Nancy Faeser

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Nancy Faeser auf der konstituierenden Sitzung des Hessischen Landtages 2019

Nancy Faeser (Aussprache des Nachnamens: [ˈfɛːzɐ];[1] * 13. Juli 1970 in Bad Soden) ist eine deutsche Juristin und Politikerin (SPD). Sie ist seit dem 2. November 2019 Vorsitzende der SPD Hessen und seit dem 8. Dezember 2021 als erste Frau in diesem Amt Bundesministerin des Innern und für Heimat im Kabinett Scholz.

Von 2003 bis zu ihrer Ernennung als Bundesministerin war sie Abgeordnete des Hessischen Landtags und ab 2019 Vorsitzende der hessischen SPD-Fraktion und somit auch Oppositionsführerin.

Leben

Nancy Faeser wuchs als Tochter des Kommunalbeamten und Bürgermeisters Horst Faeser in Schwalbach am Taunus auf, wo sie heute noch lebt. Die sozialdemokratisch geprägte Familie Faesers stammt ursprünglich aus Duisburg.[2] Nach dem Abitur 1990 an der Albert-Einstein-Schule in Schwalbach am Taunus studierte sie Rechtswissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Sie absolvierte außerdem ein Auslandssemester am inzwischen geschlossenen New College of California in San Francisco.[3] 1996 schloss sie das Studium mit dem Ersten Staatsexamen ab. Von 1996 bis 1998 war sie Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung von Günter Frankenberg in Frankfurt. Nach ihrer Referendarzeit im Bezirk des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main legte Faeser 2000 ihr Zweites Staatsexamen ab. Parallel dazu arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Clifford Chance in Frankfurt am Main. Nach ihrem Examen war Faeser dort von 2000 bis 2007 als Rechtsanwältin tätig. Anschließend war sie bis zu ihrer Ernennung als Bundesministerin bei der Wirtschaftskanzlei Görg in Frankfurt am Main als Rechtsanwältin tätig.[3]

Nancy Faeser ist verheiratet und hat einen im Jahr 2015 geborenen Sohn.

Partei

Seit 1988 ist Faeser Mitglied der SPD. Vorsitzende der SPD Schwalbach am Taunus ist sie seit 1996. Von 1999 bis 2009 und von 2015 bis 2021 war sie stellvertretende Vorsitzende, von 2009 bis 2015 Vorsitzende der SPD Main-Taunus. Von 2003 bis 2015 war sie Mitglied des Bezirksvorstandes der SPD Hessen-Süd und von 2000 bis 2009 Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (AsJ) der SPD Hessen-Süd. Seit 2009 gehört sie der Arbeitsgruppe „Innen“ des SPD Parteivorstands in Berlin an. Faeser ist seit 2009 Mitglied bei den Sozialdemokraten in der Polizei (SiP). 2013 wurde sie in den Landesvorstand der SPD Hessen gewählt. Von Februar 2014 bis 2019 war sie deren Generalsekretärin. Im März 2019 kündigte sie ihre Kandidatur für den Vorsitz der Landes-SPD an, nachdem Thorsten Schäfer-Gümbel seinen Rückzug aus der Politik erklärt hatte.[4] Sie wurde auf einem Landesparteitag am 2. November 2019 zur Vorsitzenden gewählt.[5]

Abgeordnete im Hessischen Landtag

Seit dem 5. April 2003 ist Faeser Abgeordnete im Hessischen Landtag. Sie wurde im Oktober 2007 als designierte Ministerin für Justiz in das Schattenkabinett der damaligen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti berufen. Nach der hessischen Landtagswahl 2008 zog Faeser erneut über die Landesliste in den Hessischen Landtag ein. Nancy Faeser wurde als Justiziarin der SPD-Landtagsfraktion in den Fraktionsvorstand gewählt. Nach der erneuten Landtagswahl 2009 zog sie wiederum über die Landesliste in den Hessischen Landtag ein. Seit 2009 ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Hessen. Faeser ist Vorsitzende des Unterausschusses Justizvollzug des Hessischen Landtags und Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz. Seit 2013 ist sie Vorsitzende der G-10-Kommission.

Faeser war Obfrau im Untersuchungsausschuss 16/3 FWG-Doppelfinanzierung und im Untersuchungsausschuss 18/2 (Besetzung der Position des Präsidenten der Hessischen Bereitschaftspolizei) des Hessischen Landtags.

Seit 1993 ist Faeser Mitglied des Kreistags im Main-Taunus-Kreis und seit 2006 Stadtverordnete in ihrer Heimatstadt Schwalbach am Taunus. Im Jahr 2004 war sie Mitglied der 12. Bundesversammlung, 2009 Mitglied der 13. Bundesversammlung und 2010 Mitglied der 14. Bundesversammlung.

Im Juni 2013 wurde Faeser von SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel für den Bereich Inneres, Kommunales und Sport in seine „Mannschaft für den Wechsel“ berufen.[6] Bei der Landtagswahl in Hessen 2013 trat sie im Wahlkreis Main-Taunus I an. Hier unterlag sie gegen Christian Heinz. Ihr gelang jedoch der Wiedereinzug in den Landtag über Listenplatz 2 der SPD Hessen. Als Nachfolgerin von Thorsten Schäfer-Gümbel wurde sie am 4. September 2019 zur Vorsitzenden der Landtagsfraktion gewählt.

Mit ihrer Berufung zur Bundesministerin legte Faeser ihr Mandat und damit auch die Oppositionsführung im Landtag nieder.[7] Für sie rückte Rüdiger Holschuh in den Landtag nach.

Als Abgeordnete im Hessischen Landtag erhielt Faeser zwei Drohbriefe, die mit NSU 2.0 unterschrieben waren.[8] Anfang Juli 2021 veröffentlichte sie einen Gastbeitrag in der Zeitschrift antifa des VVN-BdA, in dem sie ihre Überzeugung darlegte, sich von diesen Drohschreiben „voller ekelhafter rechtsradikaler Phantasien“ nicht einschüchtern zu lassen.[9] Sechs Monate später nach ihrer Ernennung zur Bundesinnenministerin kritisierte bzw. skandalisierte[10] das die neurechte Junge Freiheit, da der VVN-BdA von mehreren Verfassungsschutzämtern als linksextrem eingestuft wurde.[11][12][13][14] Dies wurde von Politikern von Union und AfD aufgegriffen und in weiteren Medien kontrovers diskutiert.[15][16][17] Faeser wies die Vorwürfe entschieden zurück.[18][19]

Bundesministerin des Innern und für Heimat

Auf Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz ernannte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sie am 8. Dezember 2021 zur Bundesministerin des Innern und für Heimat im Kabinett Scholz. Sie ist die erste Frau in diesem Amt und folgt auf Horst Seehofer.[20] Bei ihrer Nominierung als designierte Innenministerin im Willy-Brandt-Haus am 6. Dezember 2021 bezeichnete sie den Kampf gegen Rechtsextremismus, den sie als größte Bedrohung für die freiheitliche demokratische Grundordnung benannte, als ein besonderes Anliegen.[21] Auch beim Linksextremismus gebe es keinen Grund zur Entwarnung.[22]

Faeser nennt auch den Kampf gegen Kindesmissbrauch als einen der Schwerpunkte ihrer Arbeit. Die Pläne der EU zur Verpflichtung von Messaging-Providern, Nachrichten auf Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu durchsuchen (Chatkontrolle), sieht Faeser „differenziert“. Zunächst hatte sie sich zustimmend geäußert, nahm dies aber später teilweise zurück („Jede private Nachricht anlasslos zu kontrollieren, halte ich nicht für vereinbar mit unseren Freiheitsrechten“).[23][24]

Auch den Kampf gegen Clan-Kriminalität hält Faeser für eine Priorität ihrer Amtszeit und zielt darauf ab, kriminelle Clanstrukturen zu „zerschlagen“. Hierbei habe es viel zu lang an einem entschiedenen Vorgehen gefehlt. Es benötige eine harte Antwort des Rechtsstaats, um diese „abgeschotteten Parallelwelten“ zu bekämpfen. Dazu müsse auch konsequent auf Abschiebungen krimineller Clan-Mitglieder in ihre Heimatländer hingewirkt werden.[25]

Eine Anfang 2022 vom behördenübergreifenden Analysezentrum GASIM veröffentlichte Untersuchung warnte davor, Teile von Faesers geplanten migrationspolitischen Änderungen könnten illegale Migration verstärken und Schleuserbanden die Arbeit erleichtern.[26] Das Bundeskabinett beschloss im Juli 2022 Faesers migrationspolitische Vorschläge. Diese sollen seit fünf Jahren geduldeten Ausländern, welche selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen und ausreichend Deutsch sprechen, eine Bleibeperspektive ermöglichen. Dies gilt jedoch nur für vor dem 1. Januar 2022 zugewanderte Menschen, um keine falschen Anreize für Migration zu setzen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, geht davon aus dass dies rund 135.000 Menschen betreffe. Für Straftäter wird hingegen die Abschiebung erleichtert und die mögliche Dauer von Abschiebehaft verlängert. Ausländische Fachkräfte sollen künftig Ehepartner und minderjährige Kinder nach Deutschland holen können, ohne dass diese zuvor Deutsch-Kenntnisse nachweisen müssen. Die CDU kritisierte die Änderungen als „massive Anreize für illegale Migration nach Deutschland“.[27][28][29]

Anfang September 2022 schloss das Innenministerium unter Nancy Faeser den von Horst Seehofer ins Leben gerufenen „Expertenkreis Politischer Islamismus“.[30]

Weblinks

Commons: Nancy Faeser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Interview Nancy Faeser, Bundesinnenministerin, SPD. Abgerufen am 20. Februar 2022.
  2. Klar und fröhlich: Das ist Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aus Hessen. Abgerufen am 15. Juni 2022.
  3. a b Yumpu.com: Faeser, Nancy - Lebenslauf - SPD Hessen. Abgerufen am 13. Juni 2022.
  4. Nach Schäfer-Gümbels Rückzug: Nancy Faeser kandidiert für SPD-Vorsitz (Memento vom 28. März 2019 im Internet Archive)
  5. Nachfolge von Schäfer-Gümbel: Nancy Faeser ist neue SPD-Vorsitzende (Memento vom 2. November 2019 im Internet Archive)
  6. Archivierte Kopie (Memento vom 16. Januar 2014 im Internet Archive)
  7. Hessens SPD stellt sich neu auf. Frankfurter Rundschau, abgerufen am 7. Dezember 2021.
  8. Katharina Iskandar: Neuer Drohbrief gegen SPD-Politikerin Faeser. In: FAZ. Abgerufen am 6. März 2022.
  9. Nancy Faeser: NSU 2.0 aufgeklärt? In: antifa. Abgerufen am 6. März 2022.
  10. BR Kultur: Inszenierter Skandal: Nicht Nancy Faeser, sondern der Shitstorm ist das Problem. Abgerufen am 6. März 2022.
  11. Solveig Grothe: Wer steckt hinter der VVN-BdA? In: Der Spiegel. 6. Februar 2022, abgerufen am 29. Mai 2022: „Der bayerische Verfassungsschutz bezeichnete ihn 2018 als »bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus«. Der hessische Verfassungsschutz kam 2020 offenbar zu einer ähnlichen Einschätzung.“
  12. Faeser weiter in Bedrängnis. 29. Mai 2022, abgerufen am 7. Februar 2022: „Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“, für deren Magazin Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor Beginn ihrer Amtszeit einen Beitrag verfasst hat, wird nach Informationen der F.A.Z. nicht nur vom bayerischen Verfassungsschutz, sondern auch von anderen Landesämtern und vom Bundesverfassungsschutz beobachtet.“
  13. Helene Bubrowski: Gruppe VVN wird vom Verfassungsschutz beobachtet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 7. Februar 2022, abgerufen am 29. Mai 2022.
  14. Schriftliche Kleine Anfrage und Antwort des Senats Drucksache 21/1364, Seite 2
  15. Faeser-Beitrag in Antifa-Magazin: Das steckt hinter der Organisation VVN-BdA. In: RND. Abgerufen am 16. Februar 2022 (deutsch).
  16. Gastbeitrag von Nancy Faeser für "antifa" - "Antifaschismus ist per se kein Extremismus". In: Deutschlandfunk Kultur. Abgerufen am 16. Februar 2022.
  17. Helene Bubrowski: Faeser und die „Antifa“. In: FAZ. Abgerufen am 6. März 2022.
  18. Faeser wehrt sich gegen Kritik an Gastbeitrag im Magazin "antifa". In: Zeit.de. 6. Februar 2022, abgerufen am 16. Februar 2022.
  19. Innenministerin Faeser wehrt sich gegen Kritik von Union und AfD. In: Tagesschau. Abgerufen am 16. Februar 2022.
  20. tagesschau.de: Nancy Faeser wird Deutschlands erste Innenministerin. Abgerufen am 15. Dezember 2021.
  21. Zukünftige Bundesinnenministerin Nancy Faeser: Alle Energie der Politik. 6. Dezember 2021, abgerufen am 14. Dezember 2021.
  22. Fabian Busch: Ein polarisiertes Land: Politisch motivierte Kriminalität erreicht Höchststand. In: web.de. 10. Mai 2022, abgerufen am 28. Mai 2022.
  23. Messengerüberwachung dürfte an Deutschland scheitern. In: Der Spiegel. 23. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.
  24. Pitt von Bebenburg: Innenministerin Faeser will Kinder schützen. In: Frankfurter Rundschau. 24. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.
  25. Faeser kündigt Härte gegen Clans an. In: n-tv. 8. Mai 2022, abgerufen am 27. Mai 2022.
  26. Nutzen Terroristen Freizügigkeit aus? Sicherheitskreise besorgt wegen der Migrationspolitik von Faeser und Baerbock. In: Tagesspiegel. 9. Februar 2022, abgerufen am 28. Mai 2022.
  27. Gut integrierte Geduldete bekommen Aussicht auf dauerhaftes Bleiberecht. In: web.de. 6. Juli 2022, abgerufen am 7. Juli 2022.
  28. Kabinett beschließt neues Aufenthaltsrecht. In: Tagesschau. 6. Juli 2022, abgerufen am 7. Juli 2022.
  29. Kabinett: Bleibeperspektive für langjährig Geduldete. In: Die Zeit. 6. Juli 2022, abgerufen am 7. Juli 2022.
  30. Aus für den „Expertenkreis Politischer Islamismus“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 4. September 2022, abgerufen am 5. September 2022.