Katrin Sass
Katrin Sass (zwischenzeitlich: Saß, * 23. Oktober 1956 in Schwerin) ist eine deutsche Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin.
Leben und berufliche Entwicklung
Ihre Mutter ist die Schauspielerin Marga Heiden (1921–2013), die im DDR-Fernsehen durch Mundartstücke der Fritz-Reuter-Bühne Schwerin bekannt wurde. Auf ihr Drängen lernte Katrin Sass zunächst den Beruf der Facharbeiterin für Fernsprechtechnik und war dann Ankleiderin an einem Theater.[1] Der erste Bewerbungsversuch an der Berliner Schauspielschule scheiterte, der zweite in Rostock[2] gelang.
Im Jahr 1979 gab sie mit 23 Jahren ihr Filmdebüt mit der Hauptrolle in dem Film Bis daß der Tod euch scheidet, wo sie eine früh desillusionierte junge Ehefrau verkörperte. Ihre große Karriere begann Anfang der 1980er Jahre. Für ihre Darstellung in dem Film Bürgschaft für ein Jahr (1981), gedreht noch während ihrer Studienzeit, erhielt sie auf der Berlinale 1982 in West-Berlin den Silbernen Bären. Sass selbst gibt an, als Reaktion auf die westdeutsche Auszeichnung bei der Berlinale, zu der sie reisen durfte, vom DDR-Regime zwei Jahre lang keine Filmrollen mehr erhalten zu haben.[3] Ab Mitte der 1980er Jahre war sie allerdings in zahlreichen DEFA-Filmen zu sehen und wurde 1987 in der DDR zur Schauspielerin des Jahres gekürt.
Ihre Theaterlaufbahn begann Anfang der 1980er Jahre am Kleist-Theater in Frankfurt (Oder), 1981 holte Peter Sodann sie nach Halle/Saale. Es folgte ein Engagement am Schauspielhaus in Leipzig bis 1990.
Mit Ausnahme der Fernsehreihe Polizeiruf 110, in der sie von 1993 bis 1998 als Hauptkommissarin Tanja Voigt auftrat, hatte sie in den 1990er Jahren kaum Engagements.[4] Sass litt seit ihrem neunzehnten Lebensjahr und besonders nach der Wende an Alkoholsucht, die sie erst 1998 überwand und ab 2001 in der Öffentlichkeit thematisiert hat.[5][6] Aufgrund ihrer Suchterkrankung wurde ihr 1998 vom ORB, der damals produzierenden Sendeanstalt, ihre Rolle als Kommissarin im Polizeiruf 110 gekündigt.[7]
Sass’ Angaben zufolge habe sie ihren Nachnamen in der DDR in Saß ändern lassen müssen. Sie vermute, dass die damaligen staatlichen Autoritäten mit der Schreibweise Sass die „Nazi-Kürzel“ SA und SS assoziierten und sie daher verboten.[8][9] Ihr Name wurde allerdings auch in DDR-Filmen und Serien mit Doppel-S geschrieben.[10] Außerdem trat sie noch lange nach dem Ende der DDR unter der Schreibweise Saß auf[11] und wird auch in ihrer Autobiografie Das Glück wird niemals alt mit „ß“ geschrieben.[12]
Sass gibt an, zu DDR-Zeiten von ihrer besten Freundin Sabine seit 1987 aus Rache[13] sowie von Freunden und Kollegen, die sich als Inoffizielle Mitarbeiter von der Stasi hatten anwerben lassen, bespitzelt worden zu sein.[3]
Mit den Hauptrollen im Sozialdrama Heidi M. (2001) und im internationalen Publikumserfolg Good Bye, Lenin! (2003) hatte sie ein Comeback auf der Kinoleinwand. Im August 2006 spielte sie die Rolle der Celia Peachum in einer Inszenierung von Bertolt Brechts Dreigroschenoper von Klaus Maria Brandauer am Metropol-Theater Berlin. Sie ist seither in mehreren Fernsehfilmen und -serien zu sehen.
Im Januar 2013 geriet Sass in den Fokus der Aufmerksamkeit, nachdem sie in der Talkshow Markus Lanz den Schauspieler und Moderator Peer Kusmagk aufgrund seiner Dschungelcamp-Teilnahme verbal angegriffen und nach Auffassung von Kritikern persönlich beleidigt hatte.[14] Der Stern, dessen Berichterstattung Sass in derselben Talkshow ebenfalls kritisiert hatte, bezeichnete ihren Diskussionsstil als „arrogante Schulmeisterei“ und „unter der Gürtellinie“ und verglich Sass mit Klaus Kinski.[15]
Sass war von 1991 bis 2007 mit dem Regisseur Siegfried Kühn verheiratet. Sie lebt in Mecklenburg und Berlin-Müggelheim.[16]
2013 veröffentlichte sie die Lieder, die sie in ihrer Rolle als Sängerin in der TV-Serie Weissensee vorgetragen hat, unter dem Titel Königskinder als Album.[17]
Filmografie
Kino
- 1979: Bis daß der Tod euch scheidet
- 1980: Die Schmuggler von Rajgrod
- 1980: Die Verlobte
- 1981: Bürgschaft für ein Jahr
- 1985: Ab heute erwachsen
- 1985: Meine Frau Inge und meine Frau Schmidt
- 1986: Das Haus am Fluß
- 1986: Rabenvater
- 1986: Der Traum vom Elch
- 1988: Fallada – Letztes Kapitel
- 1989: Heute sterben immer nur die andern
- 1989: Zum Teufel mit Harbolla
- 1991: Jugend ohne Gott
- 1992: Inge, April und Mai
- 1998: Härtetest
- 2001: Heidi M.
- 2002: Babij Jar – Das vergessene Verbrechen
- 2003: Good Bye, Lenin!
- 2005: Warchild
- 2008: Reich mir deine Hand
- 2009: Lulu & Jimi
- 2010: Das letzte Schweigen
- 2013: Sein letztes Rennen
- 2019: Sweethearts
Fernsehfilme (Auswahl)
- 1981: Polizeiruf 110: Nerze
- 1981: Chirurgus Johann Paul Schroth
- 1982: Familie Rechlin (Zweiteiler)
- 1983: Nachhilfe für Vati
- 1984: Polizeiruf 110: Schwere Jahre (2. Teil)
- 1991: Jugend ohne Gott
- 1993: Stunde der Füchse
- 1993: Tatort: Tod einer alten Frau
- 1993: Polizeiruf 110: Blue Dream – Tod im Regen
- 1994: Polizeiruf 110: Totes Gleis
- 1994: Polizeiruf 110: Opfergang
- 1995: Polizeiruf 110: Sieben Tage Freiheit
- 1995: Polizeiruf 110: Im Netz
- 1995: Polizeiruf 110: Jutta oder Die Kinder von Damutz
- 1996: Polizeiruf 110: Die Gazelle
- 1996: Polizeiruf 110: Kurzer Traum
- 1997: Polizeiruf 110: Der Sohn der Kommissarin
- 1997: Das vergessene Leben
- 1998: Ein Mann stürzt ab
- 1998: Ein tödliches Wochenende
- 1998: Sperling – Sperling und der brennende Arm
- 1998: Polizeiruf 110: Das Wunder von Wustermark
- 1999: Tatort: Todesangst
- 2000: Tatort: Blüten aus Werder
- 2000: Verhängnisvolles Glück
- 2000: Schimanski: Tödliche Liebe
- 2000: Die Polizistin
- 2002: Tatort: Rückspiel
- 2003: Tatort: Bienzle und der Taximord
- 2004: Problemzone Schwiegereltern
- 2004: Tatort: Feuertaufe
- 2004: Mutterseelenallein
- 2004: Bella Block: Die Freiheit der Wölfe
- 2005: Bloch: Ein krankes Herz
- 2005: Meine verrückte türkische Hochzeit
- 2006: Unter anderen Umständen
- 2006: Verschleppt – Kein Weg zurück
- 2007: Heimweh nach Drüben
- 2007: Hochzeit um jeden Preis
- 2008: Donna Leon: Die dunkle Stunde der Serenissima
- 2008: Tatort: Tod einer Heuschrecke
- 2009: Die Freundin der Tochter
- 2009: Liebe verlernt man nicht
- 2010: Der Doc und die Hexe (Zweiteiler)
- 2010: Das letzte Schweigen
- 2011: Blond bringt nix
- 2012: Heiratsschwindler küsst man nicht
- seit 2014: Der Usedom-Krimi (Fernsehreihe) → siehe Folgen
- 2017: Harrys Insel
- 2017: Das deutsche Kind
Fernsehserien (Auswahl)
- 1994, 2001: Ein Fall für zwei (Folgen: Der wahre Reichtum, Tödliche Schnappschüsse)
- 1995–2000: Wolffs Revier (4 Folgen)
- 1998: Hallo, Onkel Doc! (Folge: Die wilde Clara)
- 1999: Klemperer – Ein Leben in Deutschland (5 Folgen)
- 2000: Für alle Fälle Stefanie (Folge: Das Maß ist voll)
- 2004–2010: Der Alte (5 Folgen)
- 2005, 2008: Siska (Folgen: Verlorener Sohn, Seele im Nebel)
- 2007: Mitten im Leben (9 Folgen)
- 2007, 2013: Der Kriminalist (Folgen: Ein ideales Opfer, Der Sobottka-Clan)
- 2008: Dell & Richthoven (4 Folgen)
- 2010–2015: Weissensee
- 2015: Block B – Unter Arrest (10 Folgen)
- 2018: Dogs of Berlin
Fernsehauftritte (Auswahl)
- 2005: alfredissimo! (25. Februar)
- 2010: Zimmer frei! (26. September)
- 2011: NDR Talk Show (11. Februar)
- 2012: Markus Lanz (29. Mai)
- 2013: Markus Lanz (29. Januar, 19. Juni)
- 2013: Krömer – Late Night Show (31. August)
- 2014: Markus Lanz (28. Oktober)
- 2014: DAS! (29. Oktober)
- 2014: Das ist Spitze! (18. Dezember)
- 2017: Inas Nacht (4. November)
- 2017: NDR Talk Show (17. November)
- 2020: NDR Talk Show (Mai)
Musikvideos
- 2011: Hauptrolle im Video zu Wir sind am Leben von Rosenstolz
Auszeichnungen
- 1982: Silberner Bär auf der Berlinale 1982 für ihre Darstellung in Bürgschaft für ein Jahr
- 1999: Deutscher Fernsehpreis – Beste Schauspielerin Nebenrolle für Ein Mann stürzt ab und Sperling und der brennende Arm
- 2001: Deutscher Filmpreis – Beste Hauptdarstellerin für Heidi M.
- 2001: Preis der deutschen Filmkritik für Heidi M.
- 2003: Goldene Leinwand – Ehrennadel als Hauptdarstellerin von Good Bye, Lenin!
- 2003: Bambi
- 2004: Jupiter für Good Bye, Lenin!
- 2005: Berlinale Kamera auf der Berlinale 2005
- 2010: Paula-Preis des Progress Film-Verleih für ihre Verdienste um den deutschen Film
- 2011: Goldener Ochse beim filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern
- 2011: Deutscher Fernsehpreis Beste Serie für Weissensee, stellvertretend für das Schauspielensemble
- 2015: Europäischer Kulturpreis für Schauspielkunst
Literatur
- Hans-Michael Bock: Katrin Saß – Schauspielerin. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 8, 1987.
- Ingrid Kirschey-Feix: Saß, Katrin. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Katrin Sass: Das Glück wird niemals alt. Ullstein, München 2003, ISBN 3-550-07580-4.
- Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 7: R – T. Robert Ryan – Lily Tomlin. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 54.
Weblinks
- fehlende IMDb-Kennung (Fehler 1: IMDb-Kennung weder in der Vorlage noch in Wikidata vorhanden)
- Katrin Sass bei crew united
- Katrin Sass bei filmportal.de
- Katrin Sass bei der DEFA Stiftung
- Literatur von und über Katrin Sass im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur über Katrin Sass in der Landesbibliographie MV
- Katrin Sass. Hoestermann: Agentur für Schauspieler
- Silke Bartlick: Film: Die Ost-West-Karriere der Katrin Sass. Deutsche Welle, 6. Oktober 2010
- David Denk: Interview mit Katrin Sass: „Nach Strich und Faden verarscht“. taz, 23. Januar 2009
- Schauspielerin Katrin Sass beim WDR 5 Tischgespräch vom 31. Juli 2019 (Audio verfügbar bis 31. Juli 2020)
Einzelnachweise
- ↑ Bildbox: Katrin Saß, in: Neues Leben 1981, H. 7, S. 65f
- ↑ Christina Brecht-Benze: Setzen, Sechs! – Schulgeschichten aus Deutschland (2/3). Verpasste Chancen. Dokumentarfilm im Auftrag des SWR. Deutsche Erstausstrahlung am 15. Dezember 2005.
- ↑ a b Wie mich die Stasi mit Turnschuhen ködern wollte. Welt.de, 13. September 2010; abgerufen am 20. August 2015.
- ↑ Jens-Uwe Korsowsky: Katrin Saß: Bonjour Katrin, Good Bye Lenin. Emma 2/2003, 1. März 2003, abgerufen am 20. August 2015.
- ↑ Katrin Sass: „Ich möchte offen über die Sucht reden“. (Memento vom 4. Januar 2012 im Internet Archive) Interview aus Gesundheit und Gesellschaft Spezial 12/2010, KomPart-Verlags-Gesellschaft, Bonn. Wiedergegeben auf brigitte.de, 1. November 2011
- ↑ Interview Katrin Saß: „Wer fragt hier noch nach Ossi oder Wessi?“ Der Tagesspiegel, 22. März 2009, abgerufen am 20. August 2015. Aus: Manuela Arand, Thomas Knuth: Berlin 1989–2009: eine Bilanz in 12 Gesprächen. Berlin-Story-Verlag, Berlin, 2009, ISBN 978-3-86855-010-8.
- ↑ Bernhard Borgeest, Heiner Bayer: „Wer nicht am Abgrund steht, dem wachsen keine Flügel“. Focus 30/2003, 21. Juli 2003, S. 103–110.
- ↑ Katrin Saß: Das Glück wird niemals alt, S. 22, 2003. „[…] sagte der Pförtner immer das Gleiche: ‚Wo willst du hin, zu Hans-Otto Sass, SA-SS, Doppelnazi […]‘ Damals wurden wir noch mit Doppel-S geschrieben. Später, als ich meinen Ausweis schon hatte, musste die Familie Sass zur Polizei und das ‚ss‘ wurde in ein ‚ß‘ verwandelt, keiner wusste warum. Das hatte vielleicht mit dem Satz des Pförtners zu tun.“
- ↑ Karen Gottschild: Warum Katrin Sass in der DDR als „Doppel-Nazi“ galt. Bild.de, 2. September 2010; abgerufen am 20. August 2015.
- ↑ z. B.: Bis dass der Tod euch scheidet, 1978; Polizeiruf 110: Nerze, 1981; Das Haus am Fluß, 1986
- ↑ z. B.: Polizeiruf 110: Das Wunder von Wustermark, 1998
- ↑ Katrin Saß: Das Glück wird niemals alt, 2003.
- ↑ Schauspielerin Katrin Saß spricht in FUNK UHR über ihre schlimmste Zeit: Warum ich meine beste Freundin umbringen wollte. presseportal.de, 14. Juni 2001; abgerufen am 20. August 2015.
- ↑ Volker Probst: Der Aussetzer von Katrin Sass. n-tv, 30. Januar 2013, abgerufen am 31. Januar 2013
Katrin Sass macht Peer Kusmagk nieder. B.Z., abgerufen am 31. Januar 2013 http://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/katrin-sass-macht-peer-kusmagk-nieder (Memento vom 20. August 2015 im Internet Archive) , abgerufen am 20. August 2015. - ↑ Jens Maier: Katrin Sass rastet bei Markus Lanz aus. Stern.de, 30. Januar 2013, abgerufen am 31. Januar 2013.
- ↑ Müggelheimer Schauspielerin auf der Berlinale geehrt. In: Müggelheimer Bote, März 2010.
- ↑ Kurzmeldung zum Album Königskinder auf popshot.over-blog.de, 16. April 2016.
Personendaten | |
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NAME | Sass, Katrin |
ALTERNATIVNAMEN | Saß, Katrin |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin |
GEBURTSDATUM | 23. Oktober 1956 |
GEBURTSORT | Schwerin |