Afwillit

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Afwillit
Afwillite-356015.jpg
Afwillit-Kristallgruppe aus dem Steinbruch Campomorto, Montalto di Castro, Italien (Größe: 1,03 mm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel
  • Ca3[SiO3(OH)]2·2H2O[1]
  • Ca12(H2O)8[SiO4]4[SiO2(OH)2]4[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Inselsilikate
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
9.AG.75 (8. Auflage: VIII/A'.06b)
52.04.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-domatisch; m
Raumgruppe Raumgruppe Cc (Raumgruppen-Nr. 9)Vorlage:Raumgruppe/9[3]
Gitterparameter a = 16,28 Å; b = 5,63 Å; c = 13,24 Å
β = 134,9°[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Häufige Kristallflächen {100}, {201}[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,630; berechnet: 2,643(5)[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {101}, gut nach {100}[4]
Bruch; Tenazität muschelig; spröde
Farbe farblos, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,617[5]
nβ = 1,620[5]
nγ = 1,634[5]
Doppelbrechung δ = 0,017[5]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 50 bis 56° (gemessen)[5]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in HF und HCl
Besondere Merkmale piezoelektrisch

Afwillit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung Ca3[SiO3(OH)]2·2H2O[1] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Calcium-Silikat. Strukturell gehört Afwillit zu den Inselsilikaten.

Afwillit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt meist tafelige bis prismatische, nach der b-Achse gestreckte und gestreifte Kristalle, findet sich aber auch in Form radialstrahliger, faseriger, sphärolithischer oder massiger Mineral-Aggregate. Die Oberflächen der farblosen und durchsichtigen oder bei polykristalliner Ausbildung weißen Kristalle zeigen einen glasähnlichen Glanz.

Etymologie und Geschichte

Afwillit wurde erstmals 1923 von dem damaligen Generaldirektor der De Beers Consolidated Mines Alpheus Fuller Williams (1874–1953) in der „Dutoitspan Mine“ nahe Kimberley in Südafrika, genauer in einer Tiefe zwischen 500 und 750 ft (entspricht etwa 152 bis 228 m) in einer großen Dolerit-Inklusion im Kimberlit, entdeckt.

Analysiert und beschrieben wurde das Mineral 1925 durch John Parry und Frederick Eugene Wright, die es nach seinem Entdecker (abgekürzt AFWill) benannten.

Klassifikation

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Afwillit zur Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort Abteilung der „Neso-Subsilikate“, wo er zusammen mit bisher noch fraglichen Mineral Birunit sowie Bultfonteinit und Hillebrandit die unbenannte Untergruppe VIII/A'.06b innerhalb der „Spurrit-Afwillit-Gruppe“ (VIII/A'.06) bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/B.22-30. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Abteilung „Inselsilikate mit tetraederfremden Anionen“, wo Afwillit zusammen mit Aradit, Bultfonteinit, Galuskinit, Harrisonit, Hatrurit, Nabimusait, Nagelschmidtit, Olmiit, Poldervaartit, Silicocarnotit, Spurrit, Ternesit und Zadovit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[6]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Afwillit in die allgemeinere Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Inselsilikate mit zusätzlichen Anionen; Kationen in meist [6]er- und > [6]er-Koordination“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.AG.75 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Afwillit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O“ ein. Hier ist er zusammen mit Bultfonteinit, Hatrurit und Jasmundit in der „Afwillit und verwandte Arten“ mit der System-Nr. 52.04.07 innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen und O, OH, F und H2O mit Kationen in [6] und/oder >[6]-Koordination“ zu finden.

Kristallstruktur

Afwillit kristallisiert in der monoklinen Raumgruppe Cc (Raumgruppen-Nr. 9)Vorlage:Raumgruppe/9 mit den Gitterparametern a = 16,28 Å; b = 5,63 Å; c = 13,24 Å und β = 134,9° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften

Afwillit ist piezoelektrisch, das heißt, er baut ähnlich wie Quarz bei wechselnder elastischer Verformung eine elektrische Spannung auf.

Das Mineral ist leicht löslich in HF und HCl.

Bildung und Fundorte

Afwillit bildet sich als Umwandlungsprodukt in kontaktmetamorph verändertem Kalkstein. Als Begleitminerale treten unter anderem Apophyllit, Brucit, Calcit, Ettringit, Foshagit, Gehlenit, Hillebrandit, Merwinit, Natrolith, Portlandit, Spurrit und Thaumasit auf.

Als seltene Mineralbildung konnte Afwillit bisher nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei weltweit bisher rund 40 Fundstätten dokumentiert sind (Stand 2021).[8] Neben seiner Typlokalität „Dutoitspan Mine“ nahe Kimberley trat das Mineral in Südafrika noch in den „N'Chwaning Minen“ bei Kuruman und in der „Wessels Mine“ bei Hotazel in den Manganfeldern der Kalahari zutage.

In Deutschland konnte Afwillit unter anderem am Zeilberg in Bayern sowie an mehreren Orten in der Vulkaneifel (Daun, Mayen, Mendig) gefunden werden.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist der Basaltsteinbruch Klöch in der Marktgemeinde Klöch im Bezirk Südoststeiermark.

Weitere bekannte Fundorte sind unter anderem Boisséjour/Ceyrat in Frankreich, Inishcrone in Irland sowie Carneal und Scawt Hill in dem zu Nordirland gehörenden County Antrim, die „Hatrurim Formation“ in der Wüste Negev und der Fluss Ajalon in Israel, mehrere Fundpunkte in Italien, die Gruben „Mihara“ und „Fuka“ in der Präfektur Okayama auf der japanischen Insel Honshū, Tokatoka auf der Nordinsel Neuseelands, Oravița und Racoș (Kreis Harghita) in Rumänien; der Fluss Nizhnyaya Tunguska, das Yoko-Dovyrensky Massiv nahe dem Baikalsee in der Republik Burjatien und der Berg Lakargi in der Republik Kabardino-Balkarien in Russland sowie der Sky Blue Hill im Riverside County (Kalifornien) und die „Pea Ridge Mine“ bei Sullivan (Missouri) in den USA.[9]

Siehe auch

Literatur

  • John Parry, F. E. Wright: Afwillite, a new hydrous calcium silicate, from Dutoitspan mine, Kimberley, South Africa. In: Mineralogical Magazine. Band 20, 1925, S. 277–285 (englisch, [1] [PDF; 382 kB; abgerufen am 20. Oktober 2021]).

Weblinks

Commons: Afwillite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Afwillit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 20. Oktober 2021.
  • Afwillite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 20. Oktober 2021 (englisch).
  • David Barthelmy: Afwillite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 20. Oktober 2021 (englisch).

Einzelnachweise

  1. a b Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2021. (PDF; 3,52 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2021, abgerufen am 20. Oktober 2021 (englisch).
  2. Daniel Atencio, Nikita V. Chukanov, Fabrizio Nestola, Thomas Witzke, José M. V. Coutinho, Aleksandr E. Zadov, Reynaldo R. Contreira Filho, Gunnar Färber: Mejillonesite, a new acid sodium, magnesium phosphate mineral, from Mejillones, Antofagasta, Chile. In: American Mineralogist. Band 97, Nr. 1, 2012, S. 20, doi:10.2138/am.2012.3867 (englisch, online verfügbar bei researchgate.net [PDF; 6,4 MB; abgerufen am 20. Oktober 2021]).
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 558 (englisch).
  4. a b c Afwillite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 76 kB; abgerufen am 20. Oktober 2021]).
  5. a b c d e Afwillite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. Oktober 2021 (englisch).
  6. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 20. Oktober 2021 (englisch).
  8. Localities for Afwillite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. Oktober 2021 (englisch).
  9. Fundortliste für Afwillit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 20. Oktober 2021.