Pretulit

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Pretulit
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

IMA 1996-024[1]

Chemische Formel Sc[PO4][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Phosphate, Arsenate und Vanadate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
8.AD.35 (8. Auflage: VII/A.14)
38.04.11.05
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol ditetragonal-dipyramidal; 4/m 2/m 2/m[3]
Raumgruppe I41/amd (Nr. 141)Vorlage:Raumgruppe/141[2]
Gitterparameter a = 6,59 Å; c = 5,81 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Häufige Kristallflächen {211}, {100}, {111}[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 5
Dichte (g/cm3) berechnet: 3,71[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {100}[4]
Bruch; Tenazität splittrig; spröde
Farbe weiß, rosa, hell- bis dunkelorange
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Diamantglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,790[5]
nε = 1,860[5]
Doppelbrechung δ = 0,070[5]
Optischer Charakter einachsig positiv
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale schwache orange Fluoreszenz unter kurzwelligem UV-Licht; blaue Kathodolumineszenz

Pretulit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ mit der chemischen Zusammensetzung Sc[PO4][2] und damit chemisch gesehen ein Scandium-Phosphat.

Pretulit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem und entwickelt kleine, dipyramidale Kristalle oder unregelmäßige Körner bis etwa 200 μm Durchmesser mit einem diamantähnlichen Glanz auf den Oberflächen. In reiner Form ist Pretulit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch Fremdbeimengungen eine rosa oder hell- bis dunkelorange Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Pretulit auf der Pretulalpe nahe Fürstenbauer in den Fischbacher Alpen im österreichischen Bundesland Steiermark. Die Erstbeschreibung erfolgte 1998 durch Franz Bernhard, Franz Walter, Karl Ettinger, Josef Taucher und Kurt Mereiter, die das Mineral nach seinem ersten Fundort benannten. Als Typlokalität wird allerdings der 100 Meter nordöstlich gelegene Höllkogel betrachtet, da in dessen Gestein die besten Proben zur vollständigen Analyse des Minerals gefunden wurden.[6]

Das Typmaterial des Minerals wird im Landesmuseum Joanneum in Graz und im Naturhistorischen Museum Wien in Österreich[4] sowie in der Mineralogischen Sammlung der TU Bergakademie Freiberg (Katalog-Nr. 78912 / c 7,5)[7] aufbewahrt.

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Pretulit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreie Phosphate [PO4]3−, ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Chernovit-(Y), Wakefieldit-(Ce), Wakefieldit-(La), Wakefieldit-(Y), Xenotim-(Y) und Xenotim-(Yb) die „Xenotim-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/A.14 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Pretulit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich großen Kationen“ zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Chernovit-(Y), Dreyerit, Wakefieldit-(Ce), Wakefieldit-(La), Wakefieldit-(Nd), Wakefieldit-(Y), Xenotim-(Y) und Xenotim-(Yb) die „Xenotim-Gruppe“ mit der System-Nr. 8.AD.35 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Pretulit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreie Phosphate etc.“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Xenotim-Gruppe (Tetragonal: I41/amd)“ mit der System-Nr. 38.04.11 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Phosphate etc., A+XO4“ zu finden.

Kristallstruktur

Pretulit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe I41/amd (Raumgruppen-Nr. 141)Vorlage:Raumgruppe/141 mit den Gitterparametern a = 6,59 Å und c = 5,81 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Eigenschaften

Unter UV-Licht zeigt Pretulit nur eine schwache orange Fluoreszenz, unter Kathodenstrahlen dagegen eine kräftige, blaue Kathodolumineszenz.[4]

Bildung und Fundorte

Pretulit bildete sich in Lazulith-Quarz-Adern innerhalb von Phyllit-Glimmerschiefern. Als Begleitminerale können neben den bereits genannten Mineralen unter anderem noch Augelith, Bearthit, Chlorapatit, Florencit-(Ce), Fluorapatit, Goyazit, Hydroxylherderit, Klinochlor, Korund, Muskovit, Paragonit, Rutil, Wardit und Xenotim-(Y) auftreten.

Als seltene Mineralbildung konnte Pretulit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2014) etwas mehr als 10 Fundorte bekannt sind.[8] Neben seiner Typlokalität Höllkogel und der Pretulalpe nahe Fürstenbauer trat das Mineral in Österreich noch auf den in der Umgebung von Freßnitzgraben-Krieglach gelegenen Bergen Freßnitzkogel, Granegg, Rotriegel und Wegscheidkreuz sowie einer Lazulithfundstelle nahe Traibach; im Ganztal im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag und bei Schäffern im Bundesland Steiermark auf.

Des Weiteren kennt man Pretulit bisher nur noch aus Dolní Bory in der tschechischen Region Mähren, dem Steinbruch Bois-de-la-Roche in der Gemeinde Saint-Aubin-des-Châteaux im französischen Département Loire-Atlantique und der Smaragdmine Byrud bei Minnesund im norwegischen Fylke Akershus.[9]

Siehe auch

Literatur

  • Franz Bernhard, Franz Walter, Karl Ettinger, Josef Taucher, Kurt Mereiter: Pretulite, ScPO4, a new scandium mineral from the Styrian and Lower Austrian lazulite occurrences, Austria. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 625–630 (englisch, online verfügbar bei minsocam.org [PDF; 220 kB; abgerufen am 6. März 2019]).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2018. (PDF 1753 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2018, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  2. a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 436.
  3. David Barthelmy: Pretulite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  4. a b c d e Pretulite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 6. März 2019]).
  5. a b c Pretulite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  6. Franz Bernhard, Franz Walter, Karl Ettinger, Josef Taucher, Kurt Mereiter: Pretulite, ScPO4, a new scandium mineral from the Styrian and Lower Austrian lazulite occurrences, Austria. In: American Mineralogist. Band 83, 1998, S. 626 (englisch, online verfügbar bei minsocam.org [PDF; 220 kB; abgerufen am 6. März 2019]).
  7. Franz Bernhard, Reinhardt Kurtz: Typmineral-Katalog Deutschland: Pretulit. In: typmineral.uni-hamburg.de. Mineralogisches Museum der Universität Hamburg, 8. Dezember 2017, abgerufen am 6. März 2019.
  8. Localities for Pretulite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  9. Fundortliste für Pretulit beim Mineralienatlas und bei Mindat