Trüstedt (Gardelegen)

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Trüstedt
Hansestadt Gardelegen
Koordinaten: 52° 33′ 29″ N, 11° 29′ 51″ O
Höhe: 74 m ü. NHN
Fläche: 8,95 km²[1]
Einwohner: 91 (31. Dez. 2021)[2]
Bevölkerungsdichte: 10 Einwohner/km²
Eingemeindung: 15. April 1973
Eingemeindet nach: Jävenitz
Postleitzahl: 39638
Vorwahl: 039086
Trüstedt (Sachsen-Anhalt)

Lage von Trüstedt in Sachsen-Anhalt

Dorfkirche Trüstedt

Trüstedt ist ein Ortsteil der Hansestadt Gardelegen im Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt, Deutschland.

Geografie

Trüstedt, ein Straßendorf mit Kirche,[1] liegt acht Kilometer nordöstlich von Gardelegen in der Altmark.[3]

Geschichte

Siegelmarke der Gemeinde Trüstedt

Im Jahre 1382 wird das Dorf Trüstedt erstmals als Trustede erwähnt, als Gerhard und Gerhard von Wedderden zu Calvörde das Dorf dem Kloster Neuendorf verkaufen.[4] Ein Heyne Tristeden, Bürger in Gardelegen, wird im Jahre 1413 erwähnt. Die Bürgerfamilie wird bis 1520 mehrfach erwähnt.[5]

Nach der Säkularisation des Klosters Neuendorf wurde auf der wüsten Feldmark, wahrscheinlich auf oder dicht bei der alten Dorfstelle, ein Domänenvorwerk angelegt.[5] Das Vorwerk bestand wohl schon zur Klosterzeit und zur Zeit der Administration vor 1559. Im Inventar des Neuendorfer Klosterhofs und des Vorwerks Trüstedt von 1559 im Geheimem Staatsarchiv werden bei Trüstedt etliche alte und „böse“ Geräte genannt.[6] Im Jahr 1573 wird der Ort Trustedt genannt.[1]

An der Stelle des Vorwerks ließ König Friedrich I. im Jahre 1702 15 französische Hugenottenfamilien ansiedeln. Es wurde eine Kolonie gegründet und die zerstörte Dorfkirche wieder aufgebaut und 1708 durch den Hofprediger Jablonski als reformierte Kirche eingeweiht.[7] Im amtlichen Nachweis von 1703 über die Erbpacht im Amt Neuendorf werden bei Trüstedt 12 Franzosen namentlich aufgeführt, beispielsweise Henri und Antoin Vierne. Sie gaben jeder 68 Reichstaler Erbpachtgeld.[1][8] Im Jahre 1749 wurde die Gemeinde durch vier reformierte Familien aus der Pfalz vergrößert. Die französischen Familien verließen die Kolonie nach und nach wieder, da sie trotz der Unterstützung kein Auskommen fanden. Sie gingen nach Neuhaldensleben und Magdeburg.[9]

Im Jahre 1959 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft vom Typ III, die LPG „Klement Gottwald“. Sie wurde 1976 an die LPG Tierproduktion Jävenitz angeschlossen.[1]

Sadenbeck

Etwa 1½ Kilometer südwestlich von Trüstedt lag der Wohnplatz Sadenbeck.[10] Er wurde im 19. Jahrhundert als Vorwerk auf der wüsten Feldmark des gleichnamigen Dorfes angelegt.[11] Im Jahr 1895 und 1905 gab es in Sadenbeck nur ein Wohnhaus. Der Ort gehörte noch 1931 zur Gemeinde Trüstedt und wurde 1232 erstmalig erwähnt.[12][13][14]

Eingemeindungen

Am 15. April 1973 wurde die Gemeinde Trüstedt zusammen mit ihrem Wohnplatz Jäskau aus dem Kreis Gardelegen in die Gemeinde Jävenitz eingemeindet.[15] Seit der Eingemeindung von Jävenitz in Gardelegen am 1. Januar 2011 gehört der Ortsteil Trüstedt nun zur Hansestadt Gardelegen.[16]

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner
1772 096
1790 162
1798 182
1801 181
1818 174
1840 235
Jahr Einwohner
1864 252
1871 253
1885 225
1892 [00]246[17]
1895 238
1900 [00]251[17]
Jahr Einwohner
1905 224
1910 [00]252[17]
1925 261
1939 232
1946 384
1964 245
Jahr Einwohner
1971 249
2012 [00]115[18]
2017 108
2021 [0]091[2]

Quelle, wenn nicht angegeben bis 1971:[1]

Religion

Die evangelische Kirchengemeinde Trüstedt, die früher zur Pfarrei Trüstedt gehörte,[19] kam Jahre 2000 zum neu gebildeten Kirchspiel Kloster Neuendorf,[1] das heute betreut wird vom Pfarrbereich Kloster Neuendorf im Kirchenkreis Salzwedel im Propstsprengel Stendal-Magdeburg der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.[20] Bis 1998 hatte die Kirchengemeinde zum Kirchenkreis Gardelegen gehört.

Im Jahre 1702 war in Trüstedt eine Predigerstelle geschaffen worden. Die Kirche wurde erst 1707 wiederhergestellt. Die Konfession war anfangs französisch-reformiert, später deutsch-reformiert, ab 1827 uniert.[21] Die ersten beiden reformierten Prediger waren Jean de Poutel (1702 bis 1706) und Didachius Holzhalb (1706 bis 1739),[7] auch Didacus Halbholz genannt. Er stammte aus Zürich.[22] Die historischen Überlieferungen in Kirchenbüchern für Trüstedt beginnen im Jahre 1707.[23]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

  • Die evangelische Dorfkirche Trüstedt ist eine schlichter Feldsteinbau ohne Turm. Sie wurde 1707 wiederhergestellt. Neben der Kirche steht ein Glockenträger mit einer Glocke von Gustav Collier aus Zehlendorf.[24]
  • Der Friedhof des Dorfes befindet sich auf dem Kirchhof.

Sagen aus Trüstedt

Der Untergang des Dorfes Sadenbeck

1859 berichtete Johann Friedrich Danneil, dass das Dorf Sadenbeck der Sage nach durch einen Wolkenbruch zerstört wurde.[11]

Im Jahre 1908 wurde im Altmärkischen Sagenschatz eine vom Trüstedter Pastor Carl Friedrich Christian Theodor Heinzelmann[19] überlieferte Sage veröffentlicht. Heinzelmann schrieb: „Gegen Ende des 16. Jahrhunderts (1590-1600) soll nun das Dorf Sadenbeck, von dem ich als Knabe noch Trümmer am Neuendorf-Algenstedter Wege im Dorngebüsch habe liegen sehen, von einem schweren Wolkenbruch zerstört worden sein. Wenn man die Lokalitäten näher besichtigt, erscheint dies nicht unwahrscheinlich.“[25]

An einem heißen Sommertag war eine Mutter mit ihren zwei Kindern unterwegs, als ein schweres Gewitter mit sehr tief hängenden Wolken aufzog. Da sagte der sechsjährige Knabe zur Mutter: „Sieh, Mutter, dort liegt eine Stange; damit will ich einmal in die dicken Wolken hineinstechen.“ Kaum war der Knabe mit seiner Stange den Wolken nahegekommen, als sich eine ungeheure Wassermasse auf die drei Personen im Fuhrwerk und in das tief unten liegende Dorf ergoss und alle Gebäude hinwegriss. Das in der Wiege liegende Kind wurde von den Fluten erfasst und nach dem tiefer gelegenen Dorfe Hemstedt getrieben.[25]

Im Jahre 1994 erzählte Hanns H. F. Schmidt die Sage unter dem Titel „Die Stange in den Wolken“ in seinem Sagenbuch nach.[26]

Weiße Frau zeigt einen Schatz

Adalbert Kuhn und Wilhelm Schwartz überlieferten 1848 eine Sage über die Kirche von Sadenbeck. Zwischen Gardelegen und Lindstedt soll ehemals ein Dorf gelegen haben, von dem man noch Gemäuer und die Reste der Kirche sieht, unter denen ein großer Schatz liegen soll. Einem Hirt aus Trüstedt begegnete auf der Weide einer weißgekleideten Frau, die ihm sagte, dass er bestimmt sei, den Schatz zu heben und sie zu erlösen. Er müsse ihr nur folgen und den großen schwarzen Hund streicheln und küssen, der den Schatz bewacht. Das hat er aber nicht tun wollen.[27]

Bei Hanns H. F. Schmidt heißt die Sage „Begegnung mit der Geisterfrau“.[26]

Weblinks

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-3743-4, S. 2247–2249, doi:10.35998/9783830522355.
  2. a b Elke Weisbach: Es sind mehr gekommen, um zu bleiben. In: Gardelegener Volksstimme, Gardelegener Kreisanzeiger. 19. Januar 2022, DNB 1047268027, S. 15.
  3. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  4. Adolph Friedrich Riedel: Codex diplomaticus Brandenburgensis: Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellschriften. Haupttheil 1. Band 22. Berlin 1862, S. 8 (Digitalisat).
  5. a b Wilhelm Zahn: Die Wüstungen der Altmark. In: Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Band 43. Hendel, Halle a.S. 1909, S. 223–224, Nr. 230 (uni-jena.de).
  6. Lieselott Enders: Neue Details zur Wüstungsgeschichte der Altmark. In: Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte. 76. Jahresbericht, 2004, S. 28 (altmark-geschichte.de [PDF]).
  7. a b Gabriel Almer: Calvinista Aulico-Politicus. Konfession und Herrschaft in Brandenburg-Preußen (ca. 1660-1740). Freie Universität Berlin, Berlin 2016, S. 132–133 (Archiv-Objekt).
  8. David Bauke: Mittheilungen über die Stadt und den Landräthlichen Gardelegen. Stendal 1832, S. 293–294 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10012543~SZ%3D00305~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  9. J. A. F. Hermes, M. J. Weigelt: Historisch-geographisch-statistisch-topographisches Handbuch vom Regierungsbezirke Magdeburg. Topographischer Teil. Hrsg.: Verlag Heinrichshofen. Band 2, 1842, S. 415 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3DHB4_AAAAcAAJ%26pg%3DPA406~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  10. Messtischblatt 1825: Gardelegen. Reichsamt für Landesaufnahme, 1902, abgerufen am 19. März 2022.
  11. a b Johann Friedrich Danneil: Die Wüsten der Altmark. Fortsetzung. In: Jahresberichte des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte. 12. Jahresbericht, 1859, S. 75, 151. Sadenbeck (altmark-geschichte.de [PDF]).
  12. Peter P. Rohrlach: Historisches Ortslexikon für die Altmark (= Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil XII). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-3743-4, S. 1848–1849, doi:10.35998/9783830522355.
  13. Wilhelm Zahn: Die Wüstungen der Altmark. In: Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Band 43. Hendel, Halle a.S. 1909, S. 223–224, Nr. 202 Sadenbeck (uni-jena.de).
  14. Königlich Preußisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Gemeindelexikon für die Provinz Sachsen. Aufgrund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1905. 1909, DNB 365941735, S. 26–27, Nr. 8.85.
  15. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 358, 363.
  16. Hansestadt Gardelegen. Der Bürgermeister.: Hauptsatzung der Hansestadt Gardelegen. 27. August 2019, abgerufen am 1. März 2022.
  17. a b c Wilhelm Zahn: Heimatkunde der Altmark. Nach Hinterlassenschaften des Verfassers bearbeitet von Martin Ehlies. (Reprint 2018, SelbstVerlag Eugen & Constanze Gliege). 2. Auflage. Verlag Salzwedeler Wochenblatt, Graphische Anstalt, Salzwedel 1928, DNB 578458357, OCLC 614308966, S. 203.
  18. Einwohnerentwicklung 2012 in den Ortsteilen. In: Volksstimme Magdeburg. 1. Mai 2013 (volksstimme.de [abgerufen am 20. Februar 2022]).
  19. a b Pfarr-Almanach oder die evangelischen Geistlichen und Kirchen der Provinz Sachsen der Grafschaften Wernigerode, Rossla und Stolberg. 19. Jahrgang, 1903, ZDB-ID 551010-7, S. 63 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  20. Pfarrbereich Kloster Neuendorf. Abgerufen am 12. Mai 2018.
  21. Verein für Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen e. V. (Hrsg.): Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen (= Series Pastorum. Band 10). Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2009, ISBN 978-3-374-02142-0, S. 672.
  22. Johann Christoph Becmann, Bernhard Ludwig Beckmann: Historische Beschreibung der Chur und Mark Brandenburg. Hrsg.: Berlin. Band 2, 5. Teil, 1. Buch, 1753, S. 138 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10936702~SZ%3D00520~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  23. Ernst Machholz: Die Kirchenbücher der evangelischen Kirchen in der Provinz Sachsen. In: Mitteilungen der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte. 30. Heft, 1925, ZDB-ID 504809-6, S. 7 (genealogy.net [Volltext und Scan]).
  24. Thomas Hartwig: Alle Altmarkkirchen von A bis Z. Elbe-Havel-Verlag, Havelberg 2012, ISBN 978-3-9814039-5-4, S. 497.
  25. a b Pastor Heinzelmann: Altmärkischer Sagenschatz (= Lehrerverband der Altmark [Hrsg.]: Beiträge zur Volks- und Heimatkunde der Altmark. Band 2). Klinkhardt, 1908, ZDB-ID 1198714-5, S. 83–84, Untergang des Dorfes Sadenbeck bei Trüstedt.
  26. a b Hanns H. F. Schmidt: Das große Sagenbuch der Altmark. Teil 2 von K wie Kleinau bis Z wie Zichtau. dr. ziethen verlag, Oschersleben 1994, ISBN 3-928703-42-0, S. 243.
  27. Adalbert Kuhn, Wilhelm Schwartz: Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg, Pommern, der Mark, Sachsen, Thüringen, Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Westfalen. Leipzig 1848, S. 121, Nr. 138 Weuße Frau zeigt einen Schatz (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10020094~SZ%3D0169~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).