René Scheu

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René Scheu (* 1974 in Zürich) ist ein Schweizer Journalist, Publizist, Philosoph, Übersetzer und Geschäftsführer. Von 2016 bis Juni 2021 leitete er das Feuilleton der Neuen Zürcher Zeitung. Zuvor war er Chefredaktor und Herausgeber des liberalen Magazins Schweizer Monat (vormals Schweizer Monatshefte).

Leben und Karriere

Scheu hat nach der Matur (Typus B) in Zürich und Triest Philosophie und Italianistik studiert. Während des Studiums schrieb er für die Neue Zürcher Zeitung und später für den Tages-Anzeiger. Von 2002 bis 2007 arbeitete er als Hintergrund-Redaktor unter Gottlieb F. Höpli beim St. Galler Tagblatt. 2007 wurde er mit einer Arbeit über den postmarxistischen italienischen Philosophen Pier Aldo Rovatti auf Antrag von Helmut Holzhey und Gianni Vattimo an der Universität Zürich promoviert. Im selben Jahr wurde René Scheu zusammen mit Suzann-Viola Renninger Herausgeber der Schweizer Monatshefte. Ende 2010 übernahm er die Herausgeberschaft alleine und blieb bis Ende 2015 einziger Herausgeber und Chefredaktor.[1] Scheu ist zudem Beirat des Thinktanks Strategiedialog21.[2]

Scheu hat verschiedene Bücher aus den Bereichen der Medienpolitik, zeitgenössischen Philosophie, Psychoanalyse und philosophischen Anthropologie herausgegeben und teils aus dem Italienischen übersetzt. 2009 wurde er für seine politischen Essays mit dem Förderpreis der Stiftung für Abendländische Ethik und Kultur ausgezeichnet.[3]

Von September 2013 bis Ende 2015 war Scheu Kolumnist der NZZ am Sonntag.[4] Von Januar 2016 bis Juni 2021 war Scheu Leiter des Feuilletons der Neuen Zürcher Zeitung, er folgte auf Martin Meyer, der in den Ruhestand trat.[5] Seit Juli 2021 ist er Geschäftsführer des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern.[6][7] Zudem ist er Fellow des in Zürich domizilierten Center for Research in Economics, Management and the Arts (CREMA).[8]

Bekanntheit erlangt hat Scheu insbesondere durch seine Interviews, die er mit Intellektuellen und Protagonisten des Zeitgeschehens führt, u. a. mit Peter Handke, Mario Vargas Llosa, Condoleezza Rice, Niall Ferguson, Ayaan Hirsi Ali, Peter Sloterdijk, Daniel Kehlmann und Markus Gabriel. Die besten Gespräche sind unter den Titeln "Gespräch und Gegenwart" und "Gespräch und Gestalt" in Buchform erschienen.[9] Der Stanford-Professor Hans Ulrich Gumbrecht nennt Scheu in seiner Einleitung zum ersten Interview-Band einen "Meister des Interviews".[10]

Ende 2015 lieferten sich der Schriftsteller Lukas Bärfuss und Scheu einen Schlagabtausch. Bärfuss übte in seinem Essay "Die Schweiz ist des Wahnsinns", erschienen in der FAZ, Fundamentalkritik am kulturellen Zustand der Schweiz und ihrer Medienlandschaft. Dabei griff er auch Scheu an. In einem offenen Brief, der in der NZZ abgedruckt wurde, warf Scheu daraufhin dem Autor übertriebenen Moralismus und Kleingeistigkeit vor.[11][12]

Veröffentlichungen

Als Autor

Als Herausgeber und Übersetzer

  • Hans Ulrich Gumbrecht: Denk-Profile. Sechzehn Intellektuelle des langen 20. Jahrhunderts. Herausgegeben von René Scheu. Turia + Kant, Wien/Berlin 2022.
  • René Scheu (zusammen mit Hans Ulrich Gumbrecht): Zukunft des Staates – Staat der Zukunft. Reclam-Verlag, Stuttgart 2021.
  • Maurizio Ferraris: Unsere tolle Gegenwart. Notizen und Provokationen. Mit einer Einleitung versehen und herausgegeben von René Scheu (und Federica Romanini). Turia + Kant, Wien 2021.
  • Peter Sloterdijk: Falsa coscienza. Forme del cinismo moderno. A cura di René Scheu. Mimesis Editore, Milano 2019.
  • Hans Ulrich Gumbrecht: Brüchige Gegenwart. Reflexionen und Reaktionen. Hrsg. von René Scheu. Reclam-Verlag, Stuttgart 2019.
  • Hans Ulrich Gumbrecht: Weltgeist im Silicon Valley: Leben und Denken im Zukunftsmodus. Hrsg. von René Scheu. NZZ Libro, Zürich 2018.
  • Mark Lilla: Der Glanz der Vergangenheit. Über den Geist der Reaktion. Hrsg. von René Scheu. NZZ Libro, Zürich 2018.
  • René Scheu (Hrsg.): Weniger Staat, mehr Fernsehen. Service sans public? – Die neue Debatte um die SRG. NZZ Libro, Zürich 2015.
  • Peter Sloterdijk: Crescita o Extraprofitto. A cura di René Scheu. Mimesis Editore, Milano 2013.
  • Massimo De Carolis: Das Leben im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Herausgegeben von René Scheu. Aus dem Italienischen übersetzt von René Scheu und Federica Romanini. Diaphanes-Verlag, Zürich u. a. 2009 (PDF; 511 kB).
  • Antonello Sciacchitano: Unendliche Subversion. Die wissenschaftlichen Ursprünge der Psychoanalyse und die psychoanalytischen Widerstände gegen die Wissenschaft. Hrsg. und aus dem Italienischen übersetzt von René Scheu. Turia + Kant, Wien 2008, ISBN 978-3-85132-508-9.
  • Antonello Sciacchitano: Das Unendliche und das Subjekt. Warum man etwas von Psychoanalyse verstehen sollte, wenn man über Psychoanalyse spricht. Hrsg. und aus dem Italienischen übersetzt von René Scheu. Riss-Verlag, Zürich 2004.
  • Pier Aldo Rovatti: Der Wahnsinn in wenigen Worten. Hrsg. und aus dem Italienischen übersetzt von René Scheu. Turia + Kant, Wien 2004, ISBN 3-85132-350-5.
  • Antonello Sciacchitano: Wissenschaft als Hysterie. Das Subjekt der Wissenschaft von Descartes bis Freud und die Frage nach dem Unendlichen. Hrsg. und aus dem Italienischen übersetzt von René Scheu. Turia + Kant, Wien 2002, ISBN 3-85132-291-6.
  • Slavoj Zizek: Il godimento come fattore politico. A cura di Damiano Cantone e René Scheu. Raffaello Cortina Editore, Milano 2001.
  • Massimo Recalcati: Der Stein des Antoßes. Lacan und das Jenseits des Lustprinzips. Aus dem Italienischen übersetzt von René Scheu. Turia + Kant, Wien 2000.

Beiträge in Publikationen

  • Statt eines Nachworts: Leben in der Philosophenhöhle. Gespräch mit Peter Sloterdijk. In: Peter Sloterdijk: Der Staat streift seine Samthandschuhe ab. Suhrkamp, Frankfurt 2021, S. 172–200.
  • Is a human brain capable of understanding a human brain? In: John Brockman (Hrsg.) und Daniel Kahneman (Einleitung): The Last Unknowns, William Morrow, New York 2019, S. 263.
  • Der Mensch und seine Gene. Gespräch mit Hans-Jörg Rheinberger. In: Hans-Jörg Rheinberger: Experimentalität. Im Gespräch über Labor, Atelier und Archiv, Kulturverlag Kadmos, Berlin 2018, S. 185–200.
  • Was Unternehmer gelten (zusammen mit Jobst Wagner). In: Christian Hoffmann (Hrsg.): Befreit die Unternehmer! Der (einzige) Weg zum Wohlstand, Edition Liberales Institut, Zürich 2014, S. 99–108.
  • Über Brutalorealismus, Schwachheit und Freiheit. In: Christoph Riedweg (Hrsg.): Nach der Postmoderne. Aktuelle Debatte zu Kunst, Philosophie und Gesellschaft, Schwabe Verlag, Basel 2014, S. 299–308.
  • Die Athletik des Sterbens. In: Peter Sloterdijk: Ausgewählte Übertreibungen. Gespräche und Interviews 1993–2012. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2013, S. 318–326.
  • Das Scheitern ist gescheitert, oder: Weshalb Lacan in Italien kein Glück hatte. In: Georg Christoph Tholen, Gerhard Schmitz, Manfred Riepe (Hrsg.): Übertragung – Übersetzung – Überlieferung: Episteme und Sprache in der Psychoanalyse Lacans. Transcript, Bielefeld 2001, S. 55–71.

Ausgewählte Beiträge in der NZZ

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise