Natrium-Ionen-Akkumulator

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Illustration des verschiedenartigen Aufbaus der Natrium-Ionen-Akkumulatoren

Der Natrium-Ionen-Akkumulator, englisch sodium-ion battery (abgekürzt SIB), dient – wie alle Akkumulatoren – der Speicherung elektrischer Energie und nutzt dabei Ionen des Alkalimetalls Natrium.

Begriff

Der Begriff Natrium-Ionen-Akkumulator kann unterschiedlich definiert werden, umfassender oder enger gefasst.

Natrium-Ionen-Akkumulator im weiteren Sinn

Man kann unter Natrium-Ionen-Akkumulator alle Akkumulatoren zusammenfassen, die Natriumionen zum Ladungstransport im Elektrolyten nutzen.

Die technisch wichtigsten Umsetzungen, die unter diese weite Definition fallen, sind Thermalbatterien (Hochtemperatur-Batterien), die flüssiges Natrium und einen festen Elektrolyten nutzen. Die aufgrund ihrer kommerziellen Nutzung bedeutenden Beispiele dazu sind die Zebra-Batterie und der Natrium-Schwefel-Akkumulator.

Natrium-Ionen-Akkumulator im engeren Sinn

Mehrere Natrium-Ionen-Akkumulatoren in Form grüner Boxen

Analog zur engen Definition des Begriffs Lithium-Ionen-Akkumulator, der Lithiumbatterien mit Lithium-Metall-Elektroden ausschließt, kann man Natrium-Ionen-Akkumulatoren so definieren, dass dort Natriumionen zur Ladungsspeicherung in den Elektroden genutzt werden. Dadurch werden die oben genannten Zellen mit flüssigem Natrium ausgeschlossen, in denen Natrium nicht als Ionen vorliegt.

Natrium-Ionen-Batterien werden bei Umgebungstemperatur und mit organischen oder mit anorganischen, wässrigen Elektrolyten betrieben. Ein großer Vorteil der Variante mit organischen Elektrolyten ist, dass sie größere Zellspannungen als mit wässrige Lösungen erlaubt.

Natrium-Ionen-Batterien mit anorganischen, wässrigen Elektrolyten werden auch Salzwasserbatterie genannt. Sie sind preiswerter als die Varianten mit organischen Elektrolyten. Die Energiedichte der Natrium-Ionen-Akkumulatoren mit wässrigen Elektrolyt ist allerdings kleiner als bei organischem Elektrolyt. Sie eignen sich daher kaum für den mobilen Einsatz, sondern werden als stationäre Akkus, z. B. als Heimspeicher für Solarenergie, angeboten.

Natrium-Ionen-Akkumulatoren sind unbrennbar und damit sicherer als die Lithium-Cobaltdioxid-Akkumulatoren, welche im Fehlerfall thermisch durchgehen können.

Vorteile von Natrium-Ionen-Akkumulatoren

Natrium ist wesentlich preiswerter als Lithium und weltweit leicht und praktisch unbegrenzt verfügbar.[1] Daraus ergibt sich ein Kostenvorteil bei den Rohmaterialien der Batterieherstellung.[1] Natrium ist neben Chlorid nach Wasser der mengenmäßig größte Bestandteil von Meerwasser und sowohl die Gewinnung aus Meerwasser (Meersalz) als auch die Gewinnung aus untertägigen Vorkommen ist seit Jahrhunderten etabliert. Große Mengen Natriumsalze fallen auch als Kuppelprodukt anderer Abbauprozesse wie der Gewinnung von Kalisalzen an. Bedeutsamer ist jedoch, dass manche Bauformen von Natrium-Ionen-Akkumulatoren ohne Kupfer, Cobalt und Nickel auskommen können.[2] Beispielsweise ergab eine erste Abschätzung, dass die Natrium-Ionen-Technik günstiger ist als die Lithium-Ionen-Technik.[3] Aufgrund der Verwendung im Überfluss vorkommender und damit günstiger Materialien gelten Natrium-Ionen-Akkus als vielversprechende Akkumulatorbauform für Energiespeicher, bei denen es nicht auf das Gewicht des Akkumulators ankommt, beispielsweise stationäre Batterie-Speicherkraftwerke für Windenergie und Solarenergie.[4]

Auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit und der Handhabung (siehe: Gefahren beim Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus) sind Natriumzellen eine vorteilhafte Alternative. Hinzu kommt, dass sich die Zellen auf denselben Anlagen wie Lithium-Ionen-Akkumulator fertigen lassen.[5]

Thermalbatterien mit Natriummetall

Diese nutzen einen Festelektrolyten (vom Typ Natrium-β-aluminat) zum Transport der Natriumionen. Da die Leitfähigkeit von Festelektrolyten nur bei genügend hohen Temperaturen groß genug ist, müssen die Zellen auf hoher Temperatur gehalten werden. Dafür kann die Minuspolseite aus dem preiswerten flüssigen Natrium bestehen, die Pluspolseite aus Schwefel beim Natrium-Schwefel-Akkumulator und aus Nickelchlorid bei der Zebra-Batterie (=Natrium-Nickelchlorid-Akkumulator). Im Gegensatz zu den preiswerten Elektroden ist der Festelektrolyt relativ teuer.

Natrium-Ionen-Batterien mit wässrigen Elektrolyten

Dieser Akkumulatortyp wird unter anderem mit Bezeichnungen wie Salzwasserbatterie, englisch Salt water battery, vermarktet.[6] Eine Besonderheit dieses Akkumulatortyps ist, dass er im Gegensatz zu den meisten Akkumulatoren, speziell der Gruppe der Lithium-Ionen-Akkumulatoren, tiefentladefest ist und bis zu einer Entladeschlussspannung von 0 V entladen werden kann, ohne Schaden zu nehmen.

Die Energiedichte der wässrigen Natrium-Ionen-Akkumulatoren liegt mit 12 bis 24 Wattstunden pro Liter weit unterhalb derer von Blei- oder Lithium-Ionen-Akkumulatoren,[7] was zwar bei ortsfesten Anlagen kein Problem darstellt, diese Natrium-Ionen-Akkus jedoch für mobile Anwendungen ungeeignet macht. Sie weisen zudem eine geringere Zyklenfestigkeit auf.[8]

Die entnehmbare Kapazität ist stark von der Entladestromstärke abhängig. Deshalb eignen sich solche Natrium-Ionen-Akkus eher für Anwendungen, die geringe bis mittlere Ströme benötigen, dies jedoch über lange Zeiträume.[7]

Natrium-Ionen-Akkumulatoren mit organischen Elektrolyten

Bei der Gruppe der Natrium-Ionen-Akkumulatoren mit organischen Elektrolyten, die zurzeit intensiv erforscht werden, gibt es eine große Vielfalt an vorgeschlagenen Materialien für Anode, Kathode und Elektrolyt.[1] Daraus ergeben sich viele denkbare Kombinationen, die zu unterschiedlichen Akkumulator-Parametern führen, zu denen vor allem die Zellspannung gehört. Die am häufigsten vorgeschlagenen Elektrolyte für Natrium-Ionen-Akkumulatoren sind, analog zu Lithium-Ionen-Akkumulatoren, Lösungen von Natriumsalzen wie zum Beispiel Natriumhexafluorophosphat. Das häufig in akademischer Forschung verwendete Natriumperchlorat ist aufgrund seiner Explosionsgefahr für kommerzielle Zwecke ungeeignet.[9] Das Lösungsmittel besteht meist aus binären oder tertiären Mischungen von verschiedenen organischen Carbonaten wie Propylencarbonat, Ethylencarbonat und Diethylcarbonat. Je nach erwünschten Eigenschaften kommen auch kurzkettige Ether gelegentlich zum Einsatz.[10] Als Anodenmaterial wird unter anderem Kohlenstoff in Form von Graphen eingesetzt – metallisches Natrium ist als Anodenmaterial zwar prinzipiell möglich, das Alkalimetall wird allerdings durch die Substanzen im Elektrolyt chemisch angegriffen. Als Kathodenmaterialien werden verschiedene, Natriumionen enthaltende Materialien wie Phosphate und Diphosphate erforscht, beispielsweise Natriumeisenphosphat.

Je nach verwendeten Materialien ergeben sich daraus Zellspannungen im Bereich zwischen 2 und 3,5 Volt.[8]

Marktverfügbarkeit

2017 spielten Natrium-Ionen-Akkumulatoren wirtschaftlich nur eine geringe Rolle, waren aber in verschiedenen Formen und Variationen Gegenstand von Forschungsarbeiten. 2018 hatte sich die Position der Natrium-Ionen-Akkumulatoren etwas verbessert, da die Herstellungskosten gegenüber Lithium-Akkus gesunken und eine weitere Rationalisierung durch einfachere Bauweise bei höheren Stückzahlen zu erwarten war.[11]

Das britische Unternehmen Faradion, in Partnerschaft mit dem größten britischen Akkuhersteller AMTE, und der chinesische Hersteller CATL, Tesla-Zulieferer und der größte Akkuhersteller der Welt, haben einen Prototyp von Natrium-Ionen-Akkumulator für die Elektromobilität entwickelt. Nach Angaben von CATL erreichen ihre Natrium-Ionen-Akkumulatoren in der ersten Generation bis zu 160 Wh/kg, wobei für die zweite Generation bis zu 200 Wh/kg angepeilt werden was in etwa der Energiedichte von Lithium-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LFP) bzw. Lithium-Mangan-Eisenphosphat-Akkumulatoren (LMFP) entspricht.[12] Die Firma verwendet nach ihren Angaben als Kathodenmaterial Berliner Blau und als Anodenmaterial einen neu entwickelten harten Kohlenstoff, während als Leiterfolie Aluminium anstelle von Kupfer wie bei Lithium-Ionen-Akkumulatoren verwendet wird.[13] Letzteres ist möglich, da Natrium im Gegensatz zu Lithium nicht mit Aluminium reagiert und den Vorteil bietet die Akkumulatoren tiefentladen zu können ohne sie zu beschädigen, da Aluminium im Gegensatz zu Kupfer keine Brücken ausbildet (Kurzschluss), weshalb sie beim Transport im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Akkumulatoren kein Gefahrgut darstellen. Bei Raumtemperatur sollen sich die Akkumulatoren von 0 auf 80 % innerhalb von 15 Minuten laden lassen und bei −20 °C noch 90 % ihrer Kapazität behalten.[12] Da alle Materialien für die Herstellung der Akkumulatoren günstig und in Massen vorhanden sind (Natrium, Aluminium, Berliner Blau, Kohlenstoff usw.) und bei der Herstellung die gleiche Ausrüstung wie bei der Fertigung von Lithium-Ionen-Akkumulatoren verwendet werden kann, wird von einem anfänglichen Preis von 77 $/kWh und bei späterer Massenfertigung von weniger als 40 $/kWh ausgegangen.[14] Die Fertigung der ersten Generation soll nach Unternehmensangaben 2023 anlaufen.[12]

Der chinesische Hersteller von Elektrorollern, NIU Technologies, kündigte die Ausstattung erster Modelle mit SIB ab 2023 an, um Produktionskosten zu senken.[15]

Literatur

  • Bruno Scrosati, Jürgen Garche, Werner Tillmetz: Advances in Battery Technologies for Electric Vehicles. 1. Auflage. Woodhead Publishing, 2015, ISBN 978-1-78242-377-5.

Nachweise

  1. a b c Verònica Palomares, Paula Serras, Irune Villaluenga, Karina B. Hueso, Javier Carretero-González, Teófilo Rojo: Na-ion batteries, recent advances and present challenges to become low cost energy storage systems. In: Energy and Environmental Science. Band 5, Februar 2012, S. 5884–5901, doi:10.1039/c2ee02781j.
  2. Jens F. Peters, Alexandra Peña Cruz, Marcel Weil: Exploring the Economic Potential of Sodium-Ion Batteries. In: Batteries. Band 5, Nr. 1, 2019, S. 10, doi:10.3390/batteries5010010 (mdpi.com [abgerufen am 19. Oktober 2020]).
  3. Dominique Larcher, Jean-Marie Tarascon: Towards greener and more sustainable batteries for electrical energy storage. In: Nature Chemistry. Band 7, Nr. 1. Springer Nature, Januar 2015, ISSN 1755-4330, S. 19–29, doi:10.1038/nchem.2085 (nature.com).
  4. Huilin Pan, Yong-Sheng Hu, Liquan Chen: Room-temperature stationary sodium-ion batteries for large-scale electric energy storage. In: Energy and Environmental Science. Band 6, Juni 2013, S. 2338–2360, doi:10.1039/c3ee40847g.
  5. nano vom 7. Februar 2022.
  6. Die Salzwasserbatterie. Abgerufen am 11. Dezember 2017.
  7. a b Photovoltaik.eu: Die Salzwasserbatterie, Artikel vom 31. August 2015
  8. a b Jang-Yeon Hwang, Seung-Taek Myung, Yang-Kook Sun: Sodium-ion batteries: present and future. In: Chemical Society Reviews. Band 46, Nr. 12, Juni 2017, S. 3529–3614, doi:10.1039/C6CS00776G.
  9. Gebrekidan Gebresilassie Eshetu, Sylvie Grugeon, Huikyong Kim, Sangsik Jeong, Liming Wu: Comprehensive Insights into the Reactivity of Electrolytes Based on Sodium Ions. In: ChemSusChem. Band 9, Nr. 5, 8. März 2016, ISSN 1864-5631, S. 462–471, doi:10.1002/cssc.201501605 (wiley.com [abgerufen am 20. Oktober 2020]).
  10. Yi Sun, Pengcheng Shi, Hongfa Xiang, Xin Liang, Yan Yu: High-Safety Nonaqueous Electrolytes and Interphases for Sodium-Ion Batteries. In: Small. Band 15, Nr. 14, 2019, ISSN 1613-6829, S. 1805479, doi:10.1002/smll.201805479 (wiley.com [abgerufen am 20. Oktober 2020]).
  11. Solarspeicher-Alternative: Batterie aus Salz und Wasser. Abgerufen am 27. Januar 2019.
  12. a b c CATL Unveils Its Latest Breakthrough Technology by Releasing Its First Generation of Sodium-ion Batteries. Abgerufen am 3. September 2022.
  13. Sodium-ion Battery Launch Event. Abgerufen am 3. September 2022.
  14. Steve Hanley: CATL Reveals Sodium-Ion Battery With 160 Wh/kg Energy Density. 30. Juli 2021, abgerufen am 3. September 2022 (amerikanisches Englisch).
  15. Jan Oliver Löfken: Neuer Elektroroller von Niu setzt auf Natrium-Ionen-Batterie. In: heise online. 19. August 2022, abgerufen am 23. August 2022.