Gottfried Bohnenblust

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Gottfried Bohnenblust (* 14. September 1883 in Bern; † 7. März 1960 in Genf) war ein Schweizer Hochschullehrer, Germanist, Literaturhistoriker, Komponist und Schriftsteller.

Leben

Familie

Gottfried Bohnenblust war der Sohn des gleichnamigen Lehrers Gottfried Bohnenblust und wuchs in Wynau auf.

Ab dem 4. Februar 1911 war er mit Adeline Hedwig (* 1888; † 22. November 1955), Tochter von Jakob Robert Weber aus Zürich, verheiratet;[1] die Ehe wurde später geschieden;[2] gemeinsam hatten sie mehrere Kinder[3].

Werdegang

Gottfried Bohnenblust besuchte das Freie Gymnasium Bern und immatrikulierte sich an der Universität Bern zu einem Studium der Theologie und Altphilologie, das er später an der Universität Berlin fortsetzte; 1905 promovierte er mit seiner Dissertation Beiträge zum Topos peri philias zum Dr. phil.

Von 1906 bis 1920 war er als Gymnasiallehrer in Zürich und in Winterthur tätig. In dieser Zeit gehörte unter anderem der spätere Maler Fritz Bernhard zu seinen Schülern.

1919 habilitierte sich Gottfried Bohnenblust sich als Privatdozent für deutsche Literatur an der Universität Zürich. Von 1920 bis 1958 wirkte er als ordentlicher Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Genf. Von 1921 bis 1953 hielt er auch Vorlesungen am neu geschaffenen Lehrstuhl für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Lausanne.[4] Dort wurde Werner Stauffacher, der vorher bei ihm in Genf studiert hatte, sein Nachfolger[5]

Nach seinem Rücktritt von seinem Professorenamt 1958 wurde er durch die Universität Lausanne zum Honorarprofessor ernannt;[6] ihm folgte an der Universität Genf Maria Bindschedler.[7]

Gesellschaftliches und schriftstellerisches Wirken

Gottfried Bohnenblust befasste sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit dem Verhältnis der Schweiz zur deutschen Kultur. Er gab Anthologien zur Schweiz heraus, so unter anderem 1914 die Gesammelten Dichtungen Heinrich Leutholds sowie 1941 Die Schweiz in Goethes Werk.

Als Präsident der eidgenössischen Spittelerkommission war er in der Zeit von 1945 bis 1958 massgeblich an der Herausgabe von Carl Spittelers Gesammelten Werken beteiligt.

1955 nahm er an der ersten internationalen Germanistenkonferenz der Internationalen Vereinigung für Germanische Sprach- und Literaturwissenschaft in Rom teil.

Musikalisches Wirken

Gottfried Bohnenblust betätigte sich auch als Musiker und Komponist. Er begleitete Sänger auf dem Klavier, sowohl zu Hause als auch in der Öffentlichkeit bei Veranstaltungen. Bereits 1925 wurde er in den Ausschuss des Conservatoire de musique de Genève berufen. In der von ihm gegründeten Société genevoise d’études allemandes nahm er auch Musik in den Lehrplan auf.

Seine Vorträge über Musiker wurden später gedruckt.

Der Initiative und der Hartnäckigkeit von Gottfried Bohnenblust war es zu verdanken, dass die Philosophische Fakultät der Universität Genf seit 1938 über einen regelmäßigen Unterricht in Musikwissenschaft verfügte. Mit seiner Unterstützung verlieh die Universität Genf 1949 die Ehrendoktorwürde an die Schweizer Komponisten Frank Martin und Henri Gagnebin.

Mit der einzigen Ausnahme Die Totenklage (op. 2 für Orgel) sind seine Kompositionen vokal.

Ab seinem 35. Lebensjahr komponierte er nicht mehr, weil seine Werke auf keine Resonanz stiessen.

Willy Tappolet (1890–1981)[8] schrieb seinen musikalischen Nachruf.[9]

Mitgliedschaften

Ehrungen und Auszeichnungen

Gottfried Bohnenblust wurde am 27. August 1932 durch den deutschen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg die Goethe-Medaille verliehen[13]. 1958 erhielt er die Auszeichnung in Gold vom Münchner Goethe-Institut zur Pflege der deutschen Sprache im Ausland verliehen[14].

Werke

Schriften (Auswahl)

  • Beiträge zum Topos peri philias. Gustav Schade, Berlin 1905.
  • Gedichte. Frauenfeld, Huber, 1912.
  • Die Entstehung des stoischen Moralprinzips. In: Archiv für Geschichte der Philosophie. 27. Band. 1914. S. 171–187.
  • Heinrich Leuthold; Gottfried Bohnenblust: Gesammelte Dichtungen in drei Bänden. Eingeleitet und nach den Handschriften hrsg. von Gottfried Bohnenblust. 3 Bände. Huber, Frauenfeld 1914 (Digitalisat Bd. 1, Bd. 2, Bd. 3).
  • Vaterländische Erziehung; ein Vortrag gehalten im Burgerratssaal zu Bern, am 25. Mai 1915. Orell Füssli, Zürich 1915.
  • Jeremias Gotthelf; Gottfried Bohnenblust: Käthi die Grossmutter. Bearbeitet von Gottfried Bohnenblust. E. Rentsch, Erlenbach-Zürich 1916.
  • Demokratie und Individualismus. Rascher, Zürich 1917.
  • O mein Vaterland - die Schweiz im heimischen Liede des 14. bis 20. Jahrhunderts. Rascher, Zürich 1919.
  • Le génie classique et la poésie allemande. La poésie de la Suisse allemande et l’idéal helvétique. Zwei Antrittsreden, die an den Universitäten Genf und Lausanne gehalten wurden. Payot, Lausanne / Genf 1921.
  • A Dur. Neue Gedichte. H. Haessel, Leipzig 1922.
  • Adolf Frey Lieder und Gesichte (= Die Schweiz im deutschen Geistesleben. Eine Sammlung von Darstellungen und Texten. Hrsg. Harry Mayne. 4. Band, H. Haessel, Leipzig 1922
  • Goethe und Pestalozzi. Bircher, Bern 1923.
  • Der Gott Goethes. Vogt-Schild, Solothurn 1926.
  • Conrad Ferdinand Meyer; Gottfried Bohnenblust: Das Amulett. G. W. Dietrich, München 1929.
  • Das Erbe Goethes. Rede zu des Dichters hundertstem Todestage. E. Frankfurter, Lausanne 1932.
  • Goethe und die Schweiz. Huber, Frauenfeld / Leipzig 1932. = Die Schweiz im deutschen Geistesleben. 72/73.)
  • Jahrzehntfeier der Genfer Gesellschaft für Deutsche Kunst und Literatur. Genf 1933.
  • mit Theobald Baerwart, Konrad Bänninger: Festliches Jahr: Gedichte zum Vortragen. Rascher, Zürich / Leipzig / Stuttgart 1934.
  • Meinrad Lienert. Rede zu seinem Gedächtnis, gehalten in der Tonhalle zu Zürich. Gotthelf-Verlag, Bern 1935.
  • Lob der Waadt in deutscher Dichtung. Université Faculté des Lettres, Lausanne 1937.
  • Die Schweiz in Goethes Werk. Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zürich 1941.
  • Vom Adel des Geistes. Gesammelte Reden. Morgarten-Verlag, Zürich 1943.
  • Meinrad Lienert; Gottfried Bohnenblust: Von Lieb und Leid. Huber, Frauenfeld / Leipzig 1943.
  • Carl Spitteier; Gottfried Bohnenblust: Gesammelte Werke. Artemis, Zürich 1945–1958
    • Band 1: Prometheus und Epimetheus. Prometheus der Dulder. 1945.
    • Band 2: Olympischer Frühling. 1945.
    • Band 3: Extramundana. 1945.
    • Band 4: Die Mädchenfeinde. 1945.
    • Band 5: Kleinere Erzählungen. 1945.
    • Band 6: Autobiographische Schriften. 1947.
    • Band 7: Ästhetische Schriften: lachende Wahrheiten in erweiterter Folge. 1947.
    • Band 8: Land und Volk. 1947.
    • Band 9: Aus der Werkstatt. 1950.
    • Band 10: Geleitband 1 und 2. 1958.
  • Carl Spitteler. Dichter und Heimat. P. Haupt, Bern 1945.
  • Spitteler als Erzieher. Artemis, Zürich 1945.
  • Carl Spitteler in der Erinnerung seiner Freunde und Weggefährten. Gespräche - Zeugnisse - Begegnungen. Hrsg.: Leonhard Beriger. Artemis, Zürich 1947, S. 186.
  • Carl Spitteler; Gottfried Bohnenblust: Olympischer Frühling. Entstehung und Erläuterungen. Artemis, Zürich / Stuttgart 1958.
  • mit Wilhelm Altwegg, Robert Faesi: Einführung in den Geleitband zu Carl Spittelers Gesammelten Werken. Artemis, Zürich / Stuttgart 1958.

Gedichte, Aufsätze und Publikationen (Auswahl)

Kompositionen (Auswahl)

  • Sechzehn geistliche Lieder, für vierstimmigen gemischten Chor, hauptsächlich für kirchliche Feiertage, op. I. Gustav Grunau, Bern 1906.
  • Totenklage in g-Moll, für Orgel, op. II. Josef Selling, München.
  • Psalm 126: Wenn Jahwe Zion herstellt, für Sopran, mit Orgel-, Harmonium- oder Klavierbegleitung, op. III. Josef Selling, München.
  • Vier Lieder, für tiefe Stimme und Klavier, op. IV. Josef Selling, München.
  • Dreizehn Lieder, für Sopran und Klavier, op. V. Josef Selling, München.
  • Requiem (Conrad Ferdinand Meyer), op. V, 1, Manuskript.
  • Der Herr wird seinem Volke Kraft geben, Motette für gemischten Chor und Orgel, op. VI, 1. Gustav Grunau, Bern 1907.
  • Festchor (Johann Howald), für gemischten Chor a cappella, op. VI, 2. Gustav Grunau, Bern 1907.
  • Anneli, wo bist du gsi, Schweizer Volkslied, mit Klavierbegleitung, 1907, Manuskript.
  • Vier Lieder (Meinrad Lienert) für eine Singstimme und Klavier, op. VII. Hüni, Zürich.
  • Lobe den Herrn, meine Seele, Motette für vierstimmigen gemischten Chor mit Orgel- oder Klavierbegleitung, op. VII, 1.
  • Nun aber bleibet Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, aber die Liebe ist die grösste unter ihnen, Motette für vier gemischte Stimmen mit Orgel- oder Klavierbegleitung, op. VII, 2. VII, 2.
  • Drei Kanon im Einklang, für vier und fünf Stimmen, N09 1 und 3; a cappella, Nr. 2; mit Orgel, op. VIII. Hüni, Zürich.
  • Vier Marien-Lieder (Anonyme Dichter), für eine Singstimme und Klavier, op. IX. Hüni, Zürich.
  • Drei Kanons zu Weihnachten, für vier bis sechs hohe Stimmen nach Texten aus dem Mittelalter, op. 11.
  • Weihnachts-Kanon, für vier Frauenstimmen nach dem Hymnus Magnificat von Konrad von Haimburgs († 1360).
  • Abendstern. 1. Heft, Zwölf Choräle aus fünf Jahrhunderten, für gemischten Chor, op. XII. Hüni, Zürich.
  • Abendstern, 2. Heft, Zwölf geistliche Gesänge für vier bis sechs Stimmen (gemischter Chor), op. XIII. Hüni, Zürich.
  • Recordare, Motette für vier Frauenstimmen, op. XIV, 1.
  • Quant' è bella giovinezza (Lorenzo de’ Medici), für Sopran und Klavier, Manuskript.
  • Sammlung von Volksliedern Im Röseligarte (Greyerz), Bern 1914, Francke, für Klavier und Gitarre. Fünfzehn Lieder aus dieser Sammlung arrangiert für vier Männerstimmen und acht Militärlieder für vier Stimmen.
    • Ein nüves Lied zue lob undeer dem edlen baren zue Bern, 1536, für vier Stimmen, von Anton de Bruck, übersetzt von Gottfried Bohnenblust, Manuskript.
    • Das Fraubrunnerlied, 1798, nach einer Berner Volksmelodie, bearbeitet von Gottfried Bohnenblust, Manuskript.
    • Letzte Strophen für Schweizerstier, 1584, nach der alten Melodie von Tannhauser, arrangiert von Gottfried Bohnenblust, Manuskript.
    • Das Kappelerlied, von Ulrich Zwingli, 1529, für eine, vier und sechs Stimmen, bearbeitet von Gottfried Bohnenblust.
  • Heimliche Liebe von Adolf Frey. Vertont durch Gottfried Bohnenblust. In: Die Schweiz: schweizerische illustrierte Zeitschrift, Band 24. 1924. S. 62.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zivilstand der Stadt Bern. Der Bund, 6. Februar 1911, abgerufen am 28. Dezember 2021.
  2. Der Bund 2. Dezember 1955 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  3. Der Bund 8. März 1960 Ausgabe 02 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  4. Neue Zürcher Nachrichten 11. Oktober 1920 Ausgabe 02 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  5. Die Tat 23. April 1953 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  6. Freiburger Nachrichten. 12. Januar 1954 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  7. Der Bund. 15. Juli 1958 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  8. Antonio Baldassarre: Willy Tappolet. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 13. August 2012, abgerufen am 28. Dezember 2021.
  9. ETH-Bibliothek Zuerich: Der Lehrer und der Gelehrte. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  10. Der Bund 12. Juni 1934 Ausgabe 02 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  11. Société Genevoise d’Études Allemandes. Abgerufen am 27. Dezember 2021 (Schweizer Hochdeutsch).
  12. Oberländer Tagblatt 9. Juni 1951 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  13. Der Bund 29. August 1932 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
  14. Neue Zürcher Nachrichten 6. September 1958 Ausgabe 02 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 28. Dezember 2021.