Kirchleus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. Mai 2022 um 04:54 Uhr durch imported>Fornax(123401) (→‎Baudenkmäler).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Kirchleus
Große Kreisstadt Kulmbach
Koordinaten: 50° 10′ 15″ N, 11° 23′ 2″ O
Höhe: 417 (415–456) m ü. NHN
Einwohner: 288 (31. Dez. 2007)
Eingemeindung: 1. Januar 1976
Postleitzahl: 95326
Vorwahl: 09221

Kirchleus (umgangssprachlich: Käʳleus[1]) ist ein Gemeindeteil der Großen Kreisstadt Kulmbach (Oberfranken, Bayern).

Geografie

Das Pfarrdorf liegt im tief eingeschnittenen Tal des Geretsbachs, der in den Leßbach mündet, einen linken Zufluss der Rodach. 1 km westlich befindet sich der Knock (513 m ü. NHN), 0,8 km nordöstlich der Stennesberg (512 m ü. NHN), beides Anhöhen der Kirchleuser Platte, die Teil des Obermainischen Hügellandes sind. Beim Stennesberg gibt es einen Baum, der als Naturdenkmal registriert ist. Im Wesentlichen ist der Ort von Acker- und Grünland umgeben.

Die B 85 führt nach Weißenbrunn (4,2 km nordwestlich) bzw. nach Kulmbach zur B 289 (7,5 km südöstlich). Die Kreisstraße KU 33 führt nach Schimmendorf (2,6 km südwestlich). Gemeindeverbindungsstraßen führen nach Unterdornlach (2,4 km südöstlich), nach Gössersdorf zur Kreisstraße KC 6 (2,4 km nordöstlich) und zu einer Gemeindeverbindungsstraße bei Esbach (1,6 km nordöstlich).[2]

In Kirchleus beträgt die durchschnittliche Niederschlagsmenge im Jahr 801 Millimeter.

Geschichte

Der Ort wurde 1148 als „Liubisse“ erstmals namentlich erwähnt. Der Ortsname leitet sich von dem slawischen Personennamen Ljuboslav ab.[3] Daraus lässt sich schließen, dass die ersten Siedler Slawen waren. Darauf weisen auch die Namen der angrenzenden Flurstücke hin, die ebenfalls slawische Namen haben (Diebitzen, Geritzen). In einer Urkunde aus dem Jahr 1249 wurde der Ort „Kerleuß“ genannt, was deutlich macht, dass er bereits zu dieser Zeit eine Kirche hatte. Die ursprüngliche Kirche war der Heiligen Maria Magdalena geweiht. Der Slawensiedlung folgte die Ansiedlung fränkischer Bauern. Dabei bürgerte es sich ein, die ältere Siedlung „Oberleus“ zu nennen (im Volksmund auch „Kalfeggn“ genannt) und die jüngere „Unterleus“.[4] Das Dorf unterstand ursprünglich den Herren von Plassenberg und ab 1248 dem bambergischen Amt Stadtsteinach. 1524 fiel es an das Fürstentum Kulmbach[5] und wurde 1528 wie das gesamte Fürstentum evangelisch.[6] Ab 1575 hatte der Ort eine Dorfschule. Sie wurde nach knapp 400 Jahren 1969 aufgelöst.[7]

Kirchleus wurde im Dreißigjährigen Krieg geplündert und zerstört.[8]

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Kirchleus 46 Anwesen. Das Hochgericht übte das bayreuthische Stadtvogteiamt Kulmbach aus. Die Dorf- und Gemeindeherrschaft hatte das Kastenamt Kulmbach. Grundherren waren

Außerdem gab es ein Schloss mit Ökonomiegebäuden, eine Kirche, ein Pfarrhaus mit Hofrait, ein Schulhaus mit Hofrait und ein Hirtenhaus.[9]

Von 1797 bis 1808 unterstand der Ort dem Justiz- und Kammeramt Kulmbach.[10] Mit dem Gemeindeedikt wurde 1811 der Steuerdistrikt Kirchleus gebildet, zu dem Einsiedel, Esbach, Holzmühle, Lösau, Mühlberg, Schimmendorf, Straß, Wehrhaus und Welzmühle gehörten. 1812 entstand die Ruralgemeinde Kirchleus, die deckungsgleich mit dem Steuerdistrikt war. Mit dem Gemeindeedikt von 1818 wurden drei Ruralgemeinden gebildet:

  • Kirchleus mit Welzmühle,
  • Lösau mit Einsiedel, Esbach, Holzmühle und Wehrmühle,
  • Schimmendorf mit Mühlberg und Straß.[11]

Die Ruralgemeinde Kirchleus war in Verwaltung und Gerichtsbarkeit dem Landgericht Kulmbach zugeordnet und in der Finanzverwaltung dem Rentamt Kulmbach (1919 in Finanzamt Kulmbach umbenannt). 23 Anwesen unterstanden bis 1848 in der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Patrimonialgericht Kirchleus, 2 Anwesen ebenfalls bis 1848 dem Patrimonialgericht Steinenhausen. Ab 1862 gehörte Kirchleus zum Bezirksamt Kulmbach (1939 in Landkreis Kulmbach umbenannt). Die Gerichtsbarkeit blieb beim Landgericht Kulmbach (1879 in das Amtsgericht Kulmbach umgewandelt).[12] Die Gemeinde hatte eine Gebietsfläche von 6,824 km².[13]

Am 1. November 1919 wurde im Niklashof eine Polizeistation eingerichtet, deren Bezirk fast deckungsgleich mit dem Pfarrsprengel Kirchleus war. Am 1. Juli 1928 wurde der Posten wieder aufgehoben; die Orte wurden von Weißenbrunn aus betreut.[14]

Die Gebietsreform in Bayern sah vor, größere Gemeinden zu bilden. Für Kirchleus bedeutete dies am 1. Januar 1976 den Verlust der politischen Selbständigkeit.[15] Die Mehrheit der Bevölkerung entschied sich für eine Eingliederung in Kulmbach. Im Gespräch war auch die Bildung einer neuen Gemeinde mit weiteren Dörfern nördlich von Kulmbach oder die Eingliederung nach Weißenbrunn. Seitdem wird das Dorf durch einen Ortssprecher vertreten.[16]

Baudenkmäler

  • Haus Nr. 34: Ehemaliges Schloss der Freiherren von Guttenberg, zweigeschossiger Mansardwalmdachbau mit Sandsteingliederung, 1740; Nebengebäude, wohl 18./19. Jahrhundert,
  • Haus Nr. 41: Ehemalige Brauerei, zweigeschossiger Zweiflügelbau mit rundbogiger Toreinfahrt, Walmdach, bezeichnet „1770“ und „1865“,
  • Haus Nr. 53: Ehemaliges Herrenhaus, zweigeschossiger Walmdachbau, 17./18. Jahrhundert,
  • Haus Nr. 59: Zweigeschossiges Haus, im Obergeschoss mit vier zu sechs Fenstern; wohl 17./18. Jahrhundert. Erdgeschossfenster mit gefasten Gewände; Walmdach,[17]
  • Haus Nr. 63: Evangelisch-lutherische Pfarrkirche St. Maria-Magdalena, im Kern spätgotische Chorturmkirche, 1774–76 barockisiert; mit Ausstattung; Kirchhof mit Grabmälern und Ummauerung-

Einwohnerentwicklung

Gemeinde Kirchleus

Jahr 1818 1840 1852 1855 1861 1867 1871 1875 1880 1885 1890 1895 1900 1905 1910 1919 1925 1933 1939 1946 1950 1952 1961 1970
Einwohner 320 414 439 429 433 456 435 418 412 405 364 354 338 336 371 367 336 302 282 377 390 380 315 270
Häuser[18] 58 64 66 66 68 64 66
Quelle [19] [20] [20] [20] [21] [20] [22] [20] [20] [23] [20] [20] [24] [20] [20] [20] [25] [20] [20] [20] [26] [20] [13] [27]

Ort Kirchleus

Jahr 001809 001818 001861 001871 001885 001900 001925 001950 001961 001970 001987 002007
Einwohner 316* 320* 430 430 395 332 327 386 308 265 249 288
Häuser[18] 58* 65 64 67 63 54 74
Quelle [28] [19] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [13] [27] [29]
* inklusive Welzmühle

Bürgermeister

  • Johann Wagner (????–1842)
  • Johann Adam Stumpf (1842–1854)
  • Andreas Limmer (1854–1866)
  • Johann Bauer (1866–1882)
  • Johann Häublein (1882–1894)
  • Ernst Grethlein (1894–1906)
  • Johann Wilhelm Beck (1906–1933)
  • Ferdinand Kern (1933–????)
  • Ernst Ruppert (????–1945)
  • Hans Häublein (1945–1948)
  • Ernst Ruppert (1948–1965)
  • Hans Lerner (1966–1975)
  • Gerhard Limmer
  • Richard Ströbel

Religion

Der Ort ist seit der Reformation protestantisch geprägt und Sitz einer Pfarrei.[9]

Persönlichkeiten

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. E. F. v. Guttenberg: Land- und Stadtkreis Kulmbach, S. 200.
  2. Kirchleus im BayernAtlas. Die Entfernungsangaben entsprechen jeweils der Luftlinie.
  3. E. v. Guttenberg: Land- und Stadtkreis Kulmbach, S. 78ff.
  4. M. Voigt: Kirchleus, S. 1–3.
  5. M. Voigt: Kirchleus, S. 7–12.
  6. M. Voigt: Kirchleus, S. 15–22.
  7. M. Voigt: Kirchleus, S. 157f.
  8. M. Voigt: Kirchleus, S. 23–31.
  9. a b R. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 608f.
  10. R. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 759.
  11. R. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 794.
  12. R. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 758f.
  13. a b c Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, Abschnitt II, Sp. 698 (Digitalisat).
  14. M. Voigt: Kirchleus, S. 99.
  15. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 692.
  16. M. Voigt: Kirchleus, S. 159f.
  17. A. Gebeßler: Stadt und Landkreis Kulmbach, S. 65. Denkmalschutz aufgehoben, Objekt evtl. abgerissen.
  18. a b Es werden nur bewohnte Häuser angegeben. Von 1871 bis 1987 werden diese als Wohngebäude bezeichnet.
  19. a b R. Barth: Kulmbach: Stadt und Altlandkreis, S. 758.
  20. a b c d e f g h i j k l m n o Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis : Die Einwohnerzahlen der Gemeinden Bayerns in der Zeit von 1840 bis 1952 (= Beiträge zur Statistik Bayerns. Heft 192). München 1954, DNB 451478568, S. 150, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00066439-3 (Digitalisat).
  21. a b Joseph Heyberger, Chr. Schmitt, v. Wachter: Topographisch-statistisches Handbuch des Königreichs Bayern nebst alphabetischem Ortslexikon. In: K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Bavaria. Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern. Band 5. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1867, Sp. 896, urn:nbn:de:bvb:12-bsb10374496-4 (Digitalisat).
  22. a b Kgl. Statistisches Bureau (Hrsg.): Vollständiges Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Kreisen, Verwaltungsdistrikten, Gerichts-Sprengeln und Gemeinden unter Beifügung der Pfarrei-, Schul- und Postzugehörigkeit … mit einem alphabetischen General-Ortsregister enthaltend die Bevölkerung nach dem Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1875. Adolf Ackermann, München 1877, 2. Abschnitt (Einwohnerzahlen vom 1. Dezember 1871, Viehzahlen von 1873), Sp. 1067–1068, urn:nbn:de:bvb:12-bsb00052489-4 (Digitalisat).
  23. a b K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichniss des Königreichs Bayern. Nach Regierungsbezirken, Verwaltungsdistrikten, … sodann mit einem alphabetischen Ortsregister unter Beifügung der Eigenschaft und des zuständigen Verwaltungsdistriktes für jede Ortschaft. LIV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1888, Abschnitt III, Sp. 1016 (Digitalisat).
  24. a b K. Bayer. Statistisches Bureau (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis des Königreichs Bayern, mit alphabetischem Ortsregister. LXV. Heft der Beiträge zur Statistik des Königreichs Bayern. München 1904, Abschnitt II, Sp. 1063 (Digitalisat).
  25. a b Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Ortschaften-Verzeichnis für den Freistaat Bayern nach der Volkszählung vom 16. Juni 1925 und dem Gebietsstand vom 1. Januar 1928. Heft 109 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1928, Abschnitt II, Sp. 1098 (Digitalisat).
  26. a b Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern – Bearbeitet auf Grund der Volkszählung vom 13. September 1950. Heft 169 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1952, DNB 453660975, Abschnitt II, Sp. 949 (Digitalisat).
  27. a b Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern. Heft 335 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1973, DNB 740801384, S. 161 (Digitalisat).
  28. R. Barth, S. 725.
  29. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987. Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München November 1991, DNB 94240937X, S. 314 (Digitalisat).