Selenopolje (Kaliningrad, Gurjewsk, Lugowoje)
Siedlung
Selenopolje
Borchersdorf Зеленополье
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Selenopolje (russisch Зеленополье, deutsch Borchersdorf) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet um ehem. Königsberg). Er gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Gurjewsk im Rajon Gurjewsk.
Geographische Lage
Selenopolje liegt 14 Kilometer südöstlich der Rajonshauptstadt Kaliningrad (Königsberg) an der Regionalstraße 27A-083 (ex A196) in Richtung Prawdinsk (Friedland in Ostpreußen). Innerorts zweigt die Kommunalstraße 27K-078 in östliche Richtung nach Semjonowo (Fuchsberg) ab. Die nächste Bahnstation ist Lugowoje-Nowoje an der Bahnstrecke Kaliningrad–Tschernyschewskoje (Teilstück der ehemaligen Preußischen Ostbahn).
Geschichte
Der ehedem Borchersdorf (vor 1481 Borghardsdorf, vor 1595 Burckhardsdorf)[1] genannte Ort ist ein altes Kirchdorf. Im Jahre 1874 wurde das Dorf in den neu errichteten Amtsbezirk Friedrichstein[2] (heute russisch: Kamenka) eingegliedert und gehörte zum Landkreis Königsberg (Preußen) im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen.
Zum 14. Mai 1930 wurde die Region dahingehend neu strukturiert, dass man die drei Gemeinden Borchersdorf, Schönmohr (heute russisch: Partisanskoje) und Weißenstein (Marijskoje) zu einem neuen „Amtsbezirk Borchersdorf“ zusammenlegte.[2] Er gehörte ebenfalls zum Landkreis Königsberg, bis dieser 1939 im Landkreis Samland aufging.
Infolge des Zweiten Weltkrieges kam das nördliche Ostpreußen und mit ihm Borchersdorf zur Sowjetunion. Der Ort erhielt im Juni 1947 den russischen Namen Selenopolje und wurde gleichzeitig Sitz eines Dorfsowjets,[3] der sich seit Juli 1947 im Rajon Kaliningrad befand.[4] Seit etwa 1965 bestand dieser Dorfsowjet mit Sitz in Lugowoje im Rajon Gurjewsk. Von 2008 bis 2013 gehörte Selenopolje zur Landgemeinde Lugowskoje selskoje posselenije und seither zum Stadtkreis Gurjewsk.
Einwohnerentwicklung
Jahr | Einwohner[5] | Bemerkungen |
---|---|---|
1910 | 506 | Gutsbezirk: 333, Landgemeinde: 173 |
1933 | 588 | |
1939 | 590 | |
2002 | 246 | |
2010 | 283 |
Kirche
Kirchengebäude
Eine Kirche ist in Borchersdorf erstmals in der Ordenszeit 1481 dokumentiert[6]. Das Gebäude wurde im Laufe der Jahre baufällig und wurde durch eine neue Kirche im Jahre 1735 ersetzt. Es handelte sich um einen schlichten Bau mit Turm ohne Chor. Nach erneuter Baufälligkeit erhielt er zwischen 1807 und 1814 eine Grundinstandsetzung.
Bei den Kämpfen im Zweiten Weltkrieg wurde der Turmhelm 1944/45 zerstört und die Südmauer durch Artilleriefeuer beschädigt. Hier klafft jetzt ein großes Loch in der Wand. Die südliche Vorhalle ist verschwunden, der nördliche Anbau verfällt, das Dach des Kirchenschiffs ist eingefallen. Nutzte eine Kolchose das Kirchengebäude nach 1945 noch als Lager, so ist es heute nicht mehr zu benutzen[7].
An der Ostwand befindet sich noch heute das Wandmosaik mit dem überlebensgroßen Sämann auf einem Acker, der mit schwingendem Arm das Korn für die nächste Aussaat streut. Es wurde nach dem Ersten Weltkrieg von Heinrich Graf Dönhoff als Gefallenen-Ehrenmal gestiftet. Die Tafel mit den Namen der Gefallenen ist nicht mehr lesbar.
Eine der beiden früheren Kirchenglocken hat den Krieg auf dem Glockenfriedhof in Hamburg überlebt und läutet seit 1952 neben einer anderen Glocke aus Turheim in Schlesien in der evangelischen Christuskirche von Trostberg in Oberbayern, einem Neubau von 1951. Auf dieser Glocke ist noch erkennbar, dass die Heilige Katharina die Namenspatronin der vorreformatorischen Kirche von Borchersdorf war.
Kirchengemeinde
Bereits in vorreformatorischer Zeit war Borchersdorf ein Kirchdorf. Bis zum Ende des 16. Jahrhunderts war Löwenhagen (heute russisch: Komsomolsk) eine Filialkirche zu Borchersdorf. Ursprünglich der Inspektion des Oberhofspredigers in Königsberg (Preußen) (Kaliningrad) zugeordnet, gehörte das mehrheitlich evangelische Kirchspiel Borchersdorf bis 1945 zum Kirchenkreis Königsberg-Land I innerhalb der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union.
Heute liegt Selenopolje im Einzugsgebiet der evangelisch-lutherischen Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg). Sie gehört zur neugebildeten Propstei Kaliningrad[8] der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER).
Kirchspielorte (bis 1945)
Zum Kirchspiel Borchersdorf gehörten bis 1945 außer dem Pfarrdorf noch folgende Orte:
Deutscher Name | Russischer Name | Deutscher Name | Russischer Name | |
---|---|---|---|---|
Fuchsberg | Semjonowo | Schanwitz | Koslowka | |
Lottinenhof | Schönmohr | Partisanskoje | ||
Marienhagen | Semjonowo | Schönwiese | ||
Pilzenkrug | Wehnenfeld | Chrabroje | ||
Weißenstein | Marijskoje |
Pfarrer (bis 1945)
Von der Reformation bis 1945 amtierten in Borchersdorf 32 evangelische Geistliche[9]:
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Kirchenbücher
Von den Kirchenbüchern Borchersdorfs haben den Krieg überdauert und werden heute im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg aufbewahrt[10]:
- Taufen: 1841 bis 1944
- Trauungen: 1841 bis 1944
- Beerdigungen: 1841 bis 1944
- Konfirmationen: 1913 bis 1944
Zum Teil liegen auch Namensverzeichnisse aus der Zeit ab 1800 vor.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Ortsinformationen Bildarchiv Ostpreußen: Borchersdorf, Kreis Königsberg/Samland
- ↑ a b Rolf Jehke, Amtsbezirk Friedrichstein/Löwenhagen/Borchersdorf
- ↑ Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 июня 1947 г.«Об образовании сельских советов, городов и рабочих поселков в Калининградской области» (Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 17. Juni 1947: Über die Bildung von Dorfsowjets, Städten und Arbeitersiedlungen in der Oblast Kaliningrad)
- ↑ Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 25 июля 1947 г. «Об административно-территориальном устройстве Калининградской области» (Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 25. Juli 1947: Über den administrativ-territorialen Aufbau der Oblast Kaliningrad)
- ↑ Volkszählungsdaten
- ↑ Selenopolje–Borchersdorf bei ostpreussen.net
- ↑ Bild der Borchersdorfer Kirchenruine
- ↑ Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento des Originals vom 29. August 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Friedwald Moeller, Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945, Hamburg, 1968, Seite 24
- ↑ Christa Stache, Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin, Teil I: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Berlin, 1992³, Seite 29