. In: AMCS Activities Newsletter. Band 24, 2001, S. 48–54 (mexicancaves.org [PDF]).
  9. Eintrag zu Schwefelwasserstoff in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 24. September 2021. (JavaScript erforderlich)
  10. Eintrag zu Kohlenstoffmonoxid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 25. September 2021. (JavaScript erforderlich)
  11. a b c d e f Cueva de Villa Luz. In: showcaves.com. Abgerufen am 12. August 2021.
  12. a b Martin Plath & Michael Tobler: Subterranean fishes of Mexico (Poecilia mexicana, Poeciliidae). In: Eleonora Trajano, Maria Elina Bichuette & B.G. Kapoor (Hrsg.): Biology of Subterranean Fishes. Science Publishers, Enfield, NH 2010, ISBN 978-1-4398-4048-1, S. 283–332.
  13. a b c d Thomas G. Langecker, Horst Wilkens & Jakob Parzefall: Studies on the trophic structure of an energy-rich Mexican cave (Cueva de las Sardinas) containing sulfurous water. In: Memoires de Biospeologie. Band 23, 1996, S. 121–125.
  14. a b José G. Palacios-Vargas, Gabriela Castaño-Meneses & Daniel A. Estrada: Diversity and dynamics of microarthropods from different biotopes of Las Sardinas cave (Mexico). In: Subterranean Biology. Band 9, 2011, S. 113–126, doi:10.3897/subtbiol.9.2514.
  15. a b Jan Osterkamp: Blindfischbau mit Wanze. spektrum.de, 13. Mai 2009, abgerufen am 18. Oktober 2020.
  16. a b Philipp Kohlhöfer: In der Giftküche der Evolution. In: geo.de. Abgerufen am 12. August 2021.
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