Kabinett Attlee I

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Kabinett Attlee I
Kabinett des Vereinigten Königreichs
{{{Legende}}}
Premierminister Clement Attlee
Wahl 1945
Ernannt durch König George VI.
Bildung 26. Juli 1945
Ende 28. Februar 1950
Dauer 4 Jahre und 217 Tage
Vorgänger Kabinett Churchill Übergang
Nachfolger Kabinett Attlee II
Zusammensetzung
Partei(en) Labour Party
Repräsentation
House of Commons
393/640

Das Kabinett Attlee I wurde von Premierminister Clement Attlee am 27. Juli 1945 gebildet. Es war bis zur Ernennung des Kabinett Attlee II am 28. Februar 1950 im Amt.

Unterhauswahlen 1945, 1950

Attlee bildete das Kabinett nach dem Wahlsieg der Labour Party bei den Unterhauswahlen vom 5. Juli 1945. Bei diesen Wahlen errang die Labour Party 11.557.821 Wählerstimmen und verbesserte ihr Ergebnis um 11,7 Prozentpunkte auf 49,7 Prozent. Zugleich stellte sie mit 393 Unterhausabgeordneten 239 Abgeordnete mehr im House of Commons als bei den Unterhauswahlen vom 14. November 1935. Die Conservative Party unter Premierminister Winston Churchill musste dagegen empfindliche Verluste hinnehmen und kam nur noch auf 8.716.211 Stimmen und verlor 11,6 Prozentpunkte, so dass sie nur noch auf 36,2 Prozent kam. Zugleich verloren 190 Abgeordnete ihr Unterhausmandat, so dass die konservativen Tories nur mehr 197 Mitglieder des House of Commons stellten.

Diese überwältigende absolute Mehrheit verringerte sich jedoch bei den darauf folgenden Unterhauswahlen vom 23. Februar 1950 auf nur noch fünf Stimmen Mehrheit.

Führende Politiker

Neben Premierminister Clement Attlee, der zugleich Vorsitzender der Labour Party war, gehörte Ernest Bevin, der bis kurz vor seinem Tod im April 1951 Außenminister (Foreign Secretary) war, zu den führenden Politikern der Regierung. Hugh Dalton wurde Schatzkanzler (Chancellor of the Exchequer), musste aber 1947 zurückgetreten, während James Chuter-Ede während der gesamten Amtszeit Attlee das Amt des Innenministers (Home Secretary) bekleidete.

Andere bedeutende Persönlichkeiten des Kabinett Attlee waren der Vize-Premierminister und Vorsitzende der Mehrheit im Unterhaus (Leader of the House of Commons), Herbert Morrison, der Bevin im März 1951 als Außenminister ablöste, sowie Stafford Cripps, der zunächst Handelsminister (President of the Board of Trade) war, allerdings Dalton 1947 als Schatzkanzler ablöste. Hugh Gaitskell bekleidete zuerst einige unbedeutendere Posten und war 1950 wiederum Nachfolger von Cripps als Schatzkanzler, wohingegen Aneurin „Nye“ Bevan Gesundheitsminister (Minister for Health) war. Arthur Greenwood fungierte als Lordsiegelbewahrer (Lord Privy Seal) und Generalzahlmeister (Paymaster General), während der spätere Premierminister Harold Wilson zum jüngsten Kabinettsmitglied im 20. Jahrhundert wurde, als er 1947 im Alter von 31 Jahren das Amt des Handelsministers übernahm. Die bedeutendste der wenigen weiblichen Regierungsmitglieder war Ellen Wilkinson, die bis zu ihrem plötzlichen Tod 1947 Bildungsministerin (Minister for Education) war.

Regierungspolitik

Die Regierungszeit Attlees war geprägt von Sparmaßnahmen, die die im Krieg begonnenen Rationierungen fortsetzte und letztlich sogar auf Brot ausweitete. Die Lebensumstände waren armselig, und anstelle einer Expansion der Wirtschaft kam es nur langsam zu einem Ersatz des im Krieg zerstörten oder verbrauchten Wohlstands. Allerdings kehrte die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht zurück, so dass durch die Aufbaumaßnahmen nahezu Vollbeschäftigung notwendig war. Aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrende Soldaten wurden in Wirtschaft und Gesellschaft wieder aufgenommen.[1]

In der Folgezeit kam es durch die Regierung zur Verstaatlichung von 20 Prozent der Wirtschaft, und schloss die Bereiche Kohle, Eisenbahnen, Gütertransport, die Bank of England, Zivilluftfahrt, Kabel- und Drahtlose Kommunikation, Elektrizität, Gas und Stahl ein. Gleichwohl standen keine Gelder für die Modernisierung dieser Industriezweige zur Verfügung und es gab keine Ansätze, die Kontrolle an die Mitglieder der Gewerkschaften zu übergeben.

Andererseits leitete die Regierung Attlee eine umfassende Ausweitung des Wohlfahrtsstaates ein, wie zum Beispiel durch das Familienförderungsgesetz (Family Allowance Act 1945) sowie dem Gesetz zur Schaffung des National Health Service NHS (National Health Service Act 1946), durch das die Verstaatlichung der Krankenhäuser und die freie universelle medizinische Behandlung eingeführt wurde. Durch das Nationalversicherungsgesetz (National Insurance Act 1946) wurden Krankheits- und Arbeitslosigkeitsleistungen für Erwachsene sowie Altersrenten eingeführt. Letztlich wurde durch das Nationale Hilfegesetz (National Assistance Act 1948) eine Sicherheitsnetz für alle Menschen eingeführt, die nicht anderweitig abgesichert waren.

Das 1944 verabschiedete Bildungsgesetz (Education Act 1944) wurde ferner ausgeweitet und durch das sogenannte New Towns Act 1946 der Bau von Planstädten in den Vororten vorangetrieben. Da es für die meisten Vorhaben an Geldern fehlte, berief sich die Regierung auf den Keynesianismus, um für die Planung eine umfangreiche Kontrolle von nationalem Defizit und Überschuss zu begründen.[2][3]

In der Außenpolitik begann die Regierung das Engagement bei den Vereinten Nationen und erreichte bei Verhandlungen mit den USA und Kanada 1946 die Gewährung eines Darlehens von 5 Milliarden US-Dollar. 1948 trat Großbritannien dem Marshallplan bei. 1947 musste es jedoch die Unterstützung von Griechenland im dortigen Bürgerkrieg aufgeben, und bat die USA um Aufnahme dieser Unterstützung im Rahmen von deren sogenannter Truman-Doktrin. Andererseits nahm es eine aktive Rolle bei der Unterstützung der USA im Kalten Krieg und beim Aufbau der NATO ein. In dieser Zeit gewährte das Vereinigte Königreich seinen bisherigen Kolonien Indien, Pakistan, Ceylon und Burma die Unabhängigkeit und stärkte das Commonwealth of Nations.[4]

Minister

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

Zugehörigkeit Labour
Amt Person Amtszeit
Premierminister
First Lord of the Treasury
Clement Attlee Juli 1945
Verteidigungsminister Clement Attlee
Albert Victor Alexander
Juli 1945
Dezember 1946
Lordkanzler William Jowitt, 1. Baron Jowitt Juli 1945
Stellvertretender Premierminister[5]
Lord President of the Council
Herbert Morrison[6] Juli 1945
Lordsiegelbewahrer Arthur Greenwood[7]
Philip Inman, 1. Baron Inman
Christopher Addison, 1. Viscount Addison[8][9]
Juli 1945
April 1947
Oktober 1947
Schatzkanzler Hugh Dalton
Stafford Cripps
Juli 1945
November 1947
Außenminister Ernest Bevin Juli 1945
Innenminister James Chuter-Ede[10] Juli 1945
Minister für die Kolonien George Henry Hall
Arthur Creech Jones
Juli 1945
Oktober 1946
Minister für Angelegenheiten der Dominion[11] Christopher Addison, 1. Viscount Addison[12]
Philip Noel-Baker
Juli 1945
Oktober 1947
Minister für Indien und Burma[13][14] Frederick Pethick-Lawrence, 1. Baron Pethick-Lawrence
William Hare, 5. Earl of Listowel
Juli 1945
April 1947–Januar 1948
Erster Lord der Admiralität Albert Victor Alexander
George Henry Hall[15]
Juli 1945
Oktober 1946
Kriegsminister Jack Lawson[16] Juli 1945
Luftfahrtminister William Wedgwood Benn, 1. Viscount Stansgate[17] Juli 1945
Bildungsminister Ellen Wilkinson
George Tomlinson
Juli 1945
Februar 1947
Minister für Schottland Joseph Westwood
Arthur Woodburn
Juli 1945
Oktober 1947
Minister für Landwirtschaft und Fischerei Tom Williams Juli 1945–
Minister für Arbeit und den nationalen Dienst George Isaacs Juli 1945
Gesundheitsminister Aneurin Bevan[18] Juli 1945–Januar 1951
Handelsminister Stafford Cripps
Harold Wilson
Juli 1945
September 1947
Minister für Brennstoffe und Energie Emanuel Shinwell Juli 1945–Oktober 1947[19]
Minister ohne Geschäftsbereich Albert Victor Alexander
Arthur Greenwood
Oktober 1946–Dezember 1946
April 1947–September 1947
Minister für Wirtschaftsangelegenheiten Stafford Cripps September 1947–November 1947
Chancellor of the Duchy of Lancaster Hugh Dalton Mai 1948
Minister für Zivilluftfahrt Frank Pakenham, 7. Earl of Longford Mai 1948

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Andrew Marr: A History of Modern Britain, S. 111, 2007
  2. Stephen J. Lee: Aspects of British Political History 1914-1995, S. 185–189, 1996
  3. Alan Sked/ Chris Cook: Post-War Britain: A Political History, S. 223, 1993
  4. Stephen J. Lee, s. o., S. 261–266, 310–312
  5. Das Amt des stellvertretenden Premierministers wurde im März 1951 abgeschafft
  6. Morrison war zwischen Juli 1945 und März 1951 auch Führer des Unterhauses
  7. Von Juli 1946 bis März 1947 war Greenwood zusätzlich Generalzahlmeister
  8. Der Viscount Addision war von Oktober 1947 an auch weiterhin Führer des Oberhauses
  9. Der Viscount Addison war von Juli 1948 bis April 1949 zusätzlich Generalzahlmeister
  10. Chuter-Ede wurde im März 1951 auch Führer des Unterhauses, das bis dahin von Vize-Premierminister Morrison wahrgenommen wurde
  11. Im Juli 1947 wird das Ministerium für Dominion-Angelegenheiten (Office of Dominion Affairs) umbenannt in Ministerium für die Angelegenheiten des Commonwealth of Nations
  12. Der Viscount Addison war von Juli 1945 bis Oktober 1947 auch Führer des Oberhauses
  13. Nach der Unabhängigkeit Indiens wurde das Ministerium im August 1947 umbenannt in Ministerium für Burma (Burma Office)
  14. Nach der Unabhängigkeit Burmas wurde das Ministerium für Burma im Januar 1948 aufgelöst
  15. Seit Oktober 1946 war der Erste Lord der Admiralität kein Kabinettsmitglied mehr
  16. Seit Oktober 1946 war der Kriegsminister kein Kabinettsmitglied mehr
  17. Seit Oktober 1946 war der Luftfahrtminister kein Kabinettsmitglied mehr
  18. Seit Januar 1951 war Gesundheitsminister nicht mehr Mitglied des Kabinetts
  19. Seit Oktober 1947 war der Minister für Brennstoffe und Energie nicht mehr Mitglied des Kabinetts