Kommunalwahlen in Bayern 2014

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Februar 2021 um 20:45 Uhr durch imported>MacOrcas(751219) (Leerzeichen vor/nach Bindestrich korrigiert).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wahllokal während der Stimmabgabe

Die allgemeinen Gemeinde- und Landkreiswahlen (Kommunalwahlen) in Bayern 2014 fanden am 16. März 2014 statt, notwendige Stichwahlen für Bürgermeister- und Landratswahlen wurden am 30. März 2014 durchgeführt, so zum Beispiel in Erlangen, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg.[1][2] Der Termin wurde durch die Bayerische Staatsregierung festgesetzt.[3][4] Insgesamt wurden in 25 kreisfreien Städten und 71 Landkreisen mit mehr als 2000 Gemeinden knapp 40.000 Mandatsträger neu bestimmt.[5]

Wahlentscheidungen

Gemäß der Verwaltungsgliederung Bayerns wird bei der Wahl die Zusammensetzung der Kommunalparlamente sowohl der unteren als auch der oberen kommunalen Ebene (also der Gemeinde-/Stadträte wie auch der Kreistage) bestimmt. In den 2031 kreisangehörigen Städten und Gemeinden mit rund 70 Prozent der bayerischen Stimmberechtigten geschieht dies durch getrennte Wahlvorgänge. In den 25 kreisfreien bayerischen Städten fallen beide Ebenen zusammen, hier werden deshalb nur die Stadträte gewählt. Insgesamt werden am Wahltag mehr als 32.000 Mandate in Stadt- oder Gemeinderäten[6] und rund 4400 Kreistagsmandate vergeben.

Am 16. März bestimmten die Wähler in kreisangehörigen Gemeinden zudem den Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister und den Landrat, in kreisfreien Städten den Oberbürgermeister. Hier fanden die Wahlen nicht in allen Kommunen und Kreisen statt, weil die Amtszeit von Bürgermeistern und Landräten nicht immer zeitgleich mit den allgemeinen Kommunalwahlen endet. So standen in sechs der 25 kreisfreien Städte (Aschaffenburg, Bamberg, Bayreuth, Hof (Saale), Landshut, Memmingen) die Oberbürgermeister an diesem Tag nicht zur Wahl, ebenso entfielen in 13 der 71 Landkreise die Landratswahlen und in 168 kreisangehörigen Gemeinden die Bürgermeisterwahlen.[7]

Neuerungen für die Kommunalwahl 2014

Im Februar 2012 wurden vom Bayerischen Landtag einige Änderungen am Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz beschlossen, die zur Kommunalwahl 2014 erstmals galten:[8][9]

  • Wahlberechtigt war jeder EU-Bürger, der das 18. Lebensjahr vollendet hatte und seit mindestens zwei (vormals: drei) Monaten im Wahlkreis wohnte.
  • Die Briefwahl wurde wesentlich erleichtert, indem auf die Angabe von Gründen verzichtet wurde. Zuvor musste, um per Briefwahl zu wählen, glaubhaft gemacht werden, dass man am Wahltag verhindert ist.
  • Eine wichtige Änderung war der Wegfall des sogenannten „Schwerpunkts der Lebensbeziehungen“. Bisher war nur wählbar, wer im Wahlkreis seit mindestens sechs Monaten den Schwerpunkt der Lebenshaltung hatte. Diese Klausel wurde gelockert, wählbar war nun, wer mindestens drei Monate im Wahlkreis eine Wohnung hat, die nicht die Hauptwohnung sein muss, oder wer sich – ohne eine Wohnung zu haben – im Wahlkreis gewöhnlich aufhält. Wählbar als Gemeinde-, Stadt- und Kreisrat waren neben deutschen Staatsbürgern auch EU-Bürger, allerdings nicht als Bürgermeister und Landrat.
  • Bewerber konnten bereits mit 18 Jahren als Landrat oder Bürgermeister kandidieren. Bisher lag die Altersgrenze bei 21.
  • Die Sitzverteilung für die kommunalen Beschlussgremien (Stadt- bzw. Gemeinderat, Kreistag) erfolgte 2014 erstmals nach dem Proporzverfahren Hare-Niemeyer.[10] Zuvor galt das Höchstzahlenverfahren nach D’Hondt, das kleinere Parteien und Wählergruppen gegenüber größeren benachteiligte.
  • Neu eingeführt wurde auch, dass eine gewählte Person das Amt ohne Angabe von Gründen ablehnen bzw. niederlegen kann. Die allgemeine Pflicht zur Übernahme von Ehrenämtern (Art. 19 der Bayer. Gemeindeordnung, Art. 13 der Bayer. Landkreisordnung) gilt für kommunale Wahl-Ehrenämter gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 3 des Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes nicht mehr.[11]

Ergebnis

Kommunalwahlen in Bayern 2014
Wahl der Stadträte in den kreisfreien Städten und der Kreistage[12]
Wahlbeteiligung: 55,0 % (2008: 59,6 %)
 %
40
30
20
10
0
39,7
20,7
15,3
10,2
3,9
3,7
2,4
2,1
2,1
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2008
 %p
   4
   2
   0
  -2
  -4
−0,3
−1,9
−3,7
+2,0
+3,9
+1,2
−1,4
+0,3
+1,4
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
c Wählergruppen, ohne die Landesvereinigung Freie Wähler Bayern
f Gemeinsame Wahlvorschläge von mehreren Parteien/Wählergruppen

Kreisfreie Städte und Kreistage

Die CSU verlor in den meisten Kreisen und kreisfreien Städten teilweise beträchtlich, konnte aber in München deutliche Gewinne von fast 5 Prozentpunkten erzielen. Landesweit büßte sie in der Summe 0,3 Prozentpunkte ein und landete erstmals seit Jahrzehnten unter 40 %. Die SPD verzeichnete Verluste von 1,9 % und erhielt 20,7 %, ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung des Freistaats Bayern. Die Freien Wähler waren 2008 statistisch noch zusammen mit den anderen Wählergruppen verzeichnet worden; zusammengerechnet erzielten diese und die Freien Wähler nahezu dasselbe Resultat wie 2008. Die Grünen legten landesweit um zwei Prozentpunkte zu und erreichten mit 10,2 % ihr bestes Ergebnis bei den bayerischen Kommunalwahlen; sie errangen erstmals zwei Landratsposten (Miesbach, Miltenberg). Andere Parteien traten nur punktuell an und lagen bei der Zusammenrechnung landesweit daher im Promillebereich. Dies betrifft die Bayernpartei (0,6 %), Die Linke (0,5 %), die Republikaner (0,4 %), die AfD (0,3 %) und die Piraten (0,2 %).

Gewählte Oberbürgermeister und Landräte

Nach dem ersten Wahlgang haben bei 58 Landratswahlen 44 Kandidaten eine absolute Mehrheit errungen, während bei 19 Oberbürgermeisterwahlen 14 Kandidaten eine absolute Mehrheit erringen konnten. Nach den Stichwahlen in 14 Landkreisen und fünf kreisfreien Städten am 30. März sah das Endergebnis folgendermaßen aus:

Übersicht[13]
Wahlvorschlag Oberbürgermeister Landräte Zusammen
CSU 08 44 52
CSU und andere 02 01 03
SPD 08 02 10
SPD und andere 01 01
Freie Wähler (Landesvereinigung) 03 03
GRÜNE 01 01
Sonst. gemeinsame Wahlvorschläge 01 01 02
Wählergruppen 05 05
Zusammen 19 58 77
Oberbürgermeisterwahl[14]
Kreisfreie Stadt Oberbürgermeister(in) Wahlvorschlag Bem.
Amberg Michael Cerny CSU
Ansbach Carda Seidel BAP/ÖDP
Augsburg Kurt Gribl CSU
Coburg Norbert Tessmer SPD
Erding Maximilian Gotz CSU
Erlangen Florian Janik SPD
Fürth Thomas Jung SPD
Ingolstadt Christian Lösel CSU
Kaufbeuren Stefan Bosse CSU
Kempten (Allgäu) Thomas Kiechle CSU/Freie Wähler-ÜP
München Dieter Reiter SPD
Nürnberg Ulrich Maly SPD
Passau Jürgen Dupper SPD
Regensburg Joachim Wolbergs SPD
Rosenheim Gabriele Bauer CSU
Schwabach Matthias Thürauf CSU
Schweinfurt Sebastian Remelé CSU
Straubing Markus Pannermayr CSU
Weiden in der Oberpfalz Kurt Seggewiß SPD
Würzburg Christian Schuchardt CSU, FDP und FW/WL


Landratswahl[15]
Landkreis Landrat/Landrätin Wahlvorschlag Bem
Aichach-Friedberg Klaus Metzger CSU 1)
Altötting Erwin Schneider CSU
Amberg-Sulzbach Richard Reisinger CSU
Aschaffenburg Ulrich Reuter CSU
Augsburg Martin Sailer CSU
Bad Kissingen Thomas Bold CSU
Bad Tölz-Wolfratshausen Josef Niedermaier FW
Bamberg Johann Kalb CSU
Bayreuth Hermann Hübner CSU
Berchtesgadener Land Georg Grabner CSU
Cham Franz Löffler CSU
Coburg Michael C. Busch SPD
Dachau Stefan Löwl CSU 1)
Deggendorf Christian Bernreiter CSU/Junge Liste
Dingolfing-Landau Heinrich Trapp SPD
Donau-Ries Stefan Rößle CSU
Eichstätt Anton Knapp CSU
Erding Martin Bayerstorfer CSU
Erlangen-Höchstadt Alexander Tritthart CSU 1)
Forchheim Hermann Ulm CSU
Freising Josef Hauner CSU 1)
Freyung-Grafenau Sebastian Gruber CSU
Fürstenfeldbruck Thomas Karmasin CSU
Fürth Matthias Dießl CSU
Garmisch-Partenkirchen Anton Speer FW 1)
Günzburg Hubert Hafner CSU
Haßberge Wilhelm Schneider CSU 1)
Hof Oliver Bär CSU 1)
Kulmbach Klaus Peter Söllner FW/CSU
Landsberg am Lech Thomas Eichinger CSU 1)
Landshut Peter Dreier FW
Lindau (Bodensee) Elmar Stegmann CSU
Main-Spessart Thomas Schiebel FW
Miesbach Wolfgang Rzehak GRÜNE 1)
Miltenberg Jens Marco Scherf GRÜNE/SPD/ödp 1)
Mühldorf am Inn Georg Huber CSU
München Christoph Göbel CSU 1)
Neu-Ulm Thorsten Freudenberger CSU
Neuburg-Schrobenhausen Roland Weigert FW
Neumarkt in der Oberpfalz Willibald Gailler CSU
Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim Helmut Weiß CSU 1)
Neustadt an der Waldnaab Andreas Meier CSU
Nürnberger Land Armin Kroder FW
Oberallgäu Anton Klotz CSU
Ostallgäu Maria Rita Zinnecker CSU 1)
Passau Franz Meyer CSU/BU
Regensburg Tanja Schweiger FW 1)
Rhön-Grabfeld Thomas Habermann CSU
Rosenheim Wolfgang Berthaler CSU 1)
Rottal-Inn Michael Fahmüller CSU
Schwandorf Thomas Ebeling CSU 1)
Starnberg Karl Roth CSU
Straubing-Bogen Josef Laumer CSU
Tirschenreuth Wolfgang Lippert FW
Traunstein Siegfried Walch CSU 1)
Weilheim-Schongau Andrea Jochner-Weiß CSU 1)
Wunsiedel im Fichtelgebirge Karl Döhler CSU
Würzburg Eberhard Nuß CSU

1) Stichwahl

Unregelmäßigkeiten

Für den Kreistag Straubing-Bogen sowie die Gemeinderats- und die Bürgermeisterwahl in Geiselhöring wurde das Wahlergebnis durch die Regierung von Niederbayern aufgehoben. Hintergrund war, dass in Geiselhöring bei der Auszählung Unregelmäßigkeiten zu Tage traten: In einem Briefwahlbezirk wurden sechs Listenkandidaten der CSU nach vorne gewählt: Eine Spargelgroßbäuerin, vier Personen aus deren Umfeld und der Bürgermeisterkandidat Herbert Lichtinger. 465 von 482 der aus dem EU-Ausland stammenden Erntehelfer der Landwirtin hatten per Briefwahl an der Wahl teilgenommen. Nach monatelangen Ermittlungen von Bayerischem Landeskriminalamt, Polizei und Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Wahl- und Urkundenfälschung sowie der Anstiftung zur falschen eidesstattlichen Versicherung gehen diese davon aus, dass über 350 der abgegebenen Stimmen ungültig sind. Lichtinger, der nach eigenem Bekunden an den Manipulationen selbst nicht beteiligt war, hatte die Bürgermeisterwahl mit nur 303 Stimmen Vorsprung gewonnen.[16] Bei der Wiederholungswahl, die am 1. Februar 2015 stattfand, konnte Lichtinger sein Ergebnis deutlich verbessern und wurde mit 61,5 Prozent zum Bürgermeister gewählt.[17]

Ebenfalls aufgehoben wurde das Ergebnis der Kreistagswahl im Landkreis Fürth: Dort hatten im Vorfeld der Wahl die Bürgermeister von Langenzenn und Großhabersdorf in ihren Gemeindeblättern für die Wahl von Kandidaten aus der jeweiligen Gemeinde aufgerufen. Nach Ansicht der Regierung von Mittelfranken verstieß dies gegen das für Bürgermeister in ihrer Funktion geltende Neutralitätsgebot.[18]

In Grafenwöhr wurde das Ergebnis der Stadtratswahl vom Landratsamt wegen Wahlbetrugs für ungültig erklärt.[19] Am 4. Oktober hob das Verwaltungsgericht Regensburg den Bescheid des Landratsamts wegen eines Formfehlers auf. Das Wahlergebnis wurde durch das verwaltungsgerichtliche Urteil bestätigt, somit behielten auch zwei Stadträte der Linken ihre Mandate, obwohl sie in zwischenzeitlich abgeschlossenen Strafverfahren rechtskräftig wegen Wahlfälschung verurteilt worden waren.[20]

Die Stadtratswahl in Starnberg wurde aufgehoben, weil der Verbleib von 8 Stimmzetteln mit zusammen bis zu 240 Stimmen nicht aufgeklärt werden konnte und bereits 40 Stimmen für eine veränderte Sitzverteilung ausgereicht hätten.[21][22] Eine Neuwahl fand am 19. April 2015 statt.[23]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Kommunalwahlen in Bayern 2014 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Welt zum Kabinettsbeschluss vom 7. Januar 2013
  2. Wahltermine und Fristen
  3. Az.: IB1-1367.15-24
  4. Art. 9 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz
  5. deutschlandfunk.de
  6. Schaubild Sitzverteilung 1966–2008 (PDF) des Landeswahlleiters
  7. Auflistung des Landeswahlleiters zu Kommunen/Kreisen mit bzw. ohne Wahl
  8. Wertinger Zeitung vom 3. August 2012
  9. Donauwörther Zeitung vom 24. April 2013
  10. Art. 35 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz
  11. Text des Art. 47 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz
  12. Kommunalwahlen in Bayern am 16. März 2014 – Ergebnisse. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung. Abgerufen am 19. März 2014.
  13. Kommunalwahlen in Bayern 2014 - Ergebnisse. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung. Abgerufen am 19. März 2014.
  14. kommunalwahl2014.bayern.de
  15. kommunalwahl2014.bayern.de
  16. Wahlskandal in Niederbayern – Stimmvieh auf dem Spargelhof. In: Süddeutsche Zeitung, 18. September 2014
  17. CSU-Kandidat gewinnt in Geiselhöring, Mittelbayerische.de am 1. Februar 2015
  18. Kreistagswahl in Fürth ungültig. Bayerische Staatszeitung, 24. Juli 2014, abgerufen am 17. November 2014.
  19. Wahlwiederholung in Grafenwöhr rückt näher. Nordbayerischer Kurier, 8. Oktober 2014, abgerufen am 17. November 2014.
  20. Gericht: Stadtratswahl Grafenwöhr bleibt gültig, Onetz.de am 9. Oktober 2018
  21. Stadtratswahl ist ungültig. Süddeutsche.de, 14. November 2014, abgerufen am 17. November 2014.
  22. Stimmzettel weg - Starnberger Stadtratswahl wird wiederholt, Augsburger Allgemeine am 5. Dezember 2014
  23. Starnberg wählt am 19. April, Pressemitteilung des Landratsamts Starnberg vom 22. Januar 2015