Mercedes-Benz W 113
Mercedes-Benz | |
---|---|
W 113 | |
Verkaufsbezeichnung: | 230 SL, 250 SL, 280 SL |
Produktionszeitraum: | 1963–1971 |
Klasse: | Sportwagen |
Karosserieversionen: | Roadster |
Motoren: | Ottomotoren: 2,3–2,8 Liter (110–125 kW) |
Länge: | 4282 mm |
Breite: | 1760 mm |
Höhe: | 1305–1320 mm |
Radstand: | 2400 mm |
Leergewicht: | 1295–1466 kg |
Vorgängermodell | Mercedes-Benz W 121 B II |
Nachfolgemodell | Mercedes-Benz R 107 |
Der W 113 ist ein zweisitziges Faltdach-Cabriolet von Mercedes-Benz, das im März 1963 auf dem Genfer Auto-Salon vorgestellt wurde. Er sollte gleichzeitig die Typen 190 SL und 300 SL ersetzen. Wegen seines zusätzlich lieferbaren, nach innen gewölbten Hardtops erhielt er den Spitznamen Pagode. Er wurde in den Versionen 230 SL (1963–1967), 250 SL (1967) und 280 SL (1968–1971), wahlweise mit Schalt- oder Automatikgetriebe insgesamt 48.912 mal gebaut.
Gegen Aufpreis gab es den Wagen auch als Roadster (2+2) mit Hardtop ohne Verdeck/Verdeckkasten und einer durchgehenden Rücksitzbank. Dieses California-Modell wurde von Mercedes als „Sonderausführung ohne Roadsterverdeck mit vergrößertem Fond“ angeboten.
Modellgeschichte
Allgemeines
Der W 113 markiert den Übergang von den rundlichen Formen des Vorgängermodells zu einem mehr sachlichen Stil. Das Ziel bei der Designentwicklung bestand darin, sich vom Vorgänger deutlich abzugrenzen und ein „maskulines“ Erscheinungsbild anzustreben. Glatte Flächen, viel Nutzraum und den Verzicht auf Zierelemente zeichnen den Pagoden-SL aus. Der Hauptabsatzmarkt waren die USA, hier wiederum ging ein Großteil der Fahrzeuge nach Kalifornien.
Karosserie und Fahrwerk
Die „Pagode“ war der erste SL, bei dem umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen eingeführt wurden. Da seine Basis die Bodengruppe der „Heckflosse“ W 111 mit einem 30 cm kürzeren Radstand ist, hat auch der SL eine steife Fahrgastzelle und Knautschzonen, leicht verformbare Bug- und Hecksegmente. Der Innenraum ist wie bei der Limousine entschärft, es gibt keine harten Ecken und Kanten. Sicherheitsgurte waren, wie beim Vorgänger, als Sonderausstattung erhältlich. Das Lenkgetriebe wurde aus dem crashgefährdeten Bereich des Vorderwagens an die Stirnwand gerückt, die Lenksäule ist geknickt und hat Gelenke, die den gefürchteten Lanzeneffekt bei einem Unfall verhindern. 1967 kamen die Sicherheitslenksäule mit Pralltopf im Lenkrad hinzu.
Das Fahrwerk mit Kugelumlauflenkung und hinterer Eingelenk-Pendelachse wurde ebenfalls aus der W 111-Limousine übernommen. Das Zweikreis-Bremssystem hatte Scheibenbremsen anfangs nur an der Vorderachse; mit Einführung des 250 SL auch an der Hinterachse. Seine Federung ist straff, aber für einen Sportwagen sehr komfortabel. Für die Dämpfung sorgen Gasdruckstoßdämpfer; erstmals fuhr ein SL auf Gürtelreifen.
Motor und Getriebe
Der ebenfalls aus der W 111-Limousine stammende Sechszylinder M 127 mit paarweise gegossenen Zylindern wurde einigen Änderungen unterzogen. Die wichtigste war die Verwendung einer Sechsstempel-Einspritzpumpe statt der Zweistempel-Pumpe mit zwei Dreifachverteilern. Damit war es möglich, den Kraftstoff durch die geöffneten Einlassventile in den Brennraum einzuspritzen und nicht mehr nur in das Ansaugrohr. Der auf 2,3 Liter aufgebohrte Motor M 127 II leistet so 150 PS bei 5500/min und bietet bei 4200/min ein Drehmoment von 196 Nm. Dieser sehr sportlich angelegte Antrieb des SL verlangt verhältnismäßig hohe Drehzahlen.
Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit Schaltgetriebe bei 200 km/h. Auf Wunsch war ein Viergang-Automatikgetriebe erhältlich, das erste Mal überhaupt bei einem SL.
Im Dezember 1966 folgte der 250 SL (M 129). Motor und Bremsen stammen leicht modifiziert vom 250 SE. Die ausgewiesene PS-Zahl entspricht der des 230 SL, jedoch wird bei gleicher Drehzahl (4200/min) ein deutlich größeres Drehmoment von 216 Nm erreicht, das vor allem ein verbessertes Beschleunigungsvermögen zur Folge hat.[1] Der Motor ist durch die paarige Zylinderanordnung wie bei den Limousinen und den großen Coupés und Cabrios allerdings wärmekritisch. Mit der 250er Motorgröße war das Konzept der paarigen Zylinder an die Grenzen gelangt. Der 250 SL wurde mit zwei verschiedenen Hinterachsübersetzungen angeboten.
Originale 250 SL sind infolge der nur gut einjährigen Bauzeit die seltensten Exemplare der Serie W 113.
1968 wurde der 250 SL von dem 170 PS starken, drehmomentstärkeren 280 SL mit dem Motor M 130 abgelöst, nun mit gleichmäßigem Zylinderabstand. Vom Vorgänger unterscheiden den Wagen äußerlich nur das Typenschild am Kofferraumdeckel und geänderte Radzierblenden. Der 280 SL bekam 1968 auch das Pralltopf-Lenkrad des 280 S/SE; die Lenksäule ist daher kürzer als bei 230 SL und 250 SL; Umbauten von 230 SL oder 250 SL auf 280 SL können teils daran erkannt werden: Der Blinkerhebel der neueren Pralltopf-Lenksäulen ist länger und weiter vorn am Armaturenbrett angelenkt.
Der Motor des 280 SL leistet mit 170 PS 10 PS mehr als der hubraumgleiche 280-SE-Motor der Limousinen; der gleiche SL-Motor diente übergangshalber auch dem Antrieb des gleichzeitig gebauten 300 SEL nach Bauende des aufwendigen Dreiliter-Aluminiummotors.
Durch das Baukastenprinzip sind bei Antrieben viele Tauschmöglichkeiten gegeben. Hiervon wurde in früheren Jahrzehnten im Fall der nicht seltenen Motorschäden (230 SL, 250 SL) auch reichhaltig Gebrauch gemacht. Bei einem Kauf ist daher auf das korrekte Zusammengehören von Karosserie und Antrieb hoher Wert zu legen. Entscheidend ist die zweite Gruppe von drei Ziffern der Fahrgestellnummer hinter dem Baumuster 113, in Verbindung mit dem Motorentyp. Nicht zum Baumuster der Karosserie gehörende Antriebe entwerten ein Fahrzeug gleich um fünfstellige Euro-Beträge. Erstaunlich günstig erscheinende Angebote haben hier oft Haken und sind dann bei genauer Betrachtung bezüglich einer Wertanlage und wegen der Rückbaukosten auf Originalversion oft zu teuer.
Achtzylindermotoren wie der ab 1963 gebaute 6,3-Liter M 100 oder der kompaktere ab 1969 gebaute M 116/M 117 gab es in der Serie des W 113 nicht, jedoch wurden sowohl Versuche hierzu als auch private Umbauten gemacht. Achtzylinder-Motoren wurden im SL erst 1971 beim Nachfolger 350 SL mit dem Baumuster R 107 eingeführt.
Sonstiges
Für den W 113 mit Hardtop wurden progressive Wege in Bezug auf das Heiz-Lüftungssystem beschritten, das trotz der niedrigen Fahrgastzelle mit flachem Dach sowohl eine zielgerichtete Beheizung als auch Entlüftung gewährleistete. Eine wirksame und dennoch zugfreie Dauerentlüftung wurde durch den Dachhimmel und Schlitze über der Heckscheibe verwirklicht.[2]
Datenblatt
230 SL | 250 SL | 280 SL | |
---|---|---|---|
Motor | Sechszylinder-Reihenmotor (Viertakt-Otto) | ||
Motortyp | M 127.II | M 129.III | M 130 |
Hubraum | 2306 cm³ | 2496 cm³ | 2778 cm³ |
Bohrung × Hub | 82 × 72,8 mm | 82 × 78,8 mm | 86,5 × 78,8 mm |
Verdichtung | 9,3:1 | 9,5:1 | 9,5:1 |
Leistung bei min−1 |
110 kW (150 PS) 5500 |
125 kW (170 PS) 5750 | |
Drehmoment bei min−1 |
196 Nm 4200 |
216 Nm 4200 |
240 Nm 4500 |
Höchstdrehzahl min−1 | 6500 | ||
Getriebe | 4-Gang-Schaltgetriebe /
5-Gang-Schaltgetriebe / 4-Gang-Automatik | ||
Höchstgeschwindigkeit in km/h | 200 / 200 / 195 | 195 (200) / 200 / 190 (195) | 200 / 200 / 195 |
Beschleunigung 0–100 km/h | 11,1 s / 9,7 s / 10,7 s | 10,0 s / 9,7 s / 10,6 s | 9,0 s / 9,0 s / 9,0 s |
Strömungswiderstandskoeffizient | |||
mit Hardtop | 0,515 | ||
mit Verdeck | 0,481 | ||
offen | 0,610 | ||
Kraftstoffverbrauch (nach DIN 70030 in l/100 km) |
10,2 | 11,2 | 11,4 |
Kraftstofftank | 65 l | 82 l | 82 l |
Bauzeitraum (Vorserie/Hauptserie) | 03.1963 / 07.1963 – 01.1967 | 11.1966 / 12.1966 – 01.1968 | 11.1967 / 01.1968 – 03.1971 |
Stückzahl | 19.831 | 5.186 | 23.885 |
Sonderausstattung
Mercedes bot beim W 113 einige Sonderausstattungsmerkmale an. Hier eine Auswahl:
Name | Aufpreis in DM* |
---|---|
Lederpolsterung | 1.048 |
Kopfstützen vorn, Leder | 222 |
Sicherheitsgurte vorn | 77 |
H1-Halogenlicht | 188 |
Heizbare Heckscheibe | 244 |
Metallic-Lackierung | 699 |
Hardtop | 1.459 |
Coupé mit Hardtop ohne Verdeck und Verdeckkasten, dafür Fondsitzbank („Kalifornien-Ausführung“) |
632 |
4-Gang-Automatikgetriebe (Hersteller Daimler-Benz) | 1.443 |
Fünfganggetriebe (manuell, Hersteller ZF) | 1.459 |
Servolenkung | 599 |
Autotelefon (A-Netz, Hersteller Becker oder TeKaDe) | 9.934 |
*Preisliste Jan. 1972; volle DM inkl. damaliger Umsatzsteuer von 11 %[3]
Produktionszahlen und heutiger Bestand
Als die Produktion, die durch eine große Anzahl zwischenzeitlicher technischer Veränderungen gekennzeichnet war, am 23. Februar 1971 auslief, waren mehr als die Hälfte der Fahrzeuge außerhalb Deutschlands, insbesondere in die USA, verkauft worden.
Am 1. Januar 2015 waren in Deutschland 4.369 Exemplare der drei Modellreihen zugelassen.[4] Nicht erfasst ist eine erhebliche Zahl abgemeldeter, in Restaurierung stehender oder auf die Restaurierung wartender SL-Fahrzeuge. Ein SL dieser Baureihe wird nur noch sehr selten verschrottet, selbst in schlechtestem Zustand (verunfallt, korrodiert, Mechanik defekt). Zudem ist es nach kompletter, aufwendiger Instandsetzung der Karosserie durch das Baukastensystems leicht, die größtenteils gleiche (bis auf den Motor des 230 SL) und gut verfügbare Technik der Limousinen einzubauen.
Sonstiges
Ein 230 SL-Cabrio in Babyblau spielt im deutschen Film Knockin’ on Heaven’s Door (1997) eine wichtige Rolle.
Literatur
- MARKT Klassische Automobile und Motorräder, Sonderheft 12: Kaufberatung Youngtimer der Sechziger und Siebziger, VF Verlagsgesellschaft mbH, Mainz, 1992.
- Thomas Wirth, Sportler mit Manieren. In: Mercedes-Benz classic, Ausgabe 02, 2016, S. 40–46.
Weblinks
- Mercedes-Benz W 113 SL-Club
- Allgemeine Informationen über die Pagode
- Der Pagodentreff für Schrauber
- Kaufberatung Pagode W 113
Einzelnachweise
- ↑ 2,5-l-Sportwagen. In: Kraftfahrzeugtechnik. 6/1967, S. 177.
- ↑ Zweisitzer mit interessanten Details. In: Kraftfahrzeugtechnik 9/1963, S. 342–343.
- ↑ www.meinbenz.de
- ↑ http://www.pagode.info/6.htm
Fahrzeugklasse | 1920er | 1930er | 1940er | ||||||||||||||||
6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | |
Kompaktklasse | W 15 (Typ 170) | ||||||||||||||||||
W 23 (Typ 130) | |||||||||||||||||||
W 30 (Typ 150) | |||||||||||||||||||
W 28 (Typ 170 H) | |||||||||||||||||||
Mittelklasse | W 02 (Typ Stuttgart 200) | W 136 / W 149 (Typen 170 V / 200 V) | |||||||||||||||||
W 11 (Typ Stuttgart 260) | W 143 (Typ 230 n) | ||||||||||||||||||
W 21 (Typ 200 / 230) | W 153 (Typ 230) | ||||||||||||||||||
W 138 (Typ 260 D) | |||||||||||||||||||
Obere Mittelklasse | W 03 / W 04 / W 05 (Typen 300 / 320 / 350) | W 18 (Typ 290) | |||||||||||||||||
W 10 / W 19 (Typen 350/370/380) | W 142 (Typ 320) | ||||||||||||||||||
W 22 | |||||||||||||||||||
Oberklasse | Typ 400 & Typ 630 | W 24 / W 29 / W 129 (Typen 500 K / 540 K / 580 K) | |||||||||||||||||
W 08 (Typ Nürburg 460 / 460 K / 500 / Typ 500 N) | |||||||||||||||||||
W 07 / W 150 (Typen 770 / 770 K) | |||||||||||||||||||
Sportwagen | Modell K | ||||||||||||||||||
W 06 (Typ S / SS / SSK / SSKL) | W 24 / W 29 / W 129 | ||||||||||||||||||
Geländewagen | W 103 (Typ G1) | W 31 (Typ G4) | |||||||||||||||||
W 133 III (Typ 170 VG) / W 139 (Typ 170 VL) / W 152 (Typ G5) | |||||||||||||||||||
Kleintransporter | L 3/4 | L 1000 Express | L 301 | ||||||||||||||||
L 300 |