AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag
Die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag[1] (auch AfD-Bundestagsfraktion[2]) ist die Fraktion der Alternative für Deutschland (AfD) im Deutschen Bundestag, die erstmals bei der Bundestagswahl 2017 ins Parlament einzog.
AfD-Fraktion im Bundestag –AfD-Bundestagsfraktion– | |
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Fraktionsvorsitz | Tino Chrupalla Alice Weidel |
1. Parlamentarischer Geschäftsführer | Bernd Baumann |
Stellvertretende Vorsitzende | Norbert Kleinwächter, Sebastian Münzenmaier, Leif-Erik Holm, Beatrix von Storch, Corinna Miazga |
Vizepräsident des Bundestages | vakant |
Ehrenvorsitzender | Alexander Gauland |
Gründung | 26. September 2017 |
Gründungsort | Berlin |
Parteinahe Stiftung | Desiderius-Erasmus-Stiftung |
Ausrichtung | Opposition |
Farbe(n) | blau |
Abgeordnete | 79/736 |
Website | afdbundestag.de |
Geschichte
19. Deutscher Bundestag (2017–2021)
Bei der Bundestagswahl 2017 übersprang die AfD mit 12,6 % der Stimmen erstmals die Fünf-Prozent-Hürde. Am Ende der ersten Legislaturperiode war sie mit 86 Abgeordneten im 19. Deutschen Bundestag vertreten, nachdem sie ursprünglich über 94 Mitglieder verfügt hatte.[3] Die Fraktion war nach der CDU-CSU- und der SPD-Fraktion die drittstärkste Kraft im Parlament, und somit vier Jahre lang Oppositionsführer. Während der Legislaturperiode verließen fünf Mitglieder die Fraktion. Zudem traten vereinzelt Abgeordnete aus der Partei aus. Ein weiteres Mitglied wurde aus der Partei ausgeschlossen.
Die damalige Co-Bundessprecherin der AfD Frauke Petry erklärte am 25. September 2017 in der ersten Bundespressekonferenz der Partei, aus inhaltlichen Gründen nicht Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion werden zu wollen.[4] Daraufhin konstituierte sich die Fraktion am 26. September 2017 in ihrer ersten Sitzung mit 93 Abgeordneten.[5] Dabei wurden Alice Weidel und Alexander Gauland als Fraktionsvorsitzende gewählt.[6] Zum ersten Parlamentarischen Geschäftsführer wurde Bernd Baumann gewählt. Weitere Geschäftsführer der Fraktion waren Jürgen Braun, Michael Espendiller und Hansjörg Müller.[7]
Mit dem Austritt von Mario Mieruch am 4. Oktober 2017 setzte sich die Bundestagsfraktion noch aus 92 Abgeordneten zusammen.[8] Er begründete seinen Austritt mit fehlender Abgrenzung vom rechten Flügel um Björn Höcke.[9]
Am 5. Oktober 2017 wurden Roland Hartwig, Peter Felser, Tino Chrupalla, Leif-Erik Holm und Beatrix von Storch zu stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt.[10] Zum Fraktionsgeschäftsführer wurde Hans-Joachim Berg am 17. Oktober 2017 bestimmt.[11]
In der konstituierenden Sitzung des Bundestages am 24. Oktober 2017 nominierte die AfD-Fraktion Albrecht Glaser für den ihr zustehenden Posten eines Bundestagsvizepräsidenten. Zur in den ersten beiden Wahlgängen benötigten absoluten Mehrheit fehlte die Zustimmung von Mitgliedern der anderen Fraktionen. Zur Erlangung der benötigten einfachen Mehrheit im dritten Wahlgang enthielten sich die Mitglieder der anderen Fraktionen. Glaser war wegen dem Grundgesetz widersprechender Äußerungen im Bereich der Religionsfreiheit auf Kritik gestoßen.[12] Demzufolge erhielt Glaser in keinem der drei Wahlgänge die jeweils erforderliche Mehrheit.[13] Nach der Ablehnung eines vierten Wahlgangs für Glaser durch den Ältestenrat erklärte Gauland am Rande der Wahl der Bundeskanzlerin, auf die Aufstellung eines konsensfähigen Kandidaten zu verzichten, da „die anderen Abgeordneten der AfD keine andere Meinung über den Islam hätten als Glaser“.[14] Nach Glaser wurden drei weitere AfD-Kandidaten für das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten nicht gewählt, zuletzt Paul Podolay im September 2019.[15]
Am 12. September 2018 verließ die AfD bei einer Rede des SPD-Politikers Johannes Kahrs zum Bundeshaushalt 2019 als Fraktion geschlossen den Plenarsaal. Grund dafür war die Äußerung Kahrs, dass man „von Rechtsradikalen keine Lösungen erwarten“ könne, was für großen Unmut innerhalb der AfD gesorgt hatte. Eine Forderung des Bundestagsvizepräsident Hans-Peter Friedrich sich zu setzen, ignorierten die Abgeordneten.[16]
Am 11. Oktober 2018 brachte die AfD-Fraktion einen Antrag ein, in welchem die Bundesregierung aufgefordert werden sollte, „geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die Verbreitung von im Koran enthaltenen gesetzwidrigen Inhalten und Aufrufen zu unterbinden“. Der Antrag wurde von den anderen Fraktionen in einer anderthalbstündigen Debatte entschieden zurückgewiesen. Am 17. Dezember 2018 trat der Abgeordnete Uwe Kamann mit der Begründung „unterschiedliche(r) Auffassungen über politische und fachpolitische Ausrichtungen“ aus Partei und Fraktion aus.[17][18]
Von November 2019 bis zum Ende der Legislaturperiode stellte die AfD die Vorsitzenden in zwei Bundestagsausschüssen. Den Haushaltsausschuss leitete Peter Boehringer und den Tourismusausschuss Sebastian Münzenmaier.[19] Zudem leitete zeitweise Stephan Brandner den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. Er wurde von allen anderen Fraktionen aufgrund mehrerer umstrittener Äußerungen abgewählt, die von diesen Fraktionen als antisemitisch eingestuft wurden.[20]
Am 18. Dezember 2019 trat der Abgeordnete Lars Herrmann aus der AfD und auch der Fraktion im Bundestag aus. Als Grund gab er an, dass er wegen Kritik am thüringischen AfD-Vorsitzenden und Flügel-Chef Björn Höcke aus der Landesgruppe Sachsen im Bundestag ausgeschlossen worden war, ohne angehört worden zu sein.[21] Herrmann ist damit der vierte AfD-Abgeordnete, der die Fraktion vor Ende der Legislaturperiode verließ.
Am 27. Januar 2020 erklärte auch Verena Hartmann ihren Austritt aus Partei und Fraktion, womit sich die Zahl der Fraktionsmitglieder auf 89 Mitglieder reduzierte.[22][23]
Mit Frank Pasemann verlor die Fraktion am 15. November 2020 ihr sechstes Mitglied seit der Bundestagswahl 2017. Pasemann war aufgrund der Nichtzahlung der Mandatsträgerabgabe, parteischädigenden Verhaltens und Antisemitismus aus der Partei ausgeschlossen worden und stellte auch keinen Antrag auf Aufnahme in die AfD-Fraktion als Parteiloser. Dieser Fraktionsaustritt wurde der Bundestagsverwaltung erst mit einem Monat Verzögerung am 14. Dezember 2020 mitgeteilt.[24] Infolge der Fraktionsschrumpfung verlor die Fraktion einen von fünf Sitzen im Verteidigungsausschuss an die CDU-Fraktion.[25]
Im Juni 2021 verlor die Bundestagsfraktion der AfD zwei weitere Abgeordnete. Es handelte dabei um den Schleswig-Holsteiner Bruno Hollnagel sowie um den aus Sachsen stammenden Heiko Hessenkemper.[26]
Seit der 12. Wahlperiode, der ersten nach der Wiedervereinigung, hat bisher keine Partei in so kurzer Zeit so viele Fraktionsmitglieder des Bundestages verloren. In sieben Wahlperioden hatten bisher SPD und FDP jeweils fünf Fraktionsmitglieder verloren. Entweder durch Übertritt in eine andere Fraktion, oder den Schritt in die Fraktionslosigkeit.[27]
Durch die Fraktionsaustritte verlor die AfD Anteile an der Redezeit in den Bundestagsdebatten.[28] Die Redezeit richtet sich nach der Größe der Fraktionen (siehe Berliner Stunde).
Im Mai 2022 wurde öffentlich, dass der mit „Quasselgruppe“ bezeichnete, fraktionsinterne WhatsApp-Chat geleakt worden war. Es gilt als wahrscheinlich, dass ein Mitglied der AfD-Fraktion 2017–2021 den gesamten Chatverlauf mit über 40.000 Posts an Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des norddeutschen und westdeutschen Rundfunks weitergeleitet hat. Nach Informationen der beiden Rundfunkhäuser hatten sich 76 der 92 AfD-Bundestagsabgeordneten, die 2017 ins Bundesparlament eingezogen waren, am Chat beteiligt. Die Beiträge, die inzwischen für eine Fernsehdokumentation ausgewertet wurden, wurden AfD-interne Diskussionen zu besonderen politischen Ereignissen kommentiert. Dazu gehörten unter anderem die thüringische Regierungskrise im Zusammenhang des FDP-Abgeordneten Thomas Kemmerich, der sich mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen, die US-Wahl, die Corona-Pandemie, sowie die Querdenker-Demonstrationen, die Verbrechen mit rechtsextremistischem Hintergrund und das Verhältnis zu Russland. Darüber hinaus offenbarten die Chatverläufe die Umgangsformen der Fraktionsmitglieder, sowohl mit dem politischen Gegner als auch mit den eigenen Parteimitgliedern. So schrieb zum Beispiel der nach der Bundestagswahl 2021 ausgeschiedene bayerische Abgeordnete Hansjörg Müller: „Ich habe noch nie so eine hinterfotzige, illoyale Ansammlung an menschlichen Wesen gesehen, wie im zweiten Teil der Legislatur. Es hat mich nur noch angekotzt.“ Auf einen Mitte Mai gestellten Antrag Joana Cotars, Mitglied der AfD-Fraktion 2021–2025, wurde innerhalb der Fraktion mehrheitlich beschlossen, die „Quasselgruppe“ zu löschen.[29]
20. Deutscher Bundestag (2021–2025)
Die AfD erhielt bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 10,3 % der Stimmen und 83 Sitze im 20. Deutschen Bundestag (bei der Bundestagswahl 2017 hatte sie 94 Sitze erhalten).[30] Auf der ersten Bundespressekonferenz nach der Wahl lobten die Spitzenkandidaten Alice Weidel und Tino Chrupalla das Wahlergebnis der AfD, wohingegen der damals noch amtierende ehemalige Bundessprecher Jörg Meuthen dafür plädierte, das Ergebnis mit einem Verlust von 2,3 Prozentpunkten nicht schönzureden.[31]
Am 29. September 2021 wurden Co-Bundessprecher Chrupalla und Alice Weidel, die zuvor auch als Spitzenduo der AfD zur Bundestagswahl angetreten waren, als neue Fraktionsvorsitzende gewählt. Als Stellvertreter wählte die AfD-Fraktion erneut Leif-Erik Holm, Beatrix von Storch, und Sebastian Münzenmaier; Norbert Kleinwächter und Corinna Miazga wurden erstmals als Stellvertreter gewählt. Alexander Gauland verblieb als Ehrenvorsitzender. Das Amt des Ersten Parlamentarischen Geschäftsführers erhielt erneut Bernd Baumann. Weitere Geschäftsführer wurden Stephan Brandner, Götz Frömming und Enrico Komning.[32]
Während der ersten Sitzung der neuen AfD-Fraktion am 27. September 2021 kam es intern durch den Einzug des Abgeordneten Matthias Helferich zu kontroversen Diskussionen, weil dieser in der Vergangenheit mehrfach mit radikal rechtsextremistischen Positionen und Äußerungen mit Anspielungen auf den Nationalsozialismus aufgefallen war. Parallel dazu erhielten alle Bundestagsabgeordneten eine anonyme Mail mit einer Warnung vor dem Einzug Helferichs in den Bundestag. So hieß es unter anderem: „Aus Reihen der AfD wird mindestens eine Person, die man zurecht als Nazi bezeichnen kann – nein, als Nazi bezeichnen muss – in den Bundestag […] einziehen.“[33] Während der Debatte um seinen Verbleib in der AfD-Fraktion verließ Helferich die Sitzung vorzeitig und erklärte später, der AfD-Fraktion im Bundestag nicht anzugehören; er wolle einen Antrag auf ein Gastmandat stellen. Dieses wurde später aber nicht genehmigt.[34]
Eine Woche vor dem ersten Zusammentreten des 20. Bundestags nominierte die Fraktion den Abgeordneten Michael Kaufmann für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten.[35]
Bei der ersten konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags, am 26. Oktober 2021, verweigerten insgesamt 22 AfD-Abgeordnete die neu eingeführte 3G-Regel im Bundestag, die den Zutritt in den Plenarsaal und die Räumlichkeiten des Bundestags nur anhand eines Nachweises über eine Impfung, Genesung oder einen negativen Corona-Test ermöglichte. Die Abgeordneten mussten durch die Verweigerung der 3G-Regel auf den Zuschauertribünen des Plenarsaals Platz nehmen und an den Abstimmungen, nicht wie üblich elektronisch, sondern schriftlich teilnehmen.[36] Wie auch schon zuvor in der ersten Sitzung der letzten Legislaturperiode beantragte die AfD die Änderung der Geschäftsordnung in Bezug darauf, dass nicht der Dienstälteste, sondern der älteste Bundestagsabgeordnete die Sitzung eröffnet, wobei diese Aufgabe Alexander Gauland mit einem Alter von 80 Jahren zuteilgeworden wäre. Der Antrag wurde von den übrigen Fraktionen per Abstimmung abgelehnt.[37] Während der Wahl des Bundestagsvizepräsidenten erreichte der aufgestellte Kandidat Michael Kaufmann mit insgesamt 118 Ja-Stimmen gegenüber den Nein-Stimmen des restlichen Plenums nicht die erforderliche Mehrheit, woraufhin die AfD-Fraktion die Sitzung auf Antrag kurzzeitig unterbrechen ließ.[38] Der Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla konnte an der konstituierenden Sitzung nicht teilnehmen, weil er einige Tage zuvor positiv auf COVID-19 getestet worden war.[39]
Am 9. Dezember ließ die Fraktion ihren Kandidaten Michael Kaufmann in einem weiteren Wahlgang erneut für den Posten des Bundestagsvizepräsidenten antreten. Kaufmann erhielt 94 Ja-Stimmen und verfehlte damit bei weitem die erforderliche Mehrheit des Plenums.[40]
Ende Dezember 2021 kündigten Uwe Witt und Johannes Huber jeweils ihren Austritt aus Partei und Fraktion an.[41] Somit schrumpfte die AfD-Bundestagsfraktion auf eine Anzahl von 80 Sitzen.
Mitte Mai 2022 wurde bekannt, dass Journalisten von NDR und WDR die gesamte interne Kommunikation der Fraktionsmitglieder in einer WhatsApp-Gruppe (~40.000 Posts) haben; offenbar hatte ein Mitglied der intern „Quasselgruppe“ genannten Whatsapp-Gruppe sie durchgestochen. Mindestens 76 von insgesamt 92 AfD-Bundestagsabgeordneten, die 2017 in den Bundestag einzogen, schrieben darin mit.[29][42]
Anfang September verkündete Robert Farle, direkt gewählter Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt, seinen Austritt aus der Fraktion.[43] Somit verkleinerte sich die AfD-Bundestagsfraktion auf nunmehr 79 Sitze.
Rezeption
Nach Recherchen von u. a. Kai Biermann und Astrid Geisler sind unter den 297 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der AfD-Abgeordneten und der AfD-Fraktion mindestens 27 Aktivisten und Anhänger rechtsextremer Organisationen. 18 Bundestagsabgeordnete der AfD beschäftigen Mitarbeiter aus diesem Milieu, darunter Anhänger der NPD und der neonazistischen, verbotenen Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ), Aktivisten der Identitären Bewegung und der rechtsradikalen Gruppe Ein Prozent für unser Land, extrem rechte Burschenschafter und neurechte Ideologen. René Springer beschäftigt beispielsweise den im Frühjahr 2017 als Mitarbeiter der Landtagsfraktion der AfD Brandenburg entlassenen Jean-Pascal Hohm,[44] gemäß Olaf Sundermeyer einer „der aktivsten Identitären überhaupt“.[45] Der Fraktionsvorsitzende Gauland beschäftigte bis Januar 2018 einen Ex-Kader der verbotenen HDJ, der zuvor bereits mindestens seit Anfang 2015 für die brandenburgische AfD-Landtagsfraktion tätig gewesen war.[46]
Ein Mitarbeiter von Petr Bystron, Eric Weber, war zuvor Mitarbeiter eines Landtagsabgeordneten der NPD Sachsen und Autor der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme. Seit September 2018 wird Manuel Ochsenreiter, Chefredakteur der rechtsextremen Zeitschrift Zuerst!, vom AfD-Abgeordneten Markus Frohnmaier im Bundestag beschäftigt.[47] Auf Nachfrage bestätigte die Bundestagspolizei, dass einem weiteren Mitarbeiter der AfD-Fraktion „nach dem Ergebnis der Zuverlässigkeitsüberprüfung“ gemäß Hausordnung kein Zugangsausweis ausgestellt wurde. Dieser hätte ihm freien Zutritt zu den Gebäuden ohne individuelle Sicherheitskontrolle, der Besucher oder auch akkreditierte Journalisten an den Eingängen unterzogen werden, ermöglicht.[44]
Auch eine von der Otto-Brenner-Stiftung unterstützte Recherche der taz gemeinsam mit apabiz sowie der Zeitschrift Der Rechte Rand zu Verbindungen von mehr als 350 Fraktions- und Abgeordnetenmitarbeitern zeigte, dass es keine Frage von Einzelfällen sei, dass die AfD auch Angehörige und Sympathisanten rechtsextremer Gruppen in den Bundestag hole. Hiernach gäbe es aus 23 der 92 Abgeordnetenbüros Verbindungen zu extrem rechten Parteien, Think-Tanks, Medien, Burschenschaften oder anderen Organisationen.[48] Auch eigene Recherchen der Tageszeitung Die Welt ergaben, dass bei der AfD „bisweilen die Grenze zwischen Demokrat und Extremist“ verwische, „die Fraktion mit ihren Abgeordneten deutlich weiter rechts“ stehe, „als viele zunächst vermutet“ hätten.[49]
Die AfD-Fraktion kam bei 66 namentlichen Abstimmungen im Zeitraum von Oktober 2018 bis Juni 2019 auf eine Fehlquote von 13,57 Prozent. AfD-Abgeordnete fehlten im Schnitt aller Bundestagsmitglieder bei diesen 66 Abstimmungen am häufigsten; der Durchschnitt lag nach Analyse des Politikmagazins Kontraste bei 10,73 Prozent.[50][51] Die Fraktionsvorsitzende Weidel kommentierte auf Nachfrage, „die anderen [seien] … doch deutlich höher abwesend“.[50]
Eine Recherche der Welt am Sonntag ergab, dass gegen fast jeden zehnten AfD-Abgeordneten strafrechtliche Ermittlungen oder Verurteilungen vorliegen. Diese Quote ist mehr als doppelt so hoch wie bei allen anderen Parteien. Unter den Straftaten sind unter anderem „Betrug, Untreue, Meineid, Steuerhinterziehung, sexuelle Nötigung und Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung bis zu Volksverhetzung“. Ebenso ist die AfD Spitzenreiter bei der Anzahl an Abgeordneten, deren parlamentarische Immunität für Strafverfahren aufgehoben wurde.[52]
Aufhebung der Immunität Gaulands
Mit Beschluss des Bundestages wurde die Immunität Alexander Gaulands als Bundestagsabgeordneter am 30. Januar 2020 aufgehoben. Die Mehrzahl der AfD-Abgeordneten enthielt sich der Stimme. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte eine Aufhebung beantragt, um in einem Strafverfahren ermitteln zu können. Gauland steht laut der Oberstaatsanwältin Nadja Niesen im Verdacht einer Steuerhinterziehung im fünfstelligen Bereich. Seine Wohnung in der Berliner Vorstadt in Potsdam wurde am Vormittag von den Ermittlungsbehörden durchsucht. Die Durchsuchungen betrafen allein die Meldeanschrift des Verdächtigen. Bundestagsbüros wurden nicht durchsucht.[53][54] Ein AfD-Fraktionssprecher sagte der AFP, in den Ermittlungen gehe es „um ein altes Verfahren aus dem vorletzten Jahr“. Die Fraktion wolle dazu ausführlicher Stellung nehmen.[55]
Einladung von Verschwörungstheoretikern durch einzelne AfD-Abgeordnete
Am 18. November 2020 befanden sich auf Einladung durch einzelne AfD-Fraktionsmitglieder Verschwörungstheoretiker im Deutschen Bundestag, welche unter anderem den Bundesminister für Wirtschaft und Energie (Peter Altmaier) sowie einige andere Abgeordnete bedrängten, verfolgten und beschimpften. Zudem drangen diese Personen in die Abgeordnetenbüros von einzelnen Mitgliedern des Deutschen Bundestages ein. Abgeordnete der Fraktionen der FDP, CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie der Die Linke drückten ihr Entsetzen sowie ihr Unverständnis im Blick auf den Vorfall aus. Die Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion gestanden den Vorfall ein und kündigten eine Untersuchung an. Der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki kündigte strafrechtliche Konsequenzen an.[56][57][58]
Am 14. Januar 2021 bekamen zwei der rechten Störenden Hausverbot erteilt, unter welchen sich die ehemalige Bundestagsabgeordnete Angelika Barbe befinden soll.[59][60]
Fraktionsvorstand
Dauer | Sprecher/Vorsitzende |
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2017–2021 | Alexander Gauland und Alice Weidel |
seit 2021 | Tino Chrupalla und Alice Weidel |
Name | Landesverband |
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Norbert Kleinwächter | Brandenburg |
Leif-Erik Holm | Mecklenburg-Vorpommern |
Sebastian Münzenmaier | Rheinland-Pfalz |
Beatrix von Storch | Berlin |
Corinna Miazga | Bayern |
Name | Landesverband | Bemerkungen |
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Bernd Baumann | Hamburg | Erster Parlamentarischer Geschäftsführer |
Stephan Brandner | Thüringen | Zweiter Parlamentarischer Geschäftsführer |
Götz Frömming | Berlin | Dritter Parlamentarischer Geschäftsführer |
Enrico Komning | Mecklenburg-Vorpommern | Vierter Parlamentarischer Geschäftsführer |
Landesgruppen
Innerhalb der AfD-Bundestagsfraktion schließen sich die Abgeordneten der Länder in Landesgruppen zusammen. Die Landesgruppen wählen bei mehreren Mitgliedern jeweils einen Sprecher.[61]
Name der Landesgruppe | MitgliederAnm. 1 | Landesgruppensprecher(in) |
---|---|---|
Baden-Württemberg | vakant | |
Bayern | Rainer Kraft | |
Berlin | vakant | |
Brandenburg | Steffen Kotré | |
Bremen | keine Abgeordneten | |
Hamburg | vakant | |
Hessen | vakant | |
Mecklenburg-Vorpommern | vakant | |
Niedersachsen | Dietmar Friedhoff | |
Nordrhein-Westfalen | vakant[63][64] | |
Rheinland-Pfalz/Saarland | vakant | |
Sachsen | vakant | |
Sachsen-Anhalt | vakant | |
Schleswig-Holstein | vakant | |
Thüringen | vakant |
Siehe auch
- Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (19. Wahlperiode)
- Liste der Mitglieder des Deutschen Bundestages (20. Wahlperiode)
Weblinks
- afdbundestag.de – Website
- Die 453 Verbindungen der AfD-Fraktion Mitarbeiter und Abgeordnete, Mitgliedschaften, Beschäftigungen, Umfeld auf www.taz.de
- Kai Biermann, Astrid Geisler, Christina Holzinger, Paul Middelhoff, Karsten Polke-Majewski und Tilman Steffen (24. Oktober 2017): AfD-Fraktion: Rechts bis extrem im Bundestag. In: ZEIT Online. Ein Übersichtsartikel, der die Abgeordneten der Bundespartei der 19. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag (2017–2021) vorstellt sowie die damit verbundenen Strömungen innerhalb der AfD abbildet. Abgerufen am 5. April 2019.
Einzelnachweise
- ↑ AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag: Startseite. Abgerufen am 27. März 2019.
- ↑ Deutscher Bundestag - AfD-Fraktion. Abgerufen am 27. März 2019.
- ↑ Zeit.de: Weitere Bundestagsabgeordnete treten aus AfD aus. Zeit Online, 30. Juni 2021; abgerufen am 25. Juli 2021.
- ↑ Verzicht auf Fraktionsmitgliedschaft: AfD-Chefin Petry sorgt für Eklat. In: Spiegel Online. 25. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
- ↑ Markus Kollberg: Da fehlt doch jemand! In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 26. September 2017, abgerufen am 30. September 2017.
- ↑ Gauland und Weidel als AfD-Fraktionsvorsitzende gewählt. In: WeltN24. 26. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
- ↑ AfD-Fraktion vergibt Posten. In: Handelsblatt. 27. September 2017, abgerufen am 30. September 2017.
- ↑ Mario Mieruch verlässt AfD-Fraktion im Bundestag. In: tagesschau.de. 4. Oktober 2017, abgerufen am 4. Oktober 2017.
- ↑ AfD-Gründungsmitglied-folgt Frauke-Petry und tritt aus der Fraktion aus. In: Focus Online. 4. Oktober 2017, abgerufen am 4. Oktober 2017.
- ↑ Beatrix von Storch wird Vizevorsitzende der AfD-Fraktion. In: Rheinische Post. 5. Oktober 2017, abgerufen am 22. März 2018.
- ↑ Ex-Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung: AfD bestimmt Hans-Joachim Berg zum Fraktionsgeschäftsführer. In: Handelsblatt. 18. Oktober 2017, abgerufen am 18. Oktober 2017.
- ↑ Warum die anderen Parteien Glaser nicht wählen wollen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zeit Online. 23. Oktober 2017, archiviert vom Original am 23. Oktober 2017; abgerufen am 23. Oktober 2017.
- ↑ AfD-Kandidat Glaser fällt auch im dritten Wahlgang durch. In: Spiegel Online. 24. Oktober 2017, abgerufen am 22. März 2018.
- ↑ Markus Wehner: Gauland: Alle AfD-Abgeordneten denken wie Glaser. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. März 2018.
- ↑ Auch AfD-Kandidat Podolay scheitert tagesschau.de, abgerufen am 26. September 2019
- ↑ AfD verlässt nach Kahrs-Beleidigung den Bundestag. 12. September 2018, abgerufen am 30. Mai 2020.
- ↑ AfD will Landeschefin Sayn-Wittgenstein rauswerfen. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Dezember 2018, abgerufen am 19. August 2020.
- ↑ Aachener Bundestagsabgeordneter Uwe Kamann verlässt die AfD. In: Aachener Nachrichten. 17. Dezember 2018, abgerufen am 1. Januar 2019.
- ↑ AfD leitet im Bundestag drei Ausschüsse. In: Focus online. 31. Januar 2018, abgerufen am 31. Januar 2018.
- ↑ Abwahl von AfD-Politiker. 13. November 2019, abgerufen am 16. November 2019.
- ↑ Tilman Steffen: Sachsen: „Das ist nicht das, was ich mir unter AfD-Politik vorstelle“. In: Die Zeit. 18. Dezember 2019, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 18. Dezember 2019]).
- ↑ AfD-Fraktion verliert weitere Abgeordnete. In: tagesschau.de. 27. Januar 2020.
- ↑ Maria Fiedler: Das Aussteigerprogramm. Warum die AfD-Fraktion noch weiter bröckeln könnte. In: tagesschau.de. 5. Februar 2020.
- ↑ Markus Balser, Boris Herrmann: Zoff um eine Karteileiche. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 15. Dezember 2020, abgerufen am 16. Dezember 2020.
- ↑ Severin Weiland, Ann-Katrin Müller: AfD-Fraktion schrumpft auf 88 Sitze und verliert Ausschusssitz. In: Der Spiegel. 15. Dezember 2020, abgerufen am 15. Dezember 2020.
- ↑ Weitere Bundestagsabgeordnete treten aus AfD aus. zeit.de, 30. Juni 2021; abgerufen am 25. Juli 2021.
- ↑ Berechnet nach Unterlagen des Bundestages „Fraktionsstärke und Fraktionswechsel“, Stand: 28. Januar 2020.
- ↑ AfD verliert durch Austritt Redezeit im Bundestag, 28. Januar 2020, ts Nachrichtenagentur
- ↑ a b Tilmann Steffen: AfD-Chat. Gesamter WhatsApp-Chat der AfD-Bundestagsfraktion geleakt. Zeit Online, 20. Mai 2022; abgerufen am 20. Mai 2022.
- ↑ Ergebnisse Deutschland – Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 6. Oktober 2021.
- ↑ Verluste in drei Wahlen: Bewertung der Ergebnisse zeigt den Richtungskampf in der AfD. In: Der Spiegel. 27. September 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 6. Oktober 2021]).
- ↑ Dan Nichifor: Fraktion im Bundestag. Abgerufen am 6. Oktober 2021.
- ↑ Bundestagsabgeordnete erhalten Warnung vor AfD-Mann Helferich. WDR, 30. September 2021, abgerufen am 6. Oktober 2021.
- ↑ Markus Wehner: Erste Sitzung der Fraktion: Der AfD zu rechts? In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 6. Oktober 2021]).
- ↑ Mike Wilms: AfD nominiert Michael Kaufmann für Amt des Bundestagsvizepräsidenten. In: Berliner Zeitung. 19. Oktober 2021, abgerufen am 20. Oktober 2021.
- ↑ Bundestag: Nur AfD-Abgeordnete verweigern 3G-Regel. In: tagesschau.de. 26. Oktober 2021, abgerufen am 26. Oktober 2021.
- ↑ Bundestag – AfD scheitert mit Versuch, Gauland als Alterspräsident durchzusetzen. Deutschlandfunk, abgerufen am 26. Oktober 2021.
- ↑ Bundestag wählt fünf Vize – AfD-Kandidat fällt durch. In: t-online. 26. Oktober 2021, abgerufen am 26. Oktober 2021.
- ↑ AfD-Fraktionschef mit Corona infiziert. In: Der Tagesspiegel Online. 22. Oktober 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 26. Oktober 2021]).
- ↑ Bundestagsvizepräsidenten: AfD-Politiker Kaufmann fällt bei Wahl abermals durch. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 9. Dezember 2021]).
- ↑ Reaktion auf „Grenzüberschreitungen“ – AfD-Bundestagsabgeordneter tritt aus Partei und Fraktion aus. In: focus.de. Focus Online, 30. Dezember 2021, abgerufen am 30. Dezember 2021.
- ↑ siehe auch www.daserste.de: AfD-Leaks: Die geheimen Chats der Bundestagsfraktion. daserste.de; Erstausstrahlung am 23. Mai 2022, 22:50 Uhr.
- ↑ Tilman Steffen: AfD: Robert Farle verlässt AfD-Bundestagsfraktion. In: Die Zeit. 9. September 2022, abgerufen am 9. September 2022.
- ↑ a b Kai Biermann, Astrid Geisler, Johannes Radke, Tilman Steffen: AfD-Abgeordnete beschäftigen Rechtsextreme und Verfassungsfeinde. In: Zeit online. 21. März 2018.
- ↑ Olaf Sundermeyer, Jan Wiese: Die Identitären: Kreative Sturmtruppe der AfD. (Memento vom 4. September 2017 im Internet Archive) In: RBB. 16. Juni 2017.
- ↑ Alexander Fröhlich: Gaulands Nazi-Schatten. (Memento vom 23. März 2018 im Internet Archive) In: Der Tagesspiegel. 19. März 2018.
- ↑ Frankfurter Rundschau: AfD: Referent vom rechten Rand. In: Frankfurter Rundschau. (fr.de [abgerufen am 24. Oktober 2018]).
- ↑ Malene Gürgen, Christian Jakob, Sabine am Orde: 300 rechte Helfer im Bundestag. In: taz. 13. April 2018.
- ↑ Alexej Hock: Radikale Einflüsterer. In: Die Welt. 21. März 2018.
- ↑ a b AfD-Abgeordnete fehlen am häufigsten tagesschau.de vom 26. September 2019, abgerufen am 27. September 2019
- ↑ Augsburger Allgemeine: AfD-Abgeordnete fehlen am häufigsten bei Abstimmungen im Bundestag. Abgerufen am 26. September 2019.
- ↑ Uwe Müller: Fast jeder zehnte AfD-Abgeordnete hat Ärger mit dem Gesetz. 6. Mai 2018, abgerufen am 6. November 2019.
- ↑ Alexander Gauland unter Verdacht Immunität aufgehoben – Hausdurchsuchung in Potsdam, Der Tagesspiegel, 30. Januar 2020 13:00 Uhr
- ↑ Deutscher Bundestag Drucksache 19/16921 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung 30. Januar 2020
- ↑ Bundestag hebt Immunität von AfD-Fraktionschef Gauland auf Deutsche Welle 30. Januar 2020
- ↑ Störaktion im Bundestag: AfD bedauert Verhalten. Abgerufen am 19. November 2020.
- ↑ Süddeutsche Zeitung: Bundestag: Hat AfD Störer eingeschleust? Ältestenrat prüft Vorwurf. Abgerufen am 19. November 2020.
- ↑ tagesschau.de: Beschimpfungen von Abgeordneten: Gäste-Vorfälle haben ein Nachspiel. Abgerufen am 19. November 2020.
- ↑ tagesschau.de: Nach Eklat im Bundestag: Hausverbot für zwei AfD-Gäste. Abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ n-tv NACHRICHTEN: Gäste der AfD-Fraktion erhalten Hausverbot. Abgerufen am 14. Januar 2021.
- ↑ a b Fraktion im Bundestag - Alternative für Deutschland. Abgerufen am 16. Januar 2018.
- ↑ Dan Nichifor: Fraktion im Bundestag. Abgerufen am 13. Oktober 2021 (deutsch).
- ↑ Aachener Bundestagsabgeordneter Uwe Kamann verlässt die AfD, auf aachener-zeitung.de.
- ↑ Statement AfD-Landesgruppe NRW zum Fraktionsaustritt von Dr. Frauke Petry | AfD NRW. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 27. September 2017; abgerufen am 16. Januar 2018.