Ulrich Wildgruber

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Ulrich Wildgruber im Hörspielstudio in einer Aufnahme des Berliner Fotografen Werner Bethsold. (1986)

Ulrich Wildgruber (* 18. November 1937 in Bielefeld; † 30. November 1999 auf Sylt) war ein deutscher Schauspieler.

Leben

Der Sohn eines Bielefelder Buchbindermeisters war seit seiner Schulzeit und der Mitarbeit an einem Amateurtheater davon beseelt, Schauspieler zu werden. Zunächst begann er seine schauspielerische Ausbildung in mehreren Stationen bei privaten Schauspiellehrern, die jedoch immer wieder unterbrochen wurde, und musste sich mit zahlreichen Jobs durchs Leben schlagen, ohne aber sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Erst 1960 gelang es ihm, am Max-Reinhardt-Seminar in Wien für ein Schauspielstudium angenommen zu werden, das er jedoch wegen Kontroversen wieder verließ. Er debütierte 1963 am Wiener Volkstheater in Bertolt Brechts Mutter Courage und ihre Kinder unter der Regie von Gustav Manker als Schweizerkas in einer Aufführung, die in Österreich den Brecht-Boykott brach.

Bis 1972, als seine bis zu seinem Tode währende Zusammenarbeit mit dem Regisseur Peter Zadek begann, war Ulrich Wildgruber an Theatern in Basel, Heidelberg, Oberhausen und Stuttgart engagiert, 1971 kurzzeitig auch an der Berliner Schaubühne von Peter Stein.

Am Schauspielhaus Bochum gelang ihm dann unter Peter Zadek 1972 der Durchbruch. Hier wuchs er zum Protagonisten der Zadek-Inszenierungen heran und spielte bei ihm alle großen Shakespeare-Rollen, wobei der korpulente Schauspieler dabei häufig gegen den gängigen Rollentypus besetzt wurde, was auch zu Theaterskandalen führte. Seine eigenwillige Diktion und Sprechmelodik veranlassten ebenfalls immer wieder zu Kritik. Für Zadek war er jedoch der ideale Resonanzkörper für seine Theaterspektakel, da Wildgrubers Spielweise in gleichem Maße kraftvoll wie zart sein konnte.

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Ulrich Wildgruber (rechts), 1985 beim Spiel mit dem späteren Schachweltmeister Garry Kasparov in Hamburg.[1]

Nach Beendigung der Intendanz Zadeks in Bochum 1975 wechselte Wildgruber zum Deutschen Schauspielhaus nach Hamburg und blieb dort bis 1991. Seine letzte Rolle war der Polonius in Shakespeares Hamlet unter der Regie von Peter Zadek für die Wiener Festwochen 1999. Nach Gastspielen in Zürich und Straßburg spielte Ulrich Wildgruber diese Rolle noch einmal an der Berliner Schaubühne. 35 Vorstellungen im Oktober und November 1999 waren ausverkauft.

In seinen letzten Lebensjahren litt Wildgruber an einer Herzkrankheit. Er befürchtete, aus diesem Grund nicht mehr Theater spielen zu können. Am 29. November 1999 fuhr Wildgruber von Berlin nach Sylt, wo er ein Feriendomizil besaß. In der Nacht zum 30. November ertränkte er sich in der Nordsee. Am Tag darauf fanden ihn Spaziergänger tot am Strand. Eine Obduktion ergab, dass Wildgruber zum Todeszeitpunkt weder alkoholisiert noch narkotisiert gewesen war und somit gezielt – als Nichtschwimmer – in das Wasser gegangen war[2]. Sein Grab befindet sich auf dem Sennefriedhof seiner Heimatstadt Bielefeld.

Auf die Frage, ob es für einen Schauspieler besonders schwierig sei, älter zu werden, antwortete Ulrich Wildgruber 1994 in einem Interview: „Eine Stradivari wird im Laufe der Jahre vielleicht besser. Aber wenn Du einen Körper hast, der immer fetter wird, der keinen Salto schlagen kann, – viele Dinge kann ich gar nicht mehr ausdrücken, selbst wenn ich möchte. Hätte ich das gewusst, ich wäre ja nie Schauspieler geworden. Ich war eigentlich zu faul, Artistik zu lernen, habe somit meinen Beruf nie richtig ausgeführt. Nur wie sich meine Phantasie bewegt, das mag ich.“[3]

Von 1975 bis Ende der 1980er Jahre lebte er gemeinsam mit Ehefrau Vera Wildgruber (Dramaturgin) und einer Tochter in Hamburg, von 1991 bis zu seinem Tod mit seiner Schauspielkollegin Martina Gedeck in Berlin.

Seit 2000 wird zu seinem Andenken der Ulrich-Wildgruber-Preis als Theaterpreis zur Förderung junger Schauspieler verliehen.

Ehrungen

Theater

Filmografie

Filme über Ulrich Wildgruber

  • 1991: Der Schauspieler als Brandstifter – Regie: Joachim Dennhardt
  • 2000: Um das Leben spielen – Der Schauspieler Ulrich Wildgruber. Dokumentation, 50 Min., Regie: Christoph Rüter.[4]

Hörbuch

Hörspiel

Literatur

  • Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 1110.
  • Peer Moritz: Ulrich Wildgruber – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 34, 2000.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 767 f.
  • C. Bernd Sucher: Theaterzauberer. Band 1: Schauspieler. Piper, München 1988, ISBN 3-492-03125-0, S. 296–302 und 333.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 389 f.
  • Ulrich Wildgruber: Der Lachszug der Wörter. Alexander Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-89581-083-5.

Weblinks

Commons: Ulrich Wildgruber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Partien zugleich: 10 Sekunden pro Zug. In: Der Spiegel. 9. Juni 1985, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. Juli 2022]).
  2. Ulrich Wildgruber: Abschiedsbrief entdeckt. In: Der Spiegel. 1. Dezember 1999, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. Juli 2022]).
  3. CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film – Peer Moritz: Ulrich Wildgruber – Schauspieler – Biografie
  4. Inhaltsangabe bei Christoph Rüter Filmproduktion