Italienische Küche

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Auslage eines italienischen Feinkostgeschäfts
Italienischer Lebensmittelladen

Die italienische Küche besteht aus einer Vielzahl regionaler Küchen, und bedingt durch die geografische Lage und lange Kochtradition Italiens kann sie auf zahlreiche Zutaten und Spezialitäten zurückgreifen. Historisch unterscheidet man vor allem zwischen der

Cucina alto-borghese

, die exklusive Kochtradition der höheren Stände seit der Renaissance, und der

Cucina povera

, der regionalen bäuerlichen und städtischen Küche. Dazu kommt das reichhaltige einheimische Weinangebot, das nicht nur aus Chianti, Barolo und Prosecco besteht. In Italien ist üblicherweise das Abendessen die Hauptmahlzeit, die meist aus Antipasti, zwei weiteren Gängen und der Nachspeise besteht.

Wie wenig andere kulinarische Traditionen fand die italienische Küche seit dem 20. Jahrhundert weltweite Verbreitung, und ihre bekanntesten Gerichte wie Pasta und Pizza werden heute auf allen Kontinenten zubereitet. Andere international bekannte Produkte sind italienisches Olivenöl, diverse Käsesorten (zum Beispiel Parmesan, Mozzarella, Gorgonzola) sowie Wurst und Fleischerzeugnisse (wie Mortadella, Salami, San-Daniele-Schinken, Parmaschinken). Seit 2010 wird die italienische Küche auf der Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit der UNESCO geführt.

Regionalküchen

Trofie con Pesto alla genovese aus der ligurischen Küche

Italien ist ein großes Land mit unterschiedlichen klimatischen und geografischen Verhältnissen und mit verschiedenen Volksgruppen. Die einzelnen Regionen hatten eine oft voneinander unabhängige historische Entwicklung. Diese Umstände bringen es mit sich, dass die einzelnen Regionen – oft sogar einzelne Städte und Orte – verschiedene kulinarische Spezialitäten hervorgebracht haben und sich die regionalen Küchen so sehr unterscheiden, so vielfältig sind, dass eigentlich von einer „italienischen Küche“ gar nicht gesprochen werden kann.[1]

Folgende Regionalküchen können unterschieden werden: Friaul (siehe: Friaulische Küche), Venetien, Trentino-Südtirol (siehe: Südtiroler Küche), die Lombardei, Aostatal, Piemont, Ligurien (siehe: Ligurische Küche), Emilia-Romagna, die Toskana (siehe: Toskanische Küche), Umbrien, Marken, Latium mit der Hauptstadt Rom, die Abruzzen mit Molise, Kampanien (siehe: Kampanische Küche), Apulien, die Basilicata, Kalabrien und die Regionalküchen der beiden Inseln Sizilien (siehe: Sizilianische Küche) und Sardinien.

Italienische Menüfolge

Fritto di porcini

Auch im privaten Alltag werden in allen italienischen Regionen die Speisen zum Mittag- und Abendessen in der Regel in zwei Gänge aufgeteilt, nämlich den kohlenhydratbetonten ersten Gang (

Primo piatto

) und den proteinreichen zweiten Gang (

Secondo piatto

). Zuvor werden oft kalte oder warme Vorspeisen (

Antipasti

) serviert, danach manchmal auch Desserts (

Dolci

). Das Essen wird meist mit einem Espresso (

Caffè

) abgeschlossen. Bei festlichen Anlässen werden oft verschiedene Gerichte zur Auswahl oder nacheinander gereicht.

  • Antipasti (Vorspeisen)

Vor den Hauptgängen ist es in Italien üblich, verschiedene kleine, meist leichte Gerichte zu servieren. Im größeren Rahmen beginnt man mit kalten Antipasti, worauf warme Antipasti folgen. Dabei gibt es eine große und regional unterschiedliche Vielfalt an Gerichten. In Küstengebieten werden oft Antipasti auf Basis von Meeresfrüchten gereicht, während ansonsten Wurst- und Schinkenaufschnitt üblich sind. Anders als in anderen Ländern zählt auch Käse zu den Antipasti. Zusätzlich gibt es zahlreiche Vorspeisengerichte, die auf Gemüse basieren.

  • Primo piatto (erster Hauptgang)

Der erste Hauptgang besteht zumeist aus einem Pasta- oder Gnocchi-Gericht. Vor allem im Norden Italiens wird oft ein Risotto serviert. Auch verschiedene Suppen

Creme

,

Zuppe

oder

Minestre

– können als erster Gang serviert werden. Zu den Primi piatti werden ebenfalls Salate aus Pasta oder Reis gezählt.

  • Secondo piatto (zweiter Hauptgang)

Der zweite Hauptgang ist meist ein Fleischgericht oder eines mit Fisch oder anderen Meerestieren. Auch Frittiertes oder Gebratenes, z. B. gebratene Steinpilze (

Fritto di porcini

), Käse- oder Eierspeisen können als Secondo piatto gereicht werden.

  • Dolci (Dessert)

Als Nachtisch sind sowohl Süßspeisen wie Panna cotta, Tiramisù oder Zabaglione als auch Obst oder Eis bzw. Sorbets üblich.

Typische Gerichte

Antipasti (Vorspeisen)

Suppen

Saucen

Pizza

Pizza wird meist als alleiniger Gang verzehrt (

Piatto unico

).

Pastagerichte

Ragù alla bolognese isst man in Italien seit jeher mit Bandnudeln.
Spaghetti mit Pesto alla Genovese

Reisgerichte

Risotto alla Marinara con gamberoni

Reisgerichte (Risotti) haben ihren Ursprung zumeist in Norditalien und sind dort besonders beliebt. Das liegt daran, dass Risotto-Reis vorwiegend in den nördlichen Regionen Piemont, Lombardei, Venetien und Emilia-Romagna angebaut wird.

Fischgerichte

Orata al Cartoccio (Goldbrasse in der Folie zubereitet)
  • Acciughe fritte in pastella, Acciughe in carpione, Acquadella o latterino fritto, Agghiotta di pesce spada, Anguilla marinata
  • Baccalà alla vicentina, Baccalà fritto, Branzino al sale, Brodetto di arselle, Burrida
  • Cacciucco, Calamaretti fritti, Calamari in zimino, Calamari ripieni, Capesante alla veneziana, Cappon magro, Carpaccio di pesce, Cartoccio di pesce spada, Cozze alla tarantina, Cozze fritte alla viareggina, Cozze ripiene
  • Filetti di Baccalà, Filetti di orata al cartoccio, Fritto misto, Frittata di bianchetti, Frittura mista di pesce
  • Grancevola alla Veneziana
  • Impanata di pesce spada – Kuchen aus Mürbeteig gefüllt mit Ragout vom Schwertfisch, Zucchini, Zwiebeln, Tomaten, Oliven, Kapern
  • Involtini di pesce
  • Missultin e Polenta, Moscardini lessati alla genovese, Murena fritta
  • Nasello al forno – Im Ofen gebackener Seehecht
  • Orata arrosto, Orata al forno, Orata al finocchio – Gebratene Goldbrasse, im Ofen gebackene Goldbrasse, Goldbrasse mit Fenchel
  • Pepata di cozze, Pesce a scabecciu, Pesce al cartoccio, Pesce alla pizzaiola, Pesce spada alla siciliana, Pesce spada arrosto in salmoriglio, Polpettine di mare
  • Sarde a beccafico, Sarde arraganate (Sarde con origano e pane), Sarde grigliate, Sarde ripiene, Sarde Sfiziose Panate, Sardele in saor, Sbroscia bolsenese, Scampi a zuppetta, Scampi gratinati, Seppie col nero alla veneziana, Seppie con i piselli, Seppie ripiene, Seppioline in umido, Sogliole alla mugnaia, Spiedini ai frutti di mare, Spiedini di alici, Spiedini di anguilla, Stoccafisso alla genovese, Stoccafisso alla ligure
  • Tonno sott’olio, Tortiera di cozze, Triglie alla livornese
  • Zuppa di pesce, Zuppa di cozze

Fleischgerichte

Salumi

Salumi

ist der italienische Oberbegriff für Fleisch- und Wurstwaren, einschließlich anderer Pökelwaren. Wurstwaren werden im Italienischen als Insacatti bezeichnet.

Käse

Italien gilt als eines der Länder mit den meisten Käsesorten und langer Tradition in Herstellung und Verarbeitung, siehe Käse aus Italien.

Desserts

Italienisches Eis

Backwaren

Focaccia mit Kräutern und Oliven

Getränke

Weine

Brunello di Montalcino, sortenrein, basierend auf einer Sangiovese-Unterart

Der Weinbau in Italien hat eine lange Tradition und jede Region ihre eigenen Weine. Es gibt über 350 Rebsortenvarietäten. Aufgrund der verschiedenen klimatischen Bedingungen bestehen große geschmackliche Unterschiede zwischen den Weinen, die dementsprechend den regionalen Charakter der unterschiedlichen Küchen bereichern. Qualitativ wird zwischen Qualitätswein und Landwein unterschieden und ausgezeichnet. Mehr als ein Fünftel aller in Italien angebauten Rebsorten sind autochthon. Zu den berühmtesten gehören Sangiovese sowie Nebbiolo.[2]

Der Charakter des Weins entscheidet, zu welchem Gang er serviert wird. Der toskanische Vin Santo ist zum Beispiel ein Dessertwein. In Italien werden neben Stillweinen (

vini tranquilli

) auch Perl- (

vini frizzanti

) und Schaumweine (

vini spumanti

) gekeltert.

Aperitifs

Zu den bekanntesten Likören, die in Aperitifs wie dem Spritz gemischt werden, gehören Campari, Cinzano und Aperol.

Digestifs

Kaffee

Im 16. Jahrhundert war der Kaffee auf italienischsprachigem Territorium ein Getränk der Avantgarde, beispielsweise auf dem Campus der Universität Padua. Im Jahr 1600 verfügte Papst Clemens VIII., dass Kaffee ein für Christen geeignetes Getränk sei. Daraufhin hatten ihn die Straßenhändler, die auch Limonade führten, im Angebot. Das erste nachzuweisende Kaffeehaus italienischer Art wurde 1683 in Venedig eröffnet.[3] Typische italienische Kaffeespezialitäten sind: Caffè Corretto, Caffè Latte, Latte macchiato, Espresso, Cappuccino.

Projekte und Kulturerbe

1953 wurde in Mailand auf Initiative Orio Verganis die

Accademia Italiana della Cucina

gegründet. Diese möchte das Wissen um die italienische Küche und Tischkultur bewahren und an die folgenden Generationen weitergeben. Hierzu organisiert sie Versammlungen und Tagungen, hat das Studienzentrum Franco Marenghi eingerichtet und verleiht Preise sowie Auszeichnungen. Die Akademie gibt die monatlich erscheinende Zeitschrift

Civiltà della Tavola

heraus.[4] Ein weiteres Projekt um zunächst unter anderem die italienische Kochkunst zu erhalten, die Associazione Slow Food, wurde 1986 in Bra von Carlo Petrini gegründet.[5]

Gemeinsam mit den Regierungen Spaniens, Griechenlands und Marokkos hat die italienische Regierung bei der UNESCO den Antrag gestellt, die Mittelmeerküche in das immaterielle Kulturerbe aufzunehmen. Im November 2010 wurde dieser Antrag positiv beschieden.[6]

Literatur

  • Der Silberlöffel (Il cucchiaio d’argento, ab 1950) ist eines der erfolgreichsten italienischen Kochbücher, Phaidon, Berlin, 2007, ISBN 0-7148-9665-9
  • Larissa Bertonasco: La cucina dolce (Text: Carlo Bernasconi) Berlin, Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2012. ISBN 978-3-941787-91-9
  • Ulrike Thoms: Von der Migranten- zur Lifestyleküche: Die Karriere der italienischen Küche in Europa, Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2011, Zugriff am: 18. April 2020.
  • Larissa Bertonasco: La cucina verde (Text: Carlo Bernasconi) Berlin, Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2010. ISBN 978-3-941087-79-8
  • Marcella Hazan: Die klassische italienische Küche. Collection Rolf Heyne 2010, ISBN 978-3-89910-479-0
  • Peter Peter: Cucina & Cultura – Kulturgeschichte der italienischen Küche. Zweite Auflage. München 2007. ISBN 3-406-55063-0
  • Larissa Bertonasco: La nonna, la cucina, la vita Hildesheim, Gerstenberg Verlag, 2005. ISBN 3-8067-2560-8
  • Pellegrino Artusi: Die klassische Kochkunst Italiens. Von der Wissenschaft des Kochens und der Kunst des Genießens, Kosmos Verlag, 2. Aufl. 2005, ISBN 3-440-10505-9
  • Alberto Capatti, Massimo Montanari, La cucina italiana. Storia di una cultura, Roma-Bari, Laterza, 2002. ISBN 978-88-420-7675-9
  • Paolo Sorcinelli, Gli Italiani e il cibo. Dalla polenta ai cracker, Milano, Bruno Mondadori, 1999. ISBN 978-88-424-9659-5
  • Alice Vollenweider: Italiens Provinzen und ihre Küche, Wagenbach, Mai 1999. ISBN 3-8031-3052-2
  • Cettina Vicenzino: ITALIA – Das beste aus allen Regionen. Christian Verlag, München 2016. ISBN 978-3-86244-761-9
  • Cettina Vicenzino: DOLCI ITALIANI – Süsse Verführung auf italienisch. Fackelträger Verlag, Köln 2016. ISBN 978-3-7716-4629-5

Weblinks

Commons: Italienische Küche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Alberto Capatti, Massimo Montanari: Italian Cuisine: A Cultural History, Columbia University Press 1999, S. xiii. ISBN 978-0-231-12232-0
  2. Broschüre des Italienischen Instituts für Außenhandel Düsseldorf 2006 (PDF; 3,2 MB)
  3. Bennett Alan Weinberg, Bonnie K. Bealer: The world of caffeine: the science and culture of the world’s most popular drug, Routledge Chapman & Hall, 2001, S. 68. ISBN 0-415-92722-6
  4. Website der Akademie (italienisch)
  5. Website des Vereins (Memento des Originals vom 20. März 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/associazione.slowfood.it
  6. The Mediterranean diet. UNESCO, abgerufen am 11. August 2013 (englisch).