DKW RT 175

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
DKW
DKW RT 175, Bj. 1954, u. NSU Max (2015-09-12 3635 d).jpg
DKW RT 175 (Vergaserverkleidung abgenommen)
RT 175
Hersteller Auto Union
Produktionszeitraum 1954 bis 1958
Klasse Motorrad
Motordaten
Einzylinder-Zweitaktmotor
Hubraum (cm³) 174
Leistung (kW/PS) 7–7,1/9,5–9,6 bei 5000/min
Höchst­geschwindigkeit (km/h) ca. 100
Getriebe 4 Gänge
Antrieb Kettenantrieb
Bremsen Trommeln
Radstand (mm) 1280/1278/1278
Maße (L × B × H, mm): ca. 2000 × 660 × 950
Sitzhöhe (cm) 750/725/k. A.
Leergewicht (kg) 117/130/132

Die DKW RT 175 war ein Motorrad der Auto Union. Neben anderen Motorrädern der Marke DKW baute das Unternehmen zwischen 1953 und 1958 in Ingolstadt drei RT-Modelle mit 175 cm³, auf die die Typbezeichnung hindeutet.

Die Abkürzung RT in Verbindung mit dem Markennamen DKW steht für Reichstyp und verweist auf die Verwandtschaft mit den Vorkriegsmotorrädern DKW RT 100 und DKW RT 125. Nach dem Krieg wurden zunächst die RT 125, RT 200 und RT 250, dann zusätzlich die RT 175 und das Zweizylinder-Modell RT 350 hergestellt.

DKW RT 175

DKW RT 175 (1954), hier in der ersten Ausführung
DKW RT 175 VS (1957) mit dem in der Fachpresse „Stachelschwein“ genannten Zylinder

Im Herbst 1953 stellte die Auto Union die RT 175 auf der Internationalen Motorradausstellung in Frankfurt am Main vor, gemeinsam mit dem größeren Modell RT 250/2. Dank ihrer Robustheit, Wirtschaftlichkeit und guten Fahreigenschaften gehörte die RT 175 auf Anhieb zu den meistverkauften Maschinen; Mitte der 1950er-Jahre war jedes zweite Motorrad in der Klasse bis 175 cm³ eine DKW RT 175.

Technik

Der neu entwickelte Motor mit 174 cm³ hatte eine Höchstleistung von 9,5 PS (7 kW) bei 5000/min und ein maximales Drehmoment von 1,4 mkp (13,7 Nm) bei 3600/min. Charakteristisch für den Motor war der flache Drehmomentverlauf über einen großen Drehzahlbereich. Der Motor ist mit Kupplung und Vierganggetriebe in einem geschlossenen Block zusammengefasst.

Weitere Merkmale der DKW RT 175 waren der geschlossene Kettenkasten, Teleskopgabel und eine Geradwegfederung des Hinterrades sowie der verkleidete Vergaser; die Verkleidung war so gestaltet, dass sich auch eine Ansauggeräuschdämpfung ergab. Die Trommelbremsen haben einen Durchmesser von 150 mm. Hinten ist die Vollnabenbremse nur vorgetäuscht, denn die Hinterradbremse befindet sich noch seitlich im Kettenkasten. Serienmäßig hatte die RT 175 kein Bremslicht. Der Kraftstoffverbrauch betrug durchschnittlich 2,8 Liter auf 100 km. Die RT 175 beschleunigte in 4 Sekunden auf 40 km/h und in 13 Sekunden auf 75 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit gab der Hersteller mit 101 km/h liegend und 94 km/h sitzend an. Für den Anschluss eines Seitenwagens war die RT 175 nicht ausgelegt.

Die RT 175 ist ca. 2000 mm lang und etwa 660 mm breit. Sie hat einen 13-Liter-Tank, wovon 2,5 Liter Reserve sind. Das Leergewicht der RT 175 beträgt 117 kg. Der Motor ist ein Einzylinder-Zweitaktmotor mit DKW-Umkehrspülung, Flachbodenkolben und mit Mischungsschmierung (1 : 25). Mit 62 mm Bohrung und 58 mm Hub ist er ein sogenannter „Kurzhuber“. – Dieselben Zylinderabmessungen hat das seitenwagentaugliche Zweizylinder-Modell RT 350, das zwar bereits ab 1953 auf Messen gezeigt wurde, aber nur 1955/56 im Programm war.

Im Herbst 1954 erhielt die RT 175 vierfach geschlitzte Zylinderkühlrippen, um thermisch bedingte Probleme abzumildern, und eine neue Teleskopgabel mit nach oben verlegten Gummibälgen bzw. Staubschutzmanschetten, wie sie auch beim Nachfolgemodell noch verwendet wurde. Der Preis für die „Normalversion“ war 1.420,00 DM, für die „Chromversion“ 1.475,00 DM

Motorsport

Bei der DMV-Zweitagefahrt, einer Geländeprüfung am 27. und 28. März 1954, zu der 215 Fahrer gestartet waren und 41 Gold- sowie 43 Silberplaketten vergeben wurden, gewannen Gerhard Bodmer und Udo Feser, beide aus Ingolstadt, eine goldene und eine silberne, jeweils in großer Ausführung. F. Willem aus Hambach an der Weinstraße gewann die kleine Ausführung der Silberplakette. Alle drei fuhren eine DKW RT 175 mit Geradeweghinterradfederung. Die ADAC-Dreitagefahrt vom 21. bis 23. Juni 1954 beendete die Auto Union mit den Fahrern Bodmer, Feser und Finkenzeller auf der RT 175 als eine der zwei besten Fabrikmannschaften. Im Bericht über die Fahrt wurde die einfache Hinterradfederung der DKW als „ein kleines Wunder an Ansprechfähigkeit“ hervorgehoben. Bei der Internationalen Österreichischen Alpenfahrt vom 11. bis 13. Juni gewann Bodmer eine Goldmedaille. Auch die 29. Internationale Sechstagefahrt vom 20. bis 25. September in Llandrindod Wells, in der 34 % aller Teilnehmer ausfielen, beendeten DKW-Fahrer erfolgreich, unter ihnen Gerhard Bodmer.[1]

DKW RT 175 S

Im September 1955 kam mit der RT 175 S das Nachfolgemodell auf den Markt. Dabei steht das S für „Schwingrahmen“ bzw. für die nun entsprechend dem damaligen allgemeinen Trend eingeführte Hinterradschwinge. Schwinggabel und Federbeine waren in Silentblöcken wartungsfrei gelagert und für Solo- und Soziusbetrieb einstellbar. Ein Gummianschlag verhinderte ein Durchschlagen der Schwinge bei großer Belastung oder schlechter Straßenoberfläche. Die Federbeine waren hydraulisch, die Teleskopgabel pneumatisch gedämpft.

Die DKW RT 175 S wurde auch äußerlich überarbeitet und wirkte mit dem auf 15 Liter vergrößerten Büffeltank und den beiden Seitenkästen links und rechts runder und gedrungener – die Gesamtlänge verkürzte sich aber nur um wenige Millimeter. Der Schwingsattel wurde durch ein Sitzkissen für den Fahrer ersetzt, ein Soziussitzkissen oder eine durchgehende Sitzbank waren auf Wunsch erhältlich. Die Hinterradbremse wurde nun als echte Vollnabenbremse mit vergrößerter Bremsfläche ausgeführt. Der Durchmesser der Bremse vorn und hinten betrug 150 mm, die Belagbreite 25 mm.

Der Motor blieb in seiner Leistung von 9,6 PS (7,1 kW) nahezu unverändert, denn die Auto Union konzentrierte sich bei der Weiterentwicklung des Motors vor allem auf Ausdauer und Robustheit. So wurde die Schmierung der Kurbelwellenlager verbessert. Der neue Stachelrippenzylinder sollte die thermische Belastbarkeit weiter erhöhen. Sein typisches Aussehen mit den zahlreichen seitlich versetzten Einschnitten in den Kühlrippen führte zur scherzhaften Bezeichnung „Stachelschweinzylinder“ – auch in der Fachpresse. Die Stachelrippen dienten nicht zur Vergrößerung der Kühlfläche, sondern sollten die Wärmedehnung des Zylinders weniger behindern als durchgehende Kühlrippen. Dadurch wurde die Gefahr von Kolbenfressern und -klemmern verringert und das Motorrad galt fortan als vollgasfest. In der Werbung hob die Auto Union die Mischeinrichtung der RT 175 S für das Motoröl im Tank hervor, die die an Tankstellen übliche Mischkanne entbehrlich mache. Der Tankwart oder Fahrer füllte zunächst Öl in den Tankstutzen ein und anschließend Benzin. Allerdings war auch hier auf das richtige Mischungsverhältnis von 1 : 25 zu achten.[2]

Schon vor dem Verkaufsstart gewann die deutsche Nationalmannschaft mit drei RT 175 S die Internationale Sechstagefahrt, die inoffizielle Weltmeisterschaft im Geländesport. Die RT 175 S und ihr Nachfolgemodell, die RT 175 VS, wurden auch in olivgrüner Ausführung an die Bundeswehr geliefert.

DKW RT 175 VS

Nur ein Jahr später, im Herbst 1956, brachte die Auto Union die RT 175 VS heraus, bei der auch das Vorderrad mit einer Schwinge gefedert ist. Die Bezeichnung VS steht für Vollschwinge. Scheinwerfer und Lenker waren bei dem VS-Modell verkleidet; auch die Form des Tachometers wurde geändert. Der Tachometer war breiter und nicht mehr kreisrund, sondern segmentförmig, unten leicht gewölbt. Ansonsten stimmte die RT 175 VS bis auf kleine Details mit der RT 175 S überein. So wurde etwa der Regler der Lichtmaschine in den Batterieseitenkasten verlegt, um ihn vor Überhitzung zu schützen.

Als die DKW RT 175 VS auf den Markt kam, war in Deutschland der Motorradmarkt bereits eingebrochen, denn durch den wirtschaftlichen Aufschwung konnten immer mehr Menschen auf das Auto umsteigen. Am 1. Oktober 1958 verkaufte deshalb die Auto Union die gesamte Motorradfertigung an die Victoria AG in Nürnberg, die als Zweirad-Union Restbestände der DKW RT 175 VS auch noch im Jahr 1959 vertrieb. Noch Im März 1960 wurde für 1640 DM im Produktionsprogramm der Zweirad-Union eine DKW RT 175 mit Telegabel genannt.[3]

Technische Daten

Motor der RT 175, Vergaserverkleidung abgenommen
DKW RT 175 DKW RT 175 S DKW RT 175 VS
Bauzeit 1953–1955 1955–1956 1956–1958
Stückzahl 40.500 13.645 15.010
Motor 1-Zylinder-Zweitakt mit Umkehrspülung
Hubraum 174 cm³
Bohrung × Hub 62 × 58 mm
Verdichtung 1 : 6,1 bis 1 : 6,3
Leistung 9,5 PS 9,6 PS
Elektrik DKW-Batterie-Zünd-Lichtanlage 6 V 45/60 W
Kupplung Mehrscheibenkupplung im Ölbad
Primärantrieb durch Zweifach-Hülsenkette
Getriebe Vierganggetriebe mit Fußschaltung
Antrieb auf Hinterrad Einfach-Rollenkette
Rahmen Stahlrohr, geschlossen
Federung vorne Teleskopgabel
Federweg 140 mm
Schwinge
Federung hinten Geradweg
Federweg 85 mm
Schwinge
Federweg 95 mm
Radstand 1280 mm 1278 mm
Gesamtlänge 2000 mm 1975 mm
Sattelhöhe 750 mm 725 mm
Reifengröße 3,00 × 19 3,00 × 18
Leergewicht (vollgetankt) 117 kg 130 kg
Höchstgeschwindigkeit 94 km/h 95 km/h (sitzend)
101 km/h (liegend)
Beschleunigung 0–60 km/h 7 Sekunden 8 Sekunden
Preis in DM 1.420–1.475 1.475–1.525 1.525–1.575

Literatur

  • Frieder Bach, Woldemar Lange, Siegfried Rauch: DKW – MZ: Zwei Marken – eine Geschichte. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01395-9
  • Frank Rönicke: DKW-Motorräder 1920–1970 (= Typenkompass). 1. Auflage. Motorbuch, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02633-9, S. 93, 96, 104.
  • Audi AG: Das Rad der Zeit. Delius Klasing, 3. Auflage, ISBN 3-7688-1011-9
  • DKW Prospekt MB 1940 (200 J 110 II) von 1955
  • DKW Prospekt MB 922 (1053) von 1953
  • Auto Union GmbH: DKW Praxis 2. Jahrgang Heft 10; Oktober 1953
  • Auto Union GmbH: DKW Praxis 4. Jahrgang Heft 9; September 1955
  • Auto Union GmbH: DKW Praxis 5. Jahrgang Motorradheft 5; September/Oktober 1956
  • Auto Union GmbH: Betriebsanleitung DKW-Motorrad RT 175; Ausgabe Mai 1954

Weblinks

Commons: DKW RT175 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Jahrbuch Internationaler Motorsport. Hrsg. ADAC und AvD, Europa-Contact Verlags-GmbH, Döffingen 1954.
  2. Verkaufsprospekt MB 288 (100 C 112 II).
  3. Das Moped und die Kleinmotorisierung, 7. Jahrgang 1960, Nr. 3, Seite 116/117.