Die 7,62-cm-Pak 36 war ein Panzerabwehrgeschütz der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, welches aus einem in der Sowjetunion erbeuteten Geschütz konstruiert wurde.
Der dringende Bedarf der deutschen Wehrmacht an leistungsfähigen Panzerabwehrgeschützen führte zum Umbau der in großer Stückzahl erbeuteten Geschütze mit dem Kaliber 76,2 mm. Diese Geschütze wurden technisch erheblich verändert und erhielten deshalb eine deutsche Bezeichnung.
Die F-22 war ein modernes Geschütz im Bestand der Roten Armee, mit einem großen horizontalen Richtbereich. Zu Beginn der 1930er-Jahre war die Führung der Roten Armee der Auffassung, dass jede Kanone oder Haubitze in der Lage sein sollte, auch Panzer zu bekämpfen.
Da nicht genügend Beutemunition vorhanden war, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten, wurde beschlossen, den Ladungsraum aufzubohren und deutsche 7,5-cm-Granatpatronen zu verwenden. Deren Geschosse wurden mit auf das etwas größere Kaliber angepassten Führungsbändern versehen. Wegen des großen Verwechslungsrisikos mit der Munition der 7,5-cm-Pak 40 wurden die Patronenhülsen und Geschosse (mit einer weißen Spitze) speziell gekennzeichnet.
Deutsche Einheiten setzten diese Waffen gegen die schwer bekämpfbaren „offenbar neuartigen, schwergepanzerten russischen Kampfwagen“, wie das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) die bisher unbekannten sowjetischen Typen KW nannte, ein. In einem Schreiben des Chefs des OKW vom 30. Oktober 1941 wird dargestellt, dass die deutschen Verbände die neuen 7,5-cm-Pak und umgebaute „russische Beutegeschütze 7,62 cm (mit Spreizlafette) mit größter Beschleunigung und in möglichst großem Umfang“ benötigten.[1]
Am 14. August 1941 erfolgte der Auftrag, die 7,62-cm-Feldkanone (r) auf einem Halbkettenfahrzeug mobil zu machen. Nach einem Prototyp Ende 1941 für die Erprobung wurde das Geschütz als Selbstfahrlafette 7,62-cm l.F.K.(r) auf Zgkw. 5t (Sofortlösung) bezeichnet. Es kamen neun Fahrzeuge beim Deutschen Afrikakorps zum Einsatz.[2]
Am 20. Dezember 1941 erfolgte der erste Auftrag, das für die Verwendung deutscher Munition aufgebohrte Geschütz auf Vollkettenfahrgestelle zu montieren, die projektierte Panzerselbstfahrlafette 1 wurde zur 7,62-cm-Pak 36 auf Lafette Pz.Kpfw. II Ausf. D (Marder II). Zwei Tage später, am 22. Dezember 1941, wurde die projektierte Panzerselbstfahrlafette 2 beauftragt. Die 7,62-cm-Pak 36 auf Fgst. Pz.Kpfw. 38 (t), welche dann Marder III (7,62 cm) genannt wurde.
Die Ergebnisse des OKW zeigen, dass die Waffen mit einer Kaliberlänge von L/54,8 nach dem Umbau bereits in einer Entfernung von 1400 Metern KW-Panzer und T-34 wirksam bekämpfen konnten. Infanterie konnte mit Sprenggranaten auf einer Distanz von 2500 m bekämpft werden.[3]
Es gab unterschiedliche Lafetten für das Geschütz in Guss- oder Nieten-Ausführung. Die Panzerselbstfahrlafetten erhielten ausschließlich Gusslafetten.
Folgende Änderungen wurden an der Feldkanone durchgeführt, um daraus eine „deutsche“ Panzerjägerkanone zu machen:
Die halbautomatische Kanone eignete sich durch das Aufbohren des Laderaums für die Hülse von 384 mm auf 716 mm besser für die Panzerbekämpfung. Durch die größere Ladung entstand eine stärkere Rücklaufenergie, die durch die Montage einer Mündungsbremse verringert wurde. Die Richtoptik der deutschen 5-cm-PaK 38 und das Zielfernrohr 3×8 wurden montiert. Teilweise erfolgte die Umrüstung auf Luftgummi-Bereifung.[4] Ähnliche Umrüstungen wurden auch bei F-22 USW durchgeführt (Pak 39), möglicherweise auch bei erbeuteten SIS-3.
Die von deutscher Seite umgebaute Zahl wird auf einige hundert Stück geschätzt, weil für die ausgelieferten Selbstfahrlafetten (Marder III - 418 St. / Marder II 202 St. / 5ton (Sf) 9 St.) in Summe 629 Waffen erforderlich waren und diverse Panzerjäger-Abteilungen mit der gezogenen Ausführung ausgerüstet wurden. Bis 1945 beschäftigte man sich noch mit der Entwicklung spezieller, legierungsarmer Munition für die 7,62-cm-Pak 36.
Für die deutschen Panzerjäger-Verbände bedeutete dieses schnell in großen Stückzahlen zur Verfügung stehend Geschütz eine wesentliche Unterstützung. Viele der leichten PaK waren von Feindpanzern überrollt worden und mit der PaK 36 konnten diese wieder wirksam bekämpft werden. Die Panzerarmee Afrika meldete, dass die PaK 36 in der Lage war, die 90 mm Panzerstahl des Matilda II-Turms auf eine Distanz von 2.000 Metern zu durchschlagen. Gleichzeitig wurde die Optik und die Abmessung der dort eingesetzten 5-t-Selbstfahrlafetten beanstandet.[2]
Chris Bishop (Hrsg.): Waffen des zweiten Weltkriegs : eine Enzyklopädie. über 1500 Waffensysteme: Handfeuerwaffen, Flugzeuge, Artillerie, Kriegsschiffe, U-Boote. Dt. Erstausg. Auflage. Bechtermünz, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-5385-9 (Originaltitel: The Encyclopedia of weapons of World War II : the comprehensive guide to over 1,500 weapons systems, including tanks, small arms, warplanes, artillery, ships, and submarines. 1998. Übersetzt von Neumann & Nürnberger).
Terry Gander, Peter Chamberlain: Enzyklopädie deutscher Waffen: 1939–1945. Handwaffen, Artillerie, Beutewaffen, Sonderwaffen. Spezialausg. 2. Auflage. Motorbuchverlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-613-02481-0 (Originaltitel: Small arms; artillery and special weapons of the Third Reich. 1978. Übersetzt von Herbert Jäger).
Terry Gander, Peter Chamberlain: Enzyklopädie deutscher Waffen 1939–1945. Spezialausg., 1. Aufl. Motorbuchverlag, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-613-02481-6.
Ian Hogg: Deutsche Artilleriewaffen im Zweiten Weltkrieg. 1. Auflage. Motorbuchverlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-87943-504-9 (englisch: German artillery of World War Two. 1975. Übersetzt von Hugo Friedrich).