Executive Order

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Die von Präsident Truman im Juli 1948 erlassene Executive Order Nr. 9981 setzte der Rassentrennung in den US-Streitkräften ein Ende

Eine Executive Order (deutsch Durchführungsverordnung) ist ein Dekret durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten oder einen Gouverneur eines US-Bundesstaates. Die Executive Orders bleiben so lange in Kraft, solange sie nicht durch einen amtierenden Präsidenten (bzw. Gouverneur) abgeändert oder zurückgenommen oder von Gerichten für ungültig erklärt werden; auch gegen die Rücknahme sind Rechtsmittel möglich und waren in Einzelfällen erfolgreich.[1]

Präsidenten haben Executive Orders seit 1789 erlassen. Weder die Verfassung noch Bundesgesetze enthalten Bestimmungen zu Executive Orders. Sie sind daher ein Element der formlosen Rechtspraxis. Je nach ihrem Regelungsgehalt und Adressaten entsprechen sie den im deutschsprachigen Rechtsraum bekannten allgemeinverbindlichen Rechtsverordnungen bzw. verwaltungsinternen Verwaltungserlassen, -vorschriften oder -richtlinien, die im Gegensatz zu den Executive Orders aber im Rahmen des parlamentarischen Regierungssystems einer expliziten formalgesetzlichen oder verfassungsrechtlichen Ermächtigung bedürfen.

In der Regel werden Executive Orders vom Präsidenten für andere Verwaltungsbeamte erlassen. Da der Präsident endgültige Autorität innerhalb der Exekutive hat, sind Executive Orders für alle Beamten innerhalb dieses Regierungszweigs bindend. Einige Executive Orders wurden auch als Folge von bestimmten Bundesgesetzen erlassen, die dem Präsidenten Ermessensspielraum verleihen.

Andere Executive Orders enthalten Weisungen und Erlasse des Präsidenten zu (Innerer) Sicherheit und Verteidigung.

Den Executive Orders sehr ähnlich sind die Presidential Proclamations.

Liste

Präsident Anzahl pro Jahr Amts-
jahre
ab Nr.
George Washington 8 1,0 7,85
John Adams 1 0,3 4,00
Thomas Jefferson 4 0,5 8,00
James Madison 1 0,1 8,00
James Monroe 1 0,1 8,00
John Quincy Adams 3 0,8 4,00
Andrew Jackson 12 1,5 8,00
Martin van Buren 10 2,5 4,00
William Henry Harrison 0 0,0 0,08
John Tyler 17 4,3 3,92
James K. Polk 18 4,5 4,00
Zachary Taylor 5 3,7 1,35
Millard Fillmore 12 4,5 2,65
Franklin Pierce 35 8,8 4,00
James Buchanan 16 4,0 4,00
Abraham Lincoln 48 11,7 4,12 1
Andrew Johnson 79 20,3 3,89 3
Ulysses S. Grant 217 27,1 8,00 8
Rutherford B. Hayes 92 23,0 4,00
James Garfield 6 10,9 0,55
Chester Arthur 96 27,7 3,46 21
Grover Cleveland - I 113 28,3 4,00 23-1
Benjamin Harrison 143 35,8 4,00 28
Grover Cleveland - II 140 35,0 4,00 30
William McKinley 185 40,8 4,53 97
Theodore Roosevelt 1081 144,7 7,47 141
William Howard Taft 724 181,0 4,00 1051
Woodrow Wilson 1803 225,4 8,00 1744
Warren G. Harding 522 216,6 2,41 3416
Calvin Coolidge 1203 215,2 5,59 3885-A
Herbert Hoover 968 242,0 4,00 5075
Franklin D. Roosevelt 3721 307,0 12,12 6071
Harry S. Truman 907 116,6 7,78 9538
Dwight D. Eisenhower 484 60,5 8,00 10432
John F. Kennedy 214 75,4 2,84 10914
Lyndon B. Johnson 325 62,9 5,17 11128
Richard Nixon 346 62,3 5,55 11452
Gerald R. Ford 169 69,0 2,45 11798
Jimmy Carter 320 80,0 4,00 11967
Ronald Reagan 381 47,6 8,00 12287
George H. W. Bush 166 41,5 4,00 12668
Bill Clinton 364 45,5 8,00 12834
George W. Bush 291 36,4 8,00 13198
Barack Obama 276 34,5 8,00 13489
Donald Trump 220 55,0 4,00 13765
Joe Biden 106 0 0 13985
Stand: 15. Februar 2021[2]

Geschichte

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts waren Executive Orders meist inoffiziell, undokumentiert und nur für die interne Arbeit einiger Bundesbehörden relevant. Im frühen 20. Jahrhundert hat das Außenministerium eine Systematik zur Nummerung aller Executive Orders errichtet, die auch rückwirkend bis zu Abraham Lincoln gilt. Heute werden nur noch nationale Sicherheitsdirektiven geheim gehalten.

Bis 1952 gab es keine Richtlinien dafür, was der Präsident mittels einer Executive Order bestimmen konnte. Im Fall Youngstown Sheet and Tube Co. v. Sawyer hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass Harry S. Trumans Executive Order Nr. 10340, die alle Stahlwerke unter Bundeskontrolle stellen sollte, ungültig war. Das Gericht hielt vor, dass Executive Orders kein neues Recht schaffen können, sondern nur zur Erläuterung bereits bestehender Gesetze oder Verfassungsbestimmungen erlaubt sind. Präsidenten haben seitdem in ihren Executive Orders genau beschrieben, unter welchen Gesetzen sie erlassen wurden.

Von Executive orders deutlich zu unterscheiden sind executive agreements, die der US-Präsident (allein oder mit Zustimmung des Repräsentantenhauses, je nach Sachlage, die gern umstritten ist) erlässt und welche allein internationale Verträge betreffen.

Executive Orders (Auswahl)

Kritik

Kritiker haben Präsidenten beschuldigt, Executive Orders zu missbrauchen, sie zur Gesetzgebung ohne Zustimmung des Kongresses zu benutzen oder sie zur Neuinterpretation bestehender Gesetze außerhalb ihres ursprünglichen Rahmens anzuwenden. Eine Reihe größerer Rechtsveränderungen wurden durch Executive Orders geschaffen, so die Rassenintegration im amerikanischen Militär durch Truman. Die Kritik zielt dabei nicht auf die Ergebnisse der entsprechenden Erlasse, sondern auf die Art und Weise, wie sie zustande kamen.

Ein besondere Aufmerksamkeit erregendes Beispiel war die Executive Order Nr. 9066, in der Franklin D. Roosevelt das Militär anwies, bestimmte Zivilgruppen aus Militärzonen zu entfernen; hier waren speziell Amerikaner deutscher oder japanischer Abstammung gemeint. Der Erlass gab außerdem dem General John DeWitt die Befugnis zur Internierung japanischstämmiger Amerikaner an der Westküste für die Dauer des Zweiten Weltkriegs. Auch 11.000 deutschstämmige Amerikaner wurden in temporäre Lager umgesiedelt.

Präsidenten haben Executive Orders auch zum Zweck der militärischen Intervention benutzt: So befahl 1999 Bill Clinton den Einsatz amerikanischer Soldaten im Kosovo mittels Executive Order. Allerdings basierten die Executive Orders in all diesen Fällen auf unterstützenden Beschlüssen des Kongresses. Das Ausmaß, mit dem der Präsident aufgrund seiner eigenen Befugnisse das Militär ohne die Zustimmung durch den Kongress einsetzen darf, bleibt weiterhin eine ungelöste Frage der amerikanischen Verfassungswirklichkeit.

Die zurzeit wohl bekannteste, aber ebenfalls umstrittene Präsidialanweisung ist die Executive Order Nr. 13224;[3] sie reguliert seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die weltweite Vorgehensweise der Vereinigten Staaten gegen Terrororganisationen und deren Aktivisten.

Gerichtsfälle

Die ersten Fälle, in denen Executive Orders gerichtlich beanstandet wurden, stammen aus dem Jahr 1935.[4] Später folgten der obengenannte Erlass Trumans[5] und eine Executive Order Clintons von 1996, die versuchte, alle Firmen von Regierungsaufträgen auszuschließen, die Streikbrecher einstellten.[6]

Neben den Gerichten kann auch der Kongress Executive Orders außer Kraft setzen, indem er neue Gesetze verabschiedet oder keine finanziellen Mittel bereitstellt, um den Erlass auszuführen. Der Präsident kann solche Gesetze durch sein Veto ablehnen, welches aber durch den Kongress mittels Zweidrittelmehrheit endgültig überstimmt werden kann.

Die Executive Order 13769 „Protecting the Nation from Foreign Terrorist Entry into the United States“ des Präsidenten Trump vom 27. Januar 2017 über den Einlass von Menschen in die USA, die aus bestimmten Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung stammen, wurde in den Tagen nach ihrem Erlass von mehreren Bundesbezirksgerichten abgeschwächt und blieb auch in zweiter Instanz in San Francisco zunächst ausgesetzt.[7] Sie wurde abgelöst durch Executive Order 13780.

Executive Orders in den Bundesstaaten

Als Oberhaupt der Exekutive eines Bundesstaates erlassen auch Gouverneure der Einzelstaaten Executive Orders.

Siehe auch

Literatur

  • Dino P. Christenson, Douglas L Kriner: The Myth of the Imperial Presidency: How Public Opinion Checks the Unilateral Executive. University of Chicago Press, Chicago 2020, ISBN 978-0-226-70436-4.
  • Michelle Belco, Brandon Rottinghaus: The Dual Executive. Stanford University Press, Palo Alto 2017, ISBN 978-0-8047-9997-3.
  • Phillip J. Cooper: By Order of the President: The Use and Abuse of Executive Direct Action. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. University Press of Kansas, Lawrence 2014, ISBN 978-0-7006-2012-8.
  • Graham G. Dodds: Take Up Your Pen: Unilateral Presidential Directives in American Politics. University of Pennsylvania, Philadelphia 2013, ISBN 9780812245110.
  • Ryan J. Barilleaux, Christopher S. Kelley (Hrsg.): Unitary Executive and the Modern Presidency. Texas A&M University Press, College Station 2010, ISBN 978-1-60344-378-4.
  • Kenneth Mayer: With the Stroke of a Pen: Executive Orders and Presidential Power. Princeton University Press, Princeton 2001, ISBN 978-0-691-01204-9.

Weblinks

Einzelnachweise