Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität

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Der 17. Deutsche Bundestag beschloss in seiner 77. Sitzung am 1. Dezember 2010 die Einsetzung einer Enquete-Kommission mit dem Titel Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft. Der entsprechende Einsetzungsantrag (17/3853)[1] wurde von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Die Kommission konstituierte sich am 17. Januar 2011.[2] Damit war sie neben der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft die zweite, die in der 17. Legislatur einberufen wurde. Im Juni 2013 legte die Enquete ihren Abschlussbericht vor und beendete ihre Arbeit.

Ziel der Enquete

Die Enquete-Kommission wollte die programmatische Diskussion über das Wohlstandsverständnis und seine -perspektiven voranbringen. Die Grundfrage zum Wohlstandverständnis lautete: Wie können gesellschaftlicher Wohlstand, individuelles Wohlergehen und nachhaltige Entwicklung in einer Gesellschaft angemessen definiert und abgebildet werden in Anbetracht der Tatsache, dass der Fokus auf das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht mehr ausreicht? Hinter den Wohlstandsperspektiven standen die Fragen: Gibt es Grenzen des Wachstums und wie geht Deutschland mit möglicherweise geringeren Wachstumsraten in den nächsten Jahrzehnten um?

Die Kommission wollte dabei die Möglichkeiten der Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands- bzw. Fortschrittsindikators ausloten. Ein solcher Indikator könnte das BIP ergänzen oder eventuell als politische Zielgröße, in der das BIP ein Teilaspekt wäre, langfristig (gegebenenfalls auch in internationalen Vergleichen) ersetzen. Dazu sollte geprüft werden, „wie die Einflussfaktoren von Lebensqualität und gesellschaftlichem Fortschritt angemessen berücksichtigt und zu einem gemeinsamen Indikator zusammengeführt werden können“, wobei folgende Aspekte zu berücksichtigen sein würden: „der materielle Lebensstandard, der Zugang zu und die Qualität von Arbeit, die gesellschaftliche Verteilung von Wohlstand, die soziale Inklusion und Kohäsion, eine intakte Umwelt und die Verfügbarkeit begrenzter natürlicher Ressourcen, Bildungschancen und Bildungsniveaus, Gesundheit und Lebenserwartung, die Qualität öffentlicher Daseinsvorsorge sowie sozialer Sicherung und politischer Teilhabe als auch die subjektiv von den Menschen erfahrene Lebensqualität und Zufriedenheit“. Darüber hinaus wollte die Kommission genauer untersuchen, ob und wie das BIP-Wachstum vom Wachstum des Verbrauchs an Ressourcen, Umwelt und Biokapital sowie von Emissionen dauerhaft entkoppelt werden kann und welche Zukunftsfelder technischen Fortschritts identifizierbar sind. Ebenfalls sollte geprüft werden, wie eine nachhaltig gestaltende Ordnungspolitik aussehen könnte wie auch welchen Einfluss Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstile auf die Möglichkeiten nachhaltigen Wirtschaftens haben und wie diese Bereiche gestaltet sein könnten oder müssten, um zu einer verbesserten Lebensqualität beizutragen. Ziel des abschließenden Enquete-Kommission-Berichtes war es, neben der Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse zu den Unterthemen auch konkrete Handlungsempfehlungen zu formulieren.[2]

Arbeitsweise

Enquete-Kommissionen sind überfraktionelle Arbeitsgruppen aus Abgeordneten und externen Sachverständigen, die über die Tagespolitik hinaus Antworten auf gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu einem Oberthema finden sollen.

Das Gremium tagt in der Regel montags in der ersten Sitzungswoche des jeweiligen Monats, die einzelnen Projektgruppen auch häufiger.

Im Zuge einer nichtöffentlichen Klausurtagung, die am 6. und 7. Februar 2011 stattfand, haben sich die Kommissionsmitglieder auf ein vorläufiges Arbeitsprogramm verständigt. Auf dessen Basis wurden 5 Projektgruppen eingerichtet, die sich inhaltlich stark an den 5 Unterabschnitten des Einsetzungsbeschlusses orientieren.

  • Projektgruppe 1: Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft (Vorsitz: FDP, Claudia Bögel, MdB)
  • Projektgruppe 2: Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstands-/ Fortschrittsindikators (Vorsitz: CDU/CSU, Stefanie Vogelsang, MdB)
  • Projektgruppe 3: Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt – Möglichkeit und Grenzen der Entkopplung (Vorsitz: Bündnis 90/Die Grünen, Hermann E. Ott, MdB)
  • Projektgruppe 4: Nachhaltig gestaltende Ordnungspolitik (Vorsitz: SPD, Edelgard Bulmahn, MdB)
  • Projektgruppe 5: Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstile (Vorsitz: Die Linke, Sabine Leidig, MdB)

Resultate

Die Kommission legte am 4. Juni 2013 ihren Abschlussbericht vor (Dokument 17/13300).[3]

Da die Kommission die zentralen Fragen unserer Gesellschaft bearbeiten sollte, kam es naturgemäß nicht zu einem einheitlichen Ergebnis.[4] Eines der Resultate war die Vorstellung der W3-Indikatoren.

In der Plenardebatte über den Abschlussbericht der Enquete-Kommission kam es zu einem heftigen politischen Schlagabtausch zwischen der Koalition und der Opposition.[5]

Mitglieder

Die Kommission bestand aus 17 Bundestagsabgeordneten und 17 externen Sachverständigen, die von den Fraktionen benannt wurden. Sechs der 17 Abgeordneten stellt die CDU/CSU, vier die SPD, drei die FDP und jeweils zwei die Linksfraktion sowie Bündnis 90/Die Grünen. Dies spiegelte die damaligen Kräfteverhältnisse des Plenums des Deutschen Bundestages wider. Nach dem gleichen Verteilungsschlüssel gibt es 17 stellvertretende parlamentarische Mitglieder. Vorsitzende der Kommission ist die SPD-Abgeordnete Daniela Kolbe; ihr Stellvertreter ist der Unions-Abgeordnete Matthias Zimmer (CDU).[2] Erste Kritik an der Zusammensetzung entstand Anfang Februar 2011, da sich unter den 17 externen Sachverständigen keine einzige Frau befand.[6][7] Am 1. Juni 2011 ersetzte Beate Jochimsen (Professorin für allgemeine Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) Herbert Buchner, der sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt hat.[8]

CDU
Name Stellvertreter Anmerkungen
Steffen Bilger Josef Göppel
Matthias Heider Ewa Klamt
Mathias Middelberg Jürgen Klimke
Georg Nüßlein Carsten Linnemann Obmann der CDU/CSU-Fraktion für die Kommission
Stefanie Vogelsang Philipp Murmann
Matthias Zimmer Nadine Schön Stellvertretender Vorsitzender der Enquete-Kommission
SPD
Name Stellvertreter Anmerkungen
Ingrid Arndt-Brauer Hubertus Heil
Edelgard Bulmahn Eva Högl ersetzt Peter Friedrich; Obfrau der SPD-Fraktion für die Kommission
Waltraud Wolff Ulrich Kelber
Daniela Kolbe Anton Schaaf Vorsitzende der Enquete-Kommission
FDP
Name Stellvertreter Anmerkungen
Florian Bernschneider Michael Kauch Obmann der FDP-Fraktion für die Kommission
Horst Meierhofer Werner Simmling ersetzt Claudia Bögel
Judith Skudelny Johannes Vogel
DIE LINKE
Name Stellvertreter Anmerkungen
Sabine Leidig Eva Bulling-Schröter
Ulla Lötzer Matthias W. Birkwald Obfrau der Fraktion DIE LINKE für die Kommission
Bündnis 90/Die Grünen
Name Stellvertreter Anmerkungen
Thomas Gambke Beate Walter-Rosenheimer ersetzt Kerstin Andreae
Hermann E. Ott Valerie Wilms Obmann der Fraktion Die Grünen (nach dem Ausscheiden von Kerstin Andreae)
Sachverständige Mitglieder Anmerkungen
Marc Oliver Bettzüge
Georg van Bracht
Ulrich Brand
Kai Carstensen
André Habisch
Anke Hassel ersetzt Henrik Enderlein
Dietmar Hexel
Hanns Michael Hölz
Martin Jänicke
Beate Jochimsen ersetzt Herbert Buchner
Meinhard Miegel
Michael Müller
Karl-Heinz Paqué
Norbert Reuter
Christoph M. Schmidt
Uwe Schneidewind
Gert Wagner

In den Medien

Im April 2014 hob Die Welt hervor, dass sich die Umsetzung der Ergebnisse der Enquete-Kommission verzögere, obwohl der Bundestag die Regierung im Juni 2013 mit einem Entschließungsantrag beauftragt hatte, den von der Kommission empfohlenen Indikatorensatz zu erstellen.[9]

Weblinks

Einzelnachweise